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Naturschutz: Ein Lesebuch nicht nur fur Planer, Politiker und Polizisten, Publizisten und Juristen PDF

204 Pages·1988·3.425 MB·German
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Hermann Remmert NaturSCHUTZ EIN LESEBUCH nicht nur fUr Planer, Politiker und Polizisten, Publizisten und Juristen Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Professor Dr. Hermann Remmert Fachbereich Biologie cler Universitat Lahnberge Karl-von-Frisch-StraBe 3 5 50 Marburg/Lahn CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Remmert, Hermann: Naturschutz : e. Lesebuch, nicht nur fur Planer, Politiker ll. Polizisten, Publizisten u. Juristen / Hermann Remmert. - Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo: Springer. 1988 ISBN-13: 978-3-540-19377-7 e-ISBN-\3: 978-3-642-97119-8 DOl: 10.1007/978-3-642-97119-8 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschUtzt. Die dadurch begrUndeten Rechte, ins besondere die der Obersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der VervieWiltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungs anlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Ver vieWiltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9.September 1965 in der Fassung vom 24.Juni 1985 zulassig. Sie ist grundsatzlich vergUtungspflichtig. Zuwiderhandlun gen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin· Heidelberg 1988 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dUrften. Umschlaggestaltung: J6rg KUhn, Heidelberg Gesamtherstellung: Appl, Wemding 2 I 31/3 '30-5432 I - Gedruckt auf saurefreiem Papier Fur Lisa und Sonke IIHALT I. Die Biihne ... 2. Der Naturschutz 31 Warum? . 32 Was ist? . 35 Fiir wen? 44 Wozu? .. 47 Wer schiitzt, wer forscht? 85 Was? ..... . 103 Wie? ..... . 118 Artenschutz 118 Biotopschutz 140 Schutz cler i::ikologischen Prozesse 150 Wo? .... Kosten? .. Wie groB? . Wer lehrt? Tranen ... 3. Der rechtliche Rahmen 4. Die Quintessenz Nachwort ..... 201 III • :I: =:1 • - III ... A OHNE DEN MENSCHEN ware Deutschland iiberwiegend von Wald bedeckt. Auf sehr durchlassigen Sand- und Kiesboden - etwa urn Niimberg, bei Darmstadt und der Liineburger Heide - wiirden Eichenwalder vorherr schen; der iiberwiegende Teil Deutschlands von Schles wig-Holstein bis in die Alpen wiirde von Buchenwal clem bedeckt sein. In groBeren Hohen (im Harz ab boo m) wiirden Fichten eine wesentliche Rolle spielen. Dieser Wald ware nicht einf6rmig, so wie man es sich vorstellt. Es wiirde groBe Lichtungen geben, in den Eichenwaldem wurden groBe Bestande mit Bir ken und Kiefem vorhanden sein, und gewitterbeding te Feuer wurden durch den Eichenwald hindurchge hen. Auch die Buchenwalder wiirden groBe Lichtun gen zeigen, und es wiirde Bestande von Bergahom, Spitzahom, Esche, Birke, Hainbuche, Wildkirsche und Wildapfel geben. 1m Suden der DDR wiirden Linden hinzukommen. Die Tieflander urn die Flusse und in den Ober schwemmungsgebieten von Nord- und Ostsee waren teils nicht bewaldet, teils wiirden sie einen Auwald aus Weiden und Pappeln tragen; auf hoher ange schwemmten Sand- und Kiesbanken mit langerer Exi stenz wiirde auch die Hartholzaue mit Esche, Eiche und Kiefer eine Rolle spielen. Viele Tiere wiirden hier leben, und der Biber wurde auch in Gebieten, wo ei gentlich eine Aue nicht vorhanden ware, groBe Seen flachen und Wiesen schaffen. 2 Es ware kein konstantes Bild, sondern dauernd wtirden die Wiesen und die Waldgebiete wechseln, das Ganze wtirde in einer unheirnlichen Dynamik be griffen sein. Hinzu kommen klimatische Anderungen: der wichtigste und typischste Baum des deutschen Waldes, die Rotbuche, ist erst vor etwa 4000 Jahren tiber die Alpen in Deutschland eingedrungen und hat die nord deutsche Tiefebene erst vor etwa 2000 Jahren erreicht. Es ist nicht vollig ausgeschlossen, daB bei uns Eichen vorhanden sind, die zu einer Zeit keimten, als es die Buche in Norddeutschland tiberhaupt noch nicht gab. Aber eigentlich sind solche Spekulationen mtiBig. Denn der Mensch war in Deutschland schon wah rend der Eiszeit vorhanden, wo er in den Tundren als Jager lebte. Wahrend der Klimaverbesserung versuchte er das Vordringen des Waldes durch Feuer und Axt in wei ten Bereichen zu verhindern. Was ist durch den Menschen bis heute auf uns ge kommen? Der gesamte humusreiche saJtige Boden von den hoher gelegenen Landereien gleitet unaujhorlich abwarts und ver schwindet in der TieJe. Nur das nackte Gerippe des Gebir ges, dem Skelett eines Kranken gleichend, ist ubriggeblie ben. Der kargliche Boden des vegetationsarmen Landes kann die jahrlichen Niederschlage nicht mehr auJnehmen. Sie fli~en rasch in das Meer, so daj3 die Quellen und Bache versiegen. Fruher hatten die Berge bis hoch hinauJ Walder, daruber gab es Ackerterrassen, zahlreiche Baume der ver schiedensten Arten und unbegrenztes Weideland. Heute gibt es viele Berge, die nach ihrer Entwaldung nur noch Imkerei ermoglichen. Auch Bauholz holte man Jruher Jur die Hau ser aus den gesunden Bergwaldern. 3 Was hier wie ein moderner Umweltreport klingt, ist zwar modern, aber nicht neu: er stammt aus Grie chen land, von Plato, und wurde urn 400 v. Chr. ge schrieben. Schon damals gab es also dramatische Ein griffe des Menschen in die Okosysteme unserer Erde. Tatsachlich hat der Mensch schon viele okologische Katastrophen verursacht und uberlebt - und manche dieser Katastrophen haben globale AusmaBe erreicht. Wir verdrangen dieses Wissen sehr oft. Wir wollen im folgenden versuchen, diese Kata strophen zu skizzieren, ihre Ursa chen zu analysieren und uns zu fragen, wie der Mensch diese Katastrophen lebend uberstand. DIE ORGANISMISCHE UND KULTURELLE EVOLUTION Der Mensch verlieB die Okosysteme, als er das Lernen lernte. Die Evolution der Organismen vollzieht sich durch Mutationen - durch zufallige Anderungen der genetischen Information. Solche Anderungen sind sel ten; sie mussen, urn wirksam zu werden, in den Keimzellen eines Organismus stattfinden; und, da sie zufallig sind, ist der weitaus groBte Teil dieser Muta tionen ungeeignet fUr das Leben und fUhrt zum Tode seines Tragers. Nur ein verschwindend geringer Teil der Mutationen kann beibehalten werden, kann im Konkurrenzkampf der freien Natur "getestet" werden und kann sich dann eventuell als gunstig erweisen. Solche Mutationen werden auf die Nachkommen schaft vererbt; wenn sie gunstig sind, haben ihre Tra gerschaft hahere Oberlebenschancen, ihre Trager wer den in der Zukunft die ursprunglichen Formen zuruckdrangen. So ist die Photosynthese "erfunden" 4 worden, und so ist die Atmung "erfunden" worden. Diese organismische Evolution vollzieht sich unge heuer langsam. Erst mit sehr hoher Komplikation begann etwas Neu es. Organismen konnten lemen; das Erlemte aber konnten die Tiere nicht an ihren Nachwuchs weiter geben, sie konnten es auch nicht an Artgenossen wei tergeben. Es bedeutete eine ungeheure Revolution, als der Mensch "das Lemen lemte", als ein Mensch sei nem Nachbam, seinem Kind etwas zeigen konnte, et was erklaren konnte, welches dies nun wieder seinem Nachbam, seinem Kind weitergeben konnte. Mit die ser Methode war eine enorm rasche Informations tibertragung und eine enorm rasche Ausbreitung einer Information tiber eine groBe Population moglich. Na ttirlich ist der Mensch nicht der erste und der einzige Organismus, der Erlerntes an Artgenossen weiterge ben kann. Bei Vogeln kennen wir das Beispiel der Kohlmeisen, die Nachbarindividuen das Gffnen von Milchflaschen zeigten; bei Affen sind ahnliche Beob achtungen gemacht worden. Der Mensch aber entwik kelte in dem groBen Feld zwischen Menschenaffe und erst em Menschen etwas, das zu einer solchen Infor mationstibertragung unbedingt hinzugehort: eine sehr differenzierte Sprache. Damit war dem Austausch kompliziertester Information, die nicht genetisch fest geschrieben war, in auBerordentlich kurzer Zeit tiber weite Raume durch sehr groBe Population en kein Hindemis mehr in den Weg zu stell en. Die Erfindung von Pfeil und Bogen; die Erfindung, daB sich mit Gift auf Pfeil spitz en noch leichter Beute mach en laBt; die Erfindung von Fallen brei tete sich nun sehr rasch tiber ganze Kontinente aus. Das hatte seine Folgen. 5

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