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Öffentliche Hand und Baumarkt — Voraussetzungen und Möglichkeiten einer Koordinierung PDF

61 Pages·1964·1.524 MB·German
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FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 1378 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt DK 351.71: 69.003/.009 Rheinisch-Westfälisches Institut fiir Wirtschaftsforschung, Essen Öffentliche Hand und Baumarkt - Voraussetzungen und Möglichkeiten einer Koordinierung WESTDEUTSCHER VERLAG· KÖLN UND OPLADEN 1964 ISBN 978-3-663-06627-9 ISBN 978-3-663-07540-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-07540-0 Verlags-Nr. 011378 © 1964 by Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag lnhalt Vorwort ......................................................... 7 1. Öffentliche Verwaltungen und Baumarkt ........................... 9 1.1 Hoheitliche MaBnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.11 Baupreisrecht und VOB .................................... 9 1.12 Die Bauforschung ......................................... 14 1.13 Die staatliche Wohnungsbauförderung ....................... 14 1.2 Die öffentliche Hand als Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.21 Bedeutung und Struktur der öffentlichen Nachfrage nach Bauleistungen in NRW ................................ 16 1.22 Die öffentlichen Bauverwaltungen ........................... 16 1.221 Gliederung und organisatorischer Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 16 1.222 Die Bauaufgaben der öffentlichen Bauverwaltungen ............ 21 1.223 Arbeitsweise und Verfahrenswege ........................... 23 2. Die Problerne .................................................. 30 2.1 Koordinierung fiskalischer und hoheitlicher Aufgaben .......... 30 2.2 Die öffentlichen Bauinvestitionen als Mittel der Wirtschaftspolitik ......................................... 30 2.3 Die jahreszeitliche Kontinuität .............................. 34 2.31 Der Winterbau ............................................ 35 2.32 Möglichkeiten der öffentlichen Hand irn Wege der Nachfragestreuung ........................................ 37 2.4 Zur langfristigen Entwicklung .............................. 40 2.41 Rückgang des Wohnungsbaus ...... ..................... .... 40 2.42 Geringe Angebotselastizität der Kleinbetriebe ................. 46 2.43 Mögliche wirtschaftspolitische MaBnahrnen ... und Selbsthilfe . .. 49 2.5 Der konjunkturpolitische Aspekt ............................ 52 2.51 Konjunkturpolitik und WachsturnsprozeB .................... 52 2.52 Zur Elastizität der Haushaltsgebarung ......... . . . . . . . . . . . . . .. 54 2.53 Längerfristige Baupläne .................................... 55 5 Vorwort Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung befaBt sich seit Be ginn des Jahres 1960 mit einer Analyse der Entwicklung und Verfassung des Baumarktes in Nordrhein-Westfalen. Die Forschungsarbeit wird vom Minister präsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Landesamt für Forschung, und von der Wirtschaftsvereinigung Bauindustrie e. V. Nordrhein-Westfalen nnanziell gefördert. Im Rahmen dieser Analyse wurde Anfang 1961 die erste grundlegende Unter suchung: Entwicklung und Situation des Baumarktes1, veröffentlicht. Sie gibt einen überblick über die Entwicklung des Baumarktes im letzten Jahrzehnt und umreiBt darüber hinaus den gegenwärtigen Stand und die aktuellen Probleme. Im übrigen ist sie Ausgangsbasis für spezielle Untersuchungen, und zwar insbe sondere für die Durchleuchtung der wirtschaftspolitischen und der investitions wirtschaftlichen Seite. Ein solches spezielles Thema ist Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Sie befaBt sich mit der öffentlichen Hand einerseits als Gesetzgeber und Förderer und anderseits als Auftraggeber der Bauwirtschaft. Aus der Analyse gilt es die Nutz anwendung zu gewinnen; es ist zu prüfen, unter welchen V oraussetzungen An gebot und (öffentliche) Nachfrage auf dem Baumarkt miteinander in Einklang gebracht werden können. Eine solche Koordinierung ist unter saisonalem, unter konjunkturellem, aber auch unter langfristigem Aspekt wünschenswert; denn der zunehmende Grad der Mechanisierung und die angespannte Arbeitsmarktlage zwingen die Bauunternehmer, sich stärker als bisher um V ollbeschäftigung zu bemühen. Hierbei würde ihnen eine langfristige Planung der (öffentlichen) Bau vorhaben sehr zustatten kommen. Bei diesen Problemen geht es aber nicht nur um die Belange der Bauwirtschaft, sondern auch um konjunkturpolitische Interessen der Gesamtwirtschaft. Es ist daher zu prüfen, ob und inwieweit die langfristigen wachstumspolitischen und die konjunkturpolitischen Ziele übereinstimmen. Wir danken allen Stellen, die diese Untersuchung durch Auskünfte gefördert haben. Zu besonderem Dank sind wir Herrn Regierungsbaudirektor a. D. SCHLÖBKE, Kettwig, verpflichtet; er verfaBte in unserem Auftrage die Ausfüh rungen zu 1.22: Die öffentlichen Bauverwaltungen. Essen, im Mai 1963 Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung Der Präsident Professor Dr. WESSELS 1 Forschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen, Nr. 1012, Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen. 7 1. Öffentliche Verwaltungen und Baumarkt Die Beziehungen zwischen der öffentlichen Hand und der Bauwirtschaft sind zweifacher Natur. Der Staat begegnet dem Bauwesen hoheitlich befehlend und rechtsgeschäftlich handelnd. Eine klare Abgrenzung hoheitlichen und tlskalischen Handelns ist heute freilich mitunter schwierig. Gleichwohl erfordert es die Ziel setzung dies er Untersuchung - wenigstens theoretisch -, zwischen hoheitlich befehlender und tlskalischer Staatstätigkeit zu unterscheiden. 1.1 Hoheitliche MaBnahmen 1.11 Baupreisrecht und VOB In einer marktwirtschaftlich organisierten V olkswirtschaft wird das Marktge schehen durch sich frei bildende Preise gesteuert. Diese erfüllen ihre Funktion nur in gesamtwirtschaftlich erwünschter Weise, wenn sie im Wettbewerb zwischen Anbietern und Nachfragern zustande gekommen sind. Für die wirtschaftliche Beurteilung der Beziehungen zwischen den Marktteil nehmern ist daher die Art der Preisbildung das entscheidende Kriterium. Ge meinhin hält man drei Bedingungen für erforderlich, damit der Marktpreis seine volkswirtschaftlichen Aufgaben optimallöst: a) Der Markt muB für alle Teilnehmer transparent sein. b) Die am Markt umgesetzte Ware oder Leistung muB homogen sein. c) Der einzelne Marktteilnehmer rechnet nicht damit, daB er durch sein Ver halten den Marktpreis ändern kann. Das Verhalten der öffentlichen Hand als Nachfrager auf dem Baumarkt ist danach zu beurteilen, inwieweit sie durch ihre Auftragsvergabe dazu beiträgt, daB sich die Preisbildung unter diesen Bedingungen vollziehen kann. Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts - kurz »öffentliche Hand« genannt - sind zu rd. einem Drittel am Bauvolumen der Bundesrepublik beteiligt. Die hierin zum Ausdruck kommende überragende Nachfragestellung würde es der öffentlichen Hand angesichts der atomistischen Struktur des übrigen Teils der Nachfrage und des Angebots erlauben, das Marktgeschehen am Baumarkt im eigenen Sinne zu beeinflussen. Diese Feststellung läBt sich auch bei einer differenzierteren Betrachtung der Markt verhältnisse aufrechterhalten. Die Begriffe »der Baumarkt« und die »öffentliche 9 Hand« können nämlich in diesem Zusammenhang höchst irreführend sein. Bei einer näheren Betrachtung zeigt sich, daB »der Baumarkt« keineswegs eine wirt schaftliche Einheit in marktmorphologischem Sinne darstellt. Vielmehr ver bergen sich hinter diesem Sammelbegriff eine Vielzahl heterogener Teilmärkte, die sich ihrerseits in Regionalmärkte gliedern. Diese Einzelmärkte können aller dings nicht isoliert betrachtet werden, sie stehen in mehr oder minder star ken interdependenten Beziehungen zueinander. Die Nachfrage der öffentlichen Auftraggeber verteilt sich - wenngleich nicht gleichmäBig - auf diese Einzelmärkte. Dabei tritt keineswegs auf allen Märkten die gleiche »öffentliche Hand« als Nachfrager auf, vielmehr werden die Aufträge der» öffentlichen Hand« von etwa 25000 selbständig wirtschaftenden, mit eigener Entscheidungsbefugnis ausgestatteten juristischen Personen vergeben. Von einer einheitlichen Willensbildung der öffentlichen Nachfrage kann daher, solange keine besonderen Verabredungen getroffen sind, nicht gesprochen werden. Trotz der überaus groBen Zahl der staatlichen Auftraggeber verliert das Problem der monopolistischen Nachfragestellung der öffentlichen Hand, das sich schon bei einer globalen Betrachtung des Baumarktes aufdrängt, nichts von seiner Schärfe. Bestehen auch bezüglich der Höhe und der Art des Auftragsvolumens, das von jeder der genannten 25000 Stellen vergeben wird, erhebliche Unterschiede, so ist doch die Marktstellung der jeweiligen öffentlichen Auftraggeber um so domi nierender, je stärker der Baumarkt sachlich und regional aufgespalten ist. Haupt sächlich aus dieser Differenzierung eröffnen sich ihnen Möglichkeiten zu einer mehr oder weniger ausgeprägten monopolistischen Verhaltensweise. Nutzt die öffentliche Hand ihre durchweg starke Marktstellung zur Durchsetzung der eigenen Interessen aus ? Die Verordnungen und Richtlinien, die bei der Ver gabe von Bauaufträgen von den öffentlichen Nachfragern eingehalten werden müssen, bieten zur Beantwortung dieser Frage Anhaltspunkte. Die für die vor liegende Fragestellung wichtigen Bestimmungen enthält die »Verordnung über die Preise bei öffentlichen A ufträgen für Bauleistungen« vom 19. Dezember 1955: Im § 2/2 schreibt sie vor: »Bei der Vereinbarung von Preisen ist grundsätzlich Wettbewerbspreisen vor Selbstkostenpreisen der V orrang zu geben. « Ferner im § 6/1: »Selbstkostenpreise dürfen nur vereinbart werden, wenn Preise im Wett bewerb nicht gebildet werden können.« An diese Grundsätze sind gemäB § 3 der Bund, die Länder, Gemeinden, die Gemeindeverbände und die sonstigen juri stischen Personen des öffentlichen Rechts gebunden. Sie gelten auch für private Bauherrn, deren Bauobjekte überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Die öffentlichen Bauherren sind somit gehalten, ihre Bauaufträge zu Wettbewerbs preisen zu vergeben2• Aus dieser V orschrift allein kann noch keineswegs gefolgert werden, daB es den öffentlichen Auftraggebern verboten wäre, ihre Marktmacht monopolistisch aus- 2 Wenn im Wettbewerb gebildete Preise nicht vorliegen, sind Selbstkostenpreise zu ver güten, die nach den Leitsätzen der »Verordnung über die Preisermittlung auf Grund der Selbstkosten bei Bauleistungen für öffentliche Auftraggeber« (LSBÖ) vom 25. Mai 1940 ermittelt werden. 10 zunutzen. Ein Wettbewerbspreis kann nämlich durchaus das Ergebnis eines un vollständigen, hier vom Nachfragedruck der öffentlichen Marktteilnehmer beein fluBten Wettbewerbs sein. Die Preisverordnung berücksichtigt einseitig die Inter essenlage des öffentlichen Auftraggebers. Das Fehlen einer Definition oder Um schreibung des Begriffs »Wettbewerbspreis« läBt diesen Eindruck entstehen. Sie erklärt zwar Preise für unzulässig, die bei beschränktem Wettbewerb der Anbieter zustande gekommen sind und bestimmt in besonderen Richtlinien, wann ein Preis für den öffentlichen Nachfrager als zu hoch angesehen werden muB; ent sprechende Schutzbedingungen zugunsten der Anbieter fehlen indes. Die preis rechtlichen V orschriften allein gewährleisten noch nicht ein Verhalten der öffent lichen Nachfrager, das die Bildung eines echten Wettbewerbspreises unter den genannten drei Bedingungen fördert. Während das Preisrecht die Frage des volkswirtschaftlich »richtigen« Verhaltens offen läBt und vorwiegend von der Interessenlage des öffentlichen Auftraggebers beherrscht wird, sucht die» Verdingungsordnung für Bauleistungen« (VOB), die naturgemäB oft widerstrebenden Belange des Anbieters und des Nachfragers auf einen Nenner zu bringen. Die VOB ist bereits vor dem Kriege angewandt und seitdem ständig den veränderten Anforderungen angepaBt worden. Nach dem Kriege wurde sie vom »D eutschen VerdingungsausschuB für Bauleistungen« fort entwickelt, in dem die am Baugeschehen interessierten Ministerien, öffentlichen Verwaltungen, Wirtschafts- und Berufsverbände zusammengeschlossen sind. Die in der VOB enthaltenen Verfahrens-und Verhaltensregeln hat sich die öffentliche Hand zu eigen gemacht. Wie ist das Verhalten der öffentlichen Auftraggeber als »marktbeherrschende« Nachfrager im Lichte der VOB zu beurteilen? Tragen sie durch Anwendung der VOB-Regeln zu einer echten Wettbewerbspreisbildung auf dem Baumarkt bei? Es wurde bereits festgestellt, daB der » Baumarkt« ein höchst unvollkommener Markt ist, da er aus sachlich und regional verschiedenen Teil-und Einzelmärkten besteht. Aber selbst diese Einze1märkte sind unvollkommene Märkte, da ein wesentliches Merkmal des vollkommenen Marktes - die Homogenität der ge handelten Leistung - nicht vorliegt. GewiB, man kann gedanklich diese Einzel märkte noch weiter aufgliedern. Will man sich nicht gar zu weit von der Realität entfernen, so muB die Feststellung getroffen werden: Die Anwendung des Markt begriffs als Umschreibung des» Orts«, an dem sich das Angebot und die Nachfrage gleichwertiger, d. h. gegenseitig ersetzbarer Leistungen treffen, ist für den Be reich des Bausektors zumindest sehr problematisch. Die Schwierigkeiten, die sich in dieser Hinsicht ergeben, resultieren letztlich aus der Eigenart der Bauleistungen; sie offenbaren gleichzeitig die Schwierigkeiten, die der Bildung von Marktpreisen bei Bauleistungen entgegenstehen. Jedes Bauwerk ist, wenn man von der in Deutschland noch in den Anfängen stehenden (fabrikmäBigen) Fertigbauweise absieht, in der Art, der Dimensionierung, Ausstattung und Ausführung sowie bezüglich des Standortes ein einmaliges, in Einzelfertigung erstelltes Gut. Jedes Bauwerk unterscheidet sich zumindest in einem der genannten kostenbestim menden Merkmale von anderen Bauobjekten. Sieht man davon ab, daB ein ge plantes Bauwerk nur in den seltensten Fällen als Einheit nachgefragt wird (Ge- 11 neralunternehmervertrag) - die Problemstellung bleibt hiervon unberührt -, so wird durch jede Ausschreibung gleichsam ein neuer Markt geschaffen.Auf diesem Markt wird ein »Bündel« von verschiedenartigen Bauleistungen durch den Bau herrn nachgefragt, urn das sich eine mehr oder weniger groBe Zahl von Anbietern bewerben. Da dies es Bündel von Bauleistungen in seiner Art einmalig ist, weiB weder der Nachfrager noch der einzelne Anbieter, welcher Marktpreis gilt. Diese Unsicherheit kann jeder Marktteilnehmer zum Teil begrenzen, indem er das »Bündel« in die verlangten Einzelleistungen auflöst und an Hand der für die Einzelleistungen geltenden Marktpreise sich eine Vorstellung über den möglichen Preis des ausgeschriebenen Bauwerks macht. Allerdings ist zu berücksichtigen, daB die bei anderen Bauwerken geitenden Einzelpreise nicht unbedingt über nommen werden können, da sie oft auf die Besonderheiten dieser Bauwerke abge stellt sind, die für den AuBenstehenden zudem nicht immer erkennbar sind. Die Marktteilnehmer müssen sich mithin an einem Preis orientieren, den sie noch nicht kennen, und an den sich anzupassen es bereits in dem Zeitpunkt, da sie ihn erfahren, zu spät ist. Angesichts dies er Unsicherheit nimmt es nicht wunder, daB bei Ausschreibungen gelegentlich höchst individuelle Preisangebote vorkommen. Diese theoretischen Überlegungen scheinen zur wirtschaftlichen Würdigung der VOB, insbesondere ihrer Befolgung durch die öffentlichen Auftraggeber, uner läBlich. Ausgehend von den beschriebenen Besonderheiten des Baumarktes und der damit verbundenen Unsicherheit bei der Preisbildung, versucht die VOB auf dem Bau markt eine Wettbewerbsordnung zu verwirklichen, die die Bildung eines »ange messenen« Baupreises erleichtert. Der Weg, den sie hierzu beschreitet, ist im Prinzip von den spezifischen Baumarktverhältnissen vorgezeichnet: Durch Be tonung ihrer Besonderheiten sollen die einzelnen Aufträge untereinander ver gleichbar gemacht werden. Das Verfahren erscheint zwar widersprüchlich, aber nur auf diese Weise dürfte es möglich sein, die gleichartigen Bestandteile der Auf träge zu erkennen, für die ein Wettbewerbspreis gefunden werden kann. Die Vor schriften der VOB dienen im wesentlichen diesem Ziel. Der Teil A der VOB, der nicht Vertragsbestandteil wird, regelt das vor Vertrags abschluB einzuhaltende Verfahren. Er wendet sich insbesondere an den Auftrag geber. Ihm wird empfohlen - sofern möglich -, seinen Auftrag als Leistungs vertrag (§ 5/1) öffentlich (§ 3/2)auszuschreiben. Der Auftrag soll in der Regel nach Fachlosen vergeben werden (§ 4/1). Ferner werden im Teil A Bestimmungen über Auslieferungsfristen, Vertragsstrafen und Beschleunigungsvergütungen, Gewähr leistungen sowie das Angebots- und Zuschlagsverfahren u. a. m. erlassen. Be sonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang der § 9 des Teils A, der Grund sätze für die Leistungsbeschreibung aufstellt. Danach sollen Bauleistungen so ein deutig und erschöpfend beschrieben werden, daB die Anbieter ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten ermitteln können. »Die Beschreibung der Leistung geschieht zweckmäl3ig in Form eines Leistungsver zeichnisses. Urn eine einwandfreie Preisermittlung zu errnöglichen und die vergleichende Prüfung der Angebote zu erleichtern. ist die Leistung derart aufzugliedern, daB unter 12 einer Ordnungszahl (Position) nur solche Lieferungen aufgenommen werden, die nach ihrer technischen Beschaffenheit und für die Preisbildung als in sich gleichartig anzusehen sind.« (§ 9/2 Satz 1 und 2.) »Bei der Beschreibung der Leistungen sind die verkehrsüblichen Bezeichnungen anzu wenden und die einschlägigen DIN-Vorschriften zu beachten.« (§ 5 Satz 1.) Diese Bestimmungen sind für die Bildung von echten Wettbewerbspreisen auf dem Baumarkt von grundlegender Bedeutung, da sie die Aufgliederung der Ge samtleistung in homogene Einzelleistungen vom Auftraggeber verlangen und die Zusammenfassung ungleichartiger Leistungen zu Sammelpositionen nur aus nahmsweise zulassen. Der Anbieter ist gehalten, seine Preisforderungen in das Leistungsverzeichnis einzusetzen (§ 6/1). Auf diese Weise besteht die Gewähr, daB sich für wiederkehrende Einzelleistungen alImählich ein Marktpreis heraus bildet, der auf Grund eines Wettbewerbs zwischen einer Vielzahl von Anbietern und Nachfragern zustande gekommen ist. Alle Marktteilnehmer können sich an diesem für Einzelleistungen geltenden Wettbewerbspreis orientieren und den wahrscheinlichen Preis für Gesamtleistungen (Auftrag) zumindest teilweise ab leiten. Die Preisunsicherheit, die an sich aus der lndividualität eines jeden Auf trages resultiert, beschränkt sich danach meistens nur noch auf die Besonderheit des Bauobjekts, die auf Grund der Leistungsbeschreibung »gleichsam« isoliert werden kann. Die bisher erwähnten Bestimmungen der VOB bezogen sich vorwiegend auf die Bauleistung. Mit der genauen Umschreibung der Bauleistung ist allerdings noch keineswegs die Grundlage für eine leistungsgerechte Preisbildung gegeben. Die genaue Festlegung der Leistung ist zwar eine notwendige, aber noch keineswegs hinreichende Bedingung hierzu. Hierzu bedarf es genauer V orschriften, wie die Leistung durchzuführen ist und welche Nebenleistungen (Verteilung der Gefahr, Vertragsstrafen, Sicherheits leistungen u. a.) mit ihr verbunden sind. Die hieraus sich ergebenden Störungen der Vergleichbarkeit der Bauleistung werden von der VOB soweit wie möglich ausgeschaltet. lhr Teil B enthält die »AlIgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen«. Diese Bedingungen gelten für alle Bauaufträge, gleich welcher Art sie sind. Analog bestimmen im Teil C die »Allgemeinen Tech nischen Vorschriften«, wie die Bauleistungen auszuführen sind, welche Stoffe und Bauteile zu verwenden sind, welche rechtlichen Nebenleistungen zu erbringen sind u.a.m. Der § 10 des Teils A der VOB sieht vor, daB die allgemeinen Ver tragsbedingungen (Teil B) und die »Allgemeinen Technischen Vorschriften« (Teil C) durch entsprechende Zusatzbedingungen und -vorschriften, gegebenen falls auch durch besondere Vereinbarungen und Ergänzungen präzisiert werden. Damit besteht die Möglichkeit, die technischen Ausführungsvorschriften und die bes onderen Vertragsbedingungen in Übereinstimmung mit den allgemeinen Vor schriften auf die Verhältnisse der einzelnen Arten von Bauwerken (z. B. für den StraBenbau) abzustellen. Durch diese» Standardisierung« des rechtlichen und technischen Rahmens der Leistungserstellung wird eine verhältnismäBig enge Beziehung zwischen der Bau leistung und dem Baupreis hergestellt. 13

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