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Nationale Zusammengehörigkeit und moderne Vielfalt: Eine Auseinandersetzung mit den Arbeiten Émile Durkheims PDF

376 Pages·2014·8.47 MB·German
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Interkulturelle Studien Herausgegeben von W.-D. Bukow, Ch. Butterwegge, J. Reuter, H.-J. Roth, Köln, Deutschland E. Yildiz, Innsbruck, Österreich Interkulturelle Kontakte und Konfl ikte gehören längst zum Alltag einer durch Mo- bilität und Migration geprägten Gesellschaft . Dabei bedeutet Interkulturalität in der Regel die Begegnung von Mehrheiten und Minderheiten, was zu einer Ver- schränkung von kulturellen, sprachlichen und religiösen Unterschieden sowie so- zialen Ungleichheiten beiträgt. So ist die zunehmende kulturelle Ausdiff erenzie- rung der Gesellschaft weitaus mehr als die Pluralisierung von Lebensformen und -äußerungen. Sie ist an Anerkennungs- und Verteilungsfragen geknüpft und stellt somit den Zusammenhalt der Gesellschaft als Ganzes, die politische Steuerung und mediale Repräsentation kultureller Vielfalt sowie die unterschiedlichen Felder und Institutionen der pädagogischen Praxis vor besondere Herausforderungen: Wie be- dingen sich globale Mobilität und nationale Zuwanderungs- und Minderheitenpo- litiken, wie geht der Staat mit Rassismus und Rechtsextremismus um, wie werden Minderheiten in der Öff entlichkeit repräsentiert, was sind Formen politischer Par- tizipationen von MigrantInnen, wie gelingt oder woran scheitert urbanes Zusam- menleben in der globalen Stadt, welche Bedeutung besitzen Transnationalität und Mehrsprachigkeit im familialen, schulischen wie berufl ichen Kontext? Diese und andere Fragen werden in der Reihe „Interkulturelle Studien“ aus gesell- schaft s- und erziehungswissenschaft licher Perspektive aufgegriff en. Im Mittelpunkt der Reihe stehen wegweisende Beiträge, die neben den theoretischen Grundlagen insbesondere empirische Studien zu ausgewählten Problembereichen interkultu- reller als sozialer und damit auch politischer Praxis versammelt. Damit grenzt sich die Reihe ganz bewusst von einem naiven, weil kulturalistisch verengten oder für die marktförmige Anwendung zurechtgestutzten Interkulturalitätsbegriff ab und bezieht eine dezidiert kritische Perspektive in der Interkulturalitätsforschung. Herausgegeben von Prof. Dr. Wolf-Dietrich Bukow, Prof. Dr. Erol Yildiz Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Universität Innsbruck Prof. Dr. Julia Reuter, Österreich Prof. Dr. Hans-Joachim Roth, Universität zu Köln, Deutschland Charis Anastasopoulos Nationale Zusammengehörigkeit und moderne Vielfalt Eine Auseinandersetzung mit den Arbeiten Émile Durkheims Charis Anastasopoulos Universität zu Köln Deutschland Dissertation an der Humanwissenschaft lichen Fakultät der Universität zu Köln, Oktober 2013 ISBN 978-3-658-04658-3 ISBN 978-3-658-04659-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-04659-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio- nalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die- sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu be- trachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürft en. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.springer-vs.de Inhaltsverzeichnis Einleitung ............................................................................................................ 7 1 Nation .................................................................................................••••••••• 31 l.l Primat der Kultur ................................................................................. 31 1.2 Abseits des Primats der Kultur ............................................................ 43 1.3 Attraktivität nationaler Macht .............................................................. 67 2 Herrschaft. .................................................................................................. 85 2.1 Akzentuierung des Handelns ............................................................... 85 2.2 Handeln und Verstehen ........................................................................ 95 2.3 Der Nutzen der Herrschaftslehre ....................................................... 10 1 2.4 Exkurs: Macht (Heinrich Popitz) ....................................................... 108 2.5 Handeln und Herrschaft ..................................................................... 117 3 Emile Durkheims Welt ............................................................................ 137 3.1 Soziale Dinge (Die Regeln der soziologischen Methode) .................. 137 3.2 Durkheims Moral und das besorgniserregende Individuum , (Erziehung, Moral und Gesellschaft) ................................................. 150 3.3 Möglichkeit der Individualität (Über soziale Arbeitsteilung) ............ 159 3.4 Die integrative Kraft des Selbstverzichts (Der Selbstmord) .............. 182 3.5 Kollektivapotheose (Die elementaren Formen des religiösen Lebens) .............................................................................. 220 3.6 Krise und Individuum (Physik der Sitten und des Rechts) ................. 255 6 Inhaltsverzeichnis 4 Nation, Individuum und moralischer Polymorphismus ....................... 283 4.1 Weber, Ziegler und Durkheim ........................................................... 283 4.2 Die Initiative des Individuums ........................................................... 293 4.3 Heterogenität und Inkonsistenz der Gemeinsamkeits- merkmale, Machtprestige und Verwandtschaftsglaube ...................... 300 4.4 Die Nation, die Sakralität des Individuums und der moralische Polymorphismus ............................................................... 326 5 Resümee .................................................................................................... 355 6 Literaturverzeichnis ................................................................................ 369 Einleitung Max Weber interessiert sich nicht für Mode. Der Brauch und die Sitte sind Ty- pen wiederkehrenden sozialen Handelns mit verständlichem Sinn, wobei sich die Sitte dadurch vom Brauch unterscheidet, dass sie seit Langem eingelebt ist (vgl. Weber 2002, S. 15). Aus diesem Grund ordnet Weber die Mode dem Brauch zu, er bemerkt aber, dass sie nicht zwingend unabhängig von verbindlichen Erwar- tungen auftritt, was wiederum für eine gewisse Nähe zum Typus der Konvention spricht. Mode kann die Pflege ständischer Ehre (ebd., S. 535) unterstützen, so dass diejenigen, die sich in einem ständischen Zusammenhang unmodisch ver- halten, mit Missbilligung rechnen müssen. Sie gefährden die Selbstbehauptung dieses besonderen Ansehens. Weber belässt es bei dieser Zuordnung und zieht es vor, die Mode zugunsten der Auseinandersetzung mit den anderen beiden Typen fallen zu lassen. Die Mode bietet sich für eine Annäherung an den Begriff der Moderne an, aber nicht weil sich eine etymologische Nähe vermuten lässt, sondern weil We- ber es ablehnt, sie der Sitte unterzuordnen. Sie soll im ersten Schritt für diese Annäherung genutzt werden, um anschließend von der Moderne zur legitim ge- wordenen Selbstbestimmung und einem zu ihr gehörenden Spannungsverhältnis zu gelangen. Vor diesem Hintergrund soll im zweiten Schritt das Vorhaben der Arbeit konstruiert werden. Modische Zumutungen, die Weber hinsichtlich der beabsichtigten Erhal- tung ständischer Ehre erkennt, erfüllen den Zweck, eine besondere Zugehörig- keit, die mit dem Ansehen eines Standes verbunden ist, gegen andere abzugren- zen. Man kann also die Mode zur Distinktion nutzen, was wiederum etwas zu erkennen gibt, das für Mode kennzeichnend ist: Sie bietet keine allgemeine Ori- entierung für das Handeln an. Georg Simmel, der sich im Gegensatz zu Weber für Mode interessiert, äußert sich wie folgt dazu: „Das Wesen der Mode besteht darin, dass immer nur ein Theil der Gruppe sie übt, die Gesamtheit aber sich auf dem Weg zu ihr befindet. Sie ist nie, sondern wird im- mer. Sobald sie total durchdrungen ist, d.h. sobald einmal dasjenige, was ursprüng- lich nur einige thaten, wirklich von allen ausnahmslos geübt wird, bezeichnet man es nicht mehr als Mode […]“ (Simmel 1992, S. 108). Weil es stets nur einige sind, die sich modisch verhalten, hingegen die allmähli- che Diffusion das Ende einer Mode herbeiführt, ermöglicht sie, so Simmel, eine menschliche Grunderfahrung: das Streben nach Einzigartigkeit (vgl. Simmel C. Anastasopoulos, Nationale Zusammengehörigkeit und moderne Vielfalt, Interkulturelle Studien, DOI 10.1007/978-3-658-04659-0_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 8 Einleitung 1996, S. 188). Die Mode kommt ihr entgegen, da selbst die Tendenz, sich gegen eine Mode zu richten und sie zu verneinen, Einzigartigkeit zum Ausdruck bringt. „Es kann sogar in ganzen Kreisen innerhalb einer ausgedehnten Gesellschaft Mode werden, sich unmodern zu tragen […]“ (ebd., S. 201). Die bewusst Un- modischen wollen sich entweder unabhängig von einer Mode zeigen, oder sie wollen ihre Individualität vor einer umgreifenden Mode schützen (ebd., S. 202). Simmel gibt zwei Konsequenzen der Mode an, die das Streben nach Einzigartig- keit begünstigen (ebd., S. 188 f.): Weil das Aufkommen einer Mode bedeutet, dass etwas Neues entstanden ist, und weil deren Unterschied zum Bisherigen dazu führt, sich dieses als das Vergangene bewusst zu machen, kann man sich abheben, indem man sich die Neuheit aneignet und sich vom Vergangenem trennt. Darüber hinaus lässt man Einzigartigkeit durch Distinktion hervortreten, und zwar dadurch, „[…] dass die Moden der höheren Schicht sich von der der tieferen unterscheiden und in dem Augenblick verlassen werden, in dem diese letztere sie sich anzueignen beginnt“ (ebd., S. 189). Eine andere, aber vielmehr unerträgliche Distinktion kommt, so Simmel, immer dann vor, wenn die vor den Augen anderer zur Schau gestellte Einzigar- tigkeit als unangemessen empfunden wird. In diesem Fall ruft die Einzigartigkeit ein Schamgefühl hervor. Ein ungewöhnliches Auftreten aber, mit dem Einzigar- tigkeit zum Ausdruck gebracht wird, löst genau dann kein Schamgefühl aus, wenn es sich einer Mode zuordnen lässt. Simmel dazu: „Die Mode nun bietet wegen ihrer eigentümlichen inneren Struktur ein Sich- Abheben, das immer als angemessen empfunden wird. Die noch so extravagante Er- scheinungs- oder Äußerungsart ist, insoweit sie Mode ist, vor jenen peinlichen Re- flexen geschützt, die das Individuum sonst fühlt, wenn es der Gegenstand der Auf- merksamkeit anderer ist. Alle Massenaktionen werden durch den Verlust des Schamgefühls charakterisiert. Als Element einer Masse macht das Individuum Un- zähliges mit, was ihm, wenn es ihm in der Isolierung zugemutet würde, unüberwind- liche Widerstände erwecken würde“ (ebd., S. 208). Dass der Modische relativ immun gegen blamable Verlegenheit1 ist, der man sich ansonsten, also außerhalb des Rahmens der Mode aussetzt, ist eine Folge der zweiten menschlichen Grunderfahrung, die Mode ermöglicht. Das ist eine Form der Entlastung, die sich jedenfalls nicht mit dem Streben nach Einzigartig- keit verträgt. Die Mode genügt nämlich dem Streben nach beruhigender Gleich- heit, sie bietet Gelegenheit, sich sinnvoll und angemessen zu verhalten, ohne eine Entscheidung zu treffen. Sie erlaubt Gleichheit durch: Nachahmung. Wo man es den anderen gleichtut, da beruft man sich auf Entscheidungen, die andere 1 Wolfgang Müller-Funk macht Simmels Überlegungen wie folgt anschaulich: „Ich muss mich nicht schämen, weil es alle anderen – auch – tun. Ich muss mich nicht rechtfertigen, ein Lacanianer, eine Poststrukturalistin, ein Kulturwissenschaftler zu sein, denn es gibt andere, ich bin Teil eines Trends einer Mode, die mich schützt“ (Müller-Funk 2006, S. 121). Einleitung 9 getroffen haben und kann somit die eigene Verantwortung reduzieren (ebd., S. 187). In der Mode kommen somit zwei gegensätzlichen Grunderfahrungen vor. Man kann sich von der breiten Masse abgrenzen, weil man zur Kenntnis nimmt, dass sich nur ein geringer Teil an ihr orientiert und man kann sich gewiss sein, etwas Partikulares auf seiner Seite zu haben. Wenn diejenigen die Mode über- nehmen, von denen man sich eigentlich distanzieren will, lässt man von ihr ab. Zugleich kann man sich der Gleichmäßigkeit sicher sein, die mühevolle Selb- ständigkeit verringert und einen bestimmten Anlehnungsbedarf erfüllt. Worin stimmen nun Mode und Moderne überein? Für die Beantwortung dieser Frage hilft Simmel wie folgt weiter: Zunächst darf man nicht übersehen, dass sich das Verschwinden einer Mode nicht nur infolge extensiver Nachah- mung ereignet. Mode wirkt nämlich auch homogenisierend. Das konstatiert Simmel, indem er das Überwiegen der Gleichartigkeit über die Einzigartigkeit bemerkt (ebd., S. 194). Das Einnehmen einer modischen Neuheit bedeutet auch, dass man von dem Vorherigen ablässt, mit welchem man aber zuvor noch eine gewohnte Behaglichkeit verbinden konnte, indes die Neuheit diese erst sukzessi- ve ausbilden muss. Diesen Ablauf deutet Simmel als ein Unterliegen der Indivi- dualität gegen die Neuheit, was schließlich die unweigerliche Homogenität der Mode vor jene hervortreten lässt. Die Homogenität ist es also, die zusätzlich das Kommen und Gehen einer Mode bewirkt. „[…] die Prärogative, die das Kleid im Maße seiner Neuheit über die Individualität seines Trägers besitzt, lässt die streng modischen Menschen jeweils relativ uniformiert erscheinen“ (ebd.). Zur Mode gehört also das wiederholte Verschwinden einer Neuheit und hinsichtlich dessen bemerkt Simmel, dass man sich mehr das Kommen und das Gehen einer Neuheit bewusst macht als deren Verweilen. Genau darin gleichen sich Mode und Moderne: „Dass in der gegenwärtigen Kultur die Mode ungeheuer überhand nimmt – in bisher fremde Provinzen einbrechend, in altbesessenen sich, d.h. das Tempo ihres Wech- sels, unaufhörlich steigernd – ist nur die Verdichtung eines zeitpsychologischen Zu- ges. Unsere Rhythmik fordert immer kürzere Perioden im Wechsel von Eindrücken; oder, anders ausgedrückt: der Akzent der Reize rückt in steigendem Maß von ihrem substanziellen Zentrum auf ihren Anfang und ihr Ende“ (ebd., S. 196 f.). Rechnet man an, dass Mode insbesondere mit derjenigen Regelmäßigkeit unver- einbar ist, die eine Zweckmäßigkeit aufweist und damit wiederum Beständigkeit für sich beanspruchen kann, dann ist Mode grundsätzlich unbeständig. Die Mode widerspricht der Beständigkeit, weil man dann aufhören wird, einen Sachverhalt der Mode zuzuordnen, wenn eine Zweckmäßigkeit ihre Verstetigung erforderli- chen machen wird. Für die Moderne ist der Vorgang wesentlich, der sich im Fal- le der Mode ereignet, nämlich die rasche Ablösung der Inhalte. Sie, die Moder- ne, beruht darauf, „[…] dass die großen, dauernden, unfraglichen Überzeugun-

Description:
​Im globalen Zeitalter nehmen Handlungsorientierungen ab, die an nationalen Grenzen halt machen. Auf der einen Seite drängt sich global ausgerichtetes Handeln zunehmend in den Vordergrund und auf der anderen Seite sind Nationalstaaten mit Belangen konfrontiert, deren Tragweite es verhindert, sie
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