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Narrative Gedankenspiele: Der metafiktionale Roman zwischen Modernismus und Postmodernismus PDF

253 Pages·2001·7.015 MB·German
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Dirk Frank Narrative Gedankenspiele ~ Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft /Kulturwissenschaft Herausgegeben von Klaus-Michael Bogdal (Gerhard Mercator Universität Duisburg), Erhard Schütz (Humboldt-Universität zu Berlin) und Jochen Vogt (Universität Essen) In den Bänden dieser Reihe werden -:-ohne dogmatische Fixierung neuere methodische Entwicklungen der literaturwissenschaft, insbesondere ihre kulturwissenschaftliche Neuakzentuierung reflektiert. Zentraler Gegenstandsbereich ist die deutschsprachige literatur des 18. bis 20. Jahrhunderts in sozialgeschichtlicher, diskursanalytischer und narratologischer sowie kulturtheoretischer Perspektive. Ausblicke auf das Wirkungspotenzial publizistischer Formen, auf die Genres der laraliteratur' und den Problemkreis ,literatur in der Medienkonkurrenz' erweitern das thematische und methodische Spektrum. Dirk Frank Narrative Gedankenspiele Der metafiktionale Roman zwischen Modernismus und Postmodernismus Deutscher Universitäts-Verlag Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Frank, Dirk: Narrative Gedankenspiele : der metafiktionale Roman zwischen Modernismus und Postmodernismus / Dirk Frank. - 1. Aufl .. - Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl., 2001 (DUV : literaturwissenschaftl (literaturwissenschaft, Kulturwissenschaftl Zugl.: Duisburg, Univ., Diss., 2000 ISBN 978-3-8244-4449-6 1 . Auflage März 2001 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden, 2001 lektorat: Ute Wrasmann / Monika Mülhausen Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzu I.!issig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. www.duv.de Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Verbreitung unserer Bücher wollen wir die Umwelt schonen. Dieses Buch ist auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschweißfolie besteht aus Polyäthylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. ISBN 978-3-8244-4449-6 ISBN 978-3-322-90385-3 (eBook) 001 10.1007/ 978-3-322-90385-3 Meinen Eltern Oh God cornma I abhor self-consciousness. (.lohn Barth, Lost in the funhause) Inhaltsverzeichnis Einleitung. .................................................................................................................................. 9 I. Narrative Gedankenspiele in der deutschen Literatur nach 1945 ........................................ 9 II. Spiegel und Reflexion: Der metafiktionale Roman ......................................................... 15 III. Perspektive und Methode der Untersuchung .................................................................. 18 1. Doppelroman und Bewußtseinsprosa: Arno Schmidts Konzept des Längeren Gedankenspie/s .................................................................................................................... 30 1.1. Vorbemerkungen ........................................................................................................... 30 1.2. Schmidts Prosatheorie im Kontext der (spät-)modernistischen Ästhetik ...................... 32 1.2. "Ist ein Zitat; -na woher?!" Schmidt und seine Exegeten ............................................ 40 2. (Meta-)Fiktionalität und (Anti-)Illusion ........................................................................... 48 2.1. Metafiktionalität -Autoreflexivität: Aporien einer Begriffsbildung ............................ .48 2.2. Narratologische Typen von Metafiktion ....................................................................... 55 Exkurs: Metafiktion in medialer Perspektive ........................................................................... 56 2.3. Fiktionalität und Illusion in Erzähltexten ...................................................................... 75 3. Einheit und Differenz: Der Doppelroman im Spätmodernismus ................................... 87 3.1. Zwischen Bewußseinsmimesis und Extrovertiertheit: Das Erbe des modernistischen Romans ........................................................................................................................ 87 3.2. Der Doppelroman als metafiktionale Erzählform ......................................................... 91 3.3. Amo Schmidts Doppelromane ...................................................................................... 98 3.3.1. Frühe Gedankenspiele ............................................................................................. 98 3.3.2. Vorbemerkungen zu "KAFF auch Mare Crisium" ............................................... 102 3.3.3. Artifizielles Erzählen ............................................................................................ 109 Exkurs: Naturalisierung von typographischen Textverfahren ........................................ 122 3.3.4. Kamera und Projektor: "KAFF" als Monologroman ........................................... 127 3.3.4.1. Sukzessivität des Diskurses ....................................................................................... 127 3.3.4.2. Präteritale Gegenwärtigkeit: Die Auffalligkeit des Tempus ..................................... 137 3.3.4.3. Der Monolog und seine immanente Logik des Irrealen ............................................ 140 3.3.4.4. Monologische Mobilität ............................................................................................ 145 3.3.4.5. Monologizität und Dialogizität ................................................................................. 149 3.3.4.6. Selbstreflexion im Monolog ...................................................................................... 154 3.4. Duales Erzählsystem ................................................................................................... 163 3.4.1. Heteronomie und Autonomie des Gedankenspiels ............................................... 163 3.4.2. Metaleptisches Erzählen ....................................................................................... 173 InhaltsverzeIchnIs 4. Der Doppelroman als Lösung eines Erzählproblems .................................................... 185 4. 1. Die Reformulierung narrativer Selbstreflexivität unter systemtheoretischen Gesichtspunkten ......................................................................................................... 185 4.2. Varianten des Längeren Gedankenspiels .................................................................... 199 4.2.1. Reise im Kopf-Klaus Modicks Längeres Gedankenspiel "Ins Blaue" ............... 199 4.2.2. Erzählte Postmoderne -Modicks "Weg war weg" ............................................... 205 4.2.3. Selbstfindung als Vexierbild: Robert Gernhardts "IchIchIch" und "Kippfigur" .. 207 4.2.4. Porno-Graphie und/oder Auto-Bio-Graphie: Gernhardts Erzählung "Tübingen oder Belegte Seelen" ............................................................................................. 213 5. Narrative Gedankenspiele zwischen Modernismus und Postmodernismus .................. 219 5.1. Esoterischer und exoterischer Postmodernismus ........................................................ 220 5.2. Der deutsche 'Sonderweg' .......................................................................................... 228 Literaturverzeichnis .............................................................................................................. 237 Primärtexte von Arno Schmidt ........................................................................................... 237 Sonstige Primärtexte .......................................................................................................... 237 Forschungsliteratur zu Amo Schmidt ................................................................................ 239 Forschungsliteratur allgemein ............................................................................................ 243 Einleitung I. Narrative Gedankenspiele in der deutschen Literatur nach 1945 In einem Standardwerk zur Geschichte der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur werden die unterschiedlichen erzählerischen und poetologischen Tendenzen des Romans nach 1945 auf folgenden Antagonismus komprimiert: [A]uf der einen Seite die traditionelle Linie des Romanerzählens, die dadurch gefährdet sein kann, mitunter ins Epigonale abzurutschen, und auf der anderen Seite eine experi mentelle und innovative Linie, die freilich auch die Grenze zum Abstrus-Hermetischen überschreiten kann.' Für die "traditionelle" Seite steht hier Günter Grass, für die "experimentelle" Arno Schmidt. Während Grass in "Die Blechtrommel" (1959) den Erzähler noch einmal mit einer auktorialen Übersicht ausstatte, gehe Schmidt mit seinem ein Jahr später erschienenen Roman "KAFF auch Mare Crisium" den umgekehrten Weg und kapriziere sich auf die facettenreiche Innen welt seines Erzähler-Ich. Sicherlich hätten die Verfasser der Literaturgeschichte andere poe tologische und ästhetische Extrempositionen zur Charakterisierung der deutschen Nach kriegsliteratur gegenüberstellen können. Gleichwohl ist die Wahl symptomatisch insofern, als hier zwei Autoren und Werke herangezogen werden, die jeweils auf unterschiedliche Weise quer zur Entwicklung der deutschsprachigen Nachkriegsprosa stehen. Beide Autoren gehören zu den meistdiskutierten des Literaturbetriebes, haben aber insgesamt kaum Einfluß auf die deutsche Romankunst gehabt - wobei Grass zumindest im Ausland Nachahmer und Bewun derer gefunden hat. 2 Beiden Autoren ist aber auch gemein, daß sie je nach Beobachterperspektive mal als vor modern, modern oder postmodern eingestuft werden. Beide gingen deutlich auf Distanz zu der in den 50ern und 60ern dominierenden Ästhetik eines moderaten, jedoch wenig experimen tierfreudigen Modernismus, allerdings von diametral entgegengesetzten Positionen aus. Bei Grass stießen vor allem jene poetologischen Positionen auf Ablehnung, die die sukzessive Reduktion der Illusion, die textimmanente Infragestellung des Erzählens und die Verpflich tung auf authentisch-dokumentarisches Material postulierten: Denn wenn der Schriftsteller auch ängstlich bedacht ist, Teil der Gesellschaft zu sein, legt er doch Wert darauf, diese Gesellschaft nach seiner Fiktion zu formen, wobei er der Fiktion als etwas Dichterisch-Närrischem von vornherein mißtraut; vom 'Nouveau Ro- , Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis zur Gegenwart. Hg. v. Wilfried Bamer u.a. München 1994, S. 390. 2 Beispielsweise John Irving oder Salman Rushdie. 10 Einleitung man' bis zum 'Sozialistischen Realismus' ist man, von Sekundlirehären unterstützt, red lich bemüht, mehr zu bieten als bloße Fiktion. Er, der Schriftsteller, der kein Dichter mehr sein mag, mißtraut seinen eigenen Kunststücken. Und Narren, die ihren Zirkus verleugnen, sind wenig komisch.3 Grass insistiert hier auf der Trennung von Literatur und Gesellschaft, wehrt sich ebenso gegen den Hermetismus äußerster Selbstreferenz im Experiment, was dann auch in seinen Texten als fiktionsimmanente Erörterung gespiegelt wird.4 Für Grass stellt die Restitution des Epischen keinen Fluchtpunkt, sondern umgekehrt die Voraussetzung für sein Schaffen dar.5 Mit einer ganz anderen literarästhetischen Haltung positionierte sich Arno Schrnidt inner halb der deutschsprachigen Prosaliteratur seiner Zeit. Während für Grass die Legitimität der Erzählkunst in unerschütterlichen anthropologischen Konstanten lag, postulierte Schrnidt ge rade umgekehrt eine noch radikalere Abkehr von traditionellen und bewährten Erzähltechni ken. Aufweiche Weise sich Arno Schrnidt nun in seinen poetologischen Versuchen den spezi fischen ästhetischen Problemen der Moderne respektive des Modernismus gestellt hat, ist auf schlußreich im Hinblick auf den immer wieder behaupteten deutschen 'Sonderweg' . Während in anderen Literaturen die formalen und stilistischen Innovationen der Moderne immer präsent gewesen sind, nicht zuletzt auch für eine kritische Überprüfung und Aneignung, mußte Arno Schrnidt als doppelt gehandikapter 'Nachzügler' sich die Pionierleistungen von James Joyce, Virgina Woolf oder Robert Musil autodidaktisch erschließen, größtenteils mit Mißverständ nissen, die sich aber (meistens) als produktiv erwiesen haben. In einem prosatheoretischen Essay, der den szientistisch anmutenden Titel "Berechnungen" trägt, entwickelt Schrnidt unter Heranziehung kognitionstheoretischer Befunde ein Erzählmo dell, das zwei konfligierende erzähl-und darstellungstechnische Modi zu einer Synthese brin gen soll. Das Längere Gedankenspiel, erstmals in reiner Form in "KAFF auch Mare Crisium" (1960) ausgeführt, ist weit mehr als eine Folie für die Interpretation. Diese komplexe Erzähl form ist doppelsträngig konzipiert, wobei Primär-und Sekundärstrang aufs engste aufeinander bezogen sind. Schrnidts poetologischen und ästhetischen Positionen korrespondieren oftmals 3 Günter Grass: Vom mangelnden Selbstvertrauen der schreibenden Hofnarren unter Berücksichtigung nicht vorhandener Höfe. In: G. Grass: Werkausgabe in zehn Bänden. Bd. IX. Darmstadt und Neuwied 1987, S.153- 158, hier: S. 155. 4 "Man kann eine Geschichte in der Mitte beginnen und vorwärts wie rückwärts kühn ausschreitend Verwirrung anstiften. Man kann sich modem geben, alle Zeiten, Entfernungen wegstreichen und hinterher verkünden oder verkünden lassen, man habe endlich und in letzter Stunde das Raum-Zeit-Problem gelöst. Man kann auch ganz zu Anfang behaupten, es sei heutzutage unmöglich einen Roman zu schreiben [ ... )." Günter Grass: Die Blech trommel. Werkausgabe in zehn Bänden. Bd. 11. Darmstadt und Neuwied 1987, S. 8. Wenn man mal davon ab sieht, daß hier nicht Grass, sondern der unzuverlässige Erzähler Oskar Matzerath spricht, zeugt die roman poetologische Position noch nicht von einer wirklichen Überwindung des (Spät-)Modemismus, da das experi mentelle Erzählen allein als 'Masche' abgetan wird, der Neuanfang des Erzählens mehr gesetzt als begründet wird. 5 Vgl. Joachim Scholl: In der Gemeinschaft des Erzählers. Studien zur Restitution des Epischen im deutschen Gegenwartsroman. Heidelberg 1990, S. 67ff. I. Narrative Gedankenspiele in der deutschen Literatur nach 1945 II mit denen seiner Figuren; die Gefahr eines literaturwissenschaftlichen Positivismus liegt auf der Hand. Jedoch kann man die Schmidt'schen Epitexti auch gegen den Strich lesen, ihre inhärente Widersprüchlichkeit produktiv nutzen fUr eine kritische Behandlung sowohl der Theorie wie auch der Texte. Gleich auf dreifache Weise kreuzen sich poetologische und ästhetische Probleme des Spätmodernismus in "KAFF auch Mare Crisium". Erstens geht es um die Einheit von Ord nung und Verfremdung. Was als artifizielles Vermittlungsmodell gedacht ist, sorgt sowohl auf der Mikroebene wie auf der Makroebene des Diskurses für eine Verfremdung der Signifi kanten. "KAFF auch Mare Crisium" entblößt seine Künstlichkeit auf visuell wahrnehmbare Weise. Nicht nur Signifikanten, sondern auch der an und fUr sich bedeutungslose Raum wie der Satzspiegel harren der Dechiffrierlust des Lesers. Auf der Ebene der Histoire kommt es zu einer radikalen Reduzierung der handlungskonstitutiven und kausallogisch aufeinander bezo genen Ereignisse, so daß die Sukzession, also die Bewegung des epischen Flußes, sich nach haltig verlangsamt, wenn auch nicht zum Erliegen kommt. Das treibende Moment dieser All tagserfassung liegt gerade in der auf Dauer gestellten Wahrnehmung des zentralen Bewußt seins. Diese Verfremdung auf der Oberfläche ist nun durchaus kein literarhistorisches Novum; zudem liegt ihr durchaus eine mimetische Konzeption zugrunde. Die Devianzen von Duden norm und Layout sind Manifestationen einer ebenso dichterisch sensiblen wie rhetorisch sich gebärdenden Erzähler-Reflektor-Figur. Um deren perzeptives Kontinuum adäquat zu erfassen, erscheint der Text in einer solipsistischen, wenngleich durchaus mimetischen Form. Es geht also zweitens um das Verhältnis von Monologizität und Dialogizität: Der Erzäh ler fungiert als Reflektorfigur, dessen Weltwahrnehmung, aber auch Reflexionen und Kom mentare sich monologisch-monomanisch gegenüber der Umwelt abschotten; nicht immer mit Erfolg, denn seine wichtigste Dialogpartnerin erweist sich als widerständig. Die Besonderheit dieser Bewußtseinsprosa besteht nun in ihrer Doppelsträngigkeit, was prima vista kaum von anderen modernen Romanciers dieses Jahrhunderts ähnlich versucht worden ist. "KAFF" ist damit erzählstrukturell ein Hybrid, wird doch die Entnarrativisierung durch die eingebettete Erzählung zumindest so weit zurückgenommen, wie die Vermittlung der zweiten Handlungs ebene es erforderlich macht. Spätestens aber durch die eingeschobene Erzählung, die auf dem Mond spielt, wird die Welt bzw. die Weltwahrnehmung des Erzählers durch ein fiktionales Korrektiv ergänzt, merkwürdigerweise durch eines, das er selber generiert. Es handelt es sich also um das Prinzip eines Doppelromans, der immer schon "die Tendenz [hat], zu einem Ro man über den Roman zu werden,,7; jedoch im Unterschied zur konventionellen zwei- oder 6 Vgl. Gerard Genette: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Frankfurt/M. u. New York 1989. S. 12. 7 Frank C. Maatj e: Der Doppelroman. Eine literatursystematische Studie über duplikative Erzählsttukturen. Gro ningen 1964, S. 147.

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