Birgit Weber Nachhaltige Entwicklung und Weltwirtschaftsordnung Analysen Politik- Gesellschaft-Wirtschaft Eine Buchreihe herausgegeben von Klaus Schubert und Göttrik Wewer Band 62 Birgit Weber Nachhaltige Entwicklung und Weltwirtschafts ordnung Probleme, Ursachen, Lösungskonzepte Ein problemorientierter Lehrtext Leske + Budrich, Opladen 1998 Die Autorin: Birgit Weber, Studium der Sozialwissenschaften, wissenschaftliche Mitarbeiterin (1989 bis 1996) und Lehrbeauftragte (ab 1996) im Be reich Wirtschaftswissenschaften und Didaktik der Wirtschaftslehre so wie Geschäftsführerin in der Abteilung Sekundarstufe im Zentrum für Lehrerbildung an der Universität-GH-Siegen. Die vorliegende Arbeit ist der leicht abgeänderte und gekürzte fachwissenschaftliche Teil ihrer fachdidaktischen Dissertation zum Thema "Handlungsorientierte ökonomische Bildung - Sustainable Development und Weltwirtschaftsordnung", welche im Februar 1997 abgeschlossen und vom Fachbereich 2 (Erziehungswissenschaft, Psy chologie, Sportwissenschaft) der Universität-Gesamthochschule Sie gen angenommen wurde. Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Weber, Birgit: Nachhaltige Entwicklung und Weltwirtschaftsordnung. Probleme. Ursachen. Lösungskonzepte. Ein problemorientierter Lehrtext / Birgit Weber. - Opladen : Leske und Budrich, 1998 (Schriftenreihe Analysen; Bd. 62) ISBN 978-3-322-95127-4 ISBN 978-3-322-95126-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-95126-7 © 1998 Leske + Budrich. Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ver wertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim mung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfälti gungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherungen und Verar beitung in elektronischen Systemen. Satz: Leske + Budrich Inhalt 1 Globalisierung der Umweltprobleme ............................... 11 2 Ursachen von Umweltbelastung und -übemutzung im Rahmen der Weltwirtschaft .............................. .......... 21 2.1 Unterschiedliche Entwicklungsstufen von Volkswirtschaften ................................................................ 21 2.1.1 Bevölkerungswachstum und Armut ..................................... 21 2.1.2 Wirtschaftswachstum und oligarchische Lebensstandards .. ... 30 2.2 Nationale Wirtschaftsordnung: Marktabstimmung und Umweltpolitik ...................................................................... 41 2.2.1 Strukturelle Vernachlässigung kollektiver Umweltgüter durch die Marktteilnehmer ................................... ................ 41 2.2.2 Strukturelle Entscheidungsprobleme staatlicher Umweltqualitätsbestimmung ............................................... 47 2.3 Internationale Wirtschaftsordnung: Internationaler Handel und die Umweltpolitik der Länder ....................................... 54 2.3.1 Ökologische Effekte des internationalen Handels ............... 54 2.3.2 Auswirkungen derUmweltpolitik auf Wettbewerbs- fähigkeit und Standortentscheidung . ............ ....................... 63 3 Lösungskonzepte internadonaler Umweltkooperadon ..... 77 3.1 Notwendigkeit und Anforderungen internationaler Umweltkooperation ............................................................. 77 3.2 Zielbestimmung und Verteilung der Anforderungen nach den Kriterien einer "Nachhaltigen Entwicklung" ..... ... 83 3.2.1 Möglichkeiten zur Bestimmung von Umweltzielen ............ 84 3.2.2 Bausteine einer ,,Nachhaltigen Entwicklung" ..................... 91 3.2.3 Konkretisierung des Leitbildes: Managementregeln und Umweltraum ................................................................. 99 5 3.2.4 Zielbestimmung und Verteilung am Beispiel des Treibhauseffektes ........ .............. ........... ........... ..... ... .... .... ..... 106 3.3 Kooperative Strategien zur Minderung des Umweltverbrauchs ............................................................... 110 3.3.1 Strategien zur Reduktion des Umweltverbrauchs: Von proportionaler Reduktion über einheitliche Umweltsteuem hin zu handelbaren Emissionsrechten ......... 111 3.3.2 Strategien zur Kompensation: Von gegenseitiger Entschädigung über loint-Implementation und Debt-for-nature-swaps bis hin zu globalen Umweltfonds ... 121 3.3.3 Stmtegien zur Information über ökologische Beziehungen: Von Ökobilanzen über Ökolabels und Ökoaudits bis hin zum Ökosozialprodukt ..................... 132 3.3.4 Kritische Würdigung der Strategien internationaler Umweltkooperation ............................................................. 148 3.4 Hindernisse internationaler Umweltkooperation und ihre Bedeutung .. .......... .............. ........... .............. .......... ........ 152 3.4.1 Hindernisse internationaler Kooperation ............................. 153 3.4.2 Bestehende internationale Vereinbarungen zum Schutz globaler Güter und zur Minderung grenzüberschreitender Belastung ............................................................................. 157 3.4.3 Theoretische Einschränkung der Kooperationshindernisse .... 167 3.4.4 Dezentmlisierung oder Harmonisierung nationaler Umweltordnungen ............................................................... 170 4 Handelspolitik und Umweltschutz unter der Ägide des Freihandels .................................................................. 175 4.1 Umweltbezogene Handelspolitik im Rahmen der Welthandelsorganisation ..................................................... 176 4.1.1 Handelspolitische Grundsätze des GATT und Ausnahmeregelungen zum Schutz der Umwelt .............. .... 177 4.1.2 Handelsbezogene Umweltschutzmaßnahmen nach den Regeln des GATT ............................................ ............. 178 4.1.3 Ökologische Bewertung des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen .............................................................. 182 4.2 Umweltbezogene Handelspolitik in der Europäischen Union ................................................................................... 185 4.2.1 Handelspolitische Grundsätze der EU und ihre Umwelteffekte ..................................................................... 186 4.2.2 Umweltschutzpolitik der EU ............................................... 189 6 4.2.3 Ökologische Bewertung der EU ...................... .... .......... ...... 190 4.3 Handelspolitische Maßnahmen und ihre Grenzen .... ........... 192 5 Maßnahmen zur Unterstützung internationaler Umweltkooperation ........................................................... 199 5.1 Unterstützung der Umweltkooperation durch nationale Vorreiter ............................................................................... 200 5.2 Unterstützung durch Bürgeraktionen ................................... 203 6 Resümee .... ............ ... ......... .... .... .......... ........... ............... ...... 207 Literaturverzeichnis ................. .... ..... ............... ......... ........... ....... 219 Verzeichnis der Übersichten ....... .... ....... ................ .................. ... 231 Zeitschriften ................................................................................. 232 7 Vorwort In den Konzeptionen zur Umwelterziehung wurde die globale Ebene bislang vernachlässigt. Entweder wird Bezug genommen auf die na tionale Ebene umweltpolitischer Rahmenbedingungen. Oder es wer den globale Umweltprobleme und internationale Diskrepanzen im Umweltverbrauch betrachtet und die Lösung in einem Begrenzungs paradigma ohne Beachtung der strukturellen Rahmenbedingungen ge sehen. Eine Weiterentwicklung der inhaltlichen Diskussion um "Nachhaltige Entwicklung und Weltwirtschaftsordnung" erscheint dringend erforderlich und zwar aus mehreren Gründen: - Setzt man an regionalen Umweltproblemen an und vernachlässigt die neue Dimension der globalen Umweltprobleme. kann dies - ebenso wie die früher vorherrschenden Orientierungen an den Um weltmedien - zur räumlichen Verlagerung der Umweltprobleme führen: So bedingen Minderungen der regionalen Luftbelastungen durch höhere Schornsteine in Deutschland und Großbritannien Bo den- und Gewässerversäuerung in Schweden. Verschärfungen der Bestimmungen zur Abfallentsorgung in den Industrieländern for cieren Müllexporte nach Osteuropa und in die Dritte Welt. Natio nale Maßnahmen zur Umweltentlastung können so zur Umweltbe lastung in anderen Ländern führen. - Zur Übernahme von Vorreiterrollen im internationalen Umwelt schutz existieren nur geringe Anreize. wenn mit zusätzlichen. die Wettbewerbsfahigkeit gefahrdenden Kosten gerechnet werden muß. ohne daß eine ökologische Erfolgsgarantie gegeben ist. - Abgesehen von der globalen und grenzüberschreitenden Dimensi on ist die neue Qualität der Umweltbelastungen dadurch charakte risiert. daß sie nicht mehr unmittelbar wahrnehmbar sind und den- 9 noch langfristig die Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung er heblich beeinträchtigen. Besonders kraß kann sich dies in zwi schenstaatlichen Konflikten um knapper werdende Ressourcen aus drücken. Hinzu kommt. daß infolge der vorherrschenden Orientierung am Freihandel und der zunehmenden Handelsliberalisierung der eigen ständige umweltpolitische Spielraum schwindet. Die angedeuteten globalen Problemlagen und auch die Diskrepan zen im Umweltverbrauch zwischen der Nord- und der Südhalbku gel lassen internationale Kooperation zu einem unausweichlichen Erfordernis werden. Angesichts anhaltender nationaler Egoismen und internationaler Einigungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner erscheint internationale Kooperation - insbesondere im Licht der massenmedialen Darstellung - von zweifelhaftem Erfolg. Notwendig ist die Sensibilisierung für problematische Ausprägun- gen globaler Umweltprobleme und die Erarbeitung der Ursachen und Bedingungen der Lösung auch auf der internationalen Ebene. Ohne diese Auseinandersetzung wird nicht nur die Bedeutung des eigenen individuellen Beitrags zur Minderung von Umweltproblemen sondern auch die nationalstaatlichen demokratischen Handlungsspielräume in Frage gestellt. Danken möchte ich insbesondere meinem akademischen Lehrer. dem Wirtschaftswissenschaftler und Fachdidaktiker Professor Dr. Bo do Steinmann, für die lehrreichen Jahre der Zusammenarbeit sowie für die kritisch-konstruktive. aufmunternde und herzliche Betreuung. Für freundschaftliche Anregungen und Kritik danke ich Dr. Thomas Mey er und Annette Stallmann. Dank gebührt zudem meinem Mann, Uwe Dornseifer, für die Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit der elek tronischen Hilfsmittel, für die Toleranz und die scharfsinnigen Kom mentare. die er als Ingenieur auch nach Jahren noch dem Thema ent gegenbrachte. Durch Unterstützung, Prüfung, Veröffentlichung haben viele weitere Personen zur Realisierung der Dissertation beigetragen: Durch Unterstützung Bärbel Lützenbürger, Michael Kill, Hans-Peter Langer und Tino Sander. durch Prüfung neben Herrn Prof. Dr. Bodo Steinmann die Erziehungswissenschaftler Professor Dr. Adolf Keil und PD Dr. Bernhard Fichtner. Bad Honnef, im August 1997 Birgit Weber 10 1 Globalisierung der Umweltprobleme Waren noch in den sechziger Jahren in den Industrieländern direkt sichtbare Indikatoren für Umweltbelastung an der Tagesordnung, etwa der graue Himmel über der Ruhr, das Fischsterben in Flüssen und Seen, Kloaken vor der Haustür, wilde Müllkippen im Wald, äußert sich die Umweltproblematik heute kaum noch auf diese Weise. Wäh rend der Schadstoff der Woche propagiert wird, Lebensmittelanalysen die Nahrungsmiuelaufnahme zum zweifelhaften Vergnügen werden lassen, vor Chemikalien in der Kleidung gewarnt wird, ist Um weltbelastung heute dadurch gekennzeichnet, daß sie mit den Sin nesorganen kaum noch wahrzunehmen ist. Wenn diese Organe über Allergien und Atemwegserkrankungen signalisieren, daß ihnen Scha den zugefügt wurde, ist kaum noch auszumachen, welche Verursacher tätig wurden, zumal sich Symptome zeitverzögert, durch die Reaktion mit anderen Stoffen in Verbindung mit individuellen Dispositionen entwickeln. So zeichnen sich Umweltbelastungen heute aus durch Multikausalität, Wirkungskeuen, Wechselwirkungen und Komplexität (vgl. HARTKOPFlBoHNE 1983, 23). BÖHRET (1990, 68) prägte das Schlagwort der "schleichenden Katastrophen". Was die heutigen Um weltbelastungen von den früheren unterscheidet, ist die Massivität und Schnelligkeit ihrer Ausbreitung, während die früheren Schäden in der Regel Reparaturen ermöglichten und das Lernen aus Fehlern erlaub ten. Nach BECK (1986, 29f, 48ft) sind die Risiken der Umwelt belastung und -übernutzung heute durch die Entstehung irreversibler Schäden, durch ihre Unsichtbarkeit, Wissensabhängigkeit und zudem durch ihre Globalität gekennzeichnet. Umweltprobleme machen we der vor Grenzen halt, noch sind von ihnen nur gewisse Klassen oder Gruppen betroffen. Diese Globalität der Umweltbelastung bezeichnet 11