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Mobilitätsverhalten verstehen und verändern: Psychologische Beiträge zur interdisziplinären Mobilitätsforschung PDF

102 Pages·2015·1.589 MB·German
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Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung Herausgegeben von Matthias Gather, Erfurt Andreas Kagermeier, Trier Sven Kesselring, Aalborg Martin Lanzendorf, Frankfurt am Main Barbara Lenz, Berlin Mathias Wilde, Frankfurt am Main Mobilität ist ein Basisprinzip moderner Gesellschaft en; daher ist die Gestaltung von Mobilität im Spannungsfeld von ökonomischen, sozialen und ökologischen Interessen eine zentrale Herausforderung für ihre Institutionen und Mitglieder. Die Schrift enreihe Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung versteht sich als gemeinsame Publikationsplattform für neues Wissen aus der Verkehrs- und Mobilitätsforschung. Sie fördert ausdrücklich interdisziplinäres Arbeiten der Sozial-, Politik-, Wirtschaft s-, Raum-, Umwelt- und Ingenieurswissenschaft en. Das Spektrum der Reihe umfasst Analysen von Mobilitäts- und Verkehrshandeln; Bei- träge zur theoretischen und methodischen Weiterentwicklung; zu Nachhaltigkeit und Folgenabschätzungen von Verkehr; Mobilitäts- und Verkehrspolitik, Mobili- tätsmanagement und Interventionsstrategien; Güterverkehr und Logistik. Herausgegeben von Prof. Dr. Matthias Gather Prof. Dr. Martin Lanzendorf Verkehrspolitik und Raumplanung Institut für Humangeographie Fachhochschule Erfurt Goethe Universität Frankfurt am Main Prof. Dr. Andreas Kagermeier Prof. Dr. Barbara Lenz Freizeit- und Tourismusgeographie Institut für Verkehrsforschung Universität Trier Deutsches Zentrum für Luft - und Raumfahrt (DLR) Berlin Prof. Dr. Sven Kesselring Dept. Planning and Development Dr. Mathias Wilde Aalborg University Institut für Humangeographie Goethe Universität Frankfurt am Main Marcel Hunecke Mobilitätsverhalten verstehen und verändern Psychologische Beiträge zur interdisziplinären Mobilitätsforschung Marcel Hunecke Dortmund, Deutschland Fortgeführte Reihe Band 26 Der Text ist im Studienbrief „Nachhaltige Mobilität“ der Fernuniversität Hagen im Studienangebot Interdisziplinäres Fernstudium Umweltwissenschaften (infernum) 2013 veröffentlicht worden. ISBN 978-3-658-08824-8 ISBN 978-3-658-08825-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-08825-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbi- bliogra(cid:191) e; detaillierte bibliogra(cid:191) sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikrover(cid:191) lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Fachmedien Wiesbaden ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com) 5 Inhaltsverzeichnis 1(cid:3)Warum sind Menschen mobil? ............................................................ 9(cid:3) 2(cid:3)Psychologische Einflussfaktoren........................................................ 11(cid:3) 2.1(cid:3)Kontrollüberzeugungen ................................................................ 12(cid:3) 2.2(cid:3)Einstellungen ................................................................................ 16(cid:3) 2.3(cid:3)Normen ......................................................................................... 19(cid:3) 2.4(cid:3)Werte ............................................................................................ 23(cid:3) 2.5 Sozialpsychologische Handlungstheorien zum Mobilitätsverhalten ....................................................................... 24(cid:3) 2.6(cid:3)Bewusste Entscheidungen und Gewohnheiten bei der Verkehrsmittelnutzung ................................................................. 34(cid:3) 3 Zusammenwirken von personenbezogenen und situativen Einflussfaktoren .................................................................................. 37(cid:3) 4(cid:3)Ansätze zur Segmentierung von NutzerInnengruppen ................... 47(cid:3) 4.1(cid:3)Nutzen von Segmentierungsansätzen ........................................... 48(cid:3) 4.2(cid:3)Methodische Verfahren zur Identifikation von Zielgruppen ........ 49(cid:3) 4.3(cid:3)Ansätze zur Zielgruppensegmentierung im Mobilitätsbereich ..... 50(cid:3) 4.3.1(cid:3)Geographische Ansätze ......................................................... 51(cid:3) 4.3.2(cid:3)Verhaltensbasierte Ansätze .................................................... 53(cid:3) 4.3.3(cid:3)Soziodemographische Ansätze .............................................. 55(cid:3) 4.3.4(cid:3)Psychographische Ansätze .................................................... 59(cid:3) 4.4(cid:3)Vergleichende Bewertung der Ansätze ......................................... 70(cid:3) 5(cid:3)Personenfokussierte Interventionen .................................................. 75(cid:3) 5.1(cid:3)Soft Policies, Mobilitätsmanagement und Mobilitätsmarketing ... 76(cid:3) 5.2(cid:3)Wirksamkeit einzelner Interventionsmaßnahmen ........................ 81(cid:3) 5.3(cid:3)Personenfokussierte Interventionen vor dem Hintergrund psychologischer Handlungstheorien ............................................. 84(cid:3) Literaturverzeichnis .............................................................................. 93(cid:3) 7 Abbildungen Abb. 1: Anwendung der Theorie des geplanten Verhaltens auf die Nutzung umweltschonender Verkehrsmittel .............................. 27 Abb. 2: Kernkonstrukte der Norm-Aktivations-Theorie ........................ 28 Abb. 3: Integratives Modell aus TPB und NAM zur Verkehrsmittelwahl .................................................................... 30 Abb. 4: Model of Self-Regulated Behaviour Change ............................. 32 Abb. 5: Theory of Interpersonal Behaviour ............................................ 35 Abb. 6: Beispiel für additive Haupteffekte ............................................. 39 Abb. 7: Beispiel für einen Moderatoreffekt ............................................ 42 Abb. 8: Beispiel für einen Mediationseffekt ........................................... 44 Abb. 9: Zusammenhang SINUS-Milieus und Verkehrsmittelwahl ....... 62 Abb.10: Psychographische Merkmalsprofile der fünf einstellungsbasierten Mobilitätstypen ....................................... 68 Abb.11: Stage Model of Self-Regulated Behaviour Change mit entsprechenden Interventionsmaßnahmen ................................. 89 Tabellen Tabelle 1: Nutzersegmente aus der Studie „Mobilität in Deutschland“ . 54 Tabelle 2: Bewertung mobilitätsbezogener Segmentierungsansätze anhand von sechs Marketingkriterien ................................... 72 Tabelle 3: Übersicht personen- und strukturfokussierter Interventionen zur Veränderung des Mobilitätsverhaltens in städtischen Regionen ................................................................................ 87 9 1 Warum sind Menschen mobil? Eine selbstbestimmte Fortbewegung ermöglicht dem Menschen eigene Bedürfnisse zu befriedigen und sich dabei an die Anforderungen seiner Umwelten anzupassen. Die Formen der Fortbewegung sind dabei so vielfältig wie die Bedürfnisse und Umwelten des Menschen. Die Mög- lichkeit zur Fortbewegung ist dabei als inhaltlicher Kern des Mobilitäts- erhaltens aufzufassen, der eng mit dem grundlegenden menschlichen Bedürfnis nach selbstbestimmtem Handeln und der damit einhergehen- den Umweltkontrolle verbunden ist. Da sich die menschlichen Bedürf- nisse nicht nur auf die Sicherung des biologischen Überlebens reduzieren lassen, sondern in vielfältigen Lebensbereichen zum Ausdruck kommen, z. B. im sozialen Zusammenleben, im Wohnen oder in der Freizeitgestal- tung, erfüllt das Mobilitätsverhalten vielfältige Funktionen und kann da- bei sehr unterschiedliche Formen annehmen. Ganz allgemein zielt die räumliche Mobilität darauf ab, die Teilnahme der VerkehrsteilnehmerIn- nen am Erwerbsleben, der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und an Freizeitaktivtäten zu sichern. Hierdurch ist leicht ersichtlich, dass das Mobilitätsverhalten hauptsächlich der Teilnahme an gesellschaftli- chen Aktivitäten im außerhäuslichen Bereich dient und die Fortbewe- gung im physikalischen Raum hierzu nur ein Mittel zum Zweck darstellt. Die Fortbewegung im physikalischen Raum wird dabei immer auch von Bewertungen der VerkehrsteilnehmerInnen hinsichtlich unterschiedli- cher sozialer Dimensionen, wie z. B. Autonomie oder Status, begleitet. So wird in modernen Gesellschaften eine hohe räumliche Mobilität von Personen im Allgemeinen als eine der wesentlichen Voraussetzungen für individuelle Freiheit und kollektiven Wohlstand angesehen. „Mobilität ist nicht nur Ausdruck des grundlegenden menschlichen Be- dürfnisses nach Beweglichkeit, sie ist auch eine Voraussetzung für per- sönliche Entfaltung sowie für die Funktionsfähigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft“ (BMBF, 1997, S. 5). Für ein umfassendes Verständnis des räumlichen Mobilitätsverhaltens ist es da- her unverzichtbar, die sozial-symbolischen Funktionen von Mobilität zu berücksichtigen (Jahn & Wehling 1999). Aus personenbezogener Per- M. Hunecke, Mobilitätsverhalten verstehen und verändern, Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung, DOI 10.1007/978-3-658-08825-5_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 10 spektive gilt es weiterhin die subjektive Wahrnehmung und Bewertung der räumlich-physikalischen und verkehrsbezogenen Infrastruktur beim Mobilitätsverhalten zu beachten. So hängt die subjektive Wahrnehmung der eigenen mobilitätsbezogenen Handlungsmöglichkeiten durchaus mit objektivierbaren Eigenschaften der Verkehrsinfrastruktur zusammen. Aber aus einer Kenntnis der objektiven Merkmale der Verkehrssituation lassen sich keineswegs die subjektiv wahrgenommenen Handlungsmög- lichkeiten ableiten. Zu sehr wird die subjektive Wahrnehmung eigener Handlungsoptionen durch schematische Formen der individuellen In- formationsverarbeitung beeinflusst (Svenson, 1998). Die ersten Ansätze zur psychologischen Erklärung von Aspekten des Mobilitätsverhaltens sind schon in den 80er Jahren des letzten Jahrhun- derts formuliert worden (Held, Verron & von Rosenstiel, 1981). Der Ein- fluss von individuumsinternen Prozessen der Informationsverarbeitung und -bewertung wird aber erst seit den 90er Jahren des letzten Jahrhun- derts ausführlich untersucht. Seit da an wird das Mobilitätsverhalten auch verstärkt aus sozial- und verhaltenswissenschaftlicher Perspektive betrachtet und nicht nur auf räumliche, ökonomische oder soziodemo- graphische Einflussfaktoren zurückgeführt (Hautzinger, Knie & Wer- muth, 1996). Die vorliegende Publikation fasst nun den aktuellen Erkenntnisstand der Mobilitätspsychologie zusammen und zeigt handlungsorientierte Perspektiven auf, wie dieses Wissen zur Veränderung von Mobilitäts- verhalten eingesetzt werden kann. 11 2 Psychologische Einflussfaktoren Aus einer historischen Perspektive hat sich die Psychologie schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts mit den individuellen Voraussetzungen für die Nutzung von Verkehrsmitteln bzw. die Teilnahme am Straßen- verkehr beschäftigt. Im Anwendungsfeld der Verkehrspsychologie wer- den auch heute noch vorwiegend Fragen hinsichtlich der Fähigkeiten zur Steuerung von Fahrzeugen und damit verbundener Sicherheitsaspekte behandelt (Krüger, 2009). Die Mobilitätspsychologie nimmt hier eine breitere Erklärungsperspektive ein, indem sie die psychologischen Ein- flussfaktoren des gesamten räumlich-zeitlichen Verhaltens untersucht. Hierunter fallen nicht nur die realisierten, sondern auch die potenziellen Formen des Mobilitätsverhaltens, die erst einmal nur in einem Möglich- keitsraum gedacht werden (Canzler & Knie, 2000). Für die Analyse die- ser potenziellen Formen von Mobilität kommt der Psychologie eine be- sondere Bedeutung zu, weil sie sich ausführlich individuumsinternen Bewertungsprozessen widmet, die sich aus dem realisierten Mobilitäts- verhalten nicht erschließen lassen. Aus einer psychologischen Perspektive heraus lassen sich folgende mobilitätsbezogene Fragen differenziert und empirisch fundiert beant- worten: Welchen Einfluss üben Werte und Normen auf das Mobilitäts- verhalten aus? Wie werden Verkehrsmittel subjektiv bewertet und wel- che Bedeutung kommt dabei Emotionen zu? Inwieweit liegen dem Mobilitätsverhalten bewusste Entscheidungen bzw. automatisierte Pro- zesse zugrunde? In welcher Weise beeinflussen sich Person- und Um- weltvariablen in ihrer Wirkung auf das Mobilitätsverhalten wechselsei- tig? Die Antworten auf diese Fragen können dazu genutzt werden, mobili- tätsbezogene Planungsmaßnahmen zu optimieren. Die Möglichkeiten zur Beeinflussung des Mobilitätserhaltens werden im Kapitel 5 ausführlicher thematisiert. In den folgenden Abschnitten sollten zuerst die Grundlagen für die umsetzungsorientierten Maßnahmen zur Beein- flussung des Mobilitätsverhaltens vorgestellt werden, die sich auf Zusammenhänge zwischen individuumsinternen Prozessen der M. Hunecke, Mobilitätsverhalten verstehen und verändern, Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung, DOI 10.1007/978-3-658-08825-5_2, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015

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