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Netzwerkmanagement: Koordination von professionellen Vernetzungen — Grundlagen und Praxisbeispiele PDF

271 Pages·2008·3.335 MB·German
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Herbert Schubert (Hrsg.) Netzwerkmanagement Herbert Schubert (Hrsg.) Netzwerk- management Koordination von professionellen Vernetzungen – Grundlagen und Praxisbeispiele Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 1.Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH,Wiesbaden 2008 Lektorat:Stefanie Laux VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werkeinschließlichallerseiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar.Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungen usw.in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung:KünkelLopka Medienentwicklung,Heidelberg Satz:F.A.Z.Susanne Koch,Niedernhausen Druck und buchbinderische Verarbeitung:Krips b.v.,Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-15444-2 Inhalt Grundlagen Herbert Schubert Netzwerkkooperation – Organisation und Koordination von professionellen Vernetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Praxisbeispiele Mira Kleinbauer Kooperationsmodell im Maschinen- und Anlagenbau . . . . . . . . . . . 106 René Böhmer, Markus Ziegler, Sascha Tilli Netzwerkmanagement in der Transportlogistik . . . . . . . . . . . . . . . 127 Günter Schicker Praxisnetze im Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Tassilo Knauf Netzwerk der Offenen Ganztagsschule in Herford . . . . . . . . . . . . . 167 Holger Spieckermann Netzwerkmanagement in einer „Lernenden Region“ . . . . . . . . . . . . 179 Bernt-Michael Breuksch, Katja Engelberg Netzwerkaufbau für die Weiterentwicklung von Kindertages - einrichtungen zu Familienzentren in Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . 188 Ursula Müller-Brackmann, Bernd Selbach Das „Netzwerk Frühe Förderung“(NeFF) . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Vanessa Schlevogt Das Mo.Ki Netzwerk – Verbesserung der Bildungs- und Entwicklungschancen von Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Alexandra Birkle, Andreas Hildebrand Sozialraumkoordination in Köln Höhenberg/Vingst . . . . . . . . . . . . 241 Anhang Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Herbert Schubert Netzwerkkooperation – Organisation und Koordination von professionellen Vernetzungen Übersicht 1. Auf dem Weg zur Netzwerkorganisation 1.1 Wirtschaftliche Perspektiven von Netzwerken 1.2 Netzwerk als neue Organisationsform 1.3 Organisatorische Evolution 1.4 Cluster als regionale Wirtschaftsnetzwerke 2. Kontext der Netzwerkorganisation in der Sozialwirtschaft 2.1 Institutionelle Zerstückelung der Lebenswelten 2.2 Integriertes Prozessdenken 2.3 Normative Standards des kommunalen Handlungsrahmens 3. Theoretische Grundlagen der Netzwerkkooperation 3.1 Vernetzung von Akteuren 3.2 Netzwerk als System 3.3 Netzwerk als Institution 3.4 Defi nitionen: Kooperation, Netzwerk, Vernetzung 3.5 Systematik von Netzwerken und Netzwerksteuerung 4. Handlungsrahmen für ein Netzwerkmanagement 4.1 Managementmodell für die Netzwerkkooperation 4.2 Klärung von Stärken/Schwächen und Chancen/Risiken einer Netz- werkkooperation im Rahmen einer strategischen Situationsanalyse 4.3 Stakeholderanalyse zur Identifi kation geeigneter Kooperationspartner 4.4 Diagnose des Vernetzungsstatus mit einer Netzwerkanalyse 4.5 Managementbausteine und Steuerungselemente 5. Ausblick: Netzwerkplanung 6. Überblick über die nachfolgenden Praxisbeispiele dieser Publikation 6.1 Netzwerkkooperation in der Erwerbswirtschaft 6.2 Netzwerkkooperation zwischen Non-Profi t-Organisationen der gemeinnützigen Sozialwirtschaft in der öffentlichen Daseinsvorsorge 8 Herbert Schubert 1 Auf dem Weg zur Netzwerkorganisation Die Metapher des Netzwerks, das aus Bändern und untereinander verbunde- nen Knoten besteht, ist in einer übertragenen Bedeutung zu einer dominanten rhetorischen Figur geworden, um aktuelle Gesellschaftsentwicklungen zu be- schreiben. Manuel Castells prägte den Begriff der „Netzwerkgesellschaft“, weil die gesellschaftlichen Prozesse und Funktionen vor allem von Inklusion und Exklusion aus Netzwerken und von der Architektur der Beziehungen zwischen Netzwerken – informationstechnologisch verstärkt – konfi guriert werden (2001: 528). Die besondere Qualität dieses Netzwerkverständnisses wird von offenen Strukturen repräsentiert, die expansionsfähig neue Knoten integrieren, wenn diese die Kommunikationscodes des Netzwerkes – wie z. B. Werte oder Leis- tungsziele – beherrschen. Insofern eignet sich die Netzwerkallegorie, um den dynamischen und offenen Systemcharakter der gegenwärtigen Organisations- strukturen in der Gesellschaft zu skizzieren. 1.1 Wirtschaftliche Perspektiven von Netzwerken Netzwerken wird ein besonderer instrumenteller Charakter für die kapitalis- tische Wirtschaft zugeschrieben. Forcierte Innovationsprozesse, die Globali- sierung wirtschaftlicher Verfl echtungen und dezentralisierte Konzentrations- prozesse basieren auf fl exiblen Unternehmen und einer Neuorganisation der Machtbeziehungen zwischen ihnen. Den organisatorischen Wandel zu globalen Netzwerken von Kapital, Management und Information beschreibt Castells mit den folgenden Worten: „Wirtschaftsunternehmen und zunehmend auch Organisationen und Institutionen sind in Netzwerken mit variabler Geometrie organisiert, deren Verfl echtung die traditionelle Unterscheidung zwischen Konzernen und Kleinunternehmen ersetzt, sich quer durch alle Sektoren erstreckt und sich entlang unterschiedlicher geogra- fi scher Konzentrationen ökonomischer Einheiten ausbreitet. Der Arbeitsprozess wird entsprechend zunehmend individualisiert, die Arbeit wird in ihrer Ausfüh- rung in ihre Bestandteile zerlegt und am Ende durch eine Vielzahl zusammenhän- gender Aufgaben an verschiedenen Standorten neu integriert.“ (ebd.: 529) Wirtschaftliches Handeln in Netzwerken erfordert „weiche Steuerungsstra- tegien“, über die sich die beteiligten Organisationen des Wirtschafts- und Ar- beitssystems sowie darüber hinaus eingebundene Organisationen fortwährend abstimmen, ohne ihr eigenes Steuerungspotenzial aufzugeben (vgl. Heinze 2000: 33). Die neuen Informationstechnologien bilden dabei die grundlegende Infrastruktur zur Reduktion der mit der Vernetzung verbundenen Komplexität. Netzwerkkooperation 9 Die Ausbreitung des ‚world wide web‘ im Laufe der vergangenen Jahrzehnte symbolisiert den technisch-ökonomischen Paradigmenwechsel, der im Kontext von Fortschritten in Mikroelektronik und Telekommunikation den Übergang von einer Technologie auf der Grundlage billiger Energie zu einer Technologie auf der Basis billiger Informationen markiert. Die neuen Technologien nutzen bei der Bearbeitung von Informationen als Rohstoff eine „Netzwerklogik“, die in der Folge für eine Vielzahl von Prozessen und Organisationsformen materiell verwirklicht wird, weil sie einerseits Strukturierungskraft hat, andererseits aber auch Flexibilität sichert, was das Re-Arrangement organisationaler und insti- tutioneller Komponenten betrifft. Die Entstehung der informationell basierten globalen Ökonomie steht mit der Entwicklung dieser neuen Organisationslogik des Netzwerks in einem engen Zusammenhang (Castells 2001: 75ff.). Umge- kehrt repräsentiert die Netzwerkorganisation auch eine Reaktion auf das dyna- mischer und komplexer gewordene Umfeld wirtschaftlicher Unternehmungen: Denn mit der Globalisierung der Wettbewerbsbedingungen beschleunigt sich auch der ökonomische und technologische Wandel, was beispielsweise in ei- ner Verkürzung der Produktlebenszeiten erkennbar wird. Die damit verbundene wachsende Unsicherheit wird kompensiert mit Netzwerkkooperation, die den Akteuren mehr Flexibilität ermöglicht (Kraege 1997: 1). Mit dem Wandel der Organisationsweise und den neuen Informationstech- nologien bildet sich eine charakteristische Organisationsform zu Beginn des 21. Jahrhunderts heraus: das „Netzwerkunternehmen“, dessen Teile sowohl autonom wie auch abhängig sind (Castells 2001: 198f.). Die Leistungsfähigkeit des Netz- werkunternehmens wird durch seinen „Verknüpfungsstatus“ – als Fähigkeit einer störungsfreien Kommunikation zwischen seinen Elementen – und durch seine „Konsistenz“ – als Übereinstimmung zwischen den Netzwerkzielen und den Zie- len der Komponenten – geprägt (vgl. Windeler 2001). Netzwerkorganisationen sind danach erfolgreich, wenn sie Wissen und Prozessinformation effi zient her- vorbringen, fl exibel ihre Mittel wechseln und innovativ mit kulturellem, techno- logischem und institutionellem Wandel umgehen können (vgl. Welter 2005). 1.2 Netzwerk als neue Organisationsform Seit den 1990er Jahren setzen sich Netzwerke als neue Organisationsform durch. Ein bekanntes Beispiel ist das Management marktbasierter Netzwerke – wie z. B. Kooperationsnetzwerke in der Automobilproduktion der Mobilitäts- industrie. Mit der Defi nition von Schnittstellen, der kooperativen Entwicklung gemeinsamer Produkte in ‚Systempartnerschaft’ und der gegenseitigen Abstim- mung ihrer Beiträge hilft die Netzwerkorganisation, die Defi zite traditioneller Organisationsmuster zu beseitigen (vgl. Scott 2003). 10 Herbert Schubert Den Kern der Netzwerkorganisation bildet eine „Netzwerkkooperation“ mit folgenden konstitutiven Merkmalen (Kraege 1997: 51): (1) Der Kooperati- onsinhalt und die Koordination werden explizit auf der Grundlage eines gemein- samen Zieles (informell oder vertraglich, für einen begrenzten oder unbegrenz- ten zeitlichen Horizont) vereinbart. (2) Die beteiligten Akteure bleiben rechtlich und wirtschaftlich selbständige Einheiten mit einer Mindestautonomie, die eine Option zum freiwilligen Ein- und Austritt enthält. (3) Die Kontrolle über das Zusammenwirken wird unter den Akteuren so aufgeteilt, dass die Leistungsbei- träge dezentral verantwortet werden. (4) Die Netzwerkorganisation wird durch die „Kommunikation von Entscheidungen“ konfi guriert und ersetzt dadurch kontinuierlich Unsicherheit der einzelnen Organisation durch selbst erzeugte Sicherheiten des Netzverbunds (vgl. Luhmann 1998: 833). Killich (2007:21f.) erkennt darin die Chance, dass die Organisation ihre Selbständigkeit behalten und trotzdem Ergebnisse realisieren könne, die sie allein nicht bewerkstelligt hätte. Aber es sind auch mögliche Risiken zu diagnostizieren: So ist beispiels- weise nicht auszuschließen, dass ein Partner nur einen kurzfristigen Vorteil aus der Kooperation zieht. Auch der hohe Aufwand für Abstimmungs- und Steu- erungsvereinbarungen kann die Kooperationsvorteile beträchtlich einschrän- ken. Rößl grenzt deshalb davon „nicht kooperative Netzwerke“ ab, in denen das Verhalten der Akteure durch klassische hierarchische Managementinstru- mente der hierarchischen Bürokratie (Anordnung, Kontrollen und nachfolgende Sanktionen) – nicht freiwillig – sichergestellt wird, während die Akteure in der Netzwerkkooperation freiwillig über die Möglichkeit entscheiden, ob sie durch ein nicht vereinbarungsgemäßes Verhalten kurzfristige Vorteile ziehen (Ausbeu- tung, betrügerisches Verhalten) oder ob sie darauf zugunsten eines langfristigen Bestandes der Beziehung verzichten wollen (1996: 311ff.) Der Trend zur Bildung von Netzwerken als neue Organisationsform voll- zieht sich international und global (vgl. Nadler/Gerstein/Shaw 1992). Die be- teiligten Akteure ziehen daraus den Vorteil, ihre Ressourcen bündeln, ihre Kapazitäten verknüpfen und ihr Leistungsspektrum erweitern zu können. Die Netzwerkorganisation dient vor allem auch der Bewältigung des ökonomischen und technischen Wandels und den damit verbundenen Unsicherheiten und Ri- siken: Die kleinen und mittleren Betriebe der Zulieferungsnetzwerke in der Mo- bilitätsindustrie zum Beispiel reduzieren über Abstimmungen im Netzwerk die hohe Umweltkomplexität bei der Produktion von Fahrzeugen. Selbst die hierar- chische Bürokratie der Kommunalverwaltung, die sich immer schon komplexen Umwelten ausgesetzt sah, aber in einer ‚stabilen Welt‘ bisher nur standardisierte Routinehandlungen vollzog, entwickelt sich in der Gegenwart in die Richtung der Netzwerkorganisation weiter. Denn die Maßnahmen der ‚öffentlichen Hand‘ können – angesichts der Vielfältigkeit und des fortwährenden Wandels von Le- Netzwerkkooperation 11 benssituationen der Adressaten – nicht mehr nach einem immer und überall gleichen Schema erfolgen. Die Netzwerkkooperation wird in einem „postkom- petitiven Strategieverständnis“ als Handlungsalternative zur Erreichung einer fortschritts- und handlungsfähigen Organisation verstanden, indem nicht mehr eindeutige Organisationsgrenzen angestrebt werden, sondern kooperative Struk- turen (Kraege 1997: 56). Nach der reinen Orientierung an „effi zienten Prozessen“ (im Übereifer) zu Beginn der 90er Jahre verschiebt sich das Interesse der Netzwerkorganisa- tion vermehrt zu „wirkungsvollen Prozessen“ (Vahs 2003: 244). Statt sich am schlichten Modell der ‚schlanken Organisation‘ (Lean Management) zu orien- tieren, werden drei Orientierungsdimensionen von der Netzwerkkooperation integriert (vgl. Abbildung 1): • die Kundenorientierung (bzw. Adressatenorientierung), • die Produkt- inkl. Qualitätsorientierung und • die Kompetenzorientierung. Quelle: nach Nadler/Gerstein/Shaw 1992: 33 und Vahs 2003: 244 Abbildung 1: Trend zur Netzwerkkooperation

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