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"Nuova Cronica" des Giovanni Villani PDF

314 Pages·2007·5.07 MB·German
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Die »Nuova Cronica« des Giovanni Villani (Bib. Apost. Vat., ms. Chigi L.VIII.296) Verbildlichung von Geschichte im spätmittelalterlichen Florenz Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München vorgelegt von Verena Gebhard Tag der mündlichen Prüfung: 2. Februar 2007 Referent: Prof. Frank Büttner Koreferent: Prof. Steffi Roettgen INHALT Einleitung 5 A Gegenstand der Untersuchung B Forschungsstand C Gliederung und Fragestellung 9 I Die Nuova Cronica des Giovanni Villani 11 A Zur Person des Chronisten: Kaufmann, Politiker, Historiograph B Die Chronik: »Bestseller« mit didaktischem Anspruch 14 1. Genese, Verbreitung und Rezeption 15 2. Typologie, Vorlagen und Quellen 17 3. Intention, Funktion und Publikum 22 II Die Genese des Codex Chigi L.VIII.296 24 A Kodikologische Beschreibung B Herstellungsprozess: Arbeitsteilung in der Werkstatt 27 C Stil der Miniaturen: eine singuläre Handschrift aus der Werkstatt des Pacino di Bonaguida 34 1. Dekorationssystem 2. Initialen 35 3. Textminiaturen 37 4. Bilderzählung 43 5. Datierung des Codex 44 6. Die Villani-Handschrift im Kontext der Florentiner Buchmalerei 50 III Visualisierungsstrategien des Chroniktextes 56 A Formale Organisation 58 1. Die figurierten Initialen 59 2. Die szenischen Textminiaturen B Die figurierten Initialen 62 1. Beschreibung und Auswahl der Figuren 63 2. Mögliche Vorbilder für die Protagonistenreihe 74 2.1. Genealogische Systeme und ihre Verbildlichung in hochmittelalterlichen Chroniken 2.2. Uomini famosi 77 3. Zwischenergebnis 80 C Die szenischen Textminiaturen: ikonographische Untersuchung von Bildthemen und Bildtypen 81 1. Die Verbildlichung des Krieges 1.1. Angriff 83 1.2. Sieg und Niederlage 85 1.3. Flucht 86 1.4. Belagerung 87 1.5. Zerstörung 91 1.6. Seeschlacht 92 1.7. Zusammenfassung 2 2. Die Darstellung der Religion im Miniaturenzyklus 94 2.1. Bibel 2.2. Päpste 101 2.3. Heilige 104 2.4. Wunder 106 2.5. Liturgie, Riten, Sakramente 109 2.6. Zusammenfassung 115 3. Die Konzeption von Herrschaft 117 3.1. Thronbilder und Audienzszenen 3.2. Krönungen 120 3.3. Eheschließungen von Herrschern 125 3.4. Zusammenfassung 130 4. Bildübergreifende Untersuchung 131 4.1. Raumdarstellung 4.2. Gestik und Mimik 145 5. Zwischenergebnis 156 6. Die Auswahl der dargestellten Szenen aus dem Text 158 D Das Verhältnis von Text und Bild: exemplarische Analysen 160 IV Geschichtsbild und Geschichtsbilder 165 A Die Antike in Text und Bild der Nuova Cronica: Rückführung der eigenen Wurzeln auf eine römisch-antike Vergangenheit 166 1. Die Antike im Text der Nuova Cronica 167 1.1. Zur Begrifflichkeit 1.2. Die Antikenkenntnis des Giovanni Villani 169 1.3. Das Romerlebnis im Jahre 1300 170 2. Gründungslegende und Rom-Idee im spätmittelalterlichen Florenz 172 2.1. Florenz, »figliuola e fattura di Roma« 2.2. Der Konflikt zwischen Florenz und Fiesole 182 2.3. Vom Marstempel zum Baptisterium 186 2.4. Zwischenergebnis 210 3. Die Wahrnehmung der antiken Welt in den Miniaturen 211 3.1. Antike Themen 212 3.1.1. Troja 3.1.2. Aeneis 219 3.1.3. Römische Geschichte 222 3.1.4. Alexander 231 3.2. Antike Figuren 235 3.2.1. Herkules 3.2.2. Saturn 239 3.2.3. Merkur 240 3.3. Antike Motive 242 4. Zwischenergebnis 244 B Die mittelalterliche Gegenwart in Text und Bild: Florenz im Zeitalter der Kommune 245 1. Überblick: Geschichte von Florenz (zirka 450-1320) 2. Bilder im städtischen Kontext 248 3. Florenz in den Bildern der Nuova Cronica 253 3.1. Zur Florentiner Heraldik im Trecento 3.2. Guelfen und Ghibellinen 259 3.2.1. Die guelfische Trias: Rom, Frankreich und Florenz 3.2.2. Die Legende von Karl dem Großen als Gründer von Florenz 260 3.2.3. Der ideale Ritter: Karl I. von Anjou 263 3.2.4. Parteienkämpfe in Florenz: Guelfen gegen Ghibellinen 266 3.2.5. »Magnaten« gegen »Popolanen« 268 3.2.6. Weiße Guelfen gegen Schwarze Guelfen 269 3.3. Militärische Potenz des Gemeinwesens 273 C Fazit und These zum Auftraggeber 274 3 V Bilderchroniken und Chronikbilder 277 A Bilderchroniken: der Chigiano im Kontext der illustrierten Historiographie B Chronikbilder: Veranschaulichung des faktisch Geschehenen 285 Resümee 287 Dank 291 Abkürzungsverzeichnis 292 Bibliographie: mehrfach zitierte Literatur 293 a Lorenzo e Camilla Maria 4 Einleitung A Gegenstand der Untersuchung „Man brachte mich in ein ganz dunkles Zimmer unter dem Garten; das Wasser lief an den Wänden herunter und das Zimmer war voll von Taranteln und giftigem Gewürm. [...] So blieb ich bis zur neunzehnten Stunde des nächsten Tages. Dann brachte man mir etwas zu essen und ich verlangte von den Leuten, sie sollten mit einige von meinen Büchern zu lesen bringen. [...] Am anderen Morgen wurde mir von meinen Büchern die Italienische Bibel und die Chronik des Giovan Villani gebracht. Als ich noch mehr Bücher verlangte, antworteten sie mir, andere bekäme ich nicht, diese beiden wären schon zu viel für mich.“ 1 Die Bibel und die Chronik des Giovanni Villani – zwei Bücher, die dem von Papst Paul III. 1539 im Castel Sant’Angelo eingekerkerten Florentiner Benvenuto Cellini nicht verweigert wurden. Diese Anekdote illustriert den Stellenwert, den Villanis Nuova Cronica im Bewusstsein der Florentiner auch rund zwei Jahrhunderte nach ihrer Niederschrift einnahm. Thema der vorliegenden Arbeit ist der illustrierte Codex Chigi L.VIII.296 der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom. Bei diesem Codex handelt es sich um eine kurz nach der Mitte des 14. Jahrhunderts in Florenz illuminierte Handschrift der Nuova Cronica des Kaufmanns Giovanni Villani, der bedeutendsten Florentiner Stadtchronik des Trecento. Das Exemplar der Vaticana beinhaltet die größte Anzahl an profanen Szenen, die aus dem Florenz des 14. Jahrhunderts überliefert ist und stellt die einzige existierende – und wahrscheinlich die einzige jemals ausgeführte – Handschrift des Chroniktextes dar, in welcher sich auch Miniaturen befinden. Der großformatige Pergamentcodex enthält die ersten zehn der insgesamt zwölf Bücher umfassenden Nuova Cronica, das bedeutet historische Ereignisse vom Turmbau zu Babel bis ins Jahr 1333. Der Buchschmuck des Codex setzt sich aus den Einführungsseiten der neun illustrierten Bücher und den insgesamt 253 Textillustrationen zusammen. Die Handschrift ist im Umkreis Pacino di Bonaguidas entstanden, der ab den 1330er Jahren hauptsächlich als Miniator tätig war und in Florenz eine große Werkstatt unterhielt. B Forschungsstand Die Initialen und Textillustrationen des Chigi L.VIII.296 wurden bislang fast ausschließlich in Überblickswerken zur Florentiner Malerei und darin meist nur unter stilkritischen Fragestellungen erwähnt. Im Vergleich mit anderen, früher oder gleichzeitig entstandenen Werken der florentinischen Buchillustration 2 mussten die kolorierten Federzeichnungen der älteren, positivistisch geprägten kunstgeschichtlichen Forschung höchstens als mittelmäßig erscheinen. So wurden nahezu einstimmig zwar die Fülle der dargestellten Szenen und die Lebendigkeit der Umsetzung lobend erwähnt,3 gleichzeitig aber die mangelnde Perspektive und eine gewisse Grobheit in der Ausführung bemängelt. 2005 erschien die bislang umfassendste Publikation über den Codex Chigiano, entstanden unter der Federführung von Chiara 1 Das Leben des Benvenuto Cellini von ihm selbst geschrieben. Übersetzt von Heinrich C ONRAD. München 1908, S. 49 (Kapitel 25). 2 In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff der „Illustration“ synonym mit dem kunsthistorisch korrekteren Begriff der „Illumination“ verwendet, da in erster Linie eine Analyse der Funktion der Miniaturen als „anschauliche Ergänzung eines Worttextes“ (so die Definition für „Illustration“ im Wörterbuch der Kunst. Stuttgart 1966, S. 314) vorgenommen wurde. 3 Vgl. beispielsweise PETRUCCI, Armando: Storia e geografia delle culture scritte. In: Letteratura italiana, Storia e geografia. Hrsg. v. Alberto A SOR ROSA. Band II: L’età moderna. Turin 1988, S. 1240: „miniata con vignette vivacissime“. 5 FRUGONI.4 Ihr größter Verdienst ist die lang erwartete Veröffentlichung aller 253 Miniaturen der Villani-Chronik in Farbe, ergänzt durch knappe Erläuterungen zu den einzelnen Bildern. Vier Aufsätze sind dem umfangreichen Abbildungsteil voran gestellt. Der Mediävist Alessandro BARBERO legte im ersten Aufsatz die Intention und den Anspruch des Chronisten Giovanni Villani dar, welche zur Abfassung der Nuova Cronica führten. 5 Weiter erläuterte er die Bedeutung der Villani-Chronik für das Florentiner Trecento und die politische Haltung des Autors. Der Militärhistoriker Riccardo LUISI ging in seinem aufschlussreichen Aufsatz zunächst auf die Darstellung der mittelalterlichen Waffen und Kriegstaktiken im Chigiano ein, bevor er sich den Miniaturen widmete, welche bestimmte Orte und Monumente visualisieren. Sein Ziel war es, die Miniaturen als historische Quelle ernst zu nehmen: „Conferme e novità alle nostre conoscenze su armi, tecniche belliche, raffigurazioni di luoghi e monumenti sono lo scopo del presente lavoro che vuol riconoscere così all’immagine, al di là del valore artistico, una valenza di fonte storica, meno indagata ma non secondaria.“ 6 Mit der Heraldik in Text und Bild der illustrierten Chronik beschäftigte sich Alessandro S AVORELLI.7 Einen allgemeinen Überblick über die illustrierte Chronistik in Frankreich, England und Italien im Mittelalter steuerte Giuseppa ZANICHELLI bei.8 Sie erläuterte die Entstehungsbedingungen für den Villani-Codex der Vaticana im florentinischen Spätmittelalter. Kurz angeschnitten werden die Datierungsfrage, der Herstellungsprozess und die Händescheidung. Die ikonographische Problematik wurde nur am Rande erwähnt, auf Bildmodelle und Vorlagen ging Z ANICHELLI kaum ein. Insgesamt bietet der Sammelband „Il V ILLANI ILLUSTRATO“ einen Überblick über verschiedene Aspekte, welche bei der Untersuchung des Chigi L.VIII.296 von Belang sind. Die Publikation ist in erster Linie jedoch ein äußerst nützlicher Bildband, der die bisher nur unzureichend publizierte Villani-Chronik der Vaticana einem großen Publikum zugänglich macht. Die Aufsätze sind aus diesem Grund alle eher knapp gehalten und stellen keineswegs eine erschöpfende Analyse des Chigiano dar. Die erste monographische Publikation der Handschrift von Luigi M AGNANI, 1936 erschienen, schneidet die über Stilkritik hinausgehende, komplexe Problematik der Handschrift nur am Rande an, da sie abgesehen von der Vielzahl der Abbildungen und der Identifizierung aller Szenen sehr summarisch in ihrer Analyse bleibt. 9 In einem kurzen einführenden Aufsatz wird der Codex auf die Zeit um die Mitte des 14. Jahrhunderts datiert und einer Buchmalereiwerkstatt im Umkreis des Pacino di Bonaguida zugeschrieben. MAGNANI analysierte den Stil der Textillustrationen und die Art der Bilderzählung und versuchte außerdem eine erste Klärung der ikonographischen Quellen. Letztendlich wertete er die Handschrift wegen ihres künstlerischen (Mittel-)wertes ab: „Gli illustratori si esprimono in un 4 Il Villani illustrato. Firenze e l'Italia medievale nelle 253 immagini del ms. Chigiano L VIII 296 della Biblioteca Vaticana. Hrsg. v. Chiara FRUGONI. Florenz / Vatikanstadt 2005. 5 BARBERO, Alessandro: Storia e politica fiorentina nella cronaca di Giovanni Villani. In: EBD., S. 13–22. 6 LUISI Riccardo: Le armi, i luoghi e i monumenti nelle immagini del codice Chigiano. In: EBD., S. 23. 7 SAVORELLI, Alessandro: L'araldica del codice Chigiano: Un "commento" alla Cronica del Villani. In: EBD., S. 53– 58. 8 ZANICHELLI, Giuseppa Z.: La Cronica di Giovanni Villani e la nascita del racconto storico illustrato a Firenze nella prima metà del Trecento. In: EBD., S. 59–76. 9 MAGNANI, Luigi: La cronica figurata di Giovanni Villani. Richerche sulla miniatura fiorentina del Trecento. Vatikanstadt 1936. Vgl. die Rezension der Publikation im Archivio della Deputazione romana di Storia patria, LX, 1937, S. 331f. 6 comune linguaggio dialettale, immediato ma povero e rozzo.“ 10 1905 erfolgte eine Bestandsaufnahme der illustrierten Handschriften der Biblioteca Chigiana durch Antonio MUÑOZ, der den Codex als „uno dei più cospicui codici della biblioteca“ bezeichnete. 11 Er begründete diese Wertung mit der Bedeutung der – seiner Zählung zufolge 151 12 – Miniaturen als wertvolle Quelle für öffentliche und private Gebräuche des 14. Jahrhunderts und bestätigte eine „Ungezwungenheit“ der Miniaturen, beurteilte aber die Zeichnung als grob und schematisch. Pietro D’A NCONA betonte 1912 nicht nur die Bedeutung der Illustrationen für das historische Studium, sondern ihren künstlerischen Wert – wiederum unter dem Aspekt der Lebendigkeit der Komposition und der Farbigkeit.13 Er wies als Erster auf die enge Verbindung von Bild und Text hin: „Le figure illustrano passo a passo il testo, e per quanto non si riscontri in esse una grande finezza, sono tuttavia da considerarsi pel brio e per la vivacità con cui sono concepite“. Der Künstler (Singular!) zeige zudem eine besondere Vorliebe für die Darstellung der Florentiner Monumente. Frederick A NTAL vermutete 1947, dass die Illustrationen der Villani-Chronik „[...] probably represent the largest number of secular events portrayed in Florentine art of the fourteenth century.“ 14 Er verglich die Zeichnungen mit dem gleichzeitig entstandenen Biadaiolo-Codex der Biblioteca Laurenziana (Ms. Tempi 3) und beurteilte sie als „more popular“, da seiner Meinung nach „a greater naivety predominates, with a clumsiness in the narration [...]“. ANTAL verwies auf französische Vorbilder. Pietro TOESCA nannte 1951 die illustrierte Nuova Cronica als ein Beispiel für die Mittelmäßigkeit der florentinischen Buchmalerei im Trecento („senza fantasia e senza precisione“).15 Mario SALMI beurteilte sie ebenfalls „per le deficenze prospettiche“ als „piuttosto mediocre“. 16 Richard OFFNER schrieb die illustrierte Villani-Chronik der Werkstatt Pacino di Bonaguidas zu, der seines Erachtens wichtigsten Persönlichkeit innerhalb der Florentiner Buchillustration des 14. Jahrhunderts. 17 Die Illustrationen aus der Werkstatt Pacinos können laut O FFNER „as a pictorial subsitution of a written word“ verstanden werden.18 Millard MEISS ging in seinem Werk zur Dante-Illustration auf die unterschiedliche Präferenz für illuminierte Profantexte im italienischen Trecento ein. Die Chronik Villanis sei nur selten und eher minderwertig illustriert worden: „The prose of Villani was not equally read and certainly not equally illustrated, so that it was, as we should expect, the greatness of Dante’s poetry to which the age responded.“ 19 MICHELINI TOCCI erwähnte 1972 die Handschrift in einem kurzen Abriss über die gotische Buchillustration in 10 MAGNANI 1936, S. 21. 11 MUÑOZ, Antonio: I codici miniati della Biblioteca Chigi in Roma. In: Revue des Bibliothèques, XV, 1905, S. 363. 12 MAGNANI 1936 bildet 151 Miniaturen des Codex ab, daher der häufiger vorkommende Fehler bei der Angabe der Anzahl der Miniaturen. 13 D’ANCONA Pietro: La miniatura fiorentina. Band II. Florenz 1912, S. 120, Kat.Nr. 126. 14 ANTAL Frederick: Florentine painting and its social background. London 1947, S. 268. 15 TOESCA Pietro: Il Trecento. Band II. Turin 1951, S. 804ff. 16 SALMI Mario: La miniatura fiorentina gotica. Rom 1954, S. 8 und S. 36. 17 A Critical and Historical Corpus of Florentine Painting. Hrsg. v. Richard O FFNER und Klara STEINWEG. Band III.6. New York 1956, bes. S. 234, Pl. LXIX. Die Aufnahme der Villani-Chronik in den Corpus stellt eine Erweiterung gegenüber dem 1930 erschienenen Band (Sec. III, Vol. II, Part I) dar, vgl. Einleitung (1956), S. XIIIf. 18 EBD., S. XIII. 19 MEISS, Millard: The Smiling Pages. In: BRIEGER, Peter, Millard MEISS und Charles D. SINGLETON: Illuminated Manuscripts of the Divine Comedy. Band I. Princeton 1969, S. 38: „[...] Giovanni Villani’s great chronicle of the history of their city – was rarely illustrated, and it must be said that when it was, the miniatures are scarcely noble.“ 7 Italien wiederum im Zusammenhang mit der Werkstatt des Bonaguida. 20 Er verglich die Miniaturen der Pierpont Morgan Library 21 mit den anderen, der Pacino-Werkstatt zugeschriebenen Handschriften und wertete diese als „supérieurs [...] à celle tardives de la Cronica de Villani.“ 1975 fand die Villani-Chronik Aufnahme in die Ausstellung Quinto Centenario della Biblioteca Apostolica Vaticana und wurde im Katalog als „preziosa testimonianza della vita fiorentina del tempo in ogni suo aspetto“22 bezeichnet. Die neuere historische und kunsthistorische Forschung begann ab den 1980er Jahren mit der Behandlung ikonographischer Fragestellungen zum Chigi L.VIII.296, jedoch wurden nur Einzelaspekte beachtet. Die bislang ausführlichste Untersuchung der Illustrationen unternahm Susanna PARTSCH im Rahmen ihrer Dissertation über den Biadaiolo-Codex und die profane Buchmalerei des Trecento in Florenz.23 Sie wies auf die besondere Textnähe der Bilder hin und fragte nach ikonographischen Quellen, wobei sie folgerte, „[...] dass die Werkstatt zwar altbekannte Topoi aufgriff, wo ihr dies möglich war und bei Szenen mit gleichem Thema zu einem starren Schematismus neigte, ebenso aber Bilder neu entwerfen musste, wenn sie sich an den bislang nie illustrierten Text halten wollte.“24 Miklos BOSKOVITS wies die Handschrift dem Spätwerk Pacino di Bonaguidas zu. 25 Hannelore ZUG TUCCI kam in ihrer 1985 erschienenen Studie über die Bedeutung des Fahnenwagens im kommunalen Italien des Spätmittelalters auch auf die Darstellungen dieses Motivs in der Vaticana-Chronik zu sprechen, 26 ebenso Ernst VOLTMER in seiner historischen Abhandlung zum Carroccio.27 Riccardo LUISI besprach in seiner Studie zur mittelalterlichen Kriegskunst mehrere Miniaturen hinsichtlich der dargestellten Belagerungs-, Eroberungs- und Verteidigungstechniken. 28 Peter SEILER nahm die Miniaturen der Nuova Cronica in seiner Dissertation als Beispiele für das Bildgenre des mittelalterlichen Chronikbildes und ging im Rahmen seiner Abhandlung des Florentiner Mars’ auf die entsprechenden Illustrationen des Chigi L.VIII.296 ein. 29 Francis H ASKELL erwähnte die illustrierte Villani-Chronik als ein italienisches, spätmittelalterliches Beispiel innerhalb der langen Tradition der Visualisierung von historischen Ereignissen.30 Im Rahmen der Ausstellung Federico II e l’Italia im Palazzo Venezia in Rom im Jahre 1995 wurden die illustrierten Szenen der 20 MICHELINI TOCCI, L.M.: Le manuscrit gothique Italien. Extrait du livre Liber Librorum, 5000 ans d’art du livre. Brüssel 1972, S. 301. 21 New York, Pierpont Morgan Library, ms. 643, Codex mit den Szenen aus dem Leben Christi und des seligen Gerhard von Villamagna, vgl. Painting and Illumination in Early Renaissance Florence 1300–1450. Hrsg. v. Laurence B. KANTER u.a. Ausst.Kat. New York, Metropolitan Museum of Art 1994/1995. New York 1994, S. 51ff. 22 Quinto Centenario della Biblioteca Apostolica Vaticana 1475–1975. Ausst.Kat. Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana 1975. Vatikanstadt 1975, S. 111, Kat.Nr. 289. 23 PARTSCH, Susanna: Profane Buchmalerei der bürgerlichen Gesellschaft im spätmittelalterlichen Florenz. Der Specchio Umano des Getreidehändlers Domenico Lenzi. Worms 1981. 24 EBD., S. 96. 25 CORPUS OF FLORENTINE PAINTING III.9 1984, S. 49. 26 ZUG TUCCI, Hannelore: Il Carroccio nella vita comunale italiana. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, LXI, 1985, S. 1–105, S. 1–105, bes. S. 5f. und 26f. 27 VOLTMER, Ernst: Il carroccio. Turin 1994, bes. S. 188. 28 LUISI, Riccardo: Scudi di pietra. I castelli e l'arte della guerra tra medioevo e Rinascimento. Rom 1996. 29 SEILER, Peter: Mittelalterliche Reitermonumente in Italien. Studien zu personalen Monumentsetzungen in den italienischen Kommunen und Signorien des 13. und 14. Jahrhunderts. Unveröff. Diss. Heidelberg 1989, S. 80ff. und 25ff. 30 HASKELL, Francis: History and its images. Art and the interpretation of the past. New Haven / London 1993, S. 81. 8 Nuova Cronica, in denen Friedrich II. dargestellt ist, gezeigt. 31 Im Katalogtext wurden die Miniaturen in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert. Luca G ATTI erwähnte in einer Abhandlung über den Mythos und das Standbild des Mars in Florenz auch die Illustrationen der Nuova Cronica, welche die Marsstatue zeigen.32 Marco CURSI schließlich ging 2002 in einem Aufsatz über den paläographischen Befund der Handschrift am Rande auf die Miniaturen ein.33 C Gliederung und Fragestellung Der Forschungsüberblick erweckt den Anschein, als ob die Popularität der Handschrift der eingehenden wissenschaftlichen Bearbeitung – vor allem von kunsthistorischer Seite – eher abträglich gewesen sei, das heißt, dass der Codex durch die häufig ausschließlich schmückende Verwendung in wissenschaftlichen Publikationen nahezu „stigmatisiert“ sei. 34 Die illustrierte Nuova Cronica des Giovanni Villani erfreute sich augenscheinlich eines gewissen Ruhms in der kunsthistorischen, paläographischen und historischen Forschung. Gleichzeitig stellt die eingehende und kontextualisierte Untersuchung der 253 Textillustrationen weiterhin ein Desiderat dar. Diese Lücke soll die vorliegende Arbeit füllen. Methodisch wird mit dem Text- Bild-Ansatz der Handschriftenforschung vorgegangen, der sich aus dem Objekt selbst, welches einen engen Bezug zwischen Chroniktext und Miniaturen aufweist, ergibt. Die Studie zielt darauf ab, die Strategien der Verbildlichung der Nuova Cronica des Giovanni Villani im einzigen illustrierten Exemplar des Werkes offenzulegen. Gegliedert ist die Arbeit in fünf Teile. Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Autor und dem Text der Nuova Cronica. Obgleich die Chronik des Villani das bedeutendste historiographische 31 Federico II e l’Italia. Percorsi, Luoghi, Segni e Strumenti. Ausst.Kat. Rom, Palazzo Venezia 1995. Rom 1995, Kat.Nr. XL.8, S. 344–345. 32 GATTI Luca: Il mito di Marte a Firenze e la “pietra schema”. Memorie, riti, ascendenze. In: Rinascimento, XXXV, 1995, S. 201–230. Im selben Kontext ist der Chigi L.VIII.296 auch in der Abhandlung von R EINLE, Adolf: Der Reiter am Zürcher Großmünster. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, XXVI, 1969, S. 21–46 erwähnt, S. 35, Abb. 21 und 22. 33 CURSI, Marco: Un nuovo codice appartenuto alla famiglia Mannelli: la Cronica figurata di Giovanni Villani (Vat. Chigi L.VIII.296) In: Segni per Armando Petrucci. Hrsg. v. Luisa M IGLIO und Paola SUPINO. Rom 2002, S. 141– 158. Eine in den Jahren 1994/1995 entstandene römische Magisterarbeit über den Codex Chigi L.VIII.296 von A. BALZAROTTI war mir leider nicht zugänglich. BALZAROTTI, A.: Un manoscritto miniato della cronaca di Giovanni Villani: il codice Chigiano L.VIII.296 della Biblioteca Vaticana. Tesi di Laurea in Lettere Moderne betreut von Chiara FRUGONI. Università di Roma Tor Vergata 1994–1995. 34 Vgl. auch ROSSI, Aldo: Da Dante a Leonardo. Un percorso di originali. Tavernuzze / Impruneta / Florenz 1999, S. 207–213. Aufgrund der Fülle an Reproduktionen der illustrierten Villani–Chronik herrsche „un certo senso di sazietà [...] nei confronti di questo manufatto forse un po’ sopravalutato“ vor. Die Fülle an historischen oder literaturgeschichtlichen Publikationen zu Einzelfragen, die mit Abbildungen aus der Nuova Cronica illustriert ist, übertrifft bei weitem die Studien, die sich mit der Handschrift selbst auseinandersetzen. Es seien an dieser Stelle nur einige wenige dieser Publikationen, die zwar Abbildungen, jedoch keine Auseinandersetzung mit den Miniaturen aufweisen, erwähnt. Zum ersten Mal wurden Miniaturen des Chigiano in der ersten italienischen Auflage von DAVIDSOHNS Geschichte von Florenz von 1907 abgebildet (DAVIDSOHN, Robert: Storia di Firenze. Le Origini. Prima traduzione italiana autorizzata dall’autore. Florenz 1907). Auf Taf. LXVI ist fol. 72v (Florentiner Fahnenwagen: Eroberung von Pistoia und der Festung von Carmignano) sowie auf Taf. LXXXIV die Miniatur von fol. 70r (Marsstatue: Ermordung des Bondelmonte) abgebildet. Die historische Wissenschaft bediente sich der Chronik der Vaticana beispielsweise in Studien zum Fahnenwagen (V OLTMER 1994 und Z UG TUCCI 1985; FRUGONI, Chiara: Medioevo sul naso. Rom 2001, Abb. 94 illustriert ebenfalls fol. 72v) oder zum Krieg im Mittelalter (BENVENUTI, Anna und Massimo PAPI: „Un palio a femmine meretrici“. Le campagne „castruccine“ nella memoria di Giovanni Villani. In: Guerra und Guerrieri nella Toscana del Rinascimento. Florenz 1990, S. 189–213, die sechs Miniaturen des Chigi L.VIII.296 abbilden, ohne auf den Codex der Vaticana auch nur mit einem einzigen Wort einzugehen), die Literaturwissenschaft in einem Überblickswerk (K APP, Volker (Hrsg.): Italienische Literaturgeschichte. Stuttgart / Weimar 1992, S. 51). Ganze Seiten des Codex finden sich in dem reich bebilderten Band Federico II di Svevia stupor mundi. Hrsg. v. Franco CARDINI. Rom 1994. In einem Bildband zur Rezeption der Stadt Florenz in der Malerei des 14. bis 16. Jahrhunderts finden sich fünf Miniaturen, S AVELLI, Divo: Firenze nella Pittura dal XIV al XVI secolo. Florenz 1993, S. 56–59. 9 Werk des Florentiner Trecento ist, sind die Person des Chronisten und sein Text insbesondere im deutschen Sprachraum relativ unbekannt. Da die einzige monographische Publikation in deutscher Sprache zu Giovanni Villani vor nun schon 80 Jahren veröffentlicht wurde, erscheint es legitim, auf den Chronisten selbst, sowie die Nuova Cronica, ihre Genese, Verbreitung und Rezeption, die Typologie, Vorlagen und Quellen sowie ihre Intention, Funktion und das beabsichtigte und erreichte Publikum einzugehen. Dieses historische, literaturgeschichtliche und handschriftenkundliche Vorwissen ist darüber hinaus für das Verständnis der Miniaturen des Codex Chigi L.VIII.296 von eminenter Bedeutung. Teil II stellt die eigentliche monographische Untersuchung des Chigiano dar: Die kodikologische Beschreibung bietet einen bündig gefassten Überblick über die Handschrift. Es folgt die Untersuchung des Herstellungsprozesses anhand der Informationen, welche der Codex selbst bereitstellt. Daraus ergeben sich grundlegende Antworten auf Fragen für das Verständnis der Genese der Handschrift, des Zusammenhangs von Text und Bild und des Werkstattbetriebes. Der folgende Abschnitt ist dem Stil des Bildschmuckes gewidmet. Dekorationssystem, Initialen und Textminiaturen werden dabei getrennt voneinander untersucht. Die strittige Frage der Datierung des Chigi L.VIII.296 wird im folgenden Abschnitt thematisiert, der überleitet zur Kontextualisierung des Chigiano im Umfeld der Florentiner Buchmalerei um die Jahrhundertmitte des Trecento. Der dritte Teil der Arbeit ist mit „Visualisierungsstrategien des Chroniktextes“ überschrieben. Eine Strategie bezeichnet laut Duden den genauen Plan des eigenen Vorgehens, der dazu dient, „ein militärisches, politisches, psychologisches o.ä. Ziel zu erreichen, u. in dem man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen können, von vornherein einzukalkulieren versucht.“35 Untersucht wird der „Vorgehensplan“ der Umsetzung von historischen Ereignissen, die in einem mittelalterlichen Text überliefert sind, in das Bild. Die Betrachtung erfolgt in mehreren, aufeinander aufbauenden Schritten: Zunächst wird die formale Organisation von Text und Bild analysiert, woraus sich Erkenntnisse über die Vorbilder und die Funktion des Bildzyklus ziehen lassen. Da es sich fast ausschließlich um Bildthemen handelte, für die es keine tradierte Ikonographie gab, stellt die Chronik ein Fallbeispiel für die bildliche Umsetzung eines historiographischen Textes des Mittelalters mithilfe entlehnter Bildmuster und genuiner, am Text entwickelter Bildformeln dar. Auf die im Chigiano verwendeten Bildthemen und Bildtypen wird im Ikonographie-Kapitel eingegangen. Die Gliederung erfolgt dabei hauptsächlich nach den thematischen „Brennpunkten“ des Miniaturenzyklus. Aus der Analyse der verwendeten Bildtopoi lassen sich unter anderem Rückschlüsse auf die Verwendung von Vorlagen und die „Lesbarkeit“ der Bilder ziehen. Dann geht es um die Auswahlkriterien der in den Miniaturen dargestellten Ereignisse aus dem umfangreichen Textcorpus der Nuova Cronica. Im vierten Teil wird in einem interdisziplinären Ansatz das „Geschichtsbild“ des Codex, also die Vorstellungen von der Geschichte und die Deutung historischer Ereignisse in Text und Bild, untersucht. Aus Platzgründen ist eine Beschränkung auf die Verbildlichung der Florentiner Vergangenheit unumgänglich, welche gleichzeitig auch den reizvollsten Themenbereich innerhalb der Stadtchronik darstellt. Der Blick auf die eigene Geschichte, die 35 Duden Fremdwörterbuch. Bearb. von Wissenschaftlichen Rat der Dudenredaktion unter Mitw. von Maria DOSE u.a. 5., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim / Leipzig / Wien / Zürich 1990, S. 745. 10

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