Smn 175-24 Imhof Gerhard Ökologische Gliederung des Schilfgürtels am Neusiedler See und Übersicht über die Bodenfauna unter produktionsbiologischem Aspekt Von Gerhard Imhof Mit 3 Abbildungen Aus den Sitzungsberichten der Österr. Akademie der Wissenschaften, Mathem.·naturw. Kl., Abt. I, 175. Bd., 7. und 8. Heft 1966 Springer-Verlag Wien GmbH ISBN 978-3-662-23225-5 ISBN 978-3-662-25240-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-25240-6 Die in den Sitzungsberichten Abtlg. I und Abtlg. 11 der math.-nat. Klasse der österr. Ak. d. Wis!. erscheinenden Abhandlungen werden auch einzeln abgegeben. Sie können durch jede Buchhandlung oder direkt durch die Auslieferungsstelle der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wien I, Singerstraße 12) bezogen werden. Nachfolgende Abhandlungen aus dem Fache der Paläontologie sind erschienen: 1953 (S I Bd. 162): Papp A. und Küpper K.: Holothurienreste aus dem Torton des Wiener Beckens (mit 1 Tafel). S 3. Papp A. und Küpper K.: Die Foraminiferenfauna von Guttaring und Klein St. Paul (Kärnten). H. Orbltoiden aus Sandsteinen vom Pemberger bel Klein St. Paul (mit 4 Tafeln). S 13.60 Papp A. und Küpper K.: über Stolonen von Auxiliarkammem bei Orbitoides und Lepidor bitoides (mit 1 Tafel). S 4.- Papp A. und Küpper K.: Die Foraminiferenfauna von Guttaring und Klein St. Paul (Kärnten). III. Foraminiferen aus dem Campan von Silberegg (mit S Tafeln). S 11.30 Sieber R.: Eozäne und oligozäne Makrofaunen Österreichs. S 8.50 1954 (S I Bd. 163): Bachmayer F.: Zwei bemerkenswerte Crustaceen-Funde aus dem J'ungtertiär des Wiener Beckens (mit 1 Tafel). S 6.60 J' anetschek H.: Ein neues inneralpines Nunatakrelikt aus einer für die Alpen neuen Gattung (Ins., Thysanura) (mit 12 Textabbildungen). S 5.20 Obritzhauser-Tolfl. Hertha: Pollenanalytische (palynologische) Untersuchungen von mehreren organischen Substanzen (mit 6 TextabbIldungen). S 30.- Schremmer F.: Bohrschwammspuren in Actaeonellen aus der nordalpinen Gosau (mit 1 Tafel). S 3.80 Strouhal H.: Isopodenreste aus der altplistozänen Spaltenfüllung von Hundsheim bei Deutsch Altenburg (Niederösterreich) (mit 7 Textabbildun~en und 2 Tafeln). S 10.30 Tollmann A.: Die Gattungen Lingullna und LinguIinopsis (ForaminIfera) im Torton des Wiener Beckens und Südmährens (mit 2 Tafeln). S 9.90 Zapfe H.: Die Fauna der miozänen Spaltenfüllung von Neudorf a. d. March (ÖSR). Proboscldea (mit 2 Textabbildungen und 2 Tafeln). S 12.30 1955 (S I Bd. 164): Bachmayer F.: Die fossilen Asseln aus den Oberjuraschichten von Ernstbrunn in Niederösterreich und von Stramberg In Mähren (mit 9 Textabbildungen und 6 Tafeln). S 26.60 Beler M.: Insektenreste aus der Hallstattzeit (mit 4 Abbildungen und 2 Tafeln). S 6.40 Herre W.: Die Fauna der miozänen SpaItenfüllung von Neudorf a. d. March (ÖSR), Amphiblla (Urodela) (mit 6 TextabbIldungen). S 14.80 Kühn 0.: Die Bryozoen der Retzer Sande (mit 2 Tafeln). S 14.10 Papp A.: Orbitolden aus der Oberkreide der Ostalpen (Gosauschichten) (mit 3 Tafeln). S 12.20 Papp A.: Die Foraminiferenfauna von Guttaring und Klein St. Paul (Kärnten): IV. Blostratigra- phisclle Ergebnisse in der Oberkreide und Bemerkungen über die Lagerung des Eozäns (mit 4 TextabbIldungen). S 12.20 Plöchlnger B.: Eine neue Subspezies des Barroisiceras haberfellneri v. Hauer aus dem Oberconiader Gosau Salzburgs (mit 2 Textabbildungen und 1 Tafel). S 4.40 Tollmann A.: Die Foraminiferenentwicklung im Torton und Untersarmat in den Randfazies der Eisenstädter Bucht (mit 1 Textabbildung). S 6.70 1956 (S I Bd. 165): Bernhauser A.: Kann Intravitaler Befall durch Bohrorganismen an fossilen Fischzähnen nach gewiesen werden? (mit 10 Textabbildungen). S 7.60 Thenius E.: Zur Kenntnis der fossilen Braunbären (Ursidae, Mamma!.) (mit 5 Textabbildungen und 1 Tafel). S 17.20 Thenius E.: Die Suiden und Thayassuiden des steirischen Tertiärs. Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste des steirischen Tertiärs. VIII. (mit 31 Textabbildungen). S 25.- Veröffentlichungen des Österreichischen Nationalkomitees für das Internationale Biologische Programm (I. B. P.). Abteilung: Produktionsbiologie des Festlandes. Arbeitsgruppe des 11. Zoologischen Institutes unter Leitung von Professor Dr. WILHELM KÜHNELT. NI'. 1 Ökologische Gliederung des Schilfgürtels am Neusiedler See und Übersicht über die Bodenfauna unter produktionsbiologischem Aspekt Von G ERHARD IMHOF Mit 3 Abbildungen (Eingereicht am 15. Dezember 1966) I. Einleitung Der Neusiedler See, ein flacher, bikarbonathaltiger Steppen see im Osten Österreichs, wird an seiner Westseite, die sich über 30 km in N-S-Richtung erstreckt, von einem geschlossenen, 1 bis 3 km breiten Schilfgürtel gesäumt. In dieser Sumpfland schaft führt eine Arbeitsgruppe des H. Zool. Institutes der Uni versität Wien (Leiter: Univ.-Prof. Dr. W. KÜHNELT) im Rahmen des Internationalen Biologischen Programms seit Beginn des Jahres 1966 produktionsbiologische Untersuchungen der Klein tierwelt durch. Um die räumliche Verteilung der Fauna erforschen zu können, war zunächst eine geeignete Gliederung des Untersuchungsgebietes erforderlich. Aus neuerer Zeit liegen Untersuchungen der Vege tationsgliederung von Schilfbeständen in slowakischen (HEJNY 1960) und ungarischen (T6TH 1960; T6TH U. SZABO 1961) Röh richten vor. Im westlichen Schilfgürtel des Neusiedler Sees wurden noch keine eingehenden pflanzensoziologischen Untersuchungen durchgeführt. KOENIG (1952) beschreibt eine mannigfache Struk- 220 GERHARD IMHoF, turierung des Schilfg ürtels in Hinblick auf die Lebensansprüche der dort lebenden Vögel, BAUER (1958) eine solche für Säuge tiere. Im folgenden soll nun eine Gliederung beschrieben werden, die sich nach den Überfiutungs- und Feuchtigkeitsverhältnissen richtet. Diese werden insbesondere als wesentlicher ökologischer Faktor für die ganz oder zeitweilig an den Boden gebundenen Organismen angesehen (KÜHNELT 1950, p. 208; WEIS-FoGH 1948). 11. Gliederung des Schilfgürtels nach Überflutungsverhältnissen 1. Grundlagen Es ist seit langem bekannt, daß die Wasserführung des Neu siedler Sees starken Schwankungen unterliegt. Man unterscheidet dabei kurzfristige, aperiodische Wasserverschiebungen, die durch Windwirkung bedingt sind, eine jahresperiodische Spiegelschwan kung und langfristige bis säkulare Änderungen der Wasserführung. Ausführliche Darstellung und mögliche Erklärung dieser Phäno mene finden sich bei ROTH-FucHs (1929), SCHREINER (1959) und SAUERZOPF (1959). Da das Untersuchungsgebiet in der Nähe der Freistadt Rust etwa in der Achse der windbedingten Wasser verschiebungen liegt, machen sich diese hier nur wenig in Spiegel schwankungen bemerkbar. Von wesentlicher Bedeutung ist jedoch der Jahresgang, der sich im Schilfgürtel mit seiner vollen Amplitude auswirkt. Abb. 1 zeigt den Verlauf der Monatsmittel des vergan genen 16jährigen Zeitraumes des Pegels Rust, der in unmittelbarer Nähe des Untersuchungsgebietes liegt (siehe Abb. 2)1. Bei ver änderlichem Gesamtniveau weist der Kurvenverlauf einen charak teristischen Jahresgang auf mit einem Wasseranstieg vom Spät herbst bis zum Frühjahr und einem Rückgang im Laufe des Sommers. Das Maximum fällt am häufigsten in die Monate März bis April, das Minimum in den Oktober. In einzelnen Jahren können beträchtliche zeitliche Verschiebungen eintreten. Die Differenzen der Monatsmittel der extremen Monate bewegen sich in den meisten Jahren zwischen 25 und 40 cm. Kurzfristige Spiegel schwankungen innerhalb weniger Tage überschreiten nur selten 10 cm, betragen aber meist nur wenige Zentimeter. Da die Jahresamplitude in vollem Ausmaß in den Schilf gürtel fällt, lassen sich nach durchschnittlicher Dauer und zeit- 1 Die Werte bis einschließlich 1964 sind den Jahrbüchern des Hydro graphischen Zentralbüros im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft entnommen; die noch unveröffentlichten Werte für 1965 und 1966 wurden von der genannten Dienststelle freundlicherweise zur Verfügung gestellt. o ~ 'G. '" ~ Q e:: i1t '" 171 Cl e: i ~ s ~ ~ '" 5)' ~ 171 ~ ~ t-:) t-:) ~ f!!! 140 120 11X> go 60 f!!I 4(,() 1'tO 110 100 i'O 60 I I %8 966 !! I ! Die 1 1 - I ! I I I Rust. et an. I s bi 19S9 1%5 I I I Pegelngsge I I I des uchu I! n ers 1<356 %5 I , ! ! ! 1 I I ) ..L..l-.L.LJ..-I I Monatsmittelwerterichtrandes im Unt 1 n öh eR I! h den 4- !! ! I I n nacdseitig 195 I unges lan ke ! I anu d ! wa %3 961 I!'! I gelschs Nive 1 1 I I I Spiebt da !!t I sche nie gi 2 0 I diLi 195 196 esperiohlierte ! I I Jahrstric ~S1 959 I! b. 1. 1 1 I I Ab f!!I. 11tO fO 60 cm 1.0 80 60, 222 GERHARD IMHoF, licher Lage der Überflutung folgende drei Hauptzonen definieren, die mit römischen Zahlen bezeichnet wurden: a) ganzjährig überfluteter Rohrwald . . . . . . . . . . . . . . . .. Zone IV b) Rohrwald mit frühjährlicher überflutung und herbst- lichem Trockenfallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Zone III c) ganzjährig trockener Rohrwald . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Zone II Landseitig schließt sich an den Rohrwald eine über gangszone an, die in das Untersuchungsgebiet mit ein- bezogen wurde ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Zone I Infolge der katastrophalen Niederschläge des Jahres 1965 stieg der Wasserspiegel ganz außergewöhnlich hoch an und blieb auch das ganze Jahr 1966 noch weit über dem Niveau der ver gangenen Jahre, wobei auch der normale Jahresgang nicht zur Ausbildung kam. Im Untersuchungsgebiet stand der gesamte Rohrwald unter Wasser. Trotzdem wurde den auf einen längeren Zeitraum geplanten ökologischen und produktionsbiologischen Untersuchungen die beschriebene Gliederung zugrunde gelegt, indem von der Annahme ausgegangen wurde, daß die chemischen und physikalischen Bodenverhältnisse, wie auch die Vegetation noch weitgehend einen Zustand repräsentieren wie er sich in den sehr regelmäßigen Jahren vor dem großen Wasseranstieg aus gebildet hat. Es ist auch zu erwarten, daß sich in ein bis zwei Jahren wieder ein normaler Jahresgang, wenn auch möglicherweise mit erhöhtem Gesamtniveau einstellt, so daß die beschriebene Gliede rung im Prinzip erhalten bleibt, eventuell mit verschobenen Grenzen. 2. Der Ruster Traossekt Um für die Arbeiten dieses Jahres Stellen zu lokalisieren, die den einzelnen Zonen zugehören, wurde im März 1966 etwa 600 m nördlich des Ruster See dammes eine dazu parallel laufende Linie mit einfachen Mitteln (Bussole und 50 m Meßschnur) vermessen und mit Stangen abgesteckt (Abb.2). Der hohe Wasserstand bot dabei die seltene Gelegenheit, eine direkte Vermessung des Boden reliefs entlang der gesamten Linie mit einer Meßlatte durchzu führen und dabei den Wasserspiegel als bequeme Bezugsebene zu verwenden. In Abb. 3 ist der vermessene Transsekt im Aufriß in vertikaler Maßstabsüberhöhung dargestellt. Eine am rechten Rand im gleichen Vertikalmaßstab und höhenlagengerecht bei gefügte idealisierte Jahresgangskurve, die aus dem Durchschnitt der Jahre 1960-1964 konstruiert wurde, läßt die Lage der Zonen im Verlaufe des Transsektes erkennen. Sie sind an der vermessenen Ökologische Gliederung des Schilfg ürtels am Neusiedler See usw. 223 e' lotf ... f f ff I~ y 'I-Fot f.. f t f f 'f f r r f f o "'IV Uo .... .... 80_ '" \ ....... f ...... f f ~, F, f f f e L-'_ .' ..._ L-'- ....J''---''L-....' Z.l,' I 1:-.1," ..+., f F.f. .f Y f,f ff' et fr r f f r f f f r, r Ft fr . r f 'e ~<l!. . \I\ .·:.< .:' \ f+. ... , f ~.f.. "rf Y ..~' \ f f1 WfS TfE Rf fT RfA NrSSI tEkfT f f rf rF f r r ff rr f r,r '.. . ff f f ff /ff f f r ,1 '0 \' , f r r r r #''' I\ 'i\T \.:.I. . . , .0..f - y]( Y[~J' .-r;,r ~ rl '"1 I" / \' ff F J 0[f f frf fF rf "f ff ff rff f !J1tJ1I 7.= f ~ff f 0 rf ff f f, f ff f f ff r f r<F ff \,! '.-." .- .;..,.:: . .:'.!jr ~~. ..S..e. e' r I~ f.,. • f f f f f f f f r f f f F •••••• -", /,,;..,... ' .•.. ''i-' rf_ f r f f f r ~ IG r'" f rC f ff f rF p r" f ,f r' f f .f If '•: ,\ :..! ,~- f;~ fr f f f r rI i rf f f r r f f f f fF f f rr" ff f f f f 1off. rf f r: f fr l)\ .f _ r_f _ . ,~ '). Ruster ka.nal f f r ~t, j '., ... --~~ f f Seedam"" "'ir 'Fah.st.q(Je f r r ____ ~~ (ir\ (Ffrf(ff!ff f 'f( r f,f\\r f; f f f f r f 'r \ ' .• ' "r'\ f f f f r f f r f Fr r r r) • f -r = Segqen F- frrC '.-'- o - Entnah",e,dellt" d~:Bod.enptOb.,n f {,"rU f f Abb. 2.: Lageplan des Untersuchungsgebietes. Bio!. St. = Biologische Station Rust; See R. = Seerestaurant mit Pegel; See St, = Seestation des Burgenländi sehen Landesmuseums - Seestützpunkt. Linie zonal von I bis IV angeordnet und für diese konkrete Lokalität mit R ("R"uster Transsekt) I bis IV bezeichnet. Die Grenze zwi· schen R I und R II ist durch den Beginn des geschlossenen Rohr waldes gegeben, diejenige zwischen R II und R III fällt hier in eine natürliche kleine Geländestufe, während zwischen R III und R IV ein langsam fließender Übergang besteht. Es muß jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß sich die am Ruster Transsekt auftretende Anordnung der beschrie· benen Zonen nicht auf den gesamten Schilfg ürtel als zonale An ordnung verallgemeinern läßt. Vielmehr bilden die "Zonen" durch weit seewärts liegende Bodenschwellen und andererseits mehr landwärts liegende Senken ein vielfach verschränktes Mosaik. In anderen Teilen des Gebietes bildet darüber hinaus von Land her Sitzungsberichte d, mathem.-na.turw. KI .• Abt, 1.175. Bd• • 7. und 8. Heft 16 224 GERHARD IMHOF, ,40 RI RN RN ,20 11't,OOL-_---L_---1_ _. ..l__--L---.JL-L-_-L_~'___L_ _ ___:':-...l----------' o JiO 11)0 ~.!!L Abb. 3. Aufriß des Ruster Transsekts durch den Schilfgfutel. einströmendes Oberflächenw asser einen weiteren Wasserfaktor . Auf diese Strukturierung weist auch KOENIG (1952) mit Nach druck hin. III. Die Vegetation der einzelnen Zonen Der Augenschein zeigte, daß sich auch in der derzeitigen Zu sammensetzung der Vegetation die mit der beschriebenen Methode definierten und lokalisierten Zonen deutlich wider~piegeln. All gemein kann gesagt werden, daß mit zunehmender Uberflutungs dauer normaler Jahre, also von R I nach R IV, die Artenzahl der Blütenpflanzen fortlaufend abnimmt, damit gleichzeitig auch die Differenzierung in verschieden zusammengesetzte Kleinbestände. Im folgenden soll die Vegetation der einzelnen Zonen, wie sie sich entlang des Ruster Transsektes darstellt, mit ihren häufigsten und auffallendsten Vertretern beschrieben werden2• Wie bereits gesagt, ist der gesamte Schilfgürtel nicht einheitlich, und die einzelnen I Für die Hilfe beim Bestimmen der aufgesammelten Pflanzen danke ich Herrn Univ.-Doz. Dr. E. HÜBL vom Pflanzenphysiologischen Institut der Uni versität Wien.