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Musik als Utopie: Zum philosophisch-ästhetischen Kontext von Hans Henny Jahnns „Die Niederschrift des Gustav Anias Horn“ und Thomas Manns „Doktor Faustus“ PDF

277 Pages·1997·6.631 MB·German
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Marion Bönnighausen Musik als Utopie Marion Bönnighausen Musik als Utopie Zum philosophisch-ästhetischen Kontext von Hans Henny Jahnns "Die Niederschrift des Gustav Anias Horn" und Thomas Manns "Doktor Faustus" Westdeutscher Verlag Alle Rechte vorbehalten © 1997 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzu lässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. http://www.westdeutschervlg.de Umschlaggestaltung: Christine Huth, Wiesbaden Gedruckt auf säurefreiem Papier ISBN 978-3-531-12960-0 ISBN 978-3-322-90761-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-90761-5 INHALT Vorbemerkung. . 9 Einleitung . . . 11 I. Die literarische Moderne 15 1. Die literarische Moderne als Makroepoche ..... . 15 1.1 Die Moderne als Dialektik von Mythos und Aufklärung 15 2. Narrative Strukturen ................ . 19 2.1. Erzählstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.2 Die Zeitebenen als strukturbestimmendes Merkmal. 32 Zwischenbetrachtung ............... . 37 11. Künstler-Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1. Faustus und Niederschrift als 'Künstlerromane' 42 2. Lehr-und Wanderjahre 45 2.1 Ausbildung . . . . 45 2.2 Reisen ........ . 48 2.3 HeimatOosigkeit) . . . . 52 2.3.1 Die agrarische Intelligenz in der provinziellen Isolation. 56 2.3.1.1 Distanz und Nähe .............. . 60 2.3.1.2 "Das Kind als Träger aller Zukunftshoffnung" 65 3. Rationalismus und mythischer Rückbezug 68 3.1 Die Negation des Logozentrismus ..... 69 3.2 Mythos und Dämonie: Die Gebundenheit der Abläufe 72 3.2.1 Horn und Leverkühn als Nicht-Helden 72 3.2.2 Melancholie und Lachen 74 3.2.3 Migräne ...... . 77 3.2.4 Der mythische Zugriff 81 3.2.5 Religion ..... . 90 4. Männer-Bündnisse 93 4.1 'Doppelwesentum' 93 4.2 Homoerotik . 95 4.3 Frauen-Bilder .... 98 Zwischenbetrachtung 102 5 III. Der musikgeschichtliche Kontext ........... . 108 A. Pythagoreismus: Die Zahl als Grundlage der Künste 110 1. Niederschrift . . . . . . . . . 110 1.1 Die Harmonik Hans Kaysers 110 1.2 Die Baukunst. . . . . . 112 1.3 Musik und Architektur 118 2. Faustus ........ . 120 B. Regression und Fortschritt: Der strenge Satz. 121 1. Renaissance: Die Musik der Niederländer 121 1.1 Niederschrift: Ordnung und Harmonie 123 1.1.1 J osquin Desprez 124 1.2 Faustus: Die Zahl . 126 1.2.1 Kanonkünste . . . 127 1.2.2 Zahlensymbolik 129 1.3 Renaissance, Musik und Protestantismus 130 2. Barock ....... . 132 2.1 Orgelmusik .... . 132 2.2 J ohann Sebastian Bach 134 2.3 Barock, Musik und Protestantismus 139 C. Subjektivität -Objektivität: Wiener Klassik 141 1. Wolfgang Amadeus Mozart . . . . . . . . . . 142 2. Ludwig van Beethoven . . . . . . . . . . . . . 143 2.1 Schönberg/Leverkühn als Nachfolger Beethovens 146 Zwischenbetrachtung .............. . 150 IV. Die neue Mythologie in der Tonkunst des 20. Jahrhunderts ......... . 160 1. E.T.A. Hoffmann: Die musikästhetische Querelle als hermeneutisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1.1 Das Kategoriensystem E.T.A. Hoffmanns im 20. Jahrhundert 165 2. Kunst und Religion ..................... . 170 6 3. Kultus ................. . 175 3.1 Musik als romantisch-religiöser Kultus . 175 3.2 Musik als heidnisch-dionysischer Kultus. 177 3.3 Die kultische Gemeinde . . . . . . 183 3.4 Horn und Leverkühn als "Künder" 189 Zwischenbetrachtung ...... . 191 V. Die Ästhetik des Kunstwerks .... 194 1. Kunst als Erkenntnis und Erlösung 194 1.1 Natur und Mythos . 196 1.1.1 Natur und Kunst ......... . 196 1.1.2 Kunst und Mythos . . . . . . . . . 198 1.2 Kunst als Transzendierung künstlerischer Subjektivität. 204 2. Konstruktion und Ausdruck. 212 2.1 Konstruktion . 213 2.2 Pakt ..... . 217 2.3 Ausdruck ... . 219 2.3.1 Natur: Mimesis. 219 2.3.2 Die Subjektivität des Künstlers 221 2.3.3 Ausdruck durch Regelverstöße 225 2.4 Konstruktion und Ausdruck: Der Rückbezug auf die Epochen schwellen um 1600 und 1750 . 227 Zwischenbetrachtung ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 VI. Musikalische Hauptwerke. . 231 1. Thema: mythische imitatio 231 2. Gattungen ........ . 233 3. Konstruktion und Ausdruck . 236 3.1 Konstruktion. . . . . . . . . 236 3.2 Ausdruck .......... . 238 3.2.1 Die Bedrohung der musikalischen Ordnung 238 3.2.2 Klage ............... . 240 3.2.3 Die Subjektivität der Komponisten . . . . . 241 7 3.3 Synthese ......................... . 242 3.3.1 Der Einfluß der musikästhetischen Kontroverse um 1600 242 3.3.2 Gesang: Sinnbild der Erlösung . . . . . . . . . . . . . . . 244 3.4 Erlösung? ........................ . 246 4. Dr. Fausti Weheklag und Das Unausweichliche als Spätwerke? 247 5. Musik als poetologische Kategorie . . . . . . . . . . . . . . 250 Schlußbetrachtung . 260 Literaturverzeichnis 262 8 Vorbemerkung Die vorliegende Studie ist die leicht überarbeitete und gekürzte Fassung meiner Dissertation, die ich im Juli 1995 an der Universität GH Essen eingereicht habe. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Prof. Dr. Jochen Vogt (Essen) und Prof. Dr. Hans-Georg Kernper (Tübingen). Weiterhin danke ich der Hans-Böckler-Stiftung für die Gewährung eines Stipen diums und hier insbesondere Werner Fiedler vorn Referat Promotionsförderung für seinen außergewöhnlich engagierten Beistand. Darüber hinaus denke ich immer noch mit Begeisterung an den Aufenthalt auf Bornholm zurück und möchte Signe Trede-Jahnn und Jan Yngve Trede dafür danken, daß wir dort so herzlich und gastfreundlich aufgenommen wurden und ich die Bibliothek von Hans Henny J ahnn einsehen durfte. Zu danken habe ich schließlich Rose Sommer (Essen) für ihre kundige Hilfe bei Gestaltung und Drucklegung der Arbeit. 9 Einleitung In der Mitte des 20. Jahrhunderts verfassen Hans Henny J ahnn und Thomas Mann im Exil als Haupt- bzw. Spätwerk die großen Romane Fluß ohne Ufer und Doktor Faustus, auf deren Parallelität in der Forschungsliteratur bis heute immer wieder verwiesen wird. 1 Die Hervorhebung von Gemeinsamkeiten bedarf einer Präzisie rung, die gemeinhin vernachlässigt wird: Die Analogien betreffen ausschließlich den zweiten Teil der Trilogie J ahnns, Die Niederschrift des Gustav A nias Horn, wie der Doktor Faustus ein Musikerroman. Im Mittelpunkt meiner vergleichenden Untersuchung steht die Musik, die in beiden Romanen zum komplexen Bedeutungsträger wird. Über die besondere Rolle, welche der Musik im Gefüge der Romane zugedacht ist, wird ein Beziehungs geflecht entfaltet, das die ideologischen, ethischen und ästhetischen Aussagen miteinander verknüpft. Musik als absolute und autonome Kunst, die diesen Status als reine Instrumentalmusik seit dem 19. Jahrhundert vertritt, wird in der ihr eigenen Abstraktion der Mittel zum Paradigma der künstlerischen Moderne. Die Auffassung von Moderne, wie sie dieser Arbeit zugrunde liegt, orientiert sich an Adornos Konstruktion von Moderne als Dialektik der Aufklärung. Zu der aufklärerischen, technisch-zivilisatorischen Moderne steht wiederum die künstle rische Moderne in einem eigentümlichen Verhältnis, das von völliger Kongruenz bis zu heftigster Ablehnung reicht. Dieses Moderne-Konzept bestimmt die (künstlerische) Existenz der beiden Kom ponisten. Die Lesart der Romane als Musikerbiographien bedeutet nicht deren Reduzierung auf die Tradition der Künstlerromane, vielmehr bringt der künstleri sche Lebensbereich die Strukturen des Modernismus in besonderer Weise zum Ausdruck. Das Bewußtsein einer fundamentalen Entfremdung, die der Fortschritt der instrumentellen Vernunft und damit einhergehend die Scheidung von Natur und Zivilisation eröffnet, erfährt eine besondere Ausprägung in der Figur des Birgit Schillinger kommentiert diese Verweise in ihrer Dissertation, die ihrerseits den Vergleich der beiden Romane unter dem Aspekt von Chaosstrukturen zum Inhalt hat. (Vgl. Schillinger, Das kreative Chaos, S. Hf.) Die jeweilige Entstehungsgeschichte der Romane und das Verhältnis der beiden Autoren zueinander ist dort ausführlich dargestellt, so daß ich zu diesem Untersuchungsgegenstand auf die Studie von Schillinger verweisen mächte. (Vgl. ebd., S. 15ff. und S. 46ff.) Wichtig erscheint mir der Hinweis, daß die beiden Autoren, obwohl deren Romane nahezu zeitgleich entstanden, keine Kenntnis vom jeweils anderen Romanprojekt hatten und auch nicht haben konnten. Als Thomas Mann 1943 mit der Niederschrift des Doktor Faustus begann, war die l'jiederschrift des Gustav Anias Horn weitgehend abgeschlossen (1942). Nach mehrmaligem Uberarbeiten erschien der Roman in zwei Teilen erst 1949 und 1951, während Doktor Faustus direkt nach der Fertigstellung im Jahre 1947 veröffentlicht wurde. J ahnn bat 1949 den S. Fischer-Verlag um die Zusendung eines Exemplars des Doktor Faustus (V gl. H.H. J ahnn, Schriften II, Kommentar, S. 1393.), während eine Rezeption der Niederschrift des Gustav Anias Horn durch Thomas Mann nicht nachweisbar ist. 11 Künstlers, der in der modernen Gesellschaft zwangsläufig in ein Außenseiterturn verwiesen wird. Die Auseinandersetzung von Logozentrismus und mythischem Rückbezug, der teilweise die Form eines gegenaufklärerisch motivierten Angriffs auf die europäische Moderne annimmt, bestimmt beide Romane in ihren wesent lichen Bezügen. Die fiktiven Komponisten stellen sich der säkularisierten und rational geordneten Welt entgegen und spiegeln deren Konflikte doch gleichzeitig bis in ihre Musikauffassungen hinein wider. Um die Musikauffassungen als Produkt und Ausdruck der Geistesgeschichte auszuweisen, wird dieser Untersuchung der oben explizierte problemgeschichtli che Ansatz zugrundegelegt: das dialektische Verhältnis von Mythos und Aufklä rung. Diesem grundsätzlichen Ansatz entsprechend läßt sich über ein Kategorien system von Gegensatzpaaren, wie Objekt(ivität) - Subjekt(ivität), Geistigkeit - Sinnlichkeit, Fortschritt -Regression, ein Beziehungsgeflecht entfalten, mit dessen Hilfe sich die erstaunlichen Kongruenzen in den musikästhetischen und -philoso phischen und auch weltanschaulichen Betrachtungen offenlegen lassen. Die Musik verkörpert hierbei die Auflösung der Widersprüche und soll zur Erlöserin der dissoziierten rationalen Moderne werden. Die Applikation dieses kategorialen Denkmusters in seinem jeweiligen historischen Kontext auf die Romane geschieht unabhängig von einer etwaigen Kenntnis der Autoren dieser musikästhetisch-phi losophischen Positionen. Horns und Leverkühns Nachdenken über Musik, das geprägt ist von gedanklichen Konstellationen aus dem europäisch-abendländischen Musikdiskurs und zu diesen in vielfältigem Bezug steht, soll aus seinem fiktiven Rahmen herausgelöst und als poetisch-gedanklicher Beitrag zu einer Philosophie der Musik verstanden werden. Es wird also davon ausgegangen, "daß es sich bei den auf Musik bezogenen Abschnitten (. .. ) um mehr handelt als um bloß immanente Bestandteile einer literarischen Inszenierung"2. Doktor Faustus und die Niederschrift des Gustav Anias Horn reihen sich damit in den Überlieferungsstrang poetischer Texte über Musik ein, deren ästhetische Reflexionen durchaus Wirkungen auf das Selbstverständnis der Musik ausübten.3 Ob diesen Betrachtungen eine systemati sche Kenntnis von musikästhetischen bzw. -philosophischen Positionen bei den Autoren zugrunde liegt, bleibt von nachgeordneter Bedeutung. Da sich die Posi tionen, die in einem literarischen Rahmen formuliert werden, als Bestandteil eines ästhetischen Diskurses erweisen, müssen sie sich als solche diskutieren lassen. Sponheuer hebt in diesem Zusammenhang hervor, "daß gerade die unreglementier te Rezeption von Kunst, etwa durch die literarische Phantasie, neue Hör- und Sichtweisen freisetzen, eine differenziertere Wahrnehmung des scheinbar Bekann- 2 Sponheuer, "Sie ist vieldeutig und autonom". Zum Bilde der Musik in Hans Henny]ahnns Roman "Fluß ohne Ufer", S. 3. Diesen Ansatz verfolgte auch der Musikwissenschaftier Bernd Sponheuer in seinem Redebeitrag zum Hans-Henny-]ahnn-Kongreß im Dezember 1994, dessen Manuskript er mir freundlicherweise zur Verfügung stellte. 3 Vgl. Sponheuer, "Sie ist vieldeutig und autonom", S. 2f. 12

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