Neue Wohnprojekte für ältere Menschen Gemeinschaftliches Wohnen in Nordrhein-Westfalen Beispiele und Wege zur Umsetzung Inhalt Eine neue Wohnform 5 Einführung 5 Entwicklung und Perspektiven in Deutschland 8 Typische Merkmale der vorgestellten Projekte 11 Projektbeispiele 17 I. Alles in Bewohnerhand Köln-Weidenpesch: Haus Mobile 18 Köln-Ehrenfeld: Wohnen mit Alt und Jung e.V. 23 Dortmund: WohnreWIR Tremonia 27 Aachen: Stadthaus statt Haus e.V. 31 II. Wohnen in Kooperation mit Wohnungsunternehmen Mülheim: Gemeinschaftliches Wohnen und Leben im Alter e.V. 36 Herne: WIR – Wohnen im (Un-)Ruhestand 40 III.Wohnen mit Pflegeangeboten Salzkotten: Team Hederpark 44 Werther: Haus- und Wohngemeinschaft Alt & Jung Rotingdorf 50 Münster: Villa Hittorfstraße 56 IV. Gemeinschaftliches Wohnen im Quartier Köln-Junkersdorf: Aktives Leben e.V. 60 Lünen: Glückauf Siedlungsgemeinschaft 65 V. Aktivitäten einer Kommune Arnsberg: Service-Haus Arnsberg-Hüsten 70 VI. Über den Tellerrand Zürich-Albisrieden: Pflegewohnung „Am Bach“ 75 VII. Zielgruppenprojekte in Nordrhein-Westfalen 80 Wege zur Umsetzung 82 Anregungen zur Realisierung von Wohnprojekten 82 Förderprogramme des Landes 85 Die Regionalbüros stellen sich vor 88 Anhang 90 Projektliste 90 Literaturverzeichnis 101 Eine neue Wohnform Einführung Eine neue Wohnform Einführung Wachsendes Interesse an Wohnformen suchen, die über das Zu- gemeinschaftlichem Wohnen ... sammenleben in einer Kleinfamilie hin- ausgehen. Zum einen betrifft dies eine Ältere Menschen nehmen es selbst in die Altersgruppe, die im Zuge der älter wer- Hand,wie sie wohnen und leben möchten, denden Gesellschaft ebenfalls ein größeres und ihre Ideen werden in zunehmendem zahlenmäßiges Gewicht haben wird: die Maße in die Realität umgesetzt. „Gemein- Altersgruppe in der Vorruhestandsphase schaftliches Wohnen im Alter“ unterschei- (die etwa 50- bis 60jährigen). Zwar beste- det sich in zwei wesentlichen Punkten von hen die beruflichen sozialen Kontakte, anderen Wohnangeboten für ältere Men- aber die Kinder haben oft das Haus bereits schen. Das betrifft zum einen die Art des verlassen und sie beginnen die Suche nach Zusammenlebens. Im Mittelpunkt steht neuen Lebensorientierungen. Zum ande- der Wunsch,gemeinsam mit anderen noch ren steigt auch bei jüngeren Menschen,so- einmal etwas Neues zu versuchen. Von der wohl bei Singles als auch bei Familien, gegenseitigen Hilfe verspricht man sich das Interesse an familien-/generations- nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch übergreifenden Lebensformen. mehr Lebensqualität. Eine wichtige Vor- Mittlerweile wird das Konzept des ge- aussetzung ist, dass sich die Bewohnerin- meinschaftlichen Wohnens auch von pro- nen und Bewohner nach eigenen Vorstel- fessionellen Trägern aufgegriffen. Doch lungen zusammenfinden können. konnte sich diese Wohnform nur entwi- Zum anderen liegt eine weitere Besonder- ckeln, weil hier ältere Menschen und en- heit in der aktiven Rolle der Bewohnerin- gagierte Fachleute die Initiative ergriffen nen und Bewohner bei der Gestaltung des haben, ihre Vorstellungen von gemein- Zusammenlebens und häufig auch bereits schaftlichem Wohnen und gegenseitiger bei der Entwicklung gemeinschaftlicher Hilfe zu realisieren. So ist ein Experimen- Wohnprojekte. Die beteiligten älteren tierfeld für eine zukunftsweisende Wohn- Menschen sind nicht nur Konsumenten form entstanden, die selbständiges Woh- von Wohn- und Serviceangeboten. nen bis ins hohe Alter ermöglicht. Zunehmend gilt ihr Engagement auch der Integration von Pflegestützpunkten in Antworten der Landesregierung Wohnprojekte. „Gemeinschaftliches Woh- Nordrhein-Westfalen nen im Alter“ ist eine Antwort auf die Her- ausforderungen unserer alternden Gesell- Die Landesregierung hat sich bereits 1991 schaft, in der die Zeitspanne des Altseins im Zweiten Landesaltenplan die Erpro- immer länger wird. bung neuer Wohnformen im Alter zur Auf- gabe gemacht. 1996 wurde zudem im Lan- despflegegesetz eine „Weiterentwicklung ... bei älteren und auch außerstationärer Wohnformen für Pflege- jüngeren Menschen bedürftige“ festgeschrieben. 1997 wurde Viele ältere Menschen haben zudem das ein Modellprogramm zur „Förderung neu- Bedürfnis,Kontakt zu jüngeren Menschen er Wohnformen für alte und pflegebedürf- zu halten. Dies wird dadurch erleichtert, tige Menschen“ aufgelegt, das die Weiter- dass auch andere Altersgruppen nach entwicklung dieser Wohnform gezielt 5 Einführung unterstützen soll. Gerade die Selbstorgani- ben. Den Anbietern betreuter Wohnange- sation solcher Projekte bringt eine Reihe bote werden damit Grundlagen für die von Schwierigkeiten bei der Realisierung Entwicklung entsprechender Projekte auf- mit sich. Das Programm des Ministeriums gezeigt. Informationen zum Qualitätssie- für Arbeit, Gesundheit und Soziales des gel können über das Kuratorium Deutsche Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) Altershilfe (KDA) bezogen werden. setzt hier an,indem es • die zusätzlichen Beratungs- und Pla- Zweck der Veröffentlichung nungskosten bei der Projektentwicklung sowie Auch wenn gemeinschaftliche Wohnfor- • die Arbeit von zwei regionalen Bera- men älterer Menschen zunehmend Interes- tungsstellen in NRW se und Anerkennung finden, werden sie finanziell fördert (Stand 2005). Darüber doch vielfach skeptisch als eine Lösung hinaus sieht es Mittel zur besseren Infor- für eine eher kleine Minderheit angesehen. mation über Projekte gemeinschaftlichen Die Zahlen zeigen jedoch eine positive Wohnens vor, so z.B. auch für die vorlie- Entwicklung: Im Jahr 2004 sind in NRW gende,aktualisierte Broschüre. rund 50 Projekte fertig gestellt worden, Die Wohnraumförderung begann bereits 6 befanden sich in der Bauphase und 54 in mit dem 1991 aufgelegten Programm für der Planung (diese Zahlen beziehen sich ,,Zukunftsweisende Bauvorhaben“ mit der lediglich auf die Projekte,die von den Re- Unterstützung solcher Projekte. Anfang gionalstellen beraten bzw. über entspre- 1998 wurde das generationsübergreifende chende Förderprogramme unterstützt wur- Zusammenleben unter einem Dach we- den). Die stetig steigende Zahl der sentlich erleichtert. Seitdem gilt für die Projekte belegt den Bedarf und das wach- gesamte öffentliche Wohnraumförderung, sende Engagement in diesem Bereich. dass alle Wohnungen barrierefrei und da- Diese Veröffentlichung will einen Beitrag mit auch für ältere Menschen geeignet dazu leisten, weitere Projekte anzustoßen, sein müssen. die dafür notwendigen Informationen lie- Seit dem Jahr 2003 unterstützt die Wohn- fern und veranschaulichen, wie Hürden raumförderung des Ministeriums für Bau- bei der Realisierung frühzeitig abgebaut en und Verkehr (MBV) neue Wohnmodelle werden können. Sie wendet sich deshalb für ältere,pflegebedürftige und behinderte an alle Beteiligten bei der Verwirklichung Menschen, die eine Versorgung in der ei- solcher Projekte ebenso wie an die interes- genen Wohnung und dem vertrauten Quar- sierte Öffentlichkeit und Entscheidungs- tier ermöglichen. Wohnungsunternehmen, träger aus Politik und Verwaltung. Wohngruppen und Investoren erhalten so- mit einen Anreiz, ihr Angebot für Men- Kurzer Überblick über den schen mit Betreuungsbedarf zu erweitern. Inhalt der Broschüre Seit 2004 werden Modellmaßnahmen zur baulichen Anpassung bestehender Wohn- Im einführenden Teil werden allgemeine und Pflegeheime an die heutigen Wohn- Entwicklungstendenzen gemeinschaftli- und Nutzungsqualitäten unterstützt. chen Wohnens aufgezeigt und die wesent- Die aktuellen Förderprogramme in NRW lichen Merkmale der Projektbeispiele werden am Schluss der Broschüre aus- erläutert. Im Hauptteil dieser Veröffentli- führlich dargestellt. chung vermittelt die ausführliche Darstel- lung einzelner Wohnprojekte einen Ein- 2004 wurde das „Qualitätssiegel Betreutes druck, wie das „Innenleben“ solcher Wohnen für ältere Menschen Nordrhein- Wohnprojekte aussieht (siehe „Projektbei- Westfalen“ vom Land NRW herausgege- spiele"). Im Anschluss werden Anregun- ben. Das Qualitätssiegel soll den Bürge- gen für die Realisierung gegeben und die rinnen und Bürgern die Möglichkeit zur Förderprogramme des Landes beschrie- Beurteilung entsprechender Angebote ge- ben. Abschließend stellen sich die beiden 6 Eine neue Wohnform Einführung Beratungsstellen des Landes vor (vgl. keit der Selbstverwaltung und die Zu- „Wege zur Umsetzung"). Eine Adressen- sammensetzung der Bewohnerschaft sind liste von Projekten in NRW sowie ein somit nicht zwangsläufig abhängig von Literaturverzeichnis befinden sich im der jeweiligen finanziellen Situation. Anhang. II. Gemeinschaftliches Wohnen in Kooperation mit Wohnungsunternehmen Vielfalt der dargestellten Projektinitiativen verfügen häufig nicht Wohnprojekte über das notwendige Eigenkapital und Die für diese aktualisierte Neuausgabe begeben sich auf die Suche nach einem ausgewählten Beispiele spiegeln das der- Investor oder Wohnungsunternehmen zur zeitige Spektrum der Entstehung, Gestal- Umsetzung ihrer Projektidee. Das partner- tung,Organisation und Entwicklung neuer schaftliche Miteinander von Wohnungs- Wohnformen für ältere Menschen wider unternehmen und Wohngruppen ist inzwi- und ermöglichen einen Überblick über die schen kein Wunschtraum mehr: Immer aktuelle Projektelandschaft in NRW. Hier- häufiger ergeben sich neue Kooperations- zu gehören u.a. „Hausgemeinschaften“, formen für gemeinschaftliches Wohnen, „Siedlungsgemeinschaften“ und „Betreute von denen alle Beteiligten profitieren. Wohngruppen“. Die Projekte befinden sich überwiegend in größeren Städten, be- III. Wohnen mit Pflegeangeboten züglich der Bewohnerzahl dominieren die Die vorgestellten Beispiele aus Münster größeren Hausgemeinschaften. Alle Pro- und Werther-Rotingdorf stehen repräsen- jekte bieten eigenständige Wohnungen an; tativ für Projektformen, die das weitge- die klassische Form der „Wohngemein- hend eigenständige Wohnen in der Ge- schaft“ mit jeweils nur einem eigenen meinschaft und eine umfassende Pflege Zimmer und der gemeinschaftlichen Nut- miteinander verbinden. zung der übrigen Räume gibt es in NRW Die Bewohnerinnen und Bewohner haben nur bei den „Betreuten Wohngruppen“. nach wie vor ein größtmögliches Maß an Den Schwerpunkt der Projektelandschaft Selbstbestimmung. Die Projekte bieten bilden Hausgemeinschaften mit einem eine Alternative zum Pflegeheim und zei- charakteristischen Merkmal: Die Bewoh- gen sowohl für das Leben in der Stadt wie nerinnen und Bewohner organisieren das auf dem Land gemeinschaftliche Wohn- Gemeinschaftsleben selbst oder sind zu- perspektiven auf. mindest an der Organisation beteiligt. Die Projekte unterscheiden sich jedoch nach IV. Gemeinschaftliches Wohnen Art der Projektinitiative, dem Ausmaß der im Quartier Selbstverwaltung und der Organisation Gesamtkonzepte für Gemeinschafts- und professioneller Hilfe. Hilfsangebote in Quartieren und Siedlun- gen gewährleisten für gewachsene Bewoh- I. Alles in Bewohnerhand nerschaften Versorgungssicherheit in ver- Die Projekte sind von den Bewohnerinnen trauter Umgebung auch bei Pflegebedarf. und Bewohnern selbst initiiert und unter deren Regie geplant. Die Organisation des Die vorgestellten Wohnmodelle in Lünen Gemeinschaftslebens liegt in der Verant- und Köln stehen für eine Reihe beispiel- wortung der Bewohnerschaft. Die vorge- hafter Siedlungsprojekte stellten Projekte umfassen dabei sowohl Eigentums- als auch Mietprojekte, sowie V. Aktivitäten einer Kommune Projekte mit einer Mischfinanzierung. Sie Immer mehr Kommunen unterstützen ak- ermöglichen das Wohnen zur Miete und tiv die Entwicklung neuer Wohnformen im Eigentum unter einem Dach oder auch für Ältere als Alternative zur Heimunter- das Wohnen in der Genossenschaft. Ge- kunft. Das „Arnsberger-Senioren-Netz- meinschaftliches Wohnen, die Möglich- werk“ steht beispielhaft für umfassende 7 Einführung Konzepte, die in den Zielen der Stadtent- tragen, die Verwurzelung im Quartier, zu wicklung zur Gestaltung des demographi- Angehörigen, Freunden und zur Nachbar- schen Wandels in Arnsberg fest verankert schaft zu erhalten. sind. VII. Zielgruppenprojekte in VI. Über den Tellerrand Nordrhein-Westfalen In diesem Kapitel wird ein ambulantes Die Unterschiedlichkeit der Menschen Pflegewohnmodell aus Albisrieden in der und ihre Bedürfnisse spiegeln sich in der Schweiz vorgestellt. Das Ergebnis einer Vielfalt der Wohnprojekte wider. Diese gut funktionierenden Kooperation zwi- bunte Mischung von Gruppen mit den ver- schen einer Stiftung als Initiatorin, einer schiedensten Konzepten und Zielen kann Wohnungsgenossenschaft und anderen hier nur angerissen werden. Frauen, Män- eingebundenen Diensten sowie die hohe ner, Behinderte, Menschen aus anderen Akzeptanz der für den Bereich Altenhilfe Herkunftsländern,Menschen mit einer be- zuständigen Behörden und Krankenversi- stimmten Philosophie,Wohnen und Arbei- cherungen sind beispielhaft für die Ent- ten sowie Wohnen für Hilfe sind Stichwor- wicklung einer flächendeckenden Versor- te zu diesem Thema. gung ambulanter Pflegewohnprojekte in Deutschland. In Nachbarschaften einge- streute Pflegewohnungen sollen dazu bei- Entwicklung und Perspektiven in Deutschland Gemeinschaftliche Wohnprojekte für älte- Wohnung oder mangelnden Selbstbestim- re Menschen sind in Deutschland nicht mung in herkömmlichen Altenheimen. neu. Sie können mittlerweile auf eine Angestrebt wurde das Zusammenleben in 30jährige Erfahrung zurückgreifen. In die- familienähnlichen Gruppen als Senioren- ser Zeit haben sich jedoch Schwerpunkte familie oder in „Wahlverwandtschaften“. verschoben und Differenzierungen erge- Selbstverwaltete Haus- und Nachbar- ben, die zur Weiterentwicklung von Kon- schaftsgemeinschaften sowie begleitete zeptionen und Realisierungsmustern ge- und betreute Wohngruppen für ältere führt haben. Insgesamt hat die Bedeutung Menschen wurden gegründet. Gleichzeitig dieser Wohnprojekte als mögliche Wohn- entstanden auch Landkommunen und form für das Alter deutlich zugenommen. Siedlungsgemeinschaften. Die meisten Pioniere gingen aber noch von der Idee al- tershomogener Wohngemeinschaften aus. Nicht allein und nicht ins Heim Insgesamt handelte es sich hier meist um So lautete das Motto der Pioniere für ge- überschaubare kleine Projekte, die in der meinschaftliches Wohnen in den späten Öffentlichkeit mehr als „Exoten“ wahrge- 70er Jahren. Sie wurden aktiv, um neue nommen wurden. Wege des Wohnens und Lebens im Alter Die ersten Altenwohnprojekte hatten mit zu suchen. Ähnlich den studentischen erheblichen organisatorischen Schwierig- Wohngemeinschaften entstanden dann keiten zu kämpfen. Die Selbsthilfegruppen auch Wohngemeinschaften für ältere Men- verfügten nicht über ausreichende Erfah- schen. Slogans wie "Alt und Jung gemein- rung in der Gruppenbildung und Wohn- sam! Keine Altenghettos!“ verdeutlichen konzeptentwicklung. Sie hatten oft nur un- den Charakter der Projekte als Alternati- klare Vorstellungen über die Form des ven zur Vereinsamung in der eigenen Zusammenlebens. Auch fehlten Kennt- 8 Eine neue Wohnform Entwicklung und Perspektiven in Deutschland nisse fachlich-professioneller Art im einer Weiterentwicklung gemeinschaft- Bereich Architektur, Rechts- und Finan- licher Wohnformen für ältere Menschen. zierungsbestimmungen. Bei Kommunen, Durch verschiedene bundesweite und re- Wohnungsunternehmen oder auch Bauträ- gionale Veranstaltungen dieser Institutio- gern stießen die Projekte auf Unverständ- nen, wie z.B. die Wohnprojekt-Tage des nis. Auch fehlte ein Informations- und wohnbund, wird der Erfahrungsaustausch Erfahrungsaustausch, die Initiativgruppen immer wieder angeregt. agierten jeweils separat an unterschied- 1991 veranstaltete das „Forum für gemein- lichen Orten. Diese Mängel führten dazu, schaftliches Wohnen im Alter“ mit Unter- das in Deutschland trotz positiver Reso- stützung des Ministeriums für Arbeit, Ge- nanz die Ausbreitung dieser Gruppen- sundheit und Soziales eine Tagung „Neue wohnformen nur sehr zögerlich voran- Chancen für Gemeinschaftswohnprojekte schritt. von Jung und Alt“, deren Ergebnisse vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) 1993 veröffentlicht wurden. Vernetzung der Initiativen Vorhaben zur Erforschung, Weiterent- In den frühen 80er Jahren entstanden erste wicklung und Dokumentation von neuen modellhafte Gruppenwohnprojekte von Formen des gruppenbezogenen Planens, und für Ältere sowie Vereine mit entspre- Wohnens und Lebens werden zu der Zeit chenden Zielsetzungen. Größere,selbstver- von verschiedenen Institutionen durchge- waltete Wohnprojekte wurden organisiert, führt. Sie zeigen auf, wie vielfältig ge- wie z.B. verschiedene gemeinschaftliche meinschaftliches und integrierendes Pla- Wohnprojekte der „Grauen Panther“ nen, Bauen und Leben in Deutschland ist, (nicht nur) in Hamburg sowie betreute welche Formen gruppenorientierten Woh- Wohngruppen des Vereins „Freie Altenar- nens erfolgreich sind und welche charak- beit Alt und Jung“ in Bielefeld,oder später teristischen Hürden bei ihrer Realisierung von „ambet“ in Braunschweig. In der überwunden werden müssen. zweiten Hälfte der 80er Jahre begannen sich diese Wohnprojekte stärker zu ver- Erweiterte Konzepte netzen. Der ,,wohnbund“ und das „Forum für ge- Durch nationale und internationale Ent- meinschaftliches Wohnen im Alter“ (1989) wicklungen finden gemeinschaftliche wurden als überregionale Institutionen Wohnprojekte in der gesamten Bundesre- gegründet,die eine Weiterentwicklung ge- publik zunehmend Resonanz, und es ent- meinschaftlicher Wohnprojekte anstreben. stehen gemeinschaftliche Wohnprojekte Beim „wohnbund“ waren es vor allem Pla- mit spezifischen Zielsetzungen. In der Al- nerinnen und Planer, Architektinnen und tenhilfe werden seither zahlreiche Verän- Architekten, die durch Forschung, Öffent- derungen durchgesetzt. So etabliert sich lichkeitsarbeit und Planung die Verwirk- zwischen dem „Alleinwohnen“ und dem lichung von Gruppenwohnprojekten un- „Wohnen im Heim“ eine Palette neuer terstützten. Im „Forum“ schlossen sich Wohnformen für das Alter, wie z.B. das Selbsthilfegruppen und an Projekten Inter- „Betreute Wohnen“. Der Ausbau von am- essierte zusammen, die den Schwerpunkt bulanten Diensten, Tages- und Kurzzeit- der Arbeit auf Erfahrungsaustausch, Öf- pflege, Wohnungsanpassung und organi- fentlichkeits- und Bildungsarbeit sowie sierter Nachbarschaftshilfe ermöglicht ein auf die Entwicklung gemeinsamer Strate- selbständiges Wohnen bis ins hohe Alter. gien legen. Während der „wohnbund“ – Ältere Menschen haben heute ein anderes geprägt von der Genossenschaftsbewe- Selbstverständnis entwickelt, mit neuen gung – zunächst primär eine jüngere Ziel- Lebensentwürfen und veränderten Wohn- gruppe ins Auge fasste, lag der Schwer- ansprüchen für die nachberufliche Lebens- punkt des „Forum“ von Anfang an auf phase. 9 Entwicklung und Perspektiven in Deutschland Nicht nur die Älteren zeigen dabei ein zu- Regionale Vielfalt nehmendes Interesse an gemeinschaft- lichen Wohnformen. Auch jüngere Men- In den einzelnen Bundesländern ent- schen öffnen sich verstärkt neuen wickeln sich aufgrund unterschiedlicher Lebensformen des gemeinschaftlichen und Voraussetzungen die Strukturen der Ver- generationsübergreifenden Wohnens. Sozi- netzung wie auch die Projekte selbst al,ökologisch und ökonomisch ausgerich- unterschiedlich, auch wenn es ähnliche tete Programme, wie die im Kontext des Tendenzen gibt. In Hamburg ist eine aus- Gipfels von Rio 1992 verabschiedete geprägte Projektszene und Genossen- Agenda 21, geben konkrete Anregungen schaftslandschaft mit unterschiedlichen für zukunftsorientiertes Planen und Bau- Trägerformen zu finden. In NRW sind en, die auch von Wohnprojektgruppen offenbar bis jetzt mehr und größere ge- aufgegriffen werden. „Miteinander woh- meinschaftlich orientierte Wohnprojekte nen, leben und arbeiten!“ lautet ein neuer realisiert worden als in anderen Bundes- Slogan. Regionale Förderprogramme und ländern. Auch ist in NRW häufiger eine kommunale Planungen unterstützen diese hohe Planungsbeteiligung der künftigen Entwicklung. Frei werdende Kasernenge- Bewohnerschaft bei fremdinitiierten Pro- lände ermöglichen die Entwicklung von jekten und eine unter gemeinschaftsför- beispielhaften Wohn- und Lebensformen, dernden Aspekten entwickelte Architektur ganze Stadtteile werden sozial und öko- anzutreffen. logisch konzipiert (z.B. in Freiburg,Tübin- In manchen Kommunen lässt sich die Auf- gen,München,Mülheim,Aachen). weichung enger Richtlinien des öffentlich geförderten Wohnungsbaus beobachten, beispielsweise durch die Nutzung von Die Projektlandschaft wird Handlungsspielräumen im Belegungsrecht differenzierter oder die Vergabe von öffentlichen Grund- „Mit Freu(n)den alt werden“ lautete das stücken an Wohngruppen. Die Etablierung Motto der 90er Jahre. Die Situation hat gemeinschaftlicher Wohnprojekte wird da- sich seit der „Pionierzeit“ gründlich verän- durch wesentlich erleichtert. dert: Das Selbstverständnis und der Kreis derjenigen, die sich für gemeinschaftliche Neue Wohnmodelle zwischen Wohnprojekte interessieren,haben sich er- Wohnen und Pflege weitert. Auch die Rahmenbedingungen für die Umsetzung solcher Projekte wurden Im Zuge des demografischen Wandels verbessert. Insbesondere können die Initi- wird der Zielgruppe der Pflegebedürftigen ativen auf den Erfahrungen bestehender und Demenzerkrankten aufgrund ihrer Projekte aufbauen. Die Projektlandschaft wachsenden Zahl zunehmend Aufmerk- ist geprägt von einer zunehmenden Diffe- samkeit gewidmet. Eine angemessene Ver- renzierung, es gibt aber auch gemeinsame sorgung für diese Zielgruppen stellt nicht Strukturmerkmale. So haben sich selbst- nur für viele Alten- und Pflegeheime eine verwaltete Haus- bzw. Häusergemein- Herausforderung dar,sondern auch für die schaften mit jeweils abgeschlossenen und Wohnformen, die Alternativen zur Heim- barrierefrei erschlossenen Wohneinheiten unterbringung entwickeln. als Trendmodell durchgesetzt. Wohnge- meinschaften im engeren Sinne etablieren Finanzierung und Kooperationen sich zunehmend als betreute Wohnformen, wie die sogenannte „KDA-Hausgemein- Die öffentliche Förderung von Projekten schaft“ im stationären Bereich oder die mit Bewohnern unterschiedlicher Einkom- ambulant betreuten Pflegegruppen (siehe mensgruppen sowie die Finanzierung von Projektbeispiel Münster). Gemeinschaftsräumen ist in den letzten Jahren verbessert worden. Neue Wege für 10
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