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Mitteleuropäische Lebensräume und ihre Zikadenfauna (Hemiptera: Auchenorrhyncha) PDF

50 Pages·2002·4.4 MB·German
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Preview Mitteleuropäische Lebensräume und ihre Zikadenfauna (Hemiptera: Auchenorrhyncha)

© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Mitteleuropäische Lebensräume und ihre Zikadenfauna (Hemiptera: Auchenorrhyncha) H. NICKEL, W.E. HOLZINGER & E. WACHMANN Abstract Central European habitats and their (with 2.4.1. Ombrotrophic and transitio- Auchenorrhyncha communities - We pre- nal bogs, and 2.4.2. Fens and spring sent an overview of the habitats of the mires), 2.5. Semiaquatic habitats (with central European Auchenorrhyncha fau- 2.5.1. Mud and gravel banks, 2.5.2. Floa- na, based upon our own data and an ana- ting vegetation and reeds, 2.5.3. Flood lysis of the available literature. Almost all plain depressions and 2.5.4. Banks of alpi- types of semi-aquatic and terrestrial habi- ne rivers), 2.6. Alpine habitats (with tats are utilized, ranging from floating 2.6.1. Mountains in general, 2.6.2. Alpine vegetation and reeds along shores to dry grassland 2.6.3. and Subalpine scrub). grassland and from the mineral soil up to 3. Non-wooded habitats of anthropo- the tree canopy. 61% of the species live genic origin: 3.1. Meadows and pastures, permanently in the herbaceous layer, 27% 3.2. Dry grassland, 3.3. Ruderal habitats in the shrub or tree layer. 11% utilize and fallows, 3.4. Fields. several strata, most of them performing an Important habitat factors include moi- obligatory migration from the soil or herb- aceous vegetation up to the canopy layer. sture, disturbance, and food plants, which Herbaceous monocots and woody plants are specific in many cases. Temperature, are by far the most important food plants. sun exposure, soil pH and nutrient con- Herbaceous dicots and dwarf shrubs only tent, altitude, soil properties, and salinity play a minor role; furthermore, a few spe- may also play a role, although they are cies live on pteridophytes, gymnosperms, partially intercorrelated. Accordingly, and fungi, respectively. In general, highest habitat specificity of Auchenorrhyncha is species numbers are found on plants rich most pronounced under extreme condi- in biomass, i.e. tall or widespread and tions, notably along shores, in bogs, dry abundant. grassland, dunes, salt marshes, and alpine grassland. Only a few eurytopic and poly- We discuss and present overviews of phagous species with a marked flight capa- Auchenorrhyncha communities of the bility and a high reproductive potential following habitat types: manage to survive in strongly disturbed 1. Forests, scrub and their margins: habitats. Gravel banks of alpine rivers, 1.1. Trees and shrubs, 1.2. Herbaceous however, which are subject to periodical layer of forests, 1.3. Woody riverside flooding, are an exception to this rule in vegetation, 1.4. Xerothermic margins of holding a number of stenotopic, monopha- forests and scrub, 1.5. Early successional gous, monovoltine species with reduced stages. flight capability. 2. Natural and near-natural non-woo- ded habitats: 2.1. Rocks, 2.2. Dunes and Key words: Hemiptera, Auchenorr- Denisia 04, other dry and sandy habitats, 2.3. Coastal hyncha, habitat types, food plants, herbi- zugleich Kataloge des OÖ. Landesmuseums, and inland salt marshes, 2.4. Peatlands vore communities. Neue Folge Nr. 176 (2002), 279-328 279 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Übersicht Einleitung .' 281 Mitteleuropäische Lebensräume und ihre Zikadenfauna 281 1. Wälder, Gebüsche und ihre Randstrukturen 281 1.1. Gehölze 282 1.2. Krautschicht der Wälder und Gehölze 288 1.3. Weichholzauen 289 1.4. Xerotherme Säume von Wäldern und Gebüschen 292 1.5. Sukzessionsflächen und Vorwaldstadien 293 2. Naturnahe Offenlebensräume 296 2.1. Felsen 296 2.2. Dünen und andere Sandtrockenstandorte 296 2.3. Salzstandorte 297 2.4. Moore 300 2.4.1- Hoch- und Zwischenmoore 300 2.4-2. Nieder- und Quellmoore 302 2.5. Semiaquatische Lebensräume 304 2.5.1. Schlamm- und Kiesbänke 304 2.5.2. Röhrichte und Schwimmblattzonen 304 2.5.3. Flutmulden 306 2.5.4. Alpenflüsse 306 2.6. Alpine Lebensräume 307 2.6.1. Eurytope Gebirgsarten 307 2.6.2. Matten 308 2.6.3. Krummholzbestände 310 3. Anthropogen geprägte Offenlebensräume 311 3.1. Wirtschaftsgrünland 311 3.2. Trocken- und Halbtrockenrasen 314 3.3. Ruderalstellen und Brachen 319 3.4. Feldkulturen 320 Danksagung 320 Zusammenfassung 312 Literatur 321 Einleitung Quadratmeter betragen. Somit bilden sie eine bedeutsame Komponente vieler Tiergemein- Zikaden leben in nahezu allen von schaften und spielen überdies eine wichtige Gefäßpflanzen bestandenen Lebensräumen Rolle als Konsumenten pflanzlicher Biomasse der tropischen, gemäßigten und sogar polaren sowie als Nahrungsbestandteil für räuberische Breiten. Das Spektrum der besiedelten Berei- Gruppen und Parasitoide. Als Vektoren von che reicht vom immerfeuchten tropischen Virosen und anderen Krankheiten auf Nutz- Tieflandsregenwald bis in die Halbwüste und pflanzen können sie insbesondere in wärme- die arktische Tundra, von der Ebene bis ins ren Ländern auch beträchtliche wirtschaftli- Hochgebirge hinauf, von der Salzwiese, dem che Schäden verursachen. Schließlich sind Schwimmblattgürtel und dem Hochmoor bis auch indirekte Effekte auf die Konkurrenzver- hin zum Trockenrasen, und vom Mineralbo- hältnisse zwischen Pflanzen zu vermuten, was den bis in die Baumkronen. Ihre Dichten kön- sich möglicherweise auf die Zusammenset- nen insbesondere in gras- und gehölzdomi- zung der Vegetation auswirkt (DENNO & PER- nierten Biotopen mehrere 1000 Individuen FECT 1994; NAULT & RODRIGUEZ 1985; REMA- und mehrere Gramm Trockengewicht pro NE & WACHMANN 1993; WALOFF 1980). 280 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Aufgrund der hohen Individuen- und Deutschland, da hier genauere Analysen vor- Artendichten eignen sich die Zikaden gut für liegen. Die Nomenklatur der Zikaden wurde Untersuchungen von Diversitätsmustern und weitgehend von HOLZINGER et al. (1997) ihren Ursachen auf verschiedenen räumlichen übernommen, die der Pflanzen folgt WlSSKIR- Skalen. Allerdings sind neu gewonnene CHEN&HAEUPLER(1998). Ergebnisse nur schwer mit vorhandenen zu vergleichen. Die bisher vorliegenden Darstel- lungen behandeln meist die regionale, lokale Mitteleuropäische Lebensräu- oder artspezifische Ebene. Studien mit überre- me und ihre Zikadenfauna gionalem Bezug liegen nur für wenige Habita- te und Gilden vor, so z.B. für Trockenrasen Eine Einteilung von Lebensraumtypen (REMANE 1987; SCHIEMENZ 1969), Salzstand- einer Tiergruppe ist immer problematisch, orte (FRÖHLICH 1997a, 1997b), Hoch- und zumal (i) die Faktoren, die für ihre Verteilung Zwischenmoore (SCHIEMENZ 1971a, 1975, verantwortlich sind, häufig nicht bekannt 1976; NICKEL 2001), verschiedene Feucht- sind und (ii) sich diese Faktoren zwischen ver- grünland-Standorte (HILDEBRANDT 1995a), schiedenen Gruppen und sogar Arten unter- Mähwiesen (NICKEL & ACHTZIGER (1999), scheiden können; (iii) schließlich haben ver- Schotterbänke an Gebirgsflüssen (NICKEL schiedene Organismengruppen unterschiedli- 1999a) sowie für verschiedene Gilden von che Ansprüche hinsichtlich Flächengröße und Arborikolen (REMANE & REIMER 1989). Für struktureller Zusammensetzung. So benötigen andere Lebensräume und die meisten Gilden Vertebraten und auch viele Großinsekten ver- hingegen liegen noch keine zusammenfassen- schiedenartige Elemente nebeneinander, z. B. den Darstellungen vor, und die relevanten Bruthöhlen, Sitzwarten, usw.; Zikaden hinge- Daten müssen - wenn sie überhaupt vorliegen gen benötigen - von einigen Adultüberwinte- - aus zahlreichen Einzelpublikationen exzer- rern und Stratenwechslern abgesehen - meist piert werden. In der hier vorliegenden Arbeit nur einen einzigen Bestand, oft sogar nur ein wird der Versuch unternommen, eine zusam- einziges Individuum ihrer Wirtspflanze. Den- menfassende Darstellung zu liefern über die noch überschneiden sich die Ansprüche der am deutlichsten abgrenzbaren Zönosen in Tiere oft nur teilweise mit denen ihrer Nähr- Mitteleuropa und die Faktoren, die ihre pflanzen. Es gibt zwar Arten, die in hoher Fre- Zusammensetzung wesentlich beeinflussen. quenz in fast allen Beständen ihrer Nährpflan- zen vorkommen, z.B. Ribautiana ulmi (L.) an Der hier besprochene und als Mitteleuro- den drei Ulmen-Arten (Ulmus spp.), aber vie- pa bezeichnete Raum wird im Norden und le andere haben sehr spezielle mikroklimati- Süden v.a. geografisch begrenzt (Alpensüd- sche Präferenzen und kommen nur dort vor, rand, Pannonisches Tiefland, Nord- und Ost- wo ihre Nährpflanzen in bestimmten Feuchte- seeküste, jedoch ohne Dänemark), im Westen oder Beschattungsverhältnissen wachsen, z.B. und Osten v.a. politisch (Westgrenze durch Eupteryx tenella (FALL.), die nur an teilweise Nordostfrankreich, Ostgrenze durch den zen- beschatteten Beständen der Schafgarbe tralen Teil Polens und entlang der Ostgrenze (Achillea milkfoüum) vorkommt. Tschechiens). Genaue Artenzahlen können auf Grundlage des gegenwärtigen Standes der Als Arbeitshypothese wird hier davon aus- Datenaufbereitung nur für einzelne Staaten gegangen, dass - neben dem Vorkommen der angegeben werden (s. NAST 1987; HOLZINGER Nährpflanze - Feuchte und Störungsintensität 1996a; REMANE & FRÖHLICH 1994a). HOLZIN- wesentliche Faktoren sind, die die Zusammen- GER et al. (1997) listen für ein geringfügig setzung von Zikadengemeinschaften bestim- größeres Gebiet (einschl. Slowakei, Ungarn men. Die daraus resultierende und hier ver- und Slowenien) 276 Gattungen mit 905 wendete Einteilung zeigt grob schematisiert Arten auf. Die in der vorliegenden Arbeit Abbildung 1. Die waagerechte durchgezogene genannten relativen Artenzahlen, z.B. Linie trennt hierbei wenig oder nur unregel- Betrachtungen der Besiedler einzelner Straten mäßig gestörte Lebensräume im unteren Drit- oder Nährpflanzentaxa, beziehen sich nur auf tel von mindestens einmal pro Jahr gestörten 281 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at im oberen Bereich. Für Zikaden relevante und Nährstoffgehalt des Bodens, Meereshöhe, Störungen sind z.T. anthropogen, wie z.B. Erd- Bodeneigenschaften und Salinität, wobei die- arbeiten, Land- und Forstwirtschaft (Ernte, se Faktoren teilweise interkorreliert sind. Bodenbearbeitung, Ausbringung von Pestizi- Daneben sind vermutlich auch weitere den und Dünger, Beweidung, Mahd, Rodung), biotische Faktoren im Spiel, z.B. Prädation, z.T. aber auch natürlich wie z.B. Überflutun- Parasitoide und interspezifische Konkurrenz. gen. Diese sind allerdings in ihrer Gesamtbedeu- Weiterhin sind v.a. die Temperatur und tung umstritten und nur schwer quantifizier- Sonnenexposition zu nennen, außerdem pH bar (DENNO et al. 1995; WALOFF 1980). Eine Übersicht über die vertikale Vertei- trocken nass lung im Lebensraum gibt Tabelle 1, basierend auf eine Analyse der Fauna Deutschlands. Bei Feldkulturen t der Nutzung mehrerer Straten wurde unter- •o schieden zwischen Arten, deren Lebenszyklus eine obligate Vertikalwanderung einschließt, Ruderalstellen und solchen, die fakultativ in mehreren Stra- Heiden, Ufer, ten leben können. Es wird deutlich, dass die Triften Salzwiesen Intensivwiesen beiden Teilgruppen der Zikaden eine unter- und -weiden schiedliche Stratennutzung aufweisen. Die Arten der Fulgoromorpha sind zu fast 4/5 rei- ne Krautschichtbewohner; die meisten übri- Streuwiesen, Extensivweiden gen sind obligate Stratenwechsler, die nach der Adulthäutung vom Boden in die Baum- Wirtschaftswald, schicht aufsteigen. Bei den Cicadomorpha Sukzessionsflächen hingegen sind nur etwas mehr als die Hälfte Felsen, Nieder- und t Dünen, o der Arten auf die Krautschicht beschränkt. Hochmoore 3 Trockenrasen Urwald, Krummholz, +lC/-l»D Rund ein Drittel ist permanent arborikol; die O> alpines Grasland g> übrigen nutzen - obligat oder fakultativ - meh- 'c rere Straten. Feuchte Abb. 1: 1. Wälder, Gebüsche und ihre Lebensräume von Zikaden im Gradienten von Störung und Feuchte Randstrukturen Fig. 1: Auchenorrhyncha habitats in relation to disturbance and moisture. Über die Hälfte der mitteleuropäischen Zikadenarten (mindestens 350) lebt auf Gehölzen oder in deren mikroklimatisch beeinflusstem Umfeld. Zu den permanent oder Tab. 1: temporär Arborikolen (s. Tabelle 1) kommen Übersicht über die Stratennutzung mitteleuropäischer Zikadenarten. noch mindestens ca. 120 Arten, die in der Krautschicht von zumindest halbschattigen Table 1: Utilization of strata of central European Auchenorrhyncha species. Column labels: stra- Standorten leben; dies können auch Baum- tum, X species, Fulgoromorpha, Cicadomorpha; row labels: tree layer, shrub layer, her- gruppen, Hecken und sogar Einzelbäume und baceous layer, soil, several layers facultatively, stratum shift, total. -sträucher sein. Stratum I Arten Fulgoromorpha Cicadomorpha Faktoren, die neben dem Auftreten der n % n % n % Nährpflanzenart eine Rolle für die Verteilung Baumkronen 105 17,1 0 0 105 22,4 Strauchschicht 63 10,3 0 0 63 13,4 dieser Arten spielen, sind nur ungenügend Krautschicht 374 61,0 112 77,8 261 55,7 bekannt. Allerdings sind manche Arten ein- Boden 2 0,3 1 0,7 1 0,2 deutig mit bestimmten Feuchteverhältnissen mehrere (fakultativ) 15 2,4 2 1,4 13 2,8 Stratenwechsel obligat 55 9,0 29 20,1 26 5,5 assoziiert, während andere Biotopeigenschaf- Summe 613 100 144 100 469 100 ten (z.B. Bodentyp, pH) nur von geringer 282 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Bedeutung sind. Dennoch ist aus der oftmals insgesamt 43 Arten von obligaten Straten- geringen Frequenz von Zikadenarten an ihren wechslern, die die Larvalphase in der Kraut- Nährpflanzen zu schließen, dass noch weitere schicht oder im Boden verbringen und erst Faktoren eine Rolle spielen. nach der Adulthäutung aufsteigen. Diese Die bisher publizierten Daten zur Wald- gehören zu etwa gleichen Anteilen den Fulgo- und Gehölzfauna sind nur spärlich und bezie- romorpha und den Cicadomorpha an. hen sich meist nur auf einzelne Standorte oder Die Verteilung auf die wichtigsten Gehölzarten (z.B. AMBSDORF 1996; BUCHS autochthonen Gehölzarten zeigt Abbildung 2. 1988; CHUDZICKA 1986; FÖRSTER 1961; Dabei wurde zwischen folgenden Graden der GONTHART 1971, LEHMANN 1973; MÖLLEKEN Nährpflanzenbindung unterschieden: & TOPP 1997; OLTHOFF 1986; REUTER 1909). Spezialisten: In den meisten Fällen müssen sie mühsam aus Monophage 1. Grades: Nur an einer Pflanzenart zahlreichen Einzelarbeiten zusammengetragen Monophage 2. Grades: Nur an einer Pflanzen- werden und basieren z.T. auf Einzelfunden, die gattung dann immer wieder zitiert werden. Anmer- Oligophage 1. Grades: Nur an einer Pflanzen- kungen zur Nährpflanzenbindung arborikoler familie Zikaden auf überregionaler Ebene machen REMANE (1987), REMANE & REIMER (1989), Generalisten: SCHIEMENZ (1987, 1988, 1990), SCHIEMENZ et Oligophage 2. Grades: An maximal zwei Pflan- al. (1996) und WAGNER & FRANZ (1961). Gut zenfamilien oder maximal 4 Pflanzengattungen bekannt ist die Fauna der Typhlocybinae an aus maximal 4 Familien verschiedenen Gehölzen in Norditalien und Polyphage: An mehr Pflanzengattungen oder Wales (ARZONE &. VlDANO 1987; CLARIDGE & -familien WILSON 1976, 1981; VIDANO & ARZONE Straten- und Nährpflanzenwechsler. 1987a, 1987b). Diese Ergebnisse sind auch Aufgrund Datenmangels nicht einbezogen großen Teils auf mitteleuropäische Verhältnis- sind u.a. Tanne (Abies alba), Zirbel-Kiefer se übertragbar; allerdings kommen südlich der (Pinus cembra), Flaum-Eiche (Quercus pubes- Alpen mehr Arten vor, und das Nährpflanzen- cens) sowie ein beträchtlicher Teil der Rosen spektrum einiger Arten ist dort breiter. Ver- (Rosa spp.) und alpin verbreiteten Weiden schiedene Zikadenzönosen von Wäldern wur- (Salix spp.). den außerdem dargestellt und diskutiert von HOLZINGER (1996b), NlEDRINGHAUS (1991), Bemerkenswert ist (i) die insgesamt starke Besiedlung der Hauptbaumarten Fichte OKÄLI (1960), RABELER (1951, 1957, 1962) (Picea), Kiefer (Pinus), Eiche (Quercus), Birke und SCHWOERBEL (1957). Zönosen der Kraut- (Betula), Erle (Alnus), Ulme (Ulmus), Ahorn schicht wurden untersucht von EMMRICH (Acer), Linde (Tdia) und Pappel (Populus), (1966, 1969), KÖRNER et al. (2001), KUNTZE mit Ausnahme von Buche (Fagus sylvatica) (1937), PETER & ROTH (1996), SIOLI (1996) und Esche (Fraxinus excelsior), (ii) die eben- und TRÜMBACH (1959). falls starke Besiedlung von Sträuchern aus den Familien Rosaceae, v.a. Weißdorn (Crataegus) 1.1. Gehölze und Schlehe (Prunus spinosa) und Salicaceae (Salix) und (iii) das Überwiegen von mono- Bäume und Sträucher werden in Mitteleu- phagen Arten (Spezialisten) auf den Salica- ropa permanent von über 170 Arten besiedelt, ceae, das Überwiegen der Generalisten bei die allesamt den Cicadomorpha angehören. allen übrigen Pflanzenfamilien. Rund zwei Drittel davon sind Mesophyllsau- ger, das übrige Drittel saugt Phloemsaft. Hohe Artenzahlen von Zikaden sind dem- Xylemsauger sind nur mit zwei Arten vertre- nach v. a. auf hochwüchsigen und weit ver- ten. Drei Viertel der Arten überwintern im breiteten Gehölzen zu finden. Der hohe Spe- Eistadium, etwa ein Viertel adult. Nur 4 Arten zialistenanteil der Salicaceae ist möglicher- überwintern als Larve, allerdings an Immer- weise auf sekundäre Inhaltsstoffe zurückzu- grünen bzw. an Baumrinde. Hinzu kommen führen. 283 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at 0 5 10 15 20 25 Picea abies Larix decidua Pinus mugo |—' Juniperus communis LH ' Taxus baccata L ^M Clematis vitalba ^ ^ ^H Berberis vulgaris Myricaria germanica ' Buxus sempervirens Fagus sylvatica L H ^ ^ HM Quercus robur ^ ^ _ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^_ •• Carpinus betulus ^ H ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^H Corylus avellana ^^^^^^H^^^^^^^^^H Betula pendula ^ ^ ^ ^ ^ H H ^ ^ ^ H ^ ^ ^^ Betula pubescens ^ ' Alnus glutinosa ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^H Alnus incana ^^M^^^^M^^J AJnus alnobetula [- ' Myrica gale L|H Ulmus laevis ^M ' • Ulmus minor ^H^MM^H^BBMM^ Ulmus glabra ^ ^ ^ H ^ ^ ^ H ^M Ribes spp. [ ' Rosa spinosissima LM| ' Rosa pendulina —' Rosa rubiginosa ^ ' Rosa canina ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^H Abb. 2: Rubus idaeus ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^H Artenzahlen von Zikaden auf mitteleu- ropäischen Gehölzarten. Weiße Balken Rubus fruticosus ^ ^ H ^ ^^ = Spezialisten (Monophage 1. und 2. Grades, Oligophage 1. Grades), Rubus caesius ^ —' schwarze Balken = Generalisten (Oli- Pyrus communis ^H gophage 2. Grades, Polyphage und Winter-/Frühjahrsgäste). Malus domestica ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^B Sorbus aucuparia Fig. 2: Numbers of Auchenorrhyncha species Sorbus tomninalis on central European shrubs and trees. White: specialists (monophagous on Sorbus aria one plant species, genus or family); Crataegus spp. black: generalists (on more than one plant family, or present in winter or Prunus padus spring only). Prunus avium Fortsetzung 284 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at 10 15 20 25 Prunus spinosa Frangula alnus Rhamnus cathartica Vitis vinifera Hippophae rtiamnoides Cytisus scoparius Acer pseudoplatanus Acer platanoides Acer campestre Acer monspessulanum Tilia cordata Tilia platyphyllos Populus alba Populus tremula Populus nigra Salix pentandra Salix triandra Salix fragilis Salix alba Salix myrsinifolia Salix eleagnos Salix purpurea Salix repens Salix viminalis Salix appendiculata Salix caprea Salix cinerea Salix aurita Daphne mezereum Euonymus europaea Ledum palustre Cornus mas Cornus sanguinea Ilex aquifolium Fraxinus excelsior Ligustrum vulgäre Lonicera xylosteum Sambucus nigra Viburnum opulus Viburnum lantana Hedera helix Abb. 2 (fortgesetzt) 285 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Jja r I Abb. 3: Die Ohrenzikade Ledra aurita (L.) ist einer der wenigen Rmdenbesiedler in der heimischen Zikadenfauna Fig. 3: Ledra aurita (L.) is one of the few corticolous leafhopper species of central Europe. Abb. 4: Ein großer Teil der Laubholz besiedelnden Arten zählt zur Unterfamilie Typhlocybinae. Die hier abgebildete Typhlocyba quercus (F.), lebt u.a. auf Eichen (Quercus spp.) und Kirschen (Prunus spp.). Fig. 4: Many species living on deciduous trees are members of the leafhopper subfamily Typhlocybinae. The species shown here, Typhlocyba quercus (F.), lives on oak (Quercus spp.), cherry (Prunus spp.) and others. 286 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 5: Zygina flammigera (GEOFFR.) überdauert den Winter im Adultstadium auf Nadelgehölzen und Brombeere (Rubus spp.). Fig. 5: Zygina flammigera (GEOFFR.) hibernates in the adult stage on coniferous trees and brambles {Rubus spp.). Abb. 6: Pediopsis tiliae (GERM.) lebt monophag an Linde (Tilia spp.). Fig. 6: Pediopsis tiliae (GERM.) is monophagous on lime (Tilia spp.) 287 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at 1.2. Krautschicht der Wälder und den also permanent besonnte Lebensräume Gehölze völlig und sind auf Wälder oder das Umfeld Die meisten Zikadenarten der Krautvege- von Baumreihen, Einzelbäumen und Sträu- tation sind heliophil, bevorzugen also unbe- chern beschränkt (Tabelle 2). Dabei ist schattete Standorte. Über 80 Arten kommen nochmals zu unterscheiden zwischen reinen jedoch gleichermaßen in zumindest teilweise Saumbewohnern, die das durch moderate Son- beschatteten Bereichen vor. Mindestens 41 neneinstrahlung geprägte Mikroklima am weitere Arten schließlich sind skiobiont, mei- Waldrand und unter Einzelgehölzen benöti- gen, und typischen Waldarten, die nur in Tab. 2: geschlossenen Beständen vorkommen. Diese Skiobionte Zikadenarten Mitteleuropas (ohne Stratenwechsler). beiden Gruppen sind jedoch z.T. nur schwer Table 2: voneinander abzugrenzen, u.a. auch, weil sich Sciobiotic Auchenorrhyncha of central Europe (excluding stratum migrants). Column labels: species, food plant, forest margin, forest interior. die Besonnungsansprüche mit der Meereshöhe Art Nährpflanze Saum Wald und der geografischen Breite ändern können. Eurysa lineata (PERR.) Poaceae X X So ist z.B. hleophiktenus exclamaaonis (THNBG.) Eurysa brunnea MEL. Poaceae X in den Tieflagen Mitteleuropas auf lichte Kie- Stiroma affinis FIEB. Poaceae X X fern- und Eichenwälder beschränkt, besiedelt Megadelphax haglundi (J. SHLB.) Poaceae indet. X aber besonnte Matten oberhalb der alpinen Hyledelphax elegantulus (BOH.) Poaceae X X Waldgrenze und Kalkmagerrasen auf den Briti- Litemixia pulchripennis ASCHE Molinia caerulea X schen Inseln (LE QUESNE 1965). Criomorphus borealis (J. SHLB.) Calamagrostis X X Javesella forcipata (BOH.) Poaceae X X Als Nährpflanzen spielen die Süßgräser die Agallia consobrina CURT. Lamiaceae u.a. X bei weitem größte Rolle. Die Individuendich- Evacanthus acuminatus (F.) Lamiaceae u.a. X X ten können ähnlich hohe Werte wie im Errhomenus brachypterus FIEB. polyphag i. d. Laubstreu X Extensivgrünland erreichen und 2000 Ind./qm Dikraneura variata HARDY Deschampsia, Festuca X X überschreiten (KÖRNER et al. 2001). Besonders Micantulina micantula (ZETT.) Thalictrum spp. X bevorzugt werden Gräser, die in dichten Rasen Wagneriala incisa (THEN) Carex spec. X oder Horsten wachsen, v.a. Calamagrostis, Wagneriala minima (J. SHLB.) Carex humilis X Deschampsia und Festuca. Hingegen werden Wagneriala sinuata (THEN) Carex flacca X Arten, die meist nur einzeln stehende Halme Eupteryx austhaca (METC.) Knautia dipsacifolia X ausbilden, z.B. Wald-Trespe (Bromus ramosus), Eupteryx lelievrei (LETH.) Betonica officinalis X Riesen-Schwingel (Festuca gigantea), Hunds- Eupteryx origani ZACHV. Origanum vulgäre X Quecke (Elymus caninus) und Waldgerste Eupteryx immaculatifrons (KBM.) Lamium maculatum X (Hordelymus europaeus), nicht oder nur in Eupteryx stachydearum (HARDY) Lamiaceae X geringem Maße besiedelt. Ausnahmen von Eupteryx curtisii (FL.) Lamiaceae X X dieser Regel bilden Wald-Zwenke {Brackypodium Eupteryx tenella (FALL.) Achillea millefolium X sylvaticum), Nickendes und Einblütiges Perl- Zyginidia mocsaryi (HORV.) Sesleria, Festuca X X gras {Melica nutans, M. uniflora), die trotz Arboridia pusilla (RIB.) Geranium sanguineum X dichterer Bestände weitgehend gemieden wer- Hardya tenuis (GERM.) Festuca ovina (u.a.?) X den. Bedeutsame Nährpflanzen stellen ferner Elymana kozhevnikovi (ZACHV.) Calamagrostis spp. X auch die Lamiaceae und die Cyperaceae, doch Cicadula rubroflava LNV. Carex brizoides X X kommen die daran lebenden Zikadenarten Mocydiopsis attenuata (GERM.) Festuca ovina X meist nur punktuell und in geringen Abun- Mocydiopsis intermedia REM. Poa pratensist X danzen vor. Bemerkenswert ist, dass unter den Mocydiopsis monticola REM. Holcus mollis X Doliotettix lunulatus (ZETT.) Agrostis stoloni feral X in Mitteleuropa insgesamt vorwiegend mono- Streptanus marginatus (KBM.) Deschampsia, Festuca X X phagen Spornzikaden die Oligophagen domi- Adarrus bellevovei (PUT.) Brachvpodium pinnatum X nieren. 288

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