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Odyssee des Individuums: Zur Geschichte eines vergessenen Problems PDF

128 Pages·1991·10.325 MB·German
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Bibliothek Metzler Enno Rudolph Odyssee des Individuums Zur Geschichte eines vergessenen Problems Odyssee desIndividuums Enno Rudolph Odyssee des Individuums Zur Geschichte eines vergessenen Problems J. B.Metzlersche Verlagsbuchhandlung Stuttgart BibliothekMetzler Band 6 DiedeutscheBibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Rudolph, Enno: Odyssee des Individuums :Zur Geschichte eines vergessenen Problems / Enno Rudolph- Stuttgart:Metzler1991 (Bibliothek Metzler;Bd.6) NE :GT ISBN978-3-476-00772-8 ISBN978-3-476-03370-3(eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03370-3 DiesesWerkeinschlielSlichallerseinerTeileisturheberrechtlich geschiitzt.]edeVerwertungaulSerhalbderengenGrenzen des Urheberrechtsgesetzesistohne ZustimmungdesVerlagesunzulassig und strafbar.DasgiltinsbesonderefurVervielfaltigungen,Ubersetzungen, Mikroverfilmungenund dieEinspeicherungund Verarbeitung in elektronischenSystemen. © 1991Springer-VerlagGmbHDeutschland Ursprunglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl ErnstPoeschelVerlagGmbHinStuttgart 1991 Inhalt IndividuumoderSubjekt? ZurEinfuhrung Seite7 I. Schonheitals sinnlicheVielfalt DieEinzelseelealsModellfurdieEinheit derPolisbeiPlaton Seite 21 II. Das determinierteIndividuum Leibniz'Aristotelesrenaissance Seite35 III. DieprastabilierteVernunft DasSubjektalsStellvertreter derindividuellenSubstanzbeiKant Seite45 IV. Die asthetischeKehre von der Vernunft zum Einzelsubjekt Von Kant zu Schleiermacher Seite 5I 5 V. IndividualitatalsreligioserEskapismus Kierkegaards schwiirmerischeIntroversion Seite68 VI. Das IndividuumalsBestie? Nietzschesgenealogische ApologiedesIndividuellen Seite76 VII. YomIndividualismuszum politischenDezisionismus Heideggers Wegvon derOntologie desDaseinszur»Ethik«desVolkes Seite86 VIII. EineRenaissancedesIndividuums? CassirersAusblickaufeineKulturindividuellerHumanitdt Seite I06 Anmerkungen SeiteI2I 6 IndividuumoderSubjekt? ZurEintidmeng Die Chance, die Integritat des Individuums gegen die Vormacht der Gattung »Subjekt- zu verteidigen, scheint ein weiteres Mal vertan. Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland hatte die philosophische Diskusssion iiber die Frage, was mit dem Pradikat »individuell- ausgesagt werden soli, eine kurzzeitige Konjunktur, deren Hohepunkt gleichwohl bereits iiberschritten ist, InFrank reich hatsich das Interesse an diesem Thema aufso unterschiedli che Strornungen bzw. Schulen verteilt wie die neoliberalistischen Revisionisten des 68er Kollektivismus (Ferry, Renaut), die Wort fuhrer der Postmoderne (v,a.Lyotard) oderauch den Dekonstruk tivismus. Dabei bedient man sich gleicherrnafien, wenn auch mit unterschiedlichkritischerIntention,der philosophischenTradition der Moderne, insbesondere der Subjektivitatsphilosophie - zu meist orientiertam Paradigma der kantischen Kritik. InDeutschland laRt sich ein vergleichbar kontinuierliches Be miihen urn eine philosophische Bestimmung des Individuellen seit Heidegger nicht mehr beobachten. Zudem laRtsich dariiber strei ten, ob es sich bei Heideggers Ontologie der »Vereinzelung des Daseins- im Kontext seiner Daseinsanalytik tatsachlich urn einen Beitrag zu einer Philosophie der Individualitat handelt oder nicht vielmehr urn die Renaissance der Seinsfrage im vorsokratischen Sinne, fur deren Behandlung die »[emeinigkeit- des Daseins nur alsVehikel fungiert. 7 Derjenige innerdeutsche Diskussionszusammenhang, innerhalb dessen am ehesten eine differenzierte Behandlung der Frage nach Sinn und Rang des Pradikats »individuell- zu vermuten ware schon aus Grunden seines Affekts gegen den Subjektivismus der Transzendentalphilosophie -, weist dem Individuum in berner kenswerter Weise einen nur marginalen Rang zu. Die Rede ist von derDiskurs-und Kommunikationstheorie beiund im Anschlufan Habermas. Hier wird das Individuum lediglich am Rande er wahnt; ohne Klarung seines Begriffs begegnet es allenfalls als mi krokosmisches Abbild gesellschaftlicher Kommunikation zwi schenIndividuen. SoheiBtesetwa beiHabermas: »AusderAnaly se notwendiger Bedingungen von Verstandigung uberhaupt liiBt sich wenigstens die Idee einer unversehrten Intersubjektivitat ent wickeln, die eine zwangloseVerstandigungder Individuen imUrn gang miteinander ebenso errnoglichen wurde wie die Identitat ei nes sich zwanglos mit sich selbst verstandigenden Individu urns.ejl] DaBIndividuengesellschaftsfahigsind,wird dabei eben so stillschweigendvorausgesetzt,wie unterstelltwird,daBdas Ver haltnis zwischen Individuum als Glied und Element einer Gesell schaft unmittelbaranalogisierbar ist mit dem Selbstverhaltnis von Individuen.Geradedas aberentbehrtjederBegrundung. Einerder profiliertestenWortftihrer im philosophischen Ringen urn eine Prazisierungdes Pradikats »individuell«,Manfred Frank, unterscheidetsich von dieser Position am Ende nichtin dem MaB, wie er esselbstintendiert. Zwarkritisierter die franzosischen De konstruktivisten, die »die Ausbildung des Gedankens der Indivi dualitat als den vorerst letzten und entscheidenden Ausdruck der Machtergreifung von Subjektivitat (ubers -Sein-, tiber die -Diffe renz-, iibers -Nicht-Identische- oder tiber die .Alteritat-) beschrie ben«[2] haben. Esfehlt aberan derKonsequenz, Individualitatge gen diese Positionals den eigentlichenWiderpartvon Subjektivitat zu profilieren, als das vom Subjektbegriff der Moderne verfehlte und von der Aufklarung entweder hintergangene oder im Grunde gar nicht gemeinte wahre Subjekt der Emanzipation. Individuali tar als Fokus eines unhintergehbaren Pluralismus - der Personen, der Werte und der Ideen -, wie Lyotard sie in Le dif(erend ent wirft,[3] wird von ManfredFrankperhorresziert, und zum Zweck 8 der Katharsis dieses in seinen Augen iiberbordenden Individualis mus beruft er sich ausgerechnet auf die konstruktivistische und ungebrochen optimistische Konsensusteleologie von Habermas, die das Individuumso schulbildendmarginalisierthat.Esist daher nicht verwunderlich, daf auch in dieser Debatte Individualitat nach wie vor in Analogie zur Figur des transzendentalen Subjekts begriffen und naturlich ausschliefslich als Selbstbewufitsein ver standen wird, unbeschadetdessen, daRdas Pradikat »individuell« in derTradition von Aristoteles bis aufLeibnizgerade nicht unter Voraussetzung einer Selbstbewufstseinstheorie definiert wurde, sondern- und dies erstspat- alsderen Voraussetzung. Individua litar wird damit nicht anders diskutiert als es erst seit sehr kurzer Zeit, narnlich seit der sog. »Sattelzeit- (1750-1800) ublich ist, als Einzelfalldes TypusSubjekt. Richtungsweisend fur diesen Zusammenhang ist, daR das Indivi duelle als »Subjekt- zwar als etwas Partikulares, aber dennoch als Exemplarallgemeiner,etwatranszendentalerodergar absoluterSub jektivitatverstanden wird. Das Individuum fungiert darin als Beson derung einer Spezies oder Idee, nicht aber als deren Negation oder Widerspruch. Auch wo das Einzelne doch als das Widersprechende, sich gegen das Allgemeine Abhebende und Erhebende gedacht wird - wie sogar in Gestalt des autonomisierten Partikularwillens der menschlichen Freiheit gegen den Universalwillen in der Freiheits schrift von Schelling-, erscheintesals das zu Domestizierende bzw. als das, was sein Wesen nicht in seiner Ab- und Besonderung, son dern inseiner Einheit mit dem Allgemeinen finden solI.Individualitat als das nicht Vermittelbare, als das Wesen eines Seienden, das mit dem Akt sozialerIntegrationden Preisseiner Integritatzahlt,kommt sonichtinden Blick,weilIdentitatundIndividualitat- zugunstenei ner ideellen Einheit beider- als konvergent gedacht werden. Indivi dualitat wird so zur (hoheren) Ordnung gerufen. Zu diskutieren ist im folgenden daher auch die Frage, ob die Gegenposition gegen die senvorherrschendenGedankendarin besteht,nurdem Individuellen Identitat (resp. Selbstsein) zuzusprechen, oder ob sogar der Schluf zulassig ware, fur ein konsequentes Verstandnis von Individualitat den Begriff der Identitat, und zwar gerade den der substantiellen SelbstidentitatdesBewufstseinsunddesGewissens aufzugeben. 9 Ich sehe - trotz Levinas - nicht, daf in der gegenwartigen Dis kussion erwogen wurde, Individualitat als Index fur »Alteritat« oder »Differenz- so ins Spiel zu bringen, daB der Versuch, diese Abweichung als uberwindungs- und uberwaltigungsbedurftig an zusehen, bereits als gewaltsam, repressiv oder gar gewalttatig be zeichnetwerdendiirfte. Die wenigenAusnahmen, die hierins Feld zu fiihren waren, wie etwa Adornos Pladoyer fur das »Nichtiden tische- oder auch dessen asthetische Verteidigung durch Verto nung, reservieren dem menschlichen Individuum ein feuilletonisti sches Ausnahrne- und Schattendasein. Dies liegt wohl zum einen an der ideologischen Vorgabe der Tradition abendlandischer Me taphysik, die, wie Manfred Frank treffend bemerkt, »rnitSkepsis oderoffenerVerachtung- dem GedankenderIndividualitatbegeg net. »Individualitatgilt ihnen- - d.h. den epochalen Strategen der Metaphysik der Moderne - »als Storenfried in der geebneten Landschaft einer streng rationalen Ordnung des Wissens.«[4] Zum anderen aber liegt esam ungebrochenen Willen zur Verstan digungs- und Kommunikationsverpflichtung, verbunden mit den nicht enden wollenden Versuchen, einen contrat social zu stiften, der Herrschaftsstrukturen durch eine Straregie des survival ofthe fittest inargumentsersetzenwill. Schon Rousseau pladierte fur ei nen »ZwangzurFreiheit«, den der contratsocial,ist er einmal un terschrieben, legitimiert- wohl wissend, dafsich diese Idee ledig lich einer Modifikation des Leviathan von Hobbes verdankt. Wie fragwiirdig indes die petitioprincipii ist, daB Individuenals solche ihr Wesentliches in Formen der Kommunikation iibersetzen kon nen, hat nichterstHugo von Hoffmannsthal in seinem beriihmten Brief an Lord Chandos, sondern bereits die Sprachphilosophie und HermeneutikderNach-Goethezeitbetont. Goetheschrieb bekanntlichan Lavater: »Habeich Dirdas Wort individuum est ineffabile woraus ich eine Welt ableite, schon ge schrieben?«[5] Die Wendung »indiuiduum est ineffabile- ist bei Goethe ein Zitat, dessen Herkunft im Dunkeln liegt. Der Satz driickt eine These aus, aufdie ein grotier Teil von Individualitats theoremen der Romantik zu verpflichten ware. Vorrangig ist hier an Friedrich Schlegel und Wilhelm von Humboldt, aber auch an Kierkegaard zu denken, dessen Romantikkritik ihn gleichwohl 10

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