De Gruyter Studium Kosmol · Optimierung und Approximation Peter Kosmol Optimierung und Approximation 2., überarbeitete und erweiterte Auflage De Gruyter Prof. Dr. Peter Kosmol Mathematisches Seminar Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Ludewig-Meyn-Straße 4 24118 Kiel E-Mail: [email protected] 2010 Mathematics Subject Classification: 41-01, 49-01. ISBN 978-3-11-021814-5 e-ISBN 978-3-11-021815-2 BibliografischeInformationderDeutschenNationalbibliothek DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschen Nationalbibliografie;detailliertebibliografischeDatensindimInternet überhttp://dnb.d-nb.deabrufbar. (cid:2)2010WalterdeGruyterGmbH&Co.KG,Berlin/NewYork Satz:Da-TeXGerdBlumenstein,Leipzig,www.da-tex.de DruckundBindung:AZDruckundDatentechnikGmbH,Kempten (cid:2)GedrucktaufsäurefreiemPapier PrintedinGermany www.degruyter.com Vorwort DievonLeonhardEuler1744formulierteAufgabe„Curvenzufinden,deneneineEi- genschaftimhöchstenodergeringstenGradezukommt“(siehe[Eu])stelltnochheute dasGrundproblemderOptimierungstheorieinFunktionenräumendar.Indermodernen AnalysiswerdendieFunktionenalsPunkteeinesVektorraumesaufgefasst;diesermög- licht einerseits eine geometrische Anschauung, andererseits stehen die Methoden der LinearenAlgebraund,mitdemBegriffderRichtungsableitung,einDifferentialkalkül zurVerfügung. Die Optimierungstheorie in Funktionenräumen ist der natürliche Rahmen zur Be- handlungvonAufgabenausderApproximationstheorie,derSteuerungstheorieundder Statistik,dieoftbeiAnwendungenindenNatur-undWirtschaftswissenschaftenentste- hen.SiehatDavidHilbertgemeint,alserinseinemberühmtenVortragumdieJahrhun- dertwendealsProblem23„DieWeiterführungderMethodenderVariationsrechnung“ forderte. Der vorliegende Text will eine Reihe solcher Aufgaben behandeln. Die notwendi- gen funktionalanalytischen Hilfsmittel werden jeweils dann entwickelt, wenn sie zur LösungdesProblemserforderlichsind. DadieFunktionenräumeaufnatürlicheWeisezunormiertenRäumenführen,werden diesealstheoretischerRahmenfürdenAufbauderOptimierungstheoriegewählt. DerEulerscheBegriffderVariationbekommtdurchdierechtsseitigeRichtungsablei- tungeineanschaulicheundzugleichpräziseInterpretation(sieheAbschnitt4.1). Aber–mitdenWortenvonKarlWeierstraß:„MitdiesenBemerkungensollzugleich auf die Schwierigkeit hingewiesen werden, von der sich die Variationsrechnung auch heute noch nicht vollständig hat befreien lassen. Man schließt in der Regel bei den analytischenUntersuchungenderVariationsrechnungfolgendermaßen:Wenndiedurch dievorgelegteAufgabegeforderteanalytischeGrößeexistiert,somußsiegewisse,aus denBedingungenderAufgabefolgendeEigenschaftenbesitzen;hierdurcherhältman notwendige Bedingungen für die gesuchte Größe. Nun muß aber noch nachträglich gezeigtwerden,daßdiesogefundeneGrößeauchwirklichdiesämtlichenForderungen der Aufgabe befriedigt. Die Unterlassung dieses Nachweises läßt manche Lösungen vonAufgabenderVariationsrechnungunzulänglicherscheinen.“ EinennatürlichenAuswegausdieserSchwierigkeiteröffneteamAnfangdiesesJahr- hundertsderBegriffderkonvexenFunktion.FürsienämlichliefertderEulerscheZu- gangeinenotwendigeundzugleichhinreichendeBedingungundgibtdamitdieMög- lichkeitzuzeigen„daßdiesogefundeneGrößeauchwirklichdiesämtlichenForderun- genderAufgabebefriedigt“.DieswirdindemCharakterisierungssatzinAbschnitt4.2 ausgesprochen. vi Vorwort Da die meisten auf natürliche Weise entstehenden Optimierungsprobleme zu kon- vexen Funktionen führen, liefert dieser Satz ein starkes Hilfsmittel, weite Teile der OptimierungstheorievoneinemeinheitlichenGesichtspunktausdarzustellen.Diesge- schieht für die Approximationstheorie, Variationsrechnung und die Theorie der opti- malenSteuerungimKapitel5undwirdimKapitel15andemFundamentallemmader Testtheorieillustriert. DiemoderneAuffassungderFunktionenalsPunkteeinesVektorraumesstellteinen Rahmen für geometrische Anschauungen und Methoden zur Verfügung. So lässt sich die Aufgabe, eine Minimallösung k einer Funktion f auf einer Teilmenge K eines 0 VektorraumesX zufinden,durchdasfolgendeBildveranschaulichen. Die Niveaulinien der Funktion f haben den angedeuteten Verlauf, wenn f eine ein- deutigeglobale(d.h.aufganzX bezogene)Minimallösungx außerhalbvonKbesitzt 0 (liegt x in K, so reduziert sich das Problem auf das Aufsuchen einer globalen Mini- 0 mallösung).Daf.k /derMinimalwertaufK ist,enthaltendieNiveaulinienfürklei- 0 nereWertekeinenPunktausK.AndererseitskanndieNiveaulinieN.f.k //nichtins 0 InnerevonK hineinreichen,dasonstauchNiveaulinienfürkleinereWertedieMenge Ktreffenwürden,wasderMinimalitätvonk widerspricht.DieNiveaulinieN.f.k // 0 0 unddieMengeK „stützen“sichalsoink .DieanalytischeBestimmungderMinimal- 0 lösung k mittels Ableitungen entspricht geometrisch der Konstruktion der N und K 0 trennendenHyperebeneH. Diese geometrische Vorgehensweise ist bereits von Pierre de Fermat vor der Entwicklung der Differentialrechnung bei Optimierungsaufgaben benutzt worden (Tangenten-Bestimmung). WirddieSuchenachderMinimallösungk durchdieSuchenachderdazugehörigen 0 trennendenHyperebeneersetzt,sokommtmanzueineranderenAufgabe.DadieHy- perebenendenaffinenFunktionalenentsprechen,führtdaszuAufgabeninDualräumen (dualeAufgaben).HierfürliefertderTrennungssatzvonMazur(geometrischeVersion des Satzes von Hahn-Banach), der für konvexe Mengen die Existenz von trennenden Hyperebenen sichert, ein zentrales Beweismittel. Deswegen erweisen sich die dualen Aufgabenalslösbar,selbstwenndieursprünglicheAufgabekeineLösungbesitzt. Vorwort vii DieLösbarkeitvondualenAufgabenerlaubtunsaucheinenZugangzuExistenzaus- sagendadurch,dassmandievorliegendeAufgabealsdiedualeeineranderenauffasst (sieheAbschnitt12.4). EinbesonderswirkungsvollesVerfahren,dualeAufgabenzubilden,liefertdieMe- thodederLagrange-Multiplikatoren(Abschnitt4.5;4.7;Kapitel13und14). Bei einigen Anwendungen werden maßtheoretische Begriffe benutzt, deren Kennt- nisaberkeineVoraussetzungfürdenoptimierungstheoretischenTeilsind.Sieerlauben eineeinheitlicheBehandlungvonApproximationsaussagen(diskreteundkontinuierli- che)underöffneneinenZugangzuvieleninderPraxisrelevantenProblemen.Voraus- gesetztwirdindiesemBucheinezweisemestrigeMathematikvorlesungimRahmenei- nesStudiumsderMathematik,Informatik,derNatur-,Ingenieur-oderderWirtschafts- wissenschaften. ImerstenKapitelwerdenlineareProgrammierungsaufgabenbehandelt.DieseKlasse von Optimierungsaufgaben hat besonders breiten Eingang in viele Anwendungen aus den Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften gefunden, und sie erlaubt eine einheit- licheBehandlungmiteinemsehreffizientenBerechnungsverfahren,demsogenannten Simplexalgorithmus.AmEndedeserstenKapitelswirdzumerstenmaldieBedeutung vondualenAufgabensichtbar. Eine Vertiefung dieser Fragestellung kann durch den Übergang zu den Abschnit- ten14.2–14.7erfolgen,indenensemiinfinitelineareOptimierungsaufgabenbehandelt werden. ImzweitenKapitelwirdderbegrifflicheRahmenfürdieallgemeineOptimierungs- theorie aufgebaut. Neben dem Begriff der Richtungsableitung besitzen hier die Ab- schnitteüberkonvexeMengenundkonvexeFunktioneneinebesondereBedeutung.Mit demSatzvonWeierstraßwerdendieerstenoptimierungstheoretischenExistenzaussa- gen gewonnen. Am Ende des zweiten Kapitels erfolgen die ersten Stabilitätsaussagen fürdenbesonderseinfachenFalldermonotonenKonvergenz. Die optimierungstheoretischen Grundlagen werden im Kapitel 4 entwickelt. Leser, die sich für die Variationsrechnung und die Theorie der optimalen Steuerung interes- sieren,solltendieLektüremitdenAbschnitten5.2und5.3fortsetzen.FürdieTheorie deroptimalenSteuerungistderLagrange-AnsatzvonzentralerBedeutung. InteressiertinersterLiniedieApproximationstheorie,sosolltendieAbschnitte5.1, 5.3–8.2 gelesen werden. Steht die Dualitätstheorie im Vordergrund, so ist es möglich, direktnachKapitel4mitdenKapiteln11–14fortzufahren. Im Kapitel 9 wird die Abhängigkeit des Extremalwertes und der Lösungen eines OptimierungsproblemsvonderÄnderungderDatendesProblemsuntersucht(Stabili- tätsbetrachtungen).DaszentralemathematischeMittelisteineVerallgemeinerungdes Prinzips der gleichmäßigen Beschränktheit von Banach-Steinhaus auf konvexe Funk- tionen,diemanfolgendermaßenaussprechenkann:„EinepunktweisebeschränkteFa- milie stetiger konvexer Funktionen auf einer offenen Teilmenge eines Banachraumes istgleichgradigstetig“. viii Vorwort Bei der Behandlung von Optimierungsaufgaben wird oft das Ausgangsproblem durch eine Folge von Optimierungsaufgaben ersetzt. Ist die approximierende Folge festgelegt,sosindhiermeistensnurgewisseLösungendesAusgangsproblemserreich- bar. Sie erweisen sich oft als Lösungen einer zweistufigen Optimierungsaufgabe. Im Kapitel 10 findet man Methoden, die zum jeweiligen approximierenden Ansatz das FindeneinerdazugehörigenzweistufigenAufgabeerlauben. ImKapitel11werdenTrennungssätzebehandelt.SiestellendiezentralenAussagen zurHerleitungvonDualitätssätzenunderlaubenzugleichdieBenutzungdergeometri- schenAnschauungzurLösungvonOptimierungsaufgaben. ImKapitel12wirdeinZugangzudualenAufgabenüberdenSatzvonFenchelbe- schrieben. Im Kapitel 13 erfolgt eine Verallgemeinerung der Lagrange-Methode auf konvexe Optimierungsaufgaben in normierten Räumen, die im Kapitel 14 Grundlage zur Konstruktion von dualen Aufgaben ist. Die Rolle der Optimierungstheorie in der StatistikwirdimKapitel15amFundamentallemmaderTesttheorieillustriert. DieimKapitelBbehandelteTheoriederDifferentialgleichungenfürstückweiseste- tigdifferenzierbareFunktionenwirdbeidenSteuerungsaufgabenbenötigt. DienumerischenAspektederOptimierungstehennichtimVordergrunddiesesBu- ches.Siewerdenausführlichdargestelltin[K6].DemTeubnerVerlagdankeichfürdie freundlicheErlaubnis,einigeTextpassagenausderEinführungdiesesBuchesüberneh- menzukönnen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Joachim Gomoletz, der mich von der ersten bis zurvorliegendenVersiondesTextesunterstützthat.FürzahlreicheHinweiseundKor- rekturen danke ich den Hörern meiner Vorlesungen und meinen Diplomanden, ganz besonders: H. Dählmann, A.-K. Främbs, J. Gerdes, M. Goetzke, U. Heyne, I. Höhr- mann, R. Krebs, A. Schmidt, R. Schulz, A. Sprecher, L. Theesen, S. Thielk und H.-H.Thomsen.VonvielenKollegenundFreundenerhieltichwertvolleAnregungen, insbesondere von Günter Bamberg, Ortwin Emrich, Fritz Groß und Karsten Johnsen. DenMitarbeiterndesVerlagesdankeichfürdiekonstruktive,angenehmeundgeduldi- geZusammenarbeit. Kiel,imJuni1991 PeterKosmol Vorwort zur zweiten Auflage DiewesentlicheErgänzungdieserAuflagebestehtinderMethodederpunktweisenMi- nimierungzurBehandlungvonVariationsaufgabenundAufgabenderoptimalenSteue- rung. Orientiert am Carathéodoryschen Königsweg in die Variationsrechnung werden hiermitelementarenMittelnklassischeVariationsaufgabenbehandelt,wobeiderNach- weisderOptimalität(hinreichendeOptimalitätsbedingungen)imVordergrundsteht.Es wird eine Reihe klassischer Aufgaben wie z.B. die der Kettenlinie, die des harmoni- schenOszillators,diederWurfparabel,diederDido-Probleme,dergeodätischenLini- en,desRotationskörpersgrößtenVolumensbeivorgegebenerLängedesMeridiansund diskreteVariationsaufgabenbehandelt. Die hier behandelte Methode der punktweisen Minimierung resultiert aus regelmä- ßigen Vorlesungen über Variationsrechnung und optimale Steuerung, die vom Autor amMathematischenSeminarderChristian-Albrechts-UniversitätzuKielindenJahren 1995bis2007gehaltenwurden.DieserAnsatzwarauchdieGrundlagefüreineReihe vonDiplom-undStaatsexamensarbeitenamMathematischenSeminar. MeinbesondererDankgiltSusanneVireau,diemichbeiderEntstehungundGestal- tungdergesamtenneuenVersionunterstützthat. HerrnHermannKönig,derdieMethodederpunktweisenMinimierunginseineVor- lesungen und Seminare für Studierende des Lehramtes für Gymnasien aufgenommen hat,dankeichfürvieleanregendeGesprächeüberVariationsrechnung.MeinemFreund Günter Bamberg danke ich für konstruktive Vorschläge und die Möglichkeit, in den von ihm geleiteten Workshops in Sion mehrmals und ausführlich über die Thematik sprechenzukönnen.FürdieständigewissenschaftlicheBegleitungdankeichmeinem FreundDieterMüller-Wichards. DemVerlagDeGruyterdankeichfürdiegeduldigeundkonstruktiveZusammenar- beitunddievortrefflicheAusstattungdesBuches. Kiel,imNovember2009 PeterKosmol
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