Florian Straus Netzwerkanalysen PSYCHOLOGIE Florian Straus Netzwerkanalysen Gemeindepsychologische Perspektiven tür Forschung und Praxis Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Dissertation Ludwig-Maximilians-Universităt Miinchen, 2001 1. Auflage Dezember 2002 Alle Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden 2002 Urspriinglich erschienen bei Deutscher Universitots-Verlag GmbH, Wiesbaden, 2002 Lektorat: Ute Wrasmann / Britta Găhrisch-Radmacher www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulăssig und strafbar. Das gilt insbe sondere fOr Vervielfăltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wăren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main ISBN 978-3-8244-4503-5 ISBN 978-3-663-10884-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-10884-9 Diese Arbeit greift auf Überlegungen zurück, die mich über viele Jahre begleitet ha ben. Die Rolle von Netzwerken für Subjekte und für die Gesellschaft in der sie leben, gehört zu meinen "Favorites". Doch wer den Forschungsalltag kennt, weiß dass die ser nicht immer Zeit für Passionen lässt. So habe ich zwar vor bald 20 Jahren mein erstes Kapitel zum Themabgeschrieben und in der Folge auch erste methodische Überlegungen und Erfahrungen zur Erfassung von Netzwerken in qualitativen Inter views gemacht, doch es kamen auch viele Projekte, in denen das Thema, keine oder nur eine nachgeordnete Rolle gespielt hat. Wenn Netzwerkkarten eingesetzt wurden, dann eher in einem kleinem Umfang. Zwei prominente Ausnahmen waren die Pro jekte zur Verwendung sozialwissenschaftlichen Wissens im Rahmen eines DFG Schwerpunkts und die Längsschnittstudie zur Identitätsentwicklung junger Erwach sener. Die Verwendungsstudie von 1985-88 bot Gelegenheit methodisch mit dem Instrument Netzwerkanalyse zu experimentieren. In der Längsschnittstudie (1989- 1998) bildete die Netzwerkperspektive eine von drei zentralen Forschungsperspekti ven. Hier gab es eine Vielzahl methodischer Weiterentwicklungen. Diese Studie bot zudem auch die Möglichkeit einer theoretischen Auseinandersetzung unter einer 1- dentitätsperspektive. Durch die praxisorientierte Ausrichtung des IPP (Instituts für Praxisforschung und Projektberatung), an dem ich seit seiner Gründung arbeite, konnte ich auch vielfältige Erfahrungen in und mit der Anwendung der Netzwerkperspektive in der psychosozi alen Praxis sammeln. Vor allem mit meiner Kollegin Renate Höfer habe ich viele Fortbildungsveranstaltungen und Workshops durchgeführt, in denen wir die prakti sche Seite der Netzwerkperspektive ausprobiert und weiterentwickelt haben. Hinzu kommt eine gemeindepsychologische Grundhaltung, die seit vielen Jahren meine Arbeiten prägt. Die verschiedenen Erfahrungsfelder und diese Grundhaltung legen es nahe Praxis und Wissenschaft zwar als getrennte Zugänge, letztlich aber auch als miteinander verschränkte Erfahrungsbereiche von Wirklichkeit zu begreifen. Aus diesen Erfahrungen resultierten zwei Wünsche. Der eine ist ein Forschungspro jekt mit einer primär netzwerkorientierten Ausrichtung durchzuführen, in dem ver schiedene methodische Zugänge möglich sind. Der andere Wunsch war einmal mit a Der Text wurde im März 2001 abgeschlossen und im Juni 2002 redaktionell überarbeitet. Die meis ten der Abbildungen sind als farbiges Original unter Straus (2002) Netzwerkgalerie (http://www.ipp muenchen.de/texte) zu besichtigen. bin Buchholz, Gmür, Höfer, Straus .Lebenswelt und Familienwirklichkeit' erschienen 1984. v mehr Zeit als der Forscheralltag normalerweise bietet, die verschiedenen Fäden und gesammelten Erfahrungen zusammenzutragen. Letzterer geht mit dieser Arbeit in Erfüllung. Aus diesem Hintergrund erklären sich auch die drei Anliegen, die diese Arbeiten prägen • der Wunsch das methodische Werkzeug Netzwerkanalyse für die qualitative For schung wie auch die psychosoziale Anwenderseite weiterzuentwickeln • die Chance einige der mich interessierenden theoretischen Grundfragen einer netzwerkorientierten Perspektive zu vertiefen • und manche der Irritationen zu klären, die einen befallen, wenn man sich als For scher in der einerseits faszinierenden, andererseits aber auch manchmal spröde und formal wirkenden Netzwerklandschaft bewegt. Dies erklärt das historische In teresse an den Entwicklungslinien der Netzwerkperspektive. Bei einer Arbeit über Netzwerke dürfen jedoch jene Netzwerke nicht unerwähnt blei ben, ohne die eine solche Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Da ist mein spezifisch familial-berufliches Netzwerk. Hier möchte ich vor allem Renate danken, die mir nicht nur viel im familialen Haushalt abgenommen hat, sondern vor allem durch Diskussio nen und Kritik diese Arbeit mit geprägt und manche Zusatzschleife und weitere Aus weitung der Arbeit verhindert hat. Laura, Tim und Tina konnten während der letzten Wochen beobachten wie ein Er wachsener, der sich mit dem Thema Netzwerk beschäftigt zunehmend mehr an So zialkompetenzen einbüßt. Sie haben die Folgen meist milde lächelnd ertragen (wie eine Art Krankheit, die vorübergeht). Erwähnen mächte ich auch mein berufliches Netzwerk. Da ich die Arbeit in den letz ten 1 % Jahren nebenbei geschrieben habe, sich eine solches Unterfangen aber vor allem in seiner Schlussetappe gar nicht nebenbei durchführen lässt, musste ich manches absagen oder verschieben oder Kolleginnen bitten für mich einzuspringen. Dafür möchte ich all meinen Kolleginnen herzlich danken. Danken möchte ich auch jenen, die mir bei der Sammlung der Beispiele für For schung und Praxis geholfen haben: Betina Hollstein, Petra Kolip, Waltraud Domes, Helga Pelizäus-Hoffmeister, Günther Reisbeck, Wolfgang Kühnei, Martin Hintermair, Albert Lenz und andere haben mir ihre Arbeiten oder/und Netzwerkkarten zur Verfü gung gestellt und sich geduldig meine Fragen gestellt. An Betina Hollstein geht der Dank auch für viele anregenden Rückmeldungen zum Manuscript. VI Nicht vergessen darf ich noch das fachlich-inhaltliche Netzwerk. Mit Renate Höfer, Wolfgang Gmür, Wolfgang Kraus, Wolfgang Buchholz-Graf und Heiner Keupp sind viele der beschriebenen Netzwerketappen gemeinsam gegangen worden, Renate Graf hat mir geholfen die Brücke zur systemisch-familientherapeutischen Perspektive zu verstehen und Albert Lenz hat mich begleitet die Netzwerkperspektive stets in seiner Doppelanwendung in Praxis und Forschung zu begreifen. Vor allem aber war es natürlich Heiner Keupp, der mich vor ca. 25 Jahren durch seine Art des Denkens und Forschens für die Netzwerkperspektive begeisterte. Florian Straus VII Inhaltsverzeichnis Vorwort v Verzeichnis der Abbildungen XIII Verzeichnis der Tabellen XV Einleitung -Die Welt ein Netzwerk? Ein Zugang über 10 Netzwerkgeschichten Kapitel 1 Pioniere, Klassiker und Visionäre 19 Ein Weg durch 100 Jahre Geschichte der Netzwerkanalyse Einleitung 21 Die Vorläufer - Anfänge einer Idee, eines Forschungskonzepts und einer Methode 24 1.1 Simmel - Beginnt die Soziologie als Theorie sozialer Netzwerke? 24 1.2 Moreno und die Soziometrie 30 1.3 Bott & Barnes und der Beginn der empirischen Netzwerkanalyse 37 2 Die Klassiker -Die Netzwerkanalyse etabliert sich 46 2.1 Die Blockmodellanalyse der Harvard-Strukturalisten 46 2.2 "Social Network Analysis" 47 2.3. Interdisziplinäre Ausweitung und Entstehung von zwei "Welten" der Netzwerkanalyse 48 2.4 Barry Weil man - (I was a teenage) Network Analyst 51 3 Die Visionäre (?!) - Die Netzwerkperspektive radikalisiert sich 70 3.1 Die Netzwerkgesellschaft - Manuell Castells 70 3.2 Bruno Latour -die Actor-Netork-Theory 85 4. 100 Jahre Netzwerkanalyse - die Stärke schwacher Beziehungen 96 4.1 Das Netzwerk der Netzwerkanalyse - more weak than strang ties 96 4.2 Die Stärke schwacher Beziehungen 98 4.3 Der Mainstream und die multiperspektivische Netzwerkforschung 99 4.4 Und die Psychologie? Zur Rezeption des Netzwerkkonzepts in der Psychologie und der psychosozialen Praxis 101 4.5 Lemfelder der Netzwerkanalyse im 21 . Jahrhundert 102 IX Kapitel 2 Skizze zu einer Theorie sozialer Verortung 10 5 Einleitung -Wie gemeinschaftsfähig ist der individualisierte Mensch? 107 Der Mensch als soziales Wesen - der sozialanthropologische Zugang 111 1 .1 Was bewegt Menschen sich sozial zu verorten? 111 1. 2 Was ist mit sozialer Verortung gemeint? 113 2 Drei Diskurse zu Schlüsselkategorien sozialer Verortung 116 2.1 Zugehörigkeit (Heimat und regionale Verortung) 117 2.2 (Soziales) Vertrauen 131 2.3 Anerkennung 147 3 Perspektivische Bündelungen - Identität und Sense of Community 158 3.1 Die Perspektive alltäglicher Identitätsarbeit 158 3.2 Das Konzept des Psychological Sense of Community 173 4 Soziale Verortung - ein Zwischenstand 181 4.1 Was meint soziale Verortung? - ein Definitionsversuch 181 4.2 Entwicklungslinien sozialer Verortung - Etappen der Modernisierung 183 4.3 Ausblick - Renaissance des Gemeinsinns? 188 Kapitel 3 Methoden der Netzwerkanalyse für die qualitative Forschung und in der psychosozialen Praxis 191 Einleitung 193 Zur GeSChichte der Visualisierung von Netzwerken 196 1.1 Die Dominanz der handgezeichneten Soziogramme 197 1.2 Punkte und Linien werden auf der Basis von Berechnungen erstellt 199 1.2 Der Weg zu der interaktiven Computergrafik von Netzwerken 200 1. 4 Kann man im Zeitalter von computeranimierten 3-D-Bildern noch handgezeichnete Netzwerkbilder erstellen? 204 1.5 Northway und der Beginn egozentrierter Netzwerkdarstellungen 206 2. Netzwerkanalyse als qualitative Forschungsmethode 211 2.1 Die "Renaissance" qualitativer Netzwerkmethoden 211 2.2 Entwicklungslinien qualitativer Netzwerkanalysen 212 2.3 Beispiele qualitativer Netzwerkanalysen 214 2.4 Möglichkeiten der Verwendung von Netzwerkkarten im qualitativen Interview - eine Übersicht 237 2.5 Perspektiven der Netzwerkanalysen in der qualitativen Forschung 245 x 3. Netzwerkanalyse als Verfahren für die psychosoziale Praxis 249 3.1 Einleitung 249 3.2 Entwicklungslinien psychosozialer Verfahren der Netzwerkanalyse 250 3.3 EGONET-P -Egozentrierte Netzwerkanalyse tür die psychosoziale Praxis 266 3.4 Anwendungsbeispiele der Netzwerkanalyse 275 3.5 Perspektiven der Netzwerkanalysen im psychosozialen Bereich 285 4. Praxisbezogene Netzwerkarbeit 291 4.1 Praxisbezogene Netzwerkarbeit als Grundhal!ung 291 4.2 Psychosoziale Netzwerkinterventionen - ein Uberblick. 295 4.3 Die Netzwerkperspektive im Kontext von Organisationen (Organisationsentwicklung) 296 Perspektiven der Netzwerkanalyse - eine Nachbemerkung 305 Literaturverzeichnis 321 XI
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