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Norbert Wiener PDF

89 Pages·1984·3.253 MB·German
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Ilgauds . Norbert Wiener Abb. 1. Norbert Wiener (26. 11. 1894-18. 3. 1964) Biographien hervorragender N aturwissenschaftler, Techniker und Mediziner Band 45 Norbert Wiener Hans Joachim Ilgauds, Leipzig Mit 6 Abbildungen 2., durchgesehene Auflage LEIPZIG BSB B. G. Teubner Verlagsgcsellschaft . 1984 IIerausgegeben von D. Goetz (Potsdam), 1. Jahn (Berlin), E. Wachtler (Freiberg), lI. WuBing (Leipzig) Verantwortlichcr IIerausgeber: II. WuBing ISBN-13: 978-3-322-00553-3 e-ISBN-13: 978-3-322-82217-8 DOl: 10.1007/978-3-322-82217-8 CJ BSB B. G. Teubner Vcriagsgcsellschaft. Leipzig. 19B4 2. Auflage VLN 249-3i5 /27/ B4 • LSV 100B Lcktor: Hella MiilIer Gesamthcrstellung: Elbe-Oruckcrci \'('ittenberg IV-28-1-453 BestelI-N r. 665 983 9 00480 VORWORT Nur wenigen l\Iathematikern ist es im 20. Jahrhundert gc!ungen, gl·ollere Kreise der UfIentlichkeit fUr ihre Arbeiten zu interessieren. Eine Ausnahme bildete das \Verk des amerikanischcn l\lathema tikers ,Vorbert Wiener, dessen Name mit seinem Buch »Cybernetics or control and communication in the animal and the machine" welt weit bckannt wurde. \Veniger zur Kenntnis genommen wurde, dall Wiener schon vor dem Erscheinen seines beriihmten \Verkes im Jahre 1948 als einer der bedeutendsten Mathematiker unseres Jahr hunderts galt. Auch haben uns seine spaten Arbeiten, die sich vom humanistischen Standpunkt aus mit den Folgen wissenschaftlicher Untersuchungen auseinandersetzten, noch vic! zu sagen. Leipzig, im August 1979 Hans Joachim Ilgauds INHALT 1. Kindheit und Ausbildung 7 2. Erste beru£Iiche Tatigkeit 19 3. Am M.I.T. ................................................ 24 3.1. Harmonische Analyse .................................. 25 3.2. Untersuchungen zur Operatorenrechnung ................. 26 3.3. Potentialtheoric ....................................... 28 4. Dic faschistischc Gcfahr . Der zweite Weltkrieg 44 4.1. Dic Yorhersagetheorie ................................. 49 4.2. Entwicklung von Rechenanlagen ........................ 51 4.3. Filtertheorie - statistische Optimierung .................. 52 5. Dic Entdeckung der Kybernctik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 5.1. Regclungsvorgange in der Technik ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 60 5.2. Automaten und Rechenanlagen ......................... 63 5.3. Ein biologisch-medizinisches Problem 65 6. Der weltbekannte Gelehrte 74 Chronologie 81 Literatur ................................................... 82 ·Personenrcgister ............................................ 84 6 1. KL\DIIEIT UND AlJSBILDUNG Nor{)('rt \Viel.H'r wurde am 26. November 1894 in Columbia ('fis sOlll'i) geborell. Seine ~fuuer, Bertha Wiener, geborene Kahn, war die Tocbter eines \Varenhausbesitzers in St. Joseph im USA-Staat Missouri. Die Familie del' Mutter stammte aus dem Rheinland und hiel3 in ihrer deutsehen Heimat Kohn. Del' Vater, Leo \Viener, war cine aul3ergewiihnliehe PersonIiehkeit. Er wurde am '27. Juli 18m in Bialystok, damals ZlI Rul3Iand gehorig, als Sohn eines J oul'llalisten einer jiddisehen Zeitung geboren. Er besuchte kurzzeitig- die Cniversitiit in Warschau und ging-dann zum Studium naeh Berlin. Er studierte am dortigen Polyteehnikum. In Berlin horte Leo eines Tages auf cineI' Studentenversammlung huma niLiir-phantastisehe Reden. Sein Orang zu utopischen Projekten wurde angestaehelt, und Leo \Viener beschIoB, nacb Amerika auszu wandel'll, urn cine vegetarisch-humanitar-sozialistische Gemeinsehaft zu grunden. Ocr in Derlin angeheuerte Kamerad sprang noeh in del' deutschen Hauptstadt ab, und Leo Wiener landete 1880 allein in !'lew Orleans. Er sehlug sich in del' Zeit als Arbeiter in cineI' Baum wollfabrik, als Landarbeiter, als Hausierer und als Sprachlehrer durcll. Leo "'iener war aul3erordentlicb sprachbegabt, gegen Ende seines Lebens beherrsehte er vierzig Sprachen, und diese Begabung fie! s('hnn in del' ersten Zeit in seiner neuen Heimat auf. Er verstiin digte sieh mit den Amerikanern zu deren Erstaunen im ldassisehen alten Englisch Shakespeares, das er sich beim Lesen del' \Verke des grol3en Dramatikers "nebenbei" angeeignet hatte. Diese .Spraeh begalmng brachte Leo lViener nach einigen Jahren cine Professur an del' Universitat von Kansas, dann an del' lJniversitiit von l\lis sOlll·i ill Columbia, ein. Eine solehe Bilderbuehkarriere vom Ar heiter in cineI' Baumwollfahrik zum Professor fUr europaische Spra chen war in den aufstrebenden Vereinigten Staaten noeh muglieh. Urn <las Jahr is!)O begannen sieh in den USA neue wirtsehaCt liche und politisehe Tendenzen durehzusetzen. Das Zeitalter des Ka pitalismus del' freien Konkurrenz war endgiiltig vorbei. 1m Jahre iSS!) hatte del' Republikaner Ben;amin Harrison als dreiundzwan zigsler Prasident del' Vereinigten Staaten sein Amt angetreten. In seine AlIIlszeit fielen drei grundlegende Entwicklungen del' amerika nischen Politik. Erstens erfolgte eine Erhuhung del' Zolltarife. Die amerikanischen Kapitalisten wurden so VOl' del' ausliindischen Kon- 7 kurrenz geschiitzt, und es ergab sieh die Mugliehkeit der Erziclung yon Monopolpreisen fUr die groBen Konzerne auf dem amerika nischen Binnenmarkt. Die Foige der Erhuhung der Zolltarife war cine allgemeine Preissteigerung in den Vereinigten Staaten. ZWl'i tens war fiir Harrisons Amtsperiode die Ruinierung der klein en Far mer eharakteristisch. Die Landwirtsehaft wurde den Gesetzen des GroBkapitals unterworfen. Drittens wurde die Arbeitsintensitiit in den Fabriken und in den landwirtsehaftlichen Betrieben stark er huht. Es war die Zeit, die Friedrich Engels in einem Brief yom 31. Dezember 1892 an Adolph Sorge, eine der fiihrenden Persun liehkeiten der noeh jungen amerikanischen Arbeiterbewegung, so kcnnzeichnete: 1m iibrigen haben die Amerikaner der europaisehen Welt scit liingerer Zeit den Beweis geliefert, daB die biirgerliehe Republik die Republik rlcr kapitalistisehen Gesehaftsleute ist, wo die Politik nur Handelsgcschlift wie jcdcs andere (ist). [36, S. 563] Das Amerika urn 1890 war nicht mehr das Land der utopisehen Vor stellungen Leo Wieners. Die Vereinigten Staaten waren in die Phase des Imperialismus eingetreten. In dieser Zeit, da die ameriknnische Gesellschaft die Idealc der biirgerlichen Revolution aufgab, wuchs Norbert Wiener auf. Er nahm eine auBerordentlieh schnelle geistige Entwicklung. 1m vierten Lebensjahr konnte er bereits lesen. Ilm verwirrten aber die Ahnliehkeiten von langem s und f. Schwil'rigkei ten gab es beim Schreiben und auch beim Rechnen. Erstaunlieher weise verstand er gerade so "selbstverstandliche" Dinge wie das Axiom a mal b gleich b mal a nicht. Es war fur den kleinen Xorbert also durchaus nicht einsichtig, daB 3·4 = Ii· 3 sein soil. Dagcgen zeigte der Junge hervorragende Gedaehtnisleistungen. ;'Iach wenigen Jahrell verlor Leo Wiener seine Stellung an der Columbia-Universitat, wie er spater meinte, durch "politisehen .\mler scltacher". Er begab sich nach Boston. In der Stadt des traditions bewuBten "vornehmen" Amerika erhielt Leo \Yiener an der Har vard-Universitat eine Dozentur fUr slawisehe Spraehen. Diese Do zcntur fUr Slawistik war die erste ihrer Art auf dem amerikanischen Kontinent. Die Dozentenstelle wurde spater iiber cine auBerordent liehe Professur in cine ordentliehe Professur umgewandclt. Leo Wie ner geh6rte zu den Gelehrten, die den \Vcllruf der Harvanl-Cnivcr sitat bcgrundeten. 8 Naehdem l'Vorbert \Viener crste geistige Fahigkeiten erkcnncn licE, iibernahm der Vater fast viillig die Erziehung des Knaben. Der Ein fluB der Mutter auf den kIeinen Norbert ging noeh weiter zuruck. Mit einer Ausnahme: Bertha \Viener hatte es nieht gern, an ihre jiidische Herkunft erinnert zu werden. Sie wurde im Laure del' Jahre, urn nieht jiidischer Abstammung verdaehtigt ZlI werden, zu cineI' fanatisehen "Amerikanerin". Sie nutzte jede Gclcgenheit, um ihre Yerachtung fUr Juden, Neger - iiberhaupt fiir alles »Nichtamc rikanische" - auszudriicken. Die antisemitische HaItung der ~Iutter br:whte den jungen Norbert in eine schwierige Lage: ... ich schwankte zwischen einer Phase feiger Selbsternicdrigung und cineI' Phase feigcr AnmaJ3ung, in der ich noch antisemitischer war als meinc !\f utter. Es daucrte viele Jahre, bis ieh ein vernlinftiges l\InJ3 an Selbstnrtraucn wicdergewann. [1, S. 21J Leo \Viener hatte zwar die Erziehung seines Sohnes ilbernomuwn, aber mit welehen Methoden! Der Vater verhicIt sieh nur zu oft auBerg-ewohnIich unpadagogisch und versuehte, mit GewaIt seinem Sohn \Yissen zu vermitteln. Seine El'ziehungsversuche an .'Vorbrrt en(Iden nieht selten mit eil1('ll1 allgell1einen Familienkraeh. Del' Sohn weintl', der Vater tobte, die Mutter versnehte zu vermitteIn. Seit dem siebenten Lebensjahr las Norbert Wiener f1eiBig. Seine Lekture reiehte von \Verken Charles Darwins bis zu Rcisebeschrei Jmngen von Naturforschern und bis zu psyehoIogischen \Verken. In der Einleitung zu Wieners Doktorarbeit hieB es spater: Je h bekam das ersle ernsthafte Interesse an Philosophic, als iell em Kind von 9 odeI' 10 Jahren war. Ich las Haeckels ,,\Yellriitsel", nocll da VOl' hatte ieh einige kurze Essays von wissenschaftliehcm Charakter von Spencer, Huxley etc. und Danvins "Die Abstammung des l\Iensehcn'; und "Die Enlslehung der Arten" gelesen. Von Haeckels Position aus ge langle ich erst zum Skeptizismus, dann zu einer Art Agnostizismus. [2, 5.106J Leo \Viener arbeitete sehr vieI und verIangte von sich und anderen groBen wissenschaftIichen Eifer und Ernst. Die SteHung eines Har \'ard-Professors war zwar sehr ehrenvoH, aber finanziell wenig ein traglieh. Leo Wiener sah sieh deshaIb gezwungen, l\"ebenarbeiten zu iibernehmen. Eine soJche "Nebenbeschaftigung" war die [,berset zung der GesammeIten Werke von Lew Tolstoi. Die gigantische Ar bcit bewaltigte er in 'nur zwei Jahren, 1904 bis 1905. Die Cberset- 9 zung der vierundzwanzig Bande, fiir die er das bescheidene Honorar von zehntausend Dollar erhielt, brachte ihn an den Rand des phy sischen und psychischen Zusammenbruchs. Daneben veroffentlichte er cine groBe Anzahl philosophischer Arheiten in Zeitschriften der LTSA. Englands und Deutschlands. Sein wissenschaftliches Haupt arheilsgchiet war die jiddische Sprache und Literatur. Sein wichtig stcs Werk auf literaturwissenschaftlichem Gebiet war "Die Ge schichte der Literatur im Anfang des 19. Jahrhunderts" (New York, 189!l). Er forderte den Dichter Morris Rosenfeld, sammelte Ethymo logien, ycrfaBte Kommentare zu deutschen Gesetzen, Schriften zu mittelalterlichen Dokumenten und zur mittelamerikanischen Kultur ~f'schichte. Der auBerordentliche Arbeitseifer, seine eigene ungewohnliche Lauf hahn Hnd der daraus rcsultierende Stolz eincs "Selfmademan" ver anlaBten Leo Wiener, anch weiterhin in del' Erziehung seines Sohncs eigenartige Wcge zu heschreiten. Die seltenc Begabung Norberts hatte er friih crkannt. Er schickte l\'orbert im Alter von sieben Jah rcn fiir einige Zeit gleich in die dritte nnd wenig spiHcr in die vierte Klasse einer allgemeinbildcnden Schule. Norberts Fiihigkeiten gin gcn jedoch weit iiber seine Fertigkeitcn hinaus, und der Vater iiber nahm zeitweilig wiederum die Ausbildung seines Sohnes. Der neun jahrige Knabe wurde nach diesem Zwischenspiel nicht wieder in eine Elemcntarsrhule gebraeht, sondei'll sofort auf die High School in Aycl' bei Harvard. Die Familie wohnte zu diesel' Zeit schon auf del' Old ~Iill Farm in dem Stadtchen Har\'ard. Leo Wiener hatte die Farm im Jahre 1903 erworben. Die Mitschiiler Norbert Wieners in Aycl' waren etwa sieben Jahre alter als cr Hnd bClrachtctcn ihn ohne SpOlt als cine Kuriositat. Bei den AbschluBbiillcn zum Ende del' Schulzeit war ich cin AuBcn seiter unter meinen Klassenkameraden, die damals siebzehn und achtzehn Jahre alt waren, selbst als ich dem Namcn nach del' Gastgebcr war. Ich kauerle unter dem Schreibtisch und sah zu, wie sie tanzten. Es war ein Ritual, an dem ich keinen Anteil hatte. [1, S. 17] l\"achdem Norbert die Schule yerlassen hatte, wurde vom Vater fest gelf'gt, daB er das kleine, abel' einen sehr guten wissenschaftlichen Buf genieBende Tufts College bei Harvard besuchen sollte. In die scm College bclegte IYorbert zuerst den Kursus in Philosophic. Gnter anderen Biichem lasen wir Haf{dings "Probleme del' Philoso phil''', Zur gleichen Zeit las ich James' "Pragmatismus". [2, S. 106] 10

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