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Moore sind .. PDF

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© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Moore sind... G. M. STEINER ...gar nicht so leicht zu definieren non-peatland •* peatland Es ist viel schwieriger als man denken möchte, zu definieren, was man eigentlich unter Mooren versteht. Alleine schon die Welt unten aufgeführte Liste von Definitionen aus dem mitteleuropäischen Raum macht deutlich, dass einerseits der Zeitgeist, ande- Feuchtgebiete/ rerseits aber auch die wissenschaftliche Dis- wetlands ziplin des Betrachters, ob Geologe oder Bio- suo/ loge, wesentlich zum Verständnis dieser boloto Feuchtlebensräume beiträgt. Geht man über die engeren geographischen Grenzen hin- mire/ aus, wird die Sache noch verwirrender: Ein Moor finnischer suo oder ein russischer bolota be- deuten zwar auch Moor im Sinne der deut- schen Sprache, gehen jedoch noch weit über unseren Begriffsinhalt hinaus. Auch die englischen Begriffe helfen hier nicht viel weiter, wird doch im amerikanischen Eng- lisch der nur der Begriff peatland verwendet, während im UK Englisch das Wort mire zu- Zeitperiode und Standpunkt des/der Defi- Abb. 1: Die Beziehungen zwischen mindest in Fachkreisen im Sinne des deut- nierenden verändert (hat): mire/Moor, suo/bolota, schen Moor gebraucht wird - peatland be- wetland/Feuchtgebiet und peatland. deutet im UK eine Torflagerstätte ohne da- DAU (1829): Moore nennt man eine je- (aus JOOSTEN & CLARKE 2002) zugehörige Vegetation (vergl. Abb. 1). de Stelle, wo sich Torfmasse in ihrem natür- lichen Zustand befindet. Die Artikel aus den verschiedenen Re- gionen der Erde sollen auch verdeutlichen, WOLLNY (1897): Moor ist die Örtlich- wie verschieden der Moorbegriff in den ein- keit, an welcher durch Fäulnis von abgestor- zelnen Regionen aufgefasst wird. Ein we- benen Pflanzenteilen unter Wasser mehr sentlicher Grund dafür ist, dass es keine wis- oder weniger mächtige Lagen von Torf ent- senschaftliche Begriffsdefinition für Moore stehen. gibt. Wir alle verwenden für die Moore nur umgangssprachliche Wörter und sind damit WEBER (1902): Moore sind (in der Regel auch an die Bedeutung dieser Wörter in der quartäre, meistens alluviale) Bildungen der Umgangssprache gebunden. Leider scheiter- Erdoberfläche, die unter Mitwirkung von te bisher jeder Versuch, wissenschaftliche Pflanzen entstanden sind und die stets oben Begriffe für bestimmte Feuchtgebietstypen eine Masseanhäufung von kohlenstoffrei- einzuführen, zu sehr sind wir in unserer chen (sauren) Zersetzungsprodukten der fast Sprache verfangen. reinen Pflanzensubstanz (zumal der Zellulose) Einige Moordefinitionen, die zeigen sol- aufweisen. - Kursiv die Erweiterungen von Stapfia 85, zugleich Kataloge der OÖ. Landesmuseen len, wie sehr sich der Begriffsinhalt je nach FRÜH & SCHRÖTER (1904). Neue Serie 35 (2005), 1-4 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at BERSCH (1909): Moore sind Lagerstät- Nährstoffzustand, charakteristische Moor- ten, auf denen sich aschenärmere Humusge- pflanzengesellschaften wachsen. steine an der Erdoberfläche in größerer Aus- DIN 4047: Moor ist ein Gelände mit ei- dehnung vorfinden. Ein Moor ist des nähe- ner oberflächennahen, mindestens 20 cm ren ein Gelände, das von Natur aus mit ei- mächtigen, entwässerten Torfschicht in ur- ner im entwässerten Zustande mindestens sprünglicher Lagerung oder mit einer min- 20 cm dicken Humusschichte, die keine destens 30 - 50 cm mächtigen unentwässer- sichtbaren oder fühlbaren mineralischen ten Torfschicht. Gemengteile in auffälliger Menge enthält, bedeckt ist. ROMANOW (1968): Moore sind Gebiete mit stagnierender oder langsam bewegter SCHREIBER (1913): Moor ist ein Gelände Feuchtigkeit in den oberen Bodenhorizon- mit mindestens ? m mächtigem Torf und ei- ten, von einer spezifischen Vegetation be- ner Größe von mindestens ? ha. Torf ist eine wachsen, die eine Dominanz an Arten zeigt, Bodenart, die vorzugsweise aus zusammen- die an nasse, sauerstoffarme Verhältnisse im hängenden, mehr oder weniger zersetzten, Boden adaptiert sind. in getrocknetem Zustande brennbaren Pflanzenresten besteht und sich seit der OVERBECK (1975): Moore sind Torfla- Quartärzeit in feuchten Lagen bildet. gerstätten mit der den Torf bildenden Pflan- zendecke. VON BÜLOW (1929): Moore sind natür- lich Lagerstätten von Torf. MOORE &. BELLAMY (1976): Moore sind unbalancierte Systeme in denen die Menge VI. Kommission der internationalen bo- der von lebenden Organismen produzierten denkundlichen Gesellschaft (1937): Moor organischen Substanz die Abbaurate (in ist ein Gelände mit einer Torfschichte von Form von Verarmung und Zersetzung) über- mindestens 20 - 30 cm in entwässertem, ab- wiegt. Das Ergebnis ist ein Teil von dieser gelagertem Zustand, ausschließlich einer et- Produktion als organisches Sediment, das wir waigen Rohhumus- oder Streuauflage. Torf nennen. Wenn die Torfdecke dicker SCHEFFER & SCHACHTSCHABEL (1960): wird, werden die Pflanzen der Oberfläche Als Moore bezeichnet man Torflagerstätten, vom Boden getrennt, wodurch es zu einer die in entwässertem Zustand mindestens 30 Veränderung der Umweltverhältnisse cm mächtig sind. Geringer mächtige Torf- kommt, die einhergeht mit einer Verände- bildungen und solche, bei denen der Gehalt rung der Hydrologie, der Chemie und der flo- an organischer Substanz 30 % unterschrei- ristischen Zusammensetzung der Oberfläche. tet, werden als „Anmoor" zu den Mineralbö- Torfproduzierende Ökosysteme, nämlich den gerechnet. Moore, sind daher dynamische ökologische Einheiten, die sich ständig verändern, die FRANZ (I960): Mit dem Begriff Moor wachsen, sich ausbreiten und die erodieren. werden zunächst Landschaftseinheiten be- zeichnet, in denen es unter einschneidender SUCCOW (1988): Moore sind Ökosyste- Einwirkung des Faktors Wasser zur Anhäu- me, bei denen eine biogene Substratbildung fung organischer Sedimente bzw. Sediment- unter hygrischen Bedingungen stattfindet. folgen kommt. Der Geologe bezeichnet diese Das bedeutet, dass auch solche Ökosysteme Sedimente/Sedimentfolgen selbst als Moor zu den Mooren zu zählen sind, bei denen und zwar nur dann, wenn die Mächtigkeit der überwiegend anorganische Substrate (z. B. organischen Sedimente über dem minerali- Quellkalke) vorliegen, wichtig ist lediglich schen Untergrund im feuchten Zustand 30 deren biogene Entstehung. cm, im trockenen 20 cm, überschreitet. STHNER (1992): Moore sind Biozöno- BADEN (1968): Moor ist ein Gelände, sen, die zur Bildung biogener Substrate - vor das mit einer, im abgelagerten Zustand, min- allem Torf, aber auch Mudde, Quellkalk, destens 2 dm dicken Schicht aus Torfen Seekreide etc. - unter hygrisch bis semiter- (Humus) bedeckt, im unentwässerten Zu- restrischen Bedingungen befähigt sind, ge- stand sehr wasserreich ist und auf dem, vor meinsam mit diesem Substrat, egal welcher allem je nach seinem Kalk-, Säure- und Mächtigkeit. © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Wasenmoos am Pass Thurn Abb. 2: Grundwasser- Pegelstand vomOl.07.2002 - 31.07.2002 ganglinie im Wasenmoos am Pass Thurn im Juli 2002. -10 -15 -20 N7 -25 -30 -35 r-i CM rs <N oo foNoipg § § § § oo oo fN rM CM <N r M mm Datum ...noch gar nicht so lang als ...wichtig für den schutzwürdig erkannt Landschaftswasserhaushalt und das Klima Unschwer lässt sich aus dieser Liste her- auslesen, dass der Naturschutzwert der Moo- Betrachtet man die Grundwassergangli- re erst am Beginn der 1970er Jahre eine Rol- nien in den verschiedenen Artikeln zur le zu spielen begann, obwohl es durchaus be- Moorregeneration, fällt auf, dass die Kurven reits in den 20er Jahren des vorigen Jahr- bei Regenfällen steil ansteigen, dann aber hunderts einzelne Wissenschaftler gegeben längere Zeit benötigen, um wieder das ur- hat, die davor warnten, dass bei ungebrem- sprüngliche Niveau zu erreichen (siehe auch ster Ausbeute der Moore im Anschluss an Abb. 2). Dieses Verhalten des Grundwasser- den Krieg keiner dieser Lebensräume über- spiegels zeigt deutlich, dass Moore schnell dauern würde, und dass die damals in der Wasser aufnehmen, es aber nur langsam ab- gesamten k.k. Monarchie existierenden zwei geben und damit den Abfluss des Nieder- geschützten Moorgebiete viel zu wenig seien schlags deutlich verzögern. Zerstört man die (GlNZBERGER 1916). Trotzdem, bis in die Moore, und in manchen Gegenden Öster- 1970er Jahre wurden Moorerhebungen nur reichs haben wir das gründlich getan, fließt im Hinblick auf deren Verwertung durchge- das Niederschlagswasser ohne Verzögerung führt. ab, und es kommt viel eher zu Überschwem- Heute hat sich diese Situation grundle- mungen. gend verändert: Zwar werden nach wie vor Diese Funktion der Moore auf regionaler Moore und Feuchtwiesen „melioriert", um Ebene wird aber weit übertroffen von ihrer Anbaufläche zu gewinnen oder die maschi- Bedeutung für das Klima dieser Erde. Das nelle Bearbeitung zu erleichtern, Moor- soll mit einigen Zahlen belegt werden (nach schutz ist auf der anderen Seite aber auch JOOSTEN & CLARKE 2002): ein integraler Bestandteil der EU- (und da- Tab. 1: Gesamtfläche der Moore mit auch unserer) Naturschutzpolitik gewor- Ungefähr 50 % aller Feuchtgebiete sind den: In der Liste der prioritären Lebensräu- Moore und sie bedecken etwa 3 % der Lan- Europa 186.000 km2 me der FFH-Richtlinie stehen Moore ganz des- und Süßwasserfläche der Erde; 10 % der Asien 1,119.000 km2 weit oben. weltweiten Süßwasserresourcen sind in den Afrika 58.000 km2 Nordamerika 1,735.000 km2 Mooren gespeichert. Mittel- & Südamerika 102.000 km2 Moore sind die wichtigsten Kohlenstoff- Australasien 24.000 km2 speicher: Erde 3,224.000 km2 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Tab. 2: Ramsargebiete in Österreich. In den mit *) gekennzeichneten Gebieten spielen mittlerweile von insgesamt 19 Ramsargebie- Moore die Hauptrolle. ten 13 Gebiete ausgewiesen, bei denen Name des Ramsargebietes Größe seit Moore die Hauptrolle spielen (siehe Tab. 2). Neusiedlersee, Seewinkel & Hansäg 60.000 ha 16.12.1982 Donau-March-Auen 38.500 ha 16.12.1982 Literatur Untere Lobau 1.039 ha 16.12.1982 Stauseen am Unteren Inn 870 ha 16.12.1982 BADEN W. (1968): Stellung von Moor und Anmoor in einer Systematik der Böden Deutschlands Rheindelta Bodensee *) 1.970 ha 16.12.1982 und ihre zeitgemäße Nutzung. — Mitt. der Pürgschachen Moor *) 62 ha 09.09.1991 DBG Bd. 8. Sablatnigmoor *) 96 ha 09.05.1992 BERSCH W. (1909): Handbuch der Moorkultur. — W. Rotmoos im Fuschertal *) 58 ha 24.02.1995 Frick, Wien, Leipzig: SEITEN. Hörfeld-Moor *) 130 ha 30.1019.96 BOiow K.v. (1929): Allgemeine Moorgeologie. — Waldviertier Teich-, Moor- und Flusslandschaft *) 13.000 ha 22.12.1999 Handbuch der Moorkunde I, Berlin: 1-308. Lafnitztal 2.180 ha 01.03.2002 DAU J.H. (1829): Über die Torfmoore Seelands. — Moore am Pass Thurn *) 190 ha 02.02.2004 Kopenhagen u. Leipzig: 1-316. Moore des Sauerfelder Waldes *) 119 ha 02.02.2.04 FRANZ H. (1960): Feldbodenkunde. — Verlag Georg Moore am Schwarzenberg *) 267 ha 02.02.2004 Fromme & Co, Stadt. Moore am Überling *) 265 ha 02.02.2004 Nationalpark Kalkalpen 18.532 ha 02.02.2004 GINZBERGER A. (1916): Die Moore Österreichs, ihre Verbreitung und Ausdehnung, die Eigentüm- Moore am Nassköhr *) 211 ha 15.10.2004 lichkeiten ihrer Pflanzenwelt, ihre Ausnut- Bayerische Wildalm und Wildalmfilz *) 133 ha 15.12.2004 zung und Erhaltung. — In: CONWENTZ H. (Ed.), Moor- und Seenlandschaft Keutschach-Schiefling *) 543 ha 15.12.2004 Beitr. z. Naturdenkmalpflege: 293-307. JOOSTEN H. & D. CLARKE (2002): Wise use of mires 270 - 370 .1091 Kohlenstoff sind alleine and peatlands. — International Peat Society, Saarijärvi, Finland: 1-303. in den 2,600.000 km2 Mooren der borealen MOORE P.D. & DJ. BELLAMY (1976): Peatlands. — 2. Taiga und subarktischen Tundra gespei- Aufl., 1976, Elk Science, London: 1-221. chert. OVERBECK F. (1975): Botanisch-geologische Moor- Das bedeutet, dass in den Mooren etwa kunde. — Neumünster: 1-719. V3 des weltweit in Böden gespeicherten ROMANOW V.V. (1968): Hydrophysics of Bogs. — Kohlenstoffs vorhanden ist (1.395.1091). VERLAG, Jerusalem: 1-299. SCHEFFER F. & P. SCHACHTSCHABEL (1960): Lehrbuch der Die Kohlenstoffmenge in den Mooren Bodenkunde. — VERLAG, Stuttgart: 1-448. entspricht 2/3 des Kohlenstoffs, der in der SCHREIBER H. (1913): Die Moore Salzburgs, in natur- Atmosphäre zu finden ist und wissenschaftlicher, geschichtlicher, landwirt- schaftlicher und technischer Beziehung. — der gleichen Menge wie in der gesamten Verlag des Deutsch-österreichischen Moorver- Biomasse der Erde. eins in Staab, Böhmen: 1-271. Die geschätzte Kohlenstoffspeicherung STEINER G.M. (1992): Österreichischer Moorschutz- katalog. — Grüne Reihe des Bundesministeri- in den Mooren beträgt pro Jahr 40 - ums für Umwelt, Jugend und Familie. Band 1, 70,000.000 t. styria medienservice, Wien: 1-509. Betrachtet man diese Zahlen und ver- Succow M. (1988): Landschaftsökologische Moor- kunde. — Fischer, Jena: 1-340. gegenwärtigt man sich ihre Dimensionen, wird einem bewusst, wie wichtig diese von uns oft nur als Sonderstandorte eingeschätz- ten Feuchtlebensräume für den Wasser- und Kohlenstoffhaushalt und damit für das Address of the Author: Weltklima sind. Nicht zuletzt deshalb hat die Ramsar Konvention bei ihrer Vertrags- Gen Michael STHNER staatenkonferenz 1996 in Brisbane/Austra- Dept. of Conservation Biology, Vegetation lien die Mitglieder dazu aufgefordert, künf- and Landscape Ecology tighin vermehrt den Schutz und die nach- Faculty of Life Sciences of the University haltige Nutzung der Moore zu betreiben. of Vienna Osterreich ist dieser Aufforderung in vor- Althanstr. 14, A-1090 Vienna, Austria bildlicher Weise nachgekommen und hat E-Maib [email protected]

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