ebook img

Mythos Netz PDF

302 Pages·2006·1.07 MB·German
by  
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Mythos Netz

Rainer Fischbach Mythos Netz RAINER FISCHBACH MYTHOS NETZ Kommunikation jenseits von Raum und Zeit? Rotpunktverlag (cid:13)c Rotpunktverlag, Zu¨rich 2005 www.rotpunktverlag.ch Das Umschlagbild zeigt eine Momentaufnahme aus dem Computermodell eines Agglomerationsprozesses. Das Modell besteht aus einer Matrix von Punkten, deren Gewicht und Konnektivit¨at iterativ wachsen; wobei die Chance, einen Gewichtszuwachs bzw. eine weitere Verbindung zu erhalten, mit dem Gewicht und der Konnektivit¨at ansteigt. Auf diese Weise bilden sich Cluster von gewichtigen und untereinander dicht vernetzten Punkten heraus. Die Farbe der Verbindungen verschiebt sich von Cyan nach Violett, wenn sie mehrfach ausgew¨ahlt werden. Umschlagbild: Rainer Fischbach Gestaltung und Satz: Rainer Fischbach Druck und Bindung: fgb·freiburger graphische betriebe, Freiburg i.Br. ISBN 3–85869–301–4 1.Auflage 2005 Inhalt Einleitung: Ein strapazierter Begriff 7 1 Alte und neue Futuristen 21 1.1 Der untote Raum 22 1.2 Der totale Krieg 29 1.3 Bru¨cken im Raum 41 1.4 D¨amonologen 47 1.5 Gnostiker 55 1.6 Raumvergessenheit−Raumverdr¨angung 61 2 T¨auschende Bilder−fantastische Legenden 67 2.1 Reale und metaphorische Netze 68 2.2 Modellistische Netze 72 2.3 Das imagin¨are Internet 82 2.4 Reale Netzgeschichte 90 2.5 Reale Infrastrukturen 95 2.6 Atomkrieg 101 2.7 Unanschaulichkeit 112 3 Fluchtpunkt der Kapitalbewegung 125 3.1 Das Phantom der Ortlosigkeit 127 3.2 Wissen und Arbeit 131 3.3 Wert des Wissen−Wert der Arbeit 145 3.4 Widerstand des Raumes 156 3.5 Libert¨are Liebhaber des Staates 166 3.6 Abgehoben 175 3.7 Verkehrte Welt 181 4 Logik der Agglomeration−Logik der Spaltung 189 4.1 Netzgesetze 191 4.2 Natu¨rliche Monopole−¨offentliche Gu¨ter 199 4.3 O¨konomie der Dichte 206 4.4 Raum der Differenz 214 4.5 Stabiles Ungleichgewicht 223 4.6 Agglomerierende Kr¨afte 230 4.7 Spaltung 240 Nachbetrachtung: Weder Alpha noch Omega 253 6 Inhalt Quellen 267 Sachindex 285 Personenindex 297 Einleitung: Ein strapazierter Begriff Nur wenigen Begriffen widerf¨ahrt es, so umfassend in Dienst genom- menzuwerdenwiedasNetz unddieVernetzung.Alleininnerhalbdes letzten Jahrzehnts erlebten sie den beispiellosen Aufstieg aus einem h¨ochstens von wenigen Fachleuten wahrgenommenen Nischendasein zur Omnipr¨asenz in den ¨offentlichen Diskursen und sogar zu einer prominenten Position in gleich mehreren Disziplinen. Betriebswirte und Philosophen, Volkswirte und Theologen, Biologen und Sozio- logen, Politiker und Industrielle, Presseleute und Talkmaster ohne- hin, sie alle reden auf einmal von Vernetzung. Seit den 90ern des letzten Jahrhunderts ist der Netzenthusiasmus ein verbreitetes und nicht selten auch versch¨arfte Form annehmendes Ph¨anomen. Wer oderwasheutenichtvernetztist,weresnichtversteht,sichdurchden allfa¨lligen Einsatz des Netzbegriffs als auf der H¨ohe der Zeit befind- lich auszuweisen, scheint keine Zukunft mehr zu haben; wobei die Feinheiten, wie die Unterscheidung der Ebenen des Begriffs−etwa Vernetzung im Sinne von angeschlossen sein an eine Infrastruktur des Austauschs von was auch immer: Information, Energie, stoffli- chenGu¨ternversusVernetzungimSinnevoneingebundenseininein Geflecht von gesellschaftlichen oder sonstigen Relationen−und die ganzandereStellungzurRealit¨at,diedenBegriffNetz vonGattungs- begriffen wie Hund abhebt, meist keine besondere Aufmerksamkeit erfahren. So ist sogar in einem evangelischen Blatt1 aus der Feder eines Soziologen, der dort fu¨r das Leitbild des christlichen Ritters wirbt, folgendes u¨ber die zur Zeit angesagten Tugenden zu lesen: NichtEin-undUnterordnung,nichtBefehlundGehorsamseiendieAnt- wort auf die Herausforderungen der Gegenwart, sondern eine g¨anzlich andere Ordnung: die der Kommunikation und Vernetzung, paradigma- tisch dargestellt am Siegeszug des Internet. Vernetzt handeln, denken und kommunizieren aber ist eine Frauendom¨ane, sagen Forscher, weil Frauen es weitaus leichter f¨allt als M¨annern, miteinander zu reden und gemeinschaftlichzuentscheiden.2 1.Es handelt sich um ein willku¨rliches Zitat aus einem nicht eben trendigen Kontext.Esistauchnichtbeabsichtigt,zuseineninhaltlichenAussagenStel- lungzunehmen,diedurchausebenfallskritikwu¨rdigseinm¨ogen,sondernnur zudembeispielhaftfahrl¨assigenUmgangmitdemBegriffVernetzung. 2.Otten2003 8 Einleitung: Ein strapazierter Begriff Hier ist alles unterschiedslos durcheinander gemischt: Das Internet, das ja eine technische Infrastruktur ist, Vernetzung im Sinne eines Geflechts sozialer Beziehungen, die hier jedoch mit einer ganz be- stimmtenFormeinessolchenidentifiziertwird,und,davonabgeleitet, das immer und u¨berall beschworene vernetzte Denken und Handeln, von dem nur niemand sagt, was es genau ist. Die Gleichsetzung von Netz im Sinne von sozialem Beziehungsgeflecht und Netz im Sinne von Internet ist nur ein Kalauer, der niemandem als solcher auff¨allt. DassaucheineHierarchie,wiejedeandereFormeinessozialenBezie- hungsgeflechts ein Netz oder genauer: der Netzmetapher zug¨anglich bzw.durcheinemathematischeStrukturmodellierbarist,fu¨rdiesich die Bezeichnung Netz eingebu¨rgert hat, bleibt hier ebenso verdr¨angt wie die unspektakul¨are Tatsache, dass es praktisch nichts gibt, was sich−einmalaufdiepassendeAbstraktionsebenegehoben−nichtals NetzbetrachtenunddurcheineentsprechendemathematischeStruk- tur modellieren ließe. Doch es bleibt nicht bei unbewussten Kalauern und einer u¨ber- spannten, konnotativ aufgeladenen Metaphorik. Die Ambitionen ge- hen weiter. Nicht nur, dass alle Welt ihn im Munde fu¨hrt: Viele A¨ußerungen stellen den Begriff des Netzes als Generalschlu¨ssel zum Verst¨andnis der diversesten Gegenst¨ande, wenn nicht gar der Welt u¨berhaupt vor. Das Netz, so heißt es unter Bezug auf ein etabliertes wissenschaftshistorisches Schema, sei das neue Paradigma und mehr noch:die Formel,nachderdieWeltgesellschaftderZukunftsichauf- baue und organisiere. Diese werde mittels instanter Kommunikation Raum und Zeit u¨berwinden und damit die Voraussetzungen schaf- fen, um nicht nur den idealen Markt als zentralen gesellschaftlichen Regulationsmechanismus zu inthronisieren, sondern als Wissensge- sellschaft, d.h. als Gesellschaft, deren Basis eine Wissens¨okonomie bilde, alle von den zu Relikten einer obsoleten Ordnung herabsin- kenden Staaten gesetzten territorialen Schranken zu transzendieren, die Enge und die sozialen Konflikte der u¨berkommenen st¨adtischen SiedlungsformenhintersichzulassenundsichschließlichvonderMa- teriev¨olligzubefreien.DassderBegriffdesParadigmenwechsels sich bisher darin bew¨ahrte, ex post zu verstehen, wie eine Wissenschaft neue, doch jeweils besondere Aufgabenstellungen entdeckt und sich aneignet,3 nichtjedochdarin,denglobalengesellschaftlichenWandel 3.Kuhn1980;Kuhn1970 Einleitung: Ein strapazierter Begriff 9 zu erkl¨aren oder gar zu prognostizieren, bleibt bei solcher Begeiste- rung unerw¨ahnt. EinWunder,wenneinesom¨achtigeMetaphernichtauchdesmo- ralischen Vorzeichenwechsels f¨ahig w¨are. Dass Al Kaida nicht mehr nur, wie einst die Rote Armee Fraktion−allein deren selbst- gew¨ahlterNamewirktdaru¨berschonwieeinGrußausgemu¨tlicheren, weil u¨bersichtlicheren Zeiten−eine schlichte terroristische Organisa- tion,sondern,wiealleMedienversichern,einTerrornetzwerk sei,l¨asst dieses nicht so recht fassbare Gebilde in den Augen der Zeitgenossen als besonders unheimlich und gef¨ahrlich erscheinen. Ihre Selbstinsze- nierung sowie die bestimmt nicht unbeabsichtigt provozierten Ver- mutungenu¨berihrenOperationsmodusweisensichalsMeisterstu¨cke eines der postmodernen Zeitstimmung ad¨aquaten Kommunikations- designs aus, m¨ogen die westlichen Kommentatoren ihren Urhebern noch so beredt wie geschichtsvergessen den Willen zur Ru¨ckkehr ins Mittelalter unterstellen. Dabei mu¨sste doch schon die Erinnerung an europ¨aischeGestaltenwieSavonarolaundMu¨ntzer,Calvinund Cromwellverdeutlichen,dassderrevolution¨areGottesstaatebenso wie das Insistieren auf der w¨ortlichen Gu¨ltigkeit des geoffenbarten Wortes Haltungen sind, die der schwierige U¨bergang zur Moderne immer wieder hervorzubringen scheint. Gerade die Anschl¨age des 11.September und die Reaktion des Westens auf sie offenbaren mehr u¨ber die blinden Stellen in dessen Selbstwahrnehmung, den unheil- vollen Hang zur Projektion des verdr¨angten Eigenen auf das unfass- bare Fremde, als u¨ber die, die als deren Urheber gelten. DenGipfeldesNetzenthusiasmusbildenschließlichdieErwartun- gen,dieimNetzeineArth¨oheresWesen−jenachdenrelig¨osenVor- liebendersieHegenden−entwederherabsteigenodersichentwickeln sehen:”Ein[...]unkontrolliertes,selbstorganisierendesSystem“4ent- steheda,sot¨ontesinzwischenschonausdenFeuilletonsansonstenei- nigermaßenseri¨oserBl¨atter,diedamitjedochnichtsOriginellesunter dieLeutebringen,sondernnurdasEchogebenaufdiePredigteneines technospiritistischen Obskurantismus, der sich in Kalifornien schon vor mehr als einem Jahrzehnt als Gebr¨au aus, oberfl¨achlich gesehen, recht disparaten Ingredienzien, n¨amlich einerseits dem ideologischen Strandgutdiverser,dortfrequenterSubkulturen:derderHippies,der New-Age-Gl¨aubigensowiederHightech-Freaksundandererseitsdem 4.Illinger2003 10 Einleitung: Ein strapazierter Begriff dort seit den 1980er Jahren hegemonialen, marktradikalen Neokon- servativismus, herausbildete:5 Die ku¨hnsten Wissenschaftler, Techniker, O¨konomen und Philosophen der Gegenwart haben die ersten Schritte unternommen, alle Dinge und Ereignisse zu einem riesigen, komplexen Netz zu verbinden.Sobald aus- gedehnteNetzediegemachteWeltdurchdringen,erhaltenwirdieersten Eindru¨cke dessen, was aus diesem Netz hervorgeht−Maschinen, die zu leben beginnen, sich als clever erweisen und sich entwickeln−eine neo- biologischeZivilisation. Mankanndassoverstehen,dasssichineinerNetzwerk-Kulturauch einglobalerGeist[globalmind]entwickelt.DerglobaleGeististdieVer- einigung von Computer und Natur−von Telefonen und menschlichen Gehirnenundmehr.EsisteinesehrgroßeKomplexit¨atvonunbestimmten UmrissendievoneinereigenenunsichtbarenHandregiertwird.WirMen- schen werden nicht wissen, was der globale Geist erw¨agt. Dies ist so, nicht weil wir nicht gescheit genug sind, sondern weil der Aufbau eines Geistesnichtzul¨asst,dassdieTeiledasGanzeverstehen.Diebesonderen GedankendesglobalenGeistes−undseinedarauffolgendenHandlungen −werdenaußerhalbunsererKontrolleundjenseitsunseresVerst¨andnisses sein.FolglichwerdenNetzwerk-O¨konomieneineneueSpiritualit¨athervor- bringen.6 Die Faszination, die diese kalifornische Ideologie7 ausu¨bt, scheint auch daher zu ru¨hren, dass sie Gegens¨atzliches, wenn nicht gar Un- vereinbares zu vereinigen verspricht: die Natur mit einem entfessel- ten Markt, den eine entfesselte Technik treibt, Aufkl¨arung und Ob- skurantismus, Wissenschaft und Fr¨ommigkeit, das Bedu¨rfnis nach autorit¨arer Unterordnung ebenso wie das, sich als libert¨are Avant- garde zu produzieren. Der Gehorsam gegen Natur, Gott und Markt erscheint als eines und zugleich als die h¨ochste Verwirklichung des Individuums. W¨are dieser wissenschaftlich drapierte Obskurantismus nur eine etwasaparteintellektuelleModedesinnerenneokonservativenZirkels geblieben, g¨abe es wenig Grund, sich ausfu¨hrlich damit zu besch¨afti- gen. Doch wesentliche Elemente der kalifornischen Ideologie nehmen inzwischen im politischen und wissenschaftlichen Diskurs weit u¨ber die neokonservativen Kreise hinaus und bis hinein in die Linke eine hegemoniale Position ein. So ist kaum zu u¨bersehen, dass die Mul- titude der derzeitigen linken Kulttheoretiker Michael Hardt und 5.Fischbach1998a 6.Kelly1994,201–202[U¨bersetzungdesAutors] 7.Barbroke, Cameron1995

Description:
Eine umfassende, den Systemaspekt hervorhebende Darstellung der Entwick- lung der Elektrizitätsnetze bietet belt auch ein historisches Paradigma für die umfassende Übergabe von öffentlichen Aufgaben an private Kaplan, Fred 1983: The wizzards of armageddon. Simon and Schuster, New.
See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.