Montags-Story 93-Torpedoboot S2 Verlust des finnischen Torpedobootes S2, im Jahr 1925 S2 (ex-Prozorlivy ex-Gagara der russischen Marine) war den Russen nach dem finnischen Bürgerkrieg 1918 zusammen mit ihren fünf Schwesterschiffen abgenommen worden und fuhr nun als Torpedoboot in der finnischen Marine. Es sank in einem orkan-artigen Sturm am 04. Oktober 1925 wobei die gesamte Besatzung von 53 Menschen zu Tode kam. Eine der Traditionen der finnischen Marine Nacht erreichte die Windgeschwindigkeit war ein jährlicher Marinebesuch in den Orkan-Stärke von 12 Beaufort. Die Torpe- finnischen Küstenstädten entlang des doboote hatten große Probleme, weil ihre Propeller immer wieder zu nahe an die Oberfläche gehoben wurden. Dies reduziert die Effizienz und belastet den Antrieb. Hinzu kam, dass auf „S2“ die Schwanzwellen- Lager abgenutzt waren, was eine Menge Vibrationen im Schiff verursachte und zum Eindringen von Wasser in den Rumpf führte. Beide Torpedoboote wurden also auf hoher See leck. Die Bunker- Bottnischen Meerbusens. Die Reise diente kohle ging auch langsam zur Neige, da der gleichzeitig als Ausbildungsfahrt für Kohleverbrauch aufgrund der hohen See Wehrpflichtige. 1925 begaben sich die größer als üblich war. Der Flottillenführer Kanonenboote „Klas Horn“ und „Hämeen- „Klas Horn“ sendete im Namen der maa“ sowie die Torpedoboote „S1“ und „S2“ Torpedoboote einen Notruf aus. Das auf eine solche Reise. Der Plan war, alle Rettungsschiff „Protector“, das sich in Küstenstädte bis hoch nach Tornio zu be- Vaasa befand, erhielt den Notruf über das suchen. Die Gruppe begann die Reise von finnische Hauptquartier in Helsinki, und Uusikaupunki nach Vaasa am 3. Oktober auch das schwedische Rettungsschiff 1925. Sie fuhren in Kiellinie mit einer „Helios“ empfing die Notmeldung. Beide Kabellänge Abstand (185 m) und einer Ge- sagten zu, dass sie zur Rettung kommen schwindigkeit von 12 Knoten. „S2“ fuhr am würden. Schluß der Formation. Anfangs verlief Die Schiffe der Formation erhielten den alles wie geplant, aber im Verlauf der Befehl, alleine zum nächstgelegenen ver- Reise nahm der Wind zu und entwickelte fügbaren Hafen zu fahren. Das Kano- sich später zu einem heftigen Sturm. Die nenboot „Klas Horn“ fuhr zur schwe- Besatzungen mussten den Abstand dischen Küste, die „Hämeenmaa“ fuhr nach zwischen den Schiffen vergrößern und Vaasa und das Torpedoboot „S1“ schaffte mussten auch die Geschwindigkeit ver- es gerade noch nach Mäntyluoto außer- ringern. Der Sturm zerstreute schließlich halb von Pori. die Formation, als sie auf der Höhe von Pori stand. „Klas Horn“, das Führungss- „S2“ versuchte auch nach Pori zu fahren, schiff des Verbandes, drehte gegen den aber die Antriebs-Maschinen und Lenz- West-Wind und fuhr in Richtung der pumpen konnten nicht normal arbeiten. schwedischen Küste, gefolgt von der Die Leckage verschlechterte sich. Zwar „Hämeenmaa“. Die kleineren Torpedoboote war Land in Sicht, und der Funker von „S2“ versuchten, den größeren Schiffen zu hatte fast bis zum Moment der Kata- folgen, blieben jedoch aufgrund der hohen strophe Kontakt mit der Küstenfunkstation Wellen immer mehr zurück. Mitten in der in Vaasa. Die letzte Nachricht vom Schiff Förderverein Schiffahrtsgeschichte 1 [email protected] Cuxhaven e.V. Januar 2021 Montags-Story 93-Torpedoboot S2 traf um 13.23 Uhr ein, kaum zwei Minuten aktualisierten Wetterdaten erhalten hatte, bevor sie sank. Die Antwort des Funkers obwohl solche verfügbar waren. Die Er- der „S2“ auf den Anruf von Vaasa war kurz: mittler kritisierten insbesondere die "Ich kann jetzt nicht arbeiten". Führung durch den Befehlshaber der For- mation, Yrjö Roos. Roos hatte den Ruf, Die Lotsenstation in Reposaari beob- sehr stur zu sein. Wahrscheinlich ver- achtete den Kampf des Schiffes in den suchte er, alle Schiffe nach Vaasa zu Gewässern zwischen Outoori und dem bringen, wo sie am nächsten Tag erwartet Säppi-Leuchtturm. Die hohen Wellen wurden. Der Befehl, die Formation auf- ließen das Schiff heftig schlingern, bis ein zulösen, wurde erst sehr spät erteilt, und Riesen-Brecher über das Schiff rollte. Für als er erteilt wurde, war er unklar. Alle die Lotsenstation war das Schiff um 13.25 Kommandanten interpretierten ihn unter- aus dem Blickfeld verschwunden. Die 53- schiedlich. Die Öffentlichkeit machte Roos köpfige Besatzung des Torpedoboots kam zum Sündenbock für den Verlust von „S2“. bei der Katastrophe zu Tode. Der Verlust von „S2“ war ein großer Ein Jahr später befand sich Commander Schock für die finnische Nation und die Roos mit einem Schiff der Marine auf einer noch junge Marine. Es folgte eine intensive Routinereise nach Örö. Bei der Ankunft Debatte über die Gründe. Das Unter- wurde Roos tot in seiner Kabine gefunden. suchungsgremium stellte fest, dass an der Die Untersuchung ergab, dass er an einer Stelle des Untergangs der Meeresboden Kohlenmonoxidvergiftung durch ein plötzlich stark ansteigt, wodurch beson- fehlerhaftes Auspuffrohr gestorben war. ders starke Brecher entstehen, insbe- Natürlich gab es wilde Spekulationen über sondere wenn der Wind von Westen oder diesen „Unfall“. Nordwesten kommt. Dies wurde später als Die Bergung des Wracks Hauptursache für die Katastrophe ange- sehen. Außerdem waren die See-Eigen- Im Juni 1926 wurde das Wrack lokalisiert, schaften dieser alten russischen Schiffe und das finnische Verteidigungsminis- noch nicht vollständig bekannt. Es gab zum terium begann sofort mit der Bergung. Das Beispiel keine Stabilitätstabellen oder Schiff lag kieloben in nur 15 m Wassertiefe, Ballastberechnungen für den Typ. Die weshalb man keine größeren Schwierig- Untersuchung ergab auch, dass die keine Förderverein Schiffahrtsgeschichte 2 [email protected] Cuxhaven e.V. Januar 2021 Montags-Story 93-Torpedoboot S2 keiten erwartete. Zunächst versuchten die suchung durchgeführt wurde. Nach der Berger das Schiff durch Untersuchung wurde das Torpedoboot verschrottet. Die Folgen der Katastrophe Der Verlust von „S2“ sorgte seiner Zeit für große Schlagzeilen und verärgerte sowohl die finnische Bevölkerung, als auch das Personal der finnischen Marine. Der Unfall und die folgende Debatte führten 1926 zur Gründung der Finnish Navy Association (die Organisation heißt heute Finnish Ma- ritime Society). Diese Organisation pro- pagierte die Flottenerneuerung und hatte großen Einfluss auf die Entscheidung über das neue Flottengesetz, das 1927 verab- schiedet wurde. Dieses Gesetz führte zum Bau der Küstenpanzerschiffe „Väinämöi- nen“ und „Ilmarinen“, der U-Boot-Flotte und von neuen Torpedobooten in den 1930er Jahren. Einblasen von Pressluft in den Rumpf vom Grund zu lösen. Das Vorschiff kam dabei bis zur Oberfläche, aber das Heck steckte im Schlick des Mee- resgrundes fest. Mit kräftigen Wasserstrahlen versuchte man das Heck frei zu spülen. Das brachte aber keinen Erfolg. Dem Verteidigungs- ministerium ging bald das Geld aus, so dass die Aufgabe an ein privates Unternehmen vergeben wurde. Auch diese blies Luft in den Rumpf, zog Das neue Küstenpanzerschiff „Ilmarinen“ (1934) aber außerdem noch schwere Stahlseile Die 23 Leichen, die im Schiff gefunden unter dem Rumpf durch, um ihn anzu- worden waren, wurden 1926 auf Repo- heben. Nach zehn Tagen, am 5. August saari-Friedhof in einem gemeinsamen 1926, tauchte das Schiff auf und schwamm Grab beigesetzt. Ein Jahr später wurde ein mit Hilfe von Pontons. Das Schiff wurde Denkmal über dem Grab aufgestellt, das zum Hafen von Reposaari in Pori trans- von dem Bildhauer Wäinö Aaltonen ge- portiert, wo es aufgerichtet, ausgepumpt schaffen wurde. Der Tag der Katastrophe und untersucht wurde. Man fand die wird jedes Jahr von der finnischen Marine Leichen von 23 Besatzungsmitgliedern im begangen. Rumpf. „S2“ wurde dann nach Helsinki transportiert, wo eine gründlichere Unter- Förderverein Schiffahrtsgeschichte 3 [email protected] Cuxhaven e.V. Januar 2021