Jürgen F. Studt Nachhaltigkeit in der Post Merger Integration GABLER EDITION WISSENSCHAFT Jürgen F. Studt Nachhaltigkeit in der Post Merger Integration Mit einem Geleitwort von Wulf Ihler GABLER EDITION WISSENSCHAFT Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. 1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWVFachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler /Britta Göhrisch-Radmacher Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe- sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. indiesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1397-5 Geleitwort Nachhaltigkeit und Post Merger Integration sind Begriffe beziehungsweise Bezeich- nungen, die in der Regel nicht mit dem Auftreten und Tätigkeitsfeld einer Investment- bank in Verbindung gebracht werden. Diese Betrachtung strafen allerdings einige Häuser, wie das Bankhaus Sal. Oppenheim jr. & Cie. mit seiner nunmehr 219-jährigen Geschichte und seiner erfolgreichen Tätigkeit als mittlerweile größte europäische Privatbank, Lüge. Der Begriff Privatbank mag hierbei leicht irreführend sein, da die Geschäftstätigkeit des Bankhauses traditio- nell auf zwei Säulen ruht: zum einen auf der Verwaltung der Vermögen wohlhabender Kunden, dem Private Banking und zum anderen auf der Beratung von Unternehmen im Investment Banking-Bereich. Beide Aktivitäten basieren auf wesentlichen Prinzipien, die für eine erfolgreiche Tätigkeit eines Bankhauses unerlässlich sind und die in der langen Tradition des Unternehmens für Mitarbeiter und Kunden immer von größter Bedeutung waren: Nachhaltigkeit und Vertrauen. Für die vorliegende Untersuchung ist die Tätigkeit des Bankhauses im Bereich des Investmentbankings, und hier insbesondere in der Beratung von Unternehmen bei der Veräußerung und beim Erwerb von Unternehmen und Unternehmensteilen, dem klas- sischen Mergers & Acquisitions-Geschäft, von hoher Relevanz. In diesem Geschäfts- feld zählt Sal. Oppenheim jr. & Cie. zu den führenden Beratungshäusern im europäi- schen Raum und ist regelmäßig unter den Top Ten der entsprechenden Ranglisten zu finden. Sicherlich ist diese Position nicht ohne die nachhaltigen und von Vertrauen geprägten Beziehungen zu Familienunternehmen und zu den Führungsebenen inter- nationaler Konzerne zu erklären. Üblicherweise endet die Tätigkeit einer Investmentbank bei der Beratung des Erwerbs eines anderen Unternehmens mit der geleisteten Unterschrift beider Parteien auf dem Kaufvertrag beziehungsweise mit der Übertragung der Vermögenswerte oder Geschäftsanteile auf den Erwerber. Die Nachhaltigkeit und mögliche Post Merger In- tegration im Nachgang einer Unternehmenstransaktion zählt normalerweise hierbei nicht mehr zum Beratungsumfang einer Investmentbank, es sei denn, sie ist wie Sal. Oppenheim jr. & Cie. in ausgewählten Fällen an der Finanzierung einer Akquisition beteiligt. Darüber hinaus verfolgen Investmentbanken mit Aufmerksamkeit die erfolgreiche Integration oder auch das mögliche Scheitern einer Integration, da dies auch mittelbar Einfluss auf die Geschäftstätigkeit hat. Es gibt eine Vielzahl erfolgreicher Unterneh- mensakquisitionen und anschließender Integrationen, wie das dieser Studie zugrunde vi Geleitwort liegende Beispiel; diese sind in der Regel durch einen auf Nachhaltigkeit und eine strukturiert und wohl vorbereitete Post Merger Integration geprägt. Umgekehrt gibt es allerdings eine große Anzahl gescheiterter Fusionen und Akquisitionen, bei denen die ursprünglich geplanten Ziele nicht erreicht wurden. Hierzu zählen insbesondere geplante Synergien, die nicht erreicht wurden. Damit konnte in der Regel auch nicht der gezahlte Unternehmenswert realisiert werden; es kam folglich zu nicht unbe- trächtlichen Wertvernichtungen. Die Gründe für eine erfolglose Akquisition sind hierbei vielfältig, häufig verdichten sie sich aber auf eine zu ambitionierte Planung, die der Akquisition zugrunde lag oder einer, wenn überhaupt, nur unzureichend durchgeführten Cultural Due Diligence. Prominente Beispiele sind hierfür die letztlich gescheiterte Fusion von Daimler Benz mit Chrysler, die Übernahme der Industrie- und Automobilaktivitäten von Mannes- mann durch Siemens sowie die erst kürzlich wieder gelöste Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz. Wie so häufig gilt insbesondere in Mergers & Acquisitions-Prozessen die bedeutende Regel, dass sich einzelne Fehler oder das Unterlassen wichtiger Planungs- und Unter- suchungsschritte sowohl im weiteren Prozess, mehr aber noch nach Abschluss einer Transaktion in ihrer Wirkung potenzieren. Die vorliegende Studie ist daher von großem Interesse, da sie sich mit der Nachhaltig- keit einer Unternehmenstransaktion, der Post Merger Integration sowie dem damit ver- bundenen Change Management in einer Weise annimmt, wie dieses nur selten zuvor im wissenschaftlichen Raum erfolgte. Der Autor hat sich hierbei in beeindruckender und verständlicher Weise der wissenschaftlichen Seite der Problematik vor dem Hintergrund der praktischen Erfahrung aus der Leitung des Integrationsteams nach der Übernahme von Veba Oel und Aral durch BP gewidmet. Sowohl in der sozialwissenschaftlichen als auch in der betriebswirtschaftlichen Theo- rie ist nur wenig über die verschiedenen Aspekte der Post Merger Integration zu finden. Hierbei ist ganz davon zu schweigen, welche Handlungsoptionen und -empfeh- lungen sich für Unternehmensleitungen im Rahmen einer geplanten Unternehmens- akquisition ergeben. Es fehlt folglich an einem theoretischen Unterbau für die prak- tische Umsetzung eines mittlerweile bedeutenden Teilbereichs wirtschaftlichen Handelns. Von großer Bedeutung ist dabei nicht allein das aufgezeigte Herangehen an eine Post Merger Integration beziehungsweise an das Change Management im Vorfeld einer geplanten Akquisition. Auf Basis des dargestellten Beispiels wird auch eindrucksvoll Geleitwort vii abgeleitet, wie die geplanten Maßnahmen umgesetzt und der gewünschte Erfolg aus einer Integration quantitativ und qualitativ gemessen werden kann. Zusammenfassend wird mit der vorliegenden Untersuchung fundiert und umfassend aufgezeigt, welche Wirkungsbereiche einer besonderen Fokussierung durch Change Management bedürfen, um nachhaltig positive Ergebnisse in einer Post Merger Integration zu erzielen. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Finanzkrise, deren Ausmaß und Auswir- kungen auf unser wirtschaftliches Zusammenleben heute noch nicht absehbar sind, ist mittelfristig mit einem Rückgang der Mergers & Acquisitions-Aktivitäten aufgrund zunehmender finanzieller Restriktionen zu rechnen. Dies wird aber nur für eine begrenzte Zeitdauer von Gültigkeit bleiben, da die Unternehmen im Rahmen der weiter gehenden Globalisierung der Wirtschaft zur Erschließung weiterer Märkte und Produktfelder und damit zu weiterem Wachstum gezwungen sind. Unternehmensüber- nahmen werden daher weiterhin von großer Bedeutung für ein erfolgreiches bestehen im Wettbewerb sein. Eine entsprechende Kenntnis über und Strategie für eine Post Merger Integration beziehungsweise für eine erfolgreichen Implementierung eines Change Managements hat damit für Unternehmen bei Übernahmen zunehmende Relevanz. Mit der vorliegenden Untersuchung ist nicht nur eine umfassende Grundlage für eine weitere theoretische Beleuchtung dieser Problematik geschaffen worden. Die Studie ist zugleich eine unerlässliche Lektüre für das Management im internationalen Wirtschaftsleben erfolgreich agierender Unternehmen. Denn letztlich ist es Ziel, durch wirtschaftliches Handeln nachhaltig Werte zu schaffen und diese gegebenenfalls durch Akquisitionen weiter zu steigern oder zumindest zu sichern. Frankfurt, September 2008 Wulf Ihler Leiter Industriegruppe Industrials Sal. Oppenheim jr. & Cie. KGaA Vorwort Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in dem Wirtschaftsteil einer (fast) beliebigen Zeitung über einen Merger oder eine Akquisition berichtet oder zumindest über mög- liche Optionen spekuliert wird. Insbesondere durch die schwierige gesamtwirtschaft- liche Situation sinkt der Börsenkurs vieler Unternehmen und sie werden damit zu potentiellen Übernahmekandidaten. Alternativ sind Mergers und Akquisitionen ein probates Mittel, entweder in einen neuen Markt einzusteigen oder eine schwache Position in einem Markt, die auf Dauer nicht haltbar ist, zu verbessern. Ein Beispiel für Letzteres ist der Kauf der Veba Öl und der Aral durch die BP im Jahr 2001. Es ist anhand vieler Praxisbeispiele berichtet worden, dass Fehler vor dem Closing Day nur schwer oder gar nicht mehr reparabel sind. Auch besteht Einigkeit darüber, dass das kulturelle Zusammenwachsen der beiden Unternehmen während der Post Merger Integration eine wesentliche Rolle für den Grad des Erfolges des Deals spielt. Aber wieso werden häufig keine Lehren aus bei anderen Transaktionen festzu- stellenden Fehlern gezogen? Wieso sind Change Management-Kompetenzen bei vielen großen für diese Art Deals herangezogenen Unternehmensberatungsfirmen eher defizitär? Diese Gedanken brachten mich nach der Integration der BP mit der Aral zu der Frage, ob es möglicherweise daran liegt, dass Change Management keine wissen- schaftstheoretische Grundlage hat, die dazu beiträgt, dass Change Management ein Teil der sonst exzellenten Ausbildung von Beratern wird. Das Thema Change Management selbst ist ebenfalls schon sehr breit diskutiert worden und häufig stößt man in diesem Zusammenhang auf den Begriff Nachhaltigkeit – was verbirgt sich aber hinter diesem Begriff? Und was braucht es, damit eine Post Merger Integration mit den ihr innewohnenden Veränderungsprozessen nachhaltig ist und wirkt? Die vorliegende Untersuchung soll einen Teil dieser Fragen beantworten und außerdem aufzeigen, in welchen Feldern noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht. Mein Dank gilt all denen, die während der Anfertigung dieser Untersuchung für Ge- spräche zur Verfügung standen, insbesondere aber Prof. Dr. Wolfgang Brüggemann, Prof. Dr. Hagen Lindstädt und Prof. Dr. Rainer Zech für ihr Feedback sowie Prof. Dr. Dorothea Alewell für ihre richtungsgebenden Hinweise. Danken möchte ich auch Ariane Karow für das unermüdliche Korrekturlesen und meiner Partnerin Carola für ihre Geduld während meiner „schreibenden Zeit“. Hamburg, September 2008 Jürgen F. Studt Inhaltsverzeichnis Geleitwort ....................................................................................................................... v Vorwort .......................................................................................................................... ix Abbildungsverzeichnis................................................................................................... xv Tabellenverzeichnis .................................................................................................... xvii Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................ xix Kapitel A: Einführung .................................................................................................. 1 1 Problemstellung und Zielsetzung ................................................................... 1 2 Methodische Vorgehensweise und Gliederung ............................................. 5 Kapitel B: Grundsätzliche Vorgehensweise bei der PMI ......................................... 9 1 Merger & Acquistions ..................................................................................... 9 2 Post Merger Integration ................................................................................ 16 2.1 Der Begriff Post Merger Integration ................................................................ 16 2.2 Anforderungen an die Post Merger Integration ............................................... 17 2.2.1 Grundzüge der Post Merger Integration .......................................................... 17 2.2.2 Fristigkeit und Inhalt der Merger-Strategie ..................................................... 19 2.2.3 Umsetzung der Merger-Strategie ..................................................................... 20 2.2.4 Steuerung der Umsetzung ................................................................................ 22 2.2.5 Integrationscontrolling ..................................................................................... 28 2.2.5.1 Voraussetzungen aus der Pre-PMI-Phase ........................................................ 28 2.2.5.2 Umsetzung des Controlling ............................................................................. 31 2.3 Veränderungen der Kulturen ........................................................................... 31 3 Fallstudie BP/Veba/Aral ............................................................................... 35 3.1 Ausgangssituation BP ...................................................................................... 35 3.2 Ausgangssituation E.ON .................................................................................. 39 3.3 Kartellrechtliche Situation ............................................................................... 40 3.4 Ziele des Mergers ............................................................................................. 43 3.5 Aufbau der Integrationsstruktur ....................................................................... 43 Kapitel C: Prozesse und Unternehmensstruktur in der PMI ................................. 49 1 Anforderungen an die neuen Prozesse und Strukturen ............................. 51 1.1 Grundsätzliche Vorgehensweise ...................................................................... 51 1.2 Die Prozessmodellierung ................................................................................. 53 2 Synergien in der Wertschöpfungskette ........................................................ 63 2.1 Marketing ......................................................................................................... 63 xii Inhaltsverzeichnis 2.2 Vertrieb ............................................................................................................ 69 2.3 Einkaufspotenzial ............................................................................................. 70 2.4 Optimierung der Produktion ............................................................................ 71 2.5 Funktions- und Servicebereiche ...................................................................... 72 3 Alternative Unternehmensstrukturen ......................................................... 74 3.1 Grundsätzliche Fragestellungen ....................................................................... 74 3.2 Business Process Outsourcing ......................................................................... 75 4 Anpassung der Management-Prozesse ........................................................ 81 5 Fallstudie BP/Veba/Aral ............................................................................... 82 5.1 Strukturelle Integration .................................................................................... 82 5.2 Horizontale und vertikale Synergien ............................................................... 85 5.3 Die Marken BP und Aral ................................................................................. 87 Kapitel D: Change Management in der PMI ........................................................... 91 1 Einordnung der PMI in die Change-Landschaft ........................................ 91 2 Kulturelle Problemstellung ........................................................................... 95 2.1 Cultural Due Diligence .................................................................................... 95 2.2 Veränderungshistorie und -kultur .................................................................. 103 3 Dimensionen des Change Managements ................................................... 108 3.1 Radikalität und Konzeption der Veränderung ............................................... 108 3.2 Planung und Steuerung der Veränderung ...................................................... 108 3.3 Kompetenzen ................................................................................................. 110 3.4 Diversität ........................................................................................................ 113 3.5 Partizipation ................................................................................................... 116 3.6 Kommunikation ............................................................................................. 116 3.7 Widerstände bei Veränderungsprozessen ...................................................... 121 3.7.1 Individuelle Einflussfaktoren ......................................................................... 122 3.7.2 Gruppenbasierte Einflussfaktoren ................................................................. 125 3.7.3 Einflussfaktoren im Führungsbereich ............................................................ 128 3.7.4 Unterstützende und blockierende Faktoren in Veränderungsprozessen ........ 129 3.7.5 Die Beratungsfunktion bei Veränderungsprozessen ...................................... 133 3.8 Phasen bei Veränderungen ............................................................................ 136 3.8.1 Verschiedene Phasierungsansätze ................................................................. 136 3.8.2 Geplante und ungeplante Veränderungen ...................................................... 140 4 Fallstudie BP/Veba/Aral ............................................................................. 143 4.1 Die Situation am Tag 1 der PMI .................................................................... 143 4.2 Auf dem Weg zur neuen BP .......................................................................... 147