Werner Rupprecht Netzwerksynthese Entwurfstheorie linearer passiver und aktiver Zweipole und Vierpole Springer-Verlag Berlin· Heidelberg· New York 1972 Privatdozent, Dr.-Ing. WERNER RUPPRECHT Akademischer Oberrat am Institut fur Nachrichtenverarbeitung und Nachrichtenubertragung der Universitat Karlsruhe a Ehemals Professor adjunto Coordenac;:ao dos Programas de P6s-Graduac;:ao de Engenharia da Universidade Federal do Rio de Janeiro (COPPE-UFRJ) Mit 213 Abbildungen ISBN-13: 978-3-540-05529-7 e-ISBN-13: 978-3-642-80632-2 001: 10.1007/978-3-642-80632-2 Das Werk isl urheberrechllich geschulzl. Die dadurch begrundelen Rechle, insbesondere die der Oberselzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ahnlichem Wege und der Speicherung in Dalenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Bei Vervielfaltigungen fUr gewerbliche Zwecke ist gemaB § 54 UrhG eine VergUtung an den Verlag zu zahlen, deren Hbhe mil dem Verlag zu vereinbaren is!. © by Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1972. Library of Congress Catalog Card Number 76-170094 Oem Andenken meines Vaters Vorwort Unterteilt man das elektrotechnische Fachwissen in Grundwissen und angewandtes Wissen, dann gehort die Netzwerktheorie zweifellos zum Grundwissen, welches yom Wandel der Technologie weitgehend unbertihrt bleibt. Dieses Buch befaBt sich mit der Synthese linearer zeitinvarianter passiver und ak tiver Zwei- und Vierpole aus endlich vielen konzentrierten idealen Bauelementen. Es handelt sich urn eine axiomatische Theorie, die im Gegensatz zur Netzwerkanalyse kein Gegensttick in der theoretischen Mechanik hat. In den einzelnen Kapiteln wird dargelegt, was die verschiedenen Netzwerkklassen theoretisch leisten, bzw. prinzipiell mcht leisten konnen, und wie man systematisch Schaltungen mit zulassig vorgeschriebenen Eigenschaften findet. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Synthese passiver LC-, RC- und RLC-Vierpole. Dabei finden die in amerikanischen Lehrbtichern weitgehend unbekannt gebliebenen klassischen Bei trage von H. Piloty und W. Bader besondere Berticksichtigung. Fragen der Approxi mation technischer Forderungen durch zulassige Funktionen werden in Kapitel 6 be rtihrt, wo einige der bekanntesten Standardapproximationen fUr Dampfung und Phase beschrieben sind, urn Anwendungsmoglichkeiten zu verdeutlichen. GroBer Wert wurde auf ausfUhrliche Erklarungen und Vollstandigkeit der Beweise ge legt. Bei der Herleitung der notwendigen Netzwerkeigenschaften wird haufig und mit Vorteil der Satz von Tellegen benutzt, wodurch lange Darlegungen von Zusammen hangen aus der Netzwerkanalyse und die EinfUhrung fiktiver komplexer Ubertrager tiberfltissig werden. Dies und die mehr als siebzlg durchgerechneten Zahlenbeispiele sollen dazu dienen, sowohl das "Wie" als auch das "Warum" der einzelnen Verfahren in einleuchtender Weise klarzumachen. GroBe Teile des Textes dtirften nicht nur an Hochschulen, sondern auch an Ingenieurschulen lehrbar sein. Entstanden ist dieses Buch aus Vorlesungen und Ubungen, die ich an der Universitat Karlsruhe und im postgraduate program (Coppe) der Bundesuniversitat Rio de Janeiro VI Vorwort gehalten habe. Vieles in der Darstellung resultiert aus zahlreichen Diskussionen mit Student en und Kollegen, denen an dieser Stelle gedankt sei. Mein besonderer Dank gilt Herrn cando info Werner Schmidt fUr seine wertvolle Hilfe beim Kontrollrechnen und beim Korrekturlesen. Weiterhin mochte ich dem Springer-Verlag meinen Dank aus sprechen fUr die gute Zusammenarbeit und fUr sein bereitwilliges Entgegenkommen auf viele Sonderwiinsche. Karlsruhe im August 1971 Werner Rupprecht Inhaltsverzeichnis 1. Definitionen und Grundlagen der Netzwerktheorie 1 1. 1 Zeitfunktion und Spektrum . . . . . . . . 1 1.2 Die wichtigsten Netzwerkelemente und ihre Beschreibung im Zeit- und Frequenzbereich . . . . . 5 1.2.1 Zweipolige Elemente 5 1. 2. 2 Vierpolige Elemente 8 1.3 Netzwerksatze und Netzwerkfunktionen 16 1. 3. 1 Topologische Si:itze von Kirchhoff und Tellegen 16 1.3.2 Netzwerkfunktionen und Normierung 20 1.3.3 Die Bruneschen Pseudoenergiefunktionen 25 2. Synthese passiver Zweipole aus zwei Elementetypen 30 2.1 LC-Zweipole . • . . • . . . . . . . . • . . 30 2.1.1 Notwendige und hinreichende Bedingungen 30 2. 1. 2 Synthese von LC-Zweipolen ...... 41 2.1.3 Reaktanzzweipolfunktion und Hurwitzpolynom 53 2.2 RC-Zweipole • . . . . . • . . . . . . . . . 58 2.2.1 Notwendige und hinreichende Bedingungen 58 2.2.2 Synthese von RC-Zweipolen 66 2.3 GyratorjC-Zweipole 73 3. Synthese allgemeiner passiver Zweipole 76 3.1 Notwendige und hinreichende Bedingungen 76 3.2 Eigenschaften positiv reeller Funktionen. 79 3.3 Prtifung auf positiv reelle Funktion •. 86 3.4 Syntheseverfahren fUr passive Zweipole 94 3. 4. 1 Das Verfahren von Brune 95 3. 4. 2 Das Verfahren von Bott und Duffin 105 3.4.3 Kurzer Dberblick tiber weitere Verfahren 109 VIII Inhal tsverzeichnis 3.5 Teile positiv reeller Funktionen 110 3.5.1 Bestimmung von Z(s) aus !Z(jw)! . 110 3.5.2 Bestimmung von Z (s) aus Re!Z(jw)! 112 4. Allgemeine Vierpoleigenschaften und spezielle Vierpoltypen 115 4.1 Der Umkehrungssatz der Vierpoltheorie 115 4.2 Dbertragungseigenschaften von Vierpolen 117 4.2.1 Dbertragungseigenschaften und Vierpolmatrixelemente 117 4.2.2 Pol-Nullstellenkonfigurationen der Wirkungsfunktion H(s) bei stabilen Vierpolen, Allpassen und Mindestphasenvierpolen 122 4.3 Eigenschaften spezieller Vierpolschaltungsstrukturen 128 4.3.1 Eigenschaften von Vierpolen mit durchgehender Masse- verbindung ...•........ 128 4.3.2 Eigenschaften von Brtickenschaltungen 133 4.3.3 Fastsymmetrische Vierpole 143 5. Synthese pas siver LC-Vierpole 148 5.1 Notwendige und hinreichende Realisierbarkeitsbedingungen fUr LC-Vierpolmatrizen . . . . • • • . . • 148 5.1.1 Bedingungen fUr die [ZJ - und [YJ -Matrix 148 5.1.2 Bedingungen fUr die [AJ-Matrix .... 155 5.2 Synthese passiver LC-Vierpole mit vorgeschriebener [ZJ-Matrix durch Partial bruchschaltungen •.......•......••... 160 5.3 Notwendige und hinreichende Realisierbarkeitsbedingungen ftir vorge- gebene Dbertragungseigenschaften passiver LC-Vierpole 167 5.3.1 Spezielle Zusammenhange bei passiven LC-Vierpolen. • .. 168 5.3.2 Realisierbarkeitsbedingungen im unbeschalteten und einseitig beschalteten Fall . . • . . . . • • • • . . . . . . • .• 172 5.3.3 Realisierbarkeitsbedingungen in zweiseitig beschalteten Fall 177 5.3.4 Bestimmung der [AJ - Matrix aus der Betriebstibertragungsfunktion oder der charakteristischen Funktion beim LC-Vierpol . .. 184 5.4 Spezielle Realisierungsmethoden fUr vorgeschriebene Wlrkungsfunk- tionen . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . • . . .. 188 5.4. 1 Synthese von Wirkungsfunktionen unbeschalteter und einseitig be- schalteter LC-Vierpole durch Abzweigschaltungen . . . . .. 189 5.4.2 Synthese von Wirkungsfunktionen H B (s) zweiseitig beschalteter LC-Vierpole durch Abzweigschaltungen . . . . . 196 5.4.3 Synthese pas siver LC-Nichtmindestphasenvierpole 213 5.4.3.1 Synthese von LC-AllpaBschaltungen . . . 214 5.4.3.2 Kurzer Dberblick tiber weitere Syntheseverfahren fUr LC-Vierpole . . . . . . . . . . . . . • . . . .. 219 6. Approximationen . . . . . . . . . . . . . • 220 6.1 TiefpaBapproximation durch LC-Potenzfilter 220 Inhaltsverzeichnis IX 6.2 TiefpaBapproximation durch LC-Tschebyscheffilter 223 6.3 TiefpaBapproximation durch LC-Cauerfilter •••• 229 6.4 Approximation beliebiger Dampfungsverlaufe, Frequenztransfor- mati on en .••••..••..••..••.•.•. 233 6.5 Approximation linear ansteigender Phase durch LC-Vierpole. • • 237 7. Synthese allgemeiner passiver Vierpole . . . • . • . • . . . • . . •• 240 7.1 Notwendige und hinreichende Realisierbarkeitsbedingungen fUr RC-Vier polmatrizen [ZJ, [YJ und [AJ • . . . . . . • • . • • . . • . •• 240 7.2 Synthese passiver RC-Vierpole mit vorgeschriebener [ZJ-Matrix durch Partialbruchschaltungen • . . • . . . . ... • • . . • . . . • .• 245 7.3 Notwendige und hinreichende Realisierbarkeitsbedingungen fUr vorge- gebene Dbertragungseigenschaften passiver RC-Vierpole 247 7.4 Spezielle Syntheseverfahren ftir passive RC-Vierpole . . . . . . .• 254 7.4.1 RC-Vierpolsynthese durch Abzweigschaltungen bei Wirkungs- nullstellen auf der negativen a-Achse . . • • . . . . 254 7.4.2 RC-Vierpolsynthese bei komplexen Wirkungsnullstellen • . .• 260 7.4.3 Kurzer Dberblick tiber weitere Syntheseverfahren fUr passive RC-Vierpole . . . . . . . . . . . • . . • . . . . • . .• 274 7.5 Notwendige und hinreichende Realisierbarkeitsbedingungen fUr Vierpol- matrizen reziproker passiver Vierpole . • . . . • . . . . . . 275 7.5.1 Realisierbarkeitsbedingungen fiir die Widerstandsmatrix [ZJ und die Leitwertsmatrix [YJ • . . . . • • • 275 7.5.2 Eigenschaften positiv reeller Matrizen 277 7.5.3 Realisierbarkeitsbedingungen ftir die Kettenmatrix [AJ 282 7.6 Realisierung der [ZJ- und [YJ-Matrix des reziproken passiven Vierpols nach C. Gewertz . • . . . . . . . . . . • • • . . . . . • . .• 285 7.7 Dbertragungseigenschaften des reziproken passiven Vierpols und Reali sierungvorgeschriebener Ubertragungseigenschaftendurch Vierpole kon stanten Eingangswiderstandes .....•......•....• 292 8. Allgemeines zur Theorie aktiver Netzwerke 296 8.1 Stabilitat . . • . . . • . . . . • . • 296 8.2 Einige weitere aktive Netzwerkelemente • 300 8.2. 1Der Operationsverstarker 300 8.2.2 Der Ne~ativimpedanzkonverter 303 8.2.3 Der Negativimpedanzinverter und der aktive Gyrator 309 8.2.4 Einiges tiber pathologische Schaltungen 311 8.3 Eigenschaften und Synthese von ±RC-Netzwerken 313 8. 3. 1 Ei genschaften und Synthese von ± RC-Z wei pol en 313 8.3.2 Eigenschaften von ± RC-Vierpolen 317 8.4 Kurzer Uberblick tiber weitere Klassen aktiver Netzwerke 319 x Inhaltsverzeichnis 9. Synthese aktiver RC-Zwei- und Vierpole unter Verwendung eines oder zweier aktiver Schaltelemente • • • • • . • • • • . • . . 320 9.1 Synthesemethoden unter Verwendung gesteuerter Quellen 320 9.1.1 Zweipolsynthese mit zwei gesteuerten Quellen 320 9.1. 2 Synthese vorgeschriebener Wirkungsfunktionen mit einer ge- steuerten Quelle •.••.•••.•••••••••• 323 9.1.3 Synthese vorgeschriebener Wirkungsfunktionen mit zwei ge- steuerten Quellen • • • • • . . . • • . • • . • • • • 327 9.1.4 Synthese vorgeschriebener Wirkungsfunktionen mit einem Differenzverstarker • • • • . • . • • • • • • • • . • 329 9.2 Synthesemethoden unter Verwendung von Operationsverstarkern 333 9.2.1 Zweipolsynthese unter Verwendung eines einzigen Operationsver- sHirkers ••.•.•.•.•.••••.•..••••. 333 9.2.2 Synthese vorgeschriebener Wirkungsfunktionen unter Verwendung von Operationsverstarkern . • • • • • . • . • . . • • •. 338 9.3 Synthesemethoden unter Verwendung von Negativimpedanzkonvertern 342 9.3.1 Zweipolsynthese unter Verwendung eines einzigen Negativimpe- danzkonverters • . . • • • . • • . . • . . • . • . • . .. 342 9.3.2 Synthese vorgeschriebener Wirkungsfunktionen mit einem einzigen Negativimpedanzkonverter • • • • • • . . • . • • . . •• 348 9.3.3 Stabilitatsbetrachtungen bei Schaltungen mit Negativimpedanz- konvertern • • • . . • . . . • . . . . • . • • • . • •• 352 9.4 Kurzer Uberblick tiber weitere Verfahren zur Synthese aktiver RC-Netz- werke . • • • • • • • . . . . . . • . • • • • • • • • • • • . . 354 10. Empfindlichkeitsprobleme 355 10. 1 Empfindlichkeitsdefinitionen und -berechnungen 355 10.2 Empfindlichkeitsmimmislerung durch Horowitzzerlegung 359 10.3 Einige Bemerkungen zur Empfindlichkeitsminimisierung 370 Literaturverzeichnis 371 Namen- und Sachverzeichnis 375 1. Definitionen und Grundlagen der Netzwerktheorie Zur Beschreibung der Synthese von Netzwerken mlissen gewisse Grundlagen der all gemeinen Netzwerktheorie vorausgesetzt werden. In diesem ersten Kapitel sind da her die wichtigsten Begriffe, Bezeichnungsweisen und theoretischen Grundlagen aus diesem Gebiet zusammengestellt. Dabei wurde im Gegensatz zu den spateren Kapi teln 2 bis 10 auf Herleitungen weitgehend verzichtet. 1.1 Zeitfunktion und Spektrum Strom und Spannung sind normalerweise reelle Funktionen der Zeit t, d.h. fUr reelle Werte von t ist auch der Funktionswert f( t) reell. Gleichwertig mit der Be schreibung als Zeitfunktion f(t) ist die Beschreibung als Spektrum F (s). Hier wird ausschlieBlich dasjenige Spektrum betrachtet, welches man mit der einseitigen La placetransformation gewinnt. Diese ordnet in eindeutiger Weise einer reellen Zeit funktion f( t), die fur Zeiten 0";; t < = definiert ist, eine Funktion F (s) zu. Das wird durch die Schrei bweise F (s) = ;t'[f( t) ] (1.1 ) zum Ausdruck gebracht. Dabei ist s = a + jw (1. 2) die komplexe Frequenz. Das Spektrum oder die Funktion F(s) ergibt sich aus fol gender Definitionsgleichung J F(s) = a(s) + j b(s) =. {Cf(t)] = f(t) e-stdt (1. 3) t=O- Die untere Integrationsgrenze 0- (Null minus) ist nicht der Wert an der Stelle Null, sondern der linksseitige Grenzwert, dem der Integrand f(t)e-st zustrebt, wenn t von links gegen Null geht. Es ist klar, daB nicht fUr jede Funktion f( t) eine Laplace-