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Nachfolge und Charisma. Eine exegetisch-religionsgeschichtliche Studie zu Mt 8,21f. und Jesu Ruf in die Nachfolge PDF

128 Pages·1968·10.062 MB·German
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Martin Hengel Nachfolge und Charisma Eine exegetisch-religionsgeschichtliche Studie zu Mt 8 21 f. und Jesu Ruf in die Nachfolge Verlag Alfred Töpelmann Berlin 1968 Beiheft zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche Herausgegeben von Walther Eltester Beiheft 34 © 1968 by Alfred Töpelmann, Berlin 30, Genthiner Straße 13 Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Ubersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Printed in Germany Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Archiv.-Nr. 3825681 Meinen theologischen Lehrern in Tübingen in Verehrung und Dankbarkeit gewidmet Vorwort Der folgenden Studie liegt meine Probevorlesung zugrunde, die am 25. 1. 1967 vor der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Eberhard- Karls-Universität in Tübingen gehalten wurde. Der Verfasser hat sie in den darauffolgenden Wochen noch wesent- lich erweitert und ergänzt; der Aufbau und Gedankengang der Vor- lesung wurde jedoch bewußt beibehalten. Das Ganze möchte ein Diskussionsbeitrag sein zur Frage nach dem historischen Jesus und in besonderer Weise zum Problem der Nachfolge und Jüngerschaft, dem sich das wissenschaftliche Interesse in jüngster Zeit wieder verstärkt zugewandt hat. Mein Dank gilt der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universi- tät Tübingen, die mir durch die Gewährung einer Forschungsassisten- tur nach vielen Jahren der opera aliena die Rückkehr in meinen theo- logischen Beruf ermöglichte, Herrn Prof. D. W. Eltester für die Bereit- schaft, die Arbeit in die „Beihefte zur Zeitschrift für die neutestament- liche Wissenschaft" aufzunehmen, meinem verehrten Lehrer Herrn Prof. D. 0. Michel für die verständnisvolle Geduld, mit der er meinen beruflichen Lebensweg in seinen verschiedenen Phasen begleitete sowie für viele wertvolle Gespräche, Herrn Prof. Dr. E. Käsemann für seine weiterführenden Fragen und Herrn Prof. Dr. H. Gese für seine er- gänzenden Hinweise. Meinen Freunden und Kollegen schließlich danke ich für die Anregungen und gute Zusammenarbeit, die unser wissen- schaftlich-theologisches Bemühen erst richtig fruchtbar werden lassen im Gespräch über die gemeinsame Sache. Für das Mitlesen der Kor- rekturen und die Erstellung des Registers danke ich Herrn cand. theol. Klaus W. Müller. Tübingen, im September 1967 Martin Hengel Inhaltsübersicht I. Zur Auslegung von Mt 821-22 par 3 1. Zur Redaktions- und Formgeschichte 3 2. Die Aussage des Logions 6 3. Der Bruch mit Gesetz und Sitte 9 II. Religionsgeschichtliche Erwägungen zum charismatisch- eschatologischen Hintergrund von Jesu Ruf in die Nachfolge 18 1. Das Vorbild der Berufung Elisas durch Elia 18 2. „Nachfolgen" im Heiligen Krieg und hinter dem charismatisch-prophe- tischen Führer 20 3. Apokalyptische Propheten und zelotische Volksführer im Palästina des 1. Jh. n. Chr. und ihr Ruf zur „Nachfolge" 23 4. „Charismatiker" und „Nachfolger" in der hellenistischen Welt . .. 27 5. „Berufung" und „Bekehrung" zur Philosophie bzw. zur Tora im Griechen- tum bzw. bei den Rabbinen 31 6. Nachfolge, Jüngerschaft und Charisma 37 7. Johannes der Täufer und seine Jünger 38 III. Die charismatisch-eschatologische Eigenart des Rufes Jesu in die Nachfolge 41 1. Das „Mißverständnis" der Kreuzigung Jesu 41 2. Jesus war kein „Rabbi" 46 3. Nachfolge und Jüngerschaft erklären sich nicht aus dem Vorbild der Rabbinen 66 4. Parallelen und grundlegende Unterschiede zum apokalyptisch-zelotischen Prophetentum 63 6. Jesu Ruf in die „Nachfolge" gilt nur dem einzelnen Gerufenen . . .. 68 6. Prophetisch-charismatische Züge in der Wirksamkeit Jesu 70 7. Die einzigartige „messianische" Vollmacht Jesu 74 8. Der Sinn von Jesu Ruf in die Nachfolge 80 9. Die Aussendungsüberlieferung 82 10. Jesus als Lehrer seiner Jünger und die Anfänge der synoptischen Überlie- ferung 89 IV. Schlußwort 94 1. Zu einer neuen Untersuchung der Nachfolgefrage 94 2. Zusammenfassender Rückblick 96 Abkürzungsverzeichnis 100 Register 103 In der Evangelienforschung der letzten Jahrzehnte wie auch in der wieder neu lebendig gewordenen Frage nach dem historischen Jesus trat das Problem der Jüngerschaft und der Nachfolge eigen- artigerweise ganz in den Hintergrund. Conzelmann nennt in der Biblio- graphie seines Artikels Jesus Christus1 zur Sache, außer zwei Stich- worten des Theologischen Wörterbuches, nur die Monographie von E. Schweizer, »Erniedrigung und Erhöhung bei Jesus und seinen Nachfolgern«, die die »Nachfolge Jesu« ebenfalls nur relativ knapp auf 13 Seiten behandelt2. Ende 1962 erschien freilich eine umfang- reiche und gründliche katholische Monographie von A. Schulz, »Nach- folgen und Nachahmen«, die, ausgehend von den Begriffsuntersuchun- gen G. Kittels und K. H. Rengstorfs sowie dem bei Billerbeck gesam- melten Material3, nachdrücklich die Meinung vertrat, daß die Auf- forderung Jesu zur Nachfolge in Analogie zu dem rabbinischen Sprach- gebrauch von »häläk 'ah"r£« im Sinne eines »Zusammenlebens von Lehrer und Schüler im Dienste der Thora« zu verstehen sei4. Wir 1 RGG3 3, 652 zu 8); s. auch das Vorwort von A. Schulz, Nachfolgen und Nach- ahmen, StANT 6 (1962), u. W. Bieder, Die Berufung im N. T„ AThANT 38 (1961) 6. Etwas mehr Lit. bringt E. Lohse, RGG3 4, 1286—88. 2 AThANT 28 (19622), 8—21. Von kath. Seite s. auch K. H. Schelkle, Jüngerschaft und Apostelamt, 1958, 11—32; vgl. den Überblick bei E. Larsson, Christus als Vor- bild, ASNU 23 (1962), 29—47. Die neueren deutschsprachigen Jesus-Darstellungen behandeln die Frage nur in knapper Form, s. E. Percy, Die Botschaft Jesu, LUÄ 49, 5 (1953), 168—174; G. Bornkamm, Jesus von Nazareth (JvN), 1966, 133—140; O. Betz, Was wissen wir von Jesus, 1965, 47—51. Vgl. auch J. J. Vincent, ThZ 16 (1960), 456—469, der jedoch mehr die Aporien aufweist, als daß er Lösungen gibt; dort die ältere Literatur. Auch heute noch wertvoll ist J. Weiß, Die Nachfolge Christi und die Predigt der Gegenwart, 1895, 2—38. Angezeigt, aber bei Beginn der Druck- legung dieser Arbeit noch nicht erschienen, sind H. D. Betz, Nachfolge u. Nach- ahmung Jesu Christi im N. T., BHTh 37 (1967) u. der Aufsatz v. F. Hahn, Die Nach- folge Jesu in vorösterlicher Zeit, in: Die Anfänge der Kirche im N. T., Evang. Forum 8 (1967). Zu H. D. Betz s. noch u. S. 94ff. 3 G. Kittel, Art. dKoAou6eiv ThW 1, 211—215; K. H. Rengstorf, Art. SISAOKEW O. c. 2, 142f. u. na0rrnI|s-HCcv9<ivEiv o. c. 4, 437f. 447ff. Im Unterschied zu Schulz hat schon Rengstorf den Gegensatz zum Rabbinat stärker hervorgehoben, s. o. c. 450 ff. Zum rabbinischen Sprachgebrauch s. auch Bill. 1, 187 f. 527 ff. u. u. S. 57 f. A. 54. 4 o. c. (A. 1), 33; vgl. auch 21. 35. 43f. 53. 55f. 63. 66. 78f. Typisch ist etwa 127: »Jesus kleidet seine Wirksamkeit als Messias in die konkrete Gestalt eines spät- jüdischen Gesetzeslehrers.« Heogel 1 2 glauben jedoch, daß Schulz damit nicht nur die Bedeutung des rabbi- nischen »häläk °ahar£« überinterpretierte, sondern auch der Nach- folge Jesu ein weitgehend falsches Verständnis unterlegt, da sie nicht als Schülerschaft in Analogie zum rabbinischen Lehrinstitut interpre- tiert werden darf. Den wahren Sachverhalt hat im Anschluß an Mt 8 2if. schon C. G. Montefiore, der große jüdische Gelehrte und Führer des englischen Reformjudentums, in klarer Weise zum Ausdruck ge- bracht : »Discipleship such as Jesus demanded and inspired (a following, not for study but for service — to help the Master in his mission, to carry out his instructions and so on) was apparently a new thing at all events, something which did not fit in, or was not on all-fours, with usual Rabbinic customs or with customary Rabbinic phenomena«5. Es soll sich im folgenden gewissermaßen um den Versuch handeln, ausgehend eben von Mt 8 2if. par, die These Montefiores auf dem Hintergrund des Wirkens Jesu und seiner Zeit religionsgeschichtlich und exegetisch im einzelnen zu untersuchen und näher zu begründen. 6 C. G. Montefiore, Rabbinic Literature and Gospel Teachings, 1930, 218. I. Zur Auslegung von Mt 8 21-22 par. »Laß die Toten ihre Toten begraben.« Den Ausgangspunkt einer Untersuchung der Nachfolgefrage sollte eine detaillierte redaktions-, form- und religionsgeschichtliche Einzel- analyse sämtlicher bei den Synoptikern überlieferter Nachfolgeperi- kopen und -logien bilden6. Wir müssen uns jedoch hier auf die bisher wenig im Detail betrachtete Perikope Mt 821-22 = Lc 9 59-60 be- schränken und diese gewissermaßen paradigmatisch für alle anderen untersuchen, um von dort zu der Frage nach dem Sinn des Rufes Jesu zur Nachfolge überhaupt weiterzuschreiten. 1. Zur Redaktions- und Formgeschichte Unsere Perikope steht innerhalb einer von Nachfolgeworten aus der Q-Tradition gebildeten größeren Einheit, die bei Lukas 3 und bei Matthäus 2 Perikopen umfaßt (Lc 9 57f. = Mt 8 i9f.: das Wort von der Heimatlosigkeit des Menschensohnes, anschließend unser Wort vom Totenbegraben und schließlich Lc 9 6if. das Wort vom Pflüger). Während Lukas diese Worte in geschickter Weise unmittelbar in den Zusammenhang des Aufbruchs nach Jerusalem und der 2. Aussendung (der 72) hineinstellt7, begründet sie Matthäus psychologisch durch Jesu Reise an das andere Ufer des Sees (8 18) und läßt die nachfolgende Erzählung von der Sturmstillung in fast symbolhafter Weise zum Vor- bild für den Vollzug der Nachfolge werden8. Beide Evangelisten haben gewisse Veränderungen vorgenommen: Mt macht den Fragenden zu einem Jünger (exspos 51 tcov pa6r|TCÖv) und läßt die Frage mit einem ' Ein Fortschritt in der synoptischen Forschung hängt weitgehend von solchen Einzelanalysen kleiner Einheiten ab, die im Gegensatz zu Ermessensurteilen, wirklich begründen, und auch die völlig unübersichtlich gewordene Literatur aufarbeiten. Ein hervorragendes Beispiel einer derartigen fortschreitenden Ana- lyse gibt G. Lindeskog, Logia-Studien, StTh 4 (1952/53), 129—189 zu dem Wan- derlogion Mt 13 12 par. Vgl. 186: »Jedes Logion bedarf einer ebenso gründlichen Untersuchung wie das zuerst behandelte.« 7 Lc 9 51 101; die LA »72« ist mit iß75 BD pc lat sysc unbedingt vorzuziehen. 8 G. Bornkamm, WuD NF 1 (1948), 48—53 u. in G. Bornkamm, G. Barth, H. J. Held, Überlieferung u. Auslegung im Matthäusevg., 19654, 49—54, vgl. auch H. J. Held, o. c. 191 f. 1* 4 Zur Auslegung von Mt 8 21-22 par bei ihm meist den Jüngern vorbehaltenen KÜpiE beginnen; auch das Subjekt, v. 22a, MTICTOÜS ist wohl Zusatz (fehlt bei Kpc it vgl. sy3). Lc stellt zur Verdeutlichung eine Aufforderung Jesu zur Nachfolge an den Anfang und macht die Perikope dadurch zu einer direkten Berufungserzählung (EITTEV 6k irpds I-repov • ¿KOAOUÖEI poi), schließlich begründet er am Schluß die schroffe Ablehnung der Bitte durch den Auftrag Jesu: CTVJ SE CCTTEAÖGÖV BiccyygXAE TT)V ßaaiAeiav TOÖ 0EOÜ, eine Formulierung, die für das lukanische Werk typisch ist9. Unter Berück- sichtigung dieser redaktionellen Zusätze und Veränderungen könnte die Perikope in Q ursprünglich gelautet haben: "ETEPOS Se EITTEV ¿TT(- TpEVföv uoi -irpcÖTOV COTEAOEIV xal (so Mt; Lc: OOTEAÖÖVTI) Savyai TÖV ircrripa |Jiou • 6 8E A4YEI (so Mt; Lc: EITTEV 8£) ctOrcö • ÖCKOAOUOEI HOI, Kai (so Mt; fehlt bei Lc) ä<pES T0O5 vEKpoOs Oavyai TOÜS iaurcov VEKpoOs. Danach zeigten alle drei wohl schon in Q zusammengehörigen Nach- folgeperikopen genau denselben Aufbau; und zwar handelt es sich offensichtlich um eine Dreiergruppe in zweiteiliger Kompositions- technik10: Auf die Frage eines angehenden, jedoch anonymen11 Nach- • Zur redaktionellen Bearbeitung s. J. Schmid, Mt u. Lc, BSt 23, 2—4 (1930), 266f., vgl. F. Hahn, Christolog. Hoheitstitel, FRLANT 83 (19642), 83f. Auf die stilistischen Verbesserungen bei Lc weist W. Bußmann, Synoptische Studien, 1929, 2, 62 hin. J. Wellhausen, Das Evg. Lucae, 1904, 47 gibt der Einleitung Lc 9 59 a den Vorzug, ihm folgt E. Klostermann, Mt 19388, 77; letzterer vermutet auch, daß Lc 9 57-62 schon in Q mit der Aussendungsrede 10 1 verbunden gewesen sei: Lc 19292, 112. Es ist jedoch wohl die einfachere Mt-Form vorzuziehen. In der ursprünglichen Q-Form wurde noch nicht darüber reflektiert, wie weit die Frager schon Jünger waren oder es erst werden wollten. Nicht ihre Person, son- dern allein Jesu Antwort stand im Mittelpunkt des Interesses. Zu dem typisch matthäischen Zusatz Kupia s. G. Strecker, Der Weg der Gerechtigkeit, FRLANT 82 (1962), 124. Der erste Frager, ein Schriftgelehrter, redet Jesus nur mit 6l6dcr- KCCAE an. Möglicherweise könnte das KUpis auch aus der Q-Vorlage von Lc 9 61 von Mt übernommen worden sein, vgl. F. Hahn o. c. 84. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß es in Lc 9 61 einen Zusatz darstellt. Ein Weglassen der ehrenvollen Anrede bei Lc 9 57 u. 59 scheint dagegen wenig wahrscheinlich zu sein. Die kür- zeste Form ist wohl mit der ursprünglichen Q-Fassung am ehesten identisch; vgl. u. A. 11. Zu Lc 9 60 b s. R. Bultmann, Geschichte d. Synopt. Tradition, FRLANT 29 (19312), 94. 363. Es ist »offensichtlich eine Lieblingsformulierung des Verfassers«: E. Bammel, Studia Evangelica III, 2 TU 88 (1964), 8. 10 s. R. Morgenthaler, Die lukan. Geschichtsschreibung, AThANT 14 (1949), I, 74f., der dieses Kompositionsschema allerdings Lc zuschreibt, während es — in einer bei v. 59f. nach Mt 8 21f. zu korrigierenden Weise — in diesem Falle wahrschein- lich auf Q zurückgeht. F. Hahn, o. c. 83, vermutet, daß Lc 9 61f. in der vor- lukanischen Q-Uberlieferung sekundär zugewachsen ist und so Mt nicht vorlag. Es könnte jedoch auch sein, daß Mt Lc 9 61f. wegließ, weil es nicht mehr aussagt als Mt 8211. = Lc 9 59f. u. in seinem straff disponierten Kompositionszusammen- hang daher unnötig war. Zwischen Mt 8 18 u. 23 konnten ohne Störung nicht zu viele Zwischenglieder eingeschoben werden. Vgl. auch A. Schulz o. c. (A. 1), 105.

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