Lena Nieper, Julian Schmitz (Hg.) Musik als Medium der Erinnerung Musik und Klangkultur Lena Nieper, Julian Schmitz (Hg.) Musik als Medium der Erinnerung Gedächtnis – Geschichte – Gegenwart Förderhinweis: Bundesministerium für Bildung und Forschung BBiibblliiooggrraaffiisscchhee IInnffoorrmmaattiioonn ddeerr DDeeuuttsscchheenn NNaattiioonnaallbbiibblliiootthheekk Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut- schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ©© 22001166 ttrraannssccrriipptt VVeerrllaagg,, BBiieelleeffeelldd Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages ur- heberrechtswidrigundstrafbar.DasgiltauchfürVervielfältigungen,Überset- zungen,MikroverfilmungenundfürdieVerarbeitungmitelektronischenSys- temen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: »Worlds First Hyperboloid structure«, Sergei Arssenev, 2009 (Wikimedia Commons) Printed in Germany Print-ISBN 978-3-8376-3279-8 PDF-ISBN 978-3-8394-3279-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected] Inhalt Vorwort Astrid Erll | 9 Intro: Musik und kulturelle Erinnerung Lena Nieper und Julian Schmitz | 11 ZUR METHODE UND MEDIENSPEZIFIK VON MUSIK ALS MEDIUM DES KULTURELLEN ERINNERNS Musikwissenschaft und Erinnerungsforschung. Einige Vorüberlegungen Melanie Unseld | 29 Erinnerung und Zeitlichkeit Kai Preuß | 39 Erfahrung, Erinnerung und Reproduktion nach Walter Benjamin Johannes Fechner | 51 Musik über Musik. Erinnerung und musikalisches Gedächtnis Helga de la Motte-Haber | 63 MUSIK ALS GEDÄCHTNIS Das kulturelle Gedächtnis des Sacre du printemps: Über Archaik und Moderne Jan Assmann | 81 Das Requiem – ein Erinnerungsort. Das War Requiem von Benjamin Britten und Polskie Requiem von Krzysztof Penderecki als musikalische Erinnerungsdenkmäler des 20. Jahrhunderts Petya Tsvetanova | 103 Mit und an Intertextualität erinnern. Erik Saties musikalische Verweise in den Klavierkompositionen 1913 Tom Wappler | 113 DYNAMIKEN DES MUSIK-KULTURELLEN GEDÄCHTNISSES Erinnerung und Gedächtnis in der Diktatur. Dekanonisierung Felix Mendelssohn Bartholdys unter dem Hakenkreuz? Elisabeth Reda | 137 Ideologische Bach-Rezeption im 18. und 19. Jahrhundert Leonie Storz | 157 Vergessen oder Erinnern? Das Beispiel der ›Internationalen Komponistinnenbibliothek Unna‹ als Drehpunkt des kulturellen Gedächtnisses Friederike Bunten | 169 Materialitäten, Orte und Erinnerungen. Am Beispiel der Sängerin Celeste Cortellini Carola Bebermeier | 177 INTERDISZIPLINÄRE PERSPEKTIVEN KULTURELLER ERINNERUNG Kompetitiv-Multidirektionale Erinnerung im Medium der Rap-Musik Jarula M.I. Wegner | 191 »Playing music saved us from going nuts«: Childhood Trauma and the Sound Works of Beiruti Artists of the Civil War Generation Thomas Burkhalter | 205 Music, Affect and Memory Politics in Post-Yugoslav Space Ana Hofman | 235 Zu den Autoren | 259 Vorwort ASTRID ERLL Wer hin und wieder alte CDs hervorholt und sich anhört, weiß um die Macht von Musik als Auslösereiz für individuelle Lebenserinnerungen. Wahrscheinlich sind mit persönlichen Erinnerungen besetzte Musikstücke für viele Menschen so machtvoll wie Marcel Prousts Madeleine, jenes berühmte Gebäckstück aus A la recherche du temps perdu, das, in Tee getaucht, Erinnerungen plötzlich und »unwillkürlich« heraufziehen lässt.1 Wer (wie ich) in den 1980er Jahren musikalisch sozialisiert wurde, muss allerdings feststellen, dass die so eng mit der eigenen Autobiographie ver- bundenen »Mix-Musikkassetten«, die häufig den Soundtrack für Jugendzeit und Erwachsenwerden lieferten, unwiederbringlich verloren sind. Selbst wenn das passende Abspielgerät noch vorhanden ist, erweist sich, dass die Lebensdauer jener Magnetbänder offenbar begrenzt war. Kompensiert wird dieser Verlust derweil durch YouTube, wo alte Konzertmitschnitte auftau- chen, deren Existenz man nicht für möglich gehalten hätte. All dies weist schon darauf hin, dass die »Musikerinnerung« – mehr noch als die Erinnerungen an andere sinnliche Erfahrungen, wie an Gerü- che und Geschmäcker – eng gebunden ist an technische Medien und ab- hängig von deren Haltbarkeit. Sie ist dem Wandel der Medientechnologien unterworfen und nicht zuletzt charakterisiert durch die dynamischen und kreativen Prozesse der ›Remediation‹. Für die Generation meiner Eltern und Großeltern folgt Musikerinnerung jedoch häufig einer anderen Logik: Es ist viel mehr die Erinnerung an den eigenen Gesang (man denke an die Wandervogelbewegung und Männerbünde), die prozedurale Erinnerung an 1 Proust, Marcel: À la recherche du temps perdu, Paris: Gallimard 1913–1927.