MITTEILUNGEN der ARCHENHOLD-STERNWARTE Berlin-Treptow Herausgegeben von dem Direktor D. WATTENBERG I. Band · Nr. I bis 25 Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH I946-I952 ISBN 978-3-662-11518-3 ISBN 978-3-662-11517-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-11517-6 INHALTSVERZEICHNIS Nr. 1 1946 Mitteilungen der Treptower Sternwarte Nr. 2 1948 E. MÄDLOW und H. PFAFFE: Tätigkeitsbericht der Archenhold-Sternwartefür das Jahr 1947 Nr. 3 1948 Berichte der Archenho1d-Sternwarte Nr. 4 1948 E. MÄDLOW und G. SCHIRDEWAHN: Treptower Jupiter-Beobachtungen 1943/·l4 Nr. 5 1948 D. WATTENBERG: Wilhelm Herschels Sterneichungen und Ansichten vom Bau des Sternsystems Nr. 6 1948 D. WATTENBERG: Tycho Brahe- Sein Leben und Werk Nr. 7 1948 E. MÄDLOW: Zur Nomenklatur der Oberflächendetails auf Jupiter Nr. 8 1948 D. WATTENBERG: Die galaktischen Supernovae Nr. 9 1948 D. WATTENBERG: Die Milchstraße als Spiralnebel Nr. 10 1949 D. WATTENBERG: Tätigkeitsbericht für das Jahr 1948 Nr. 11 1949 D. WATTENBERG: Die Supernovae des Milchstraßensystems Nr. 12 1949 D. WATTENB ERG: Die Sichtbarkeit der Gestirne am Tage Nr. 13 1949 D. WATTENBERG: Tätigkeitsbericht für das Jahr 1949 Nr. 14 1950 D. WATTENBERG: Friedrich Sirnon Archenhold-Sein Leben und Werk Nr. 15 1950 E. MÄD LOW: Treptower Jupiterarbeiten 1945-1949 Nr. 16 1951 W. NEUMANN: Auswertungen von Schattenantrittsbeobachtungen während der totalen Mondfinsternis 2. April 1950 - M. SCHUBERT: Di,e Silberkugel-Photometrie und ihre Anwendung auf die Mondfinsternis vom 2-3. April1950 - G. SCHIRDEWAHN: Die Marsopposition 1950- E. ROHDE und G. SCHIRDEWAHN: Saturn 1950 Nr. 17 1951 D. WATTEN BERG: Die Photographie des Himmels Nr. 18 1951 D. WATTENBERG: Die Photographie der Sonne Nr. 19 19)1 D. WATTENBERG: Entwicklung und Wirken der Archenhold-Sternwarte im Jahre 1950 Nr. 20 1951 I. NICKEL und G. SCHIRDEWAHN: Bericht über die Untersuchung von Sonnen· heohachtungen - D. WATTEN BERG: Die deutsche Arbeitsgememscnau •u• Sonnen· beobachtung Nr. 21 1951 D. WATTENBERG: Zur Definition des Planetenbegriffs Nr. 22 1951 E. MÄDLOW: Periodizität der Oberflächengebilde auf Jupiter Nr. 23 1951 D. WATTENBERG: Planetenähnliche Fixsternbegleiter Nr• 24 1952 E. MÄD LOW: Zwölf Jahre Jupiterbeobachtungen 1938 bis 1949 Nr. 25 1952 E. MÄDLOW: Strömungs- und Rotationsverhältnisse auf Jupiter 1950 6 D. Wattenberg: Die galaktischen Supernovae .. Wenn sich ungeachtet dessen neuerdings aus den kosmologischen Uberlegungen von Jordan der Gedanke erhebt, .daß die in den Sternen gebundene Materie unter Umständen niemals ein Nebelstadium durch lief, wie bisher angenommen wurde, sondern sogleich in Form von Neutronenpaketen als "Stern" entstand, dann liegt am Ende die Folge rung nicht fern, daß die Nebel erst aus dem Sternstadium in die ihnen gemäße Form übergehen und daß dieser Weg von den Supernovae über die planetarischen Nebel zu führen scheint. Es ließe sich hiergegen der Einwand erheben, daß die Zahl der planetarischen Nebel (rund ISO) dazu viel zu gering und ein Supernovaausbruch viel zu selten ist. Dazu mag gesagt sein, daß in der Milchstraße die Phase der Sternentstehung sicherlich bereits weitgehend abgeschlossen ist, und daß in diesem Sinne die planetarischen Nebel als die gebliebenen Zeugen von Sterngeburten in vorgeschichtlicher Zeit zu betrachten sind, während auf der anderen Seite die zahlreichen leuchtenden und dunklen Nebel der Milchstraße ein Beispiel dafür sein mögen, in welcher Weise sich die einstigen "pla netarischen" Nebel, die sich im Wandel der Zeit auflösten, gegenwärtig darbieten. Wie dem schließlich auch sei: Die Supernovae werfen weit über ihr äußerliches Erscheinungsbild hinaus Probleme auf, die Zusammenhänge mit vielen anderen kosmischen Phänomenen sichtbar machen, von deren Lösung wir gegenwärtig aber wohl noch weit entfernt sind. Anschr. d. Verf.: Berlin-Treptow, Sternwarte SONDERDRUCK AUS DIE NATURWISSENSCHAFTEN (Nicht im Handel) 1948, HEFT 5 (132/136), 6 (163/168) SPRINGER-VERLAG IN BERLIN UND GUTTINGEN 35. JAHRGANG Die Milchstraße als Spiralnebel1). Von Die d r ich Wattenberg. Sonne und Erde sind Bürger eines gigantischen Gebirg.es die Lagerung und Faltung der Erdschichten Sternenreiches, das wir schlechthin als Milchstraßen studiert und' nun die Aufgabe zugewiesen erhält, aus system bezeichnen. Generationen von Astronomen der Gesteinsschichtung eindeutige Rückschlüsse auf haben sich bemüht, über das innere und äußere Bild das Außenbild der Bergwelt zu gewinnen. Ein solcher dieses Weltsystems und seine Beziehungen zu wesens Vergleich erscheint vermessen. Und doch kennzeich verwandten Gebilden im Raume tiefere Einsichten net er die Verhältnisse im Sternsystem in treffender zu erlangen. Allein die Schwierigkeiten, die sich einem Weise. solchen Beginnen hartnäckig entgegenstellten, ließen I. Die Milchstraße als Welleninsel. doch nur ganz allmählich eine Lichtung der zahl reichen Rätsel und Geheimnisse erwarten. von deneh Unter den kosmologischen Hypothesen des 18. das hier gestellte Problem umfangen war. Immer be und 19. Jahrhunderts verdient an erster Stelle die fand und befindet sich der Astronom in seiner Welteninseltheorie von W. Her s c h e I ( 1) Erwäh Stellung auf der Erde in derselben Lage wie der nung, in der er eine Analogie zwischen der Milchstraße Geologe, der in Stollen und Schächten im Inneren des und den außergalaktischen Nebeln herzustellen ver suchte und darüber hinaus die Meinung vertrat, daß in d1e) rV Aorrcgheternagheonl dau-Sr tdeerrn Awra·bretiet sztua gBuenrgli dne-Tutrsecphtoewr V aomlk 6s.s Ateprnriwlla9r4te8n. die Milchstraßenwelt in ihrer Ebene eine gewaltige 133 Wattenberg: Die Milchstraße als Spiralnebel. [ Die Natur wissenschaften Ausdehnung besitze und sämtliche am Himmel wahr Die einzige Gewißheit, die sich mit diesem Bilde nehmbaren Erscheinungen umschließe. Beide Mög sicher verknüpfen ließ, war seine starke Abplattung lichkeiten - Welteninsel und allumfassendes Welt und eine sehr exzentrische Stellung der Sonne zum system - haben seither in mehr oder weniger ge Milchstraßenzentrum, das in Richtung zum Sternbild wandelter Weise das astronomische Weltbild bis ins Sagittarius (galaktische Länge = 325 °) gefunden 20. Jahrhundert hinein beeinflußt. In den vergange wurde. nen 20 Jahren waren es namentlich die Arbeiten von Obwohl unsere Kenntnisse von der Sternverteilung H. D. Curtis, K. Lundmark und E. Rubble insbesondere durch die Arbeiten an Kapteyns über die Natur der Spiralnebel, die der Welteninsel "Plan of selected areas" eine weitgehende Vervoll idee besonderen Nachdruck verliehen, während die ständigung und Vertiefung erfahren haben, so sind Arbeiten von H. Shapley (2) über ein supergalak sie doch in mancherlei Beziehung stark problema tisches System der Milchstraße (1930) dem Gedanken tisch geblieben, da wir mit Sicherheit nicht einmal eines umfassenden, übergeordneten kosmischen Welt sagen können, ob die Sternzahlen in der Umgebung komplexes neue Impulse gaben, so daß die Milch der Sonne Ibis zu 1000 Parsec) zu- oder abnehmen. straßenwelt zeitweise weniger einem Einzelsystem Das Haupthindernis bildet hier die interstellare als vielmehr einem außergalaktischen Nebelhaufen Absorption. Ihre ungenügende Berücksichtigung führt zu entsprechen schien. Schließlich hat aber die end zu der Vorstellung einer nach allen Seiten gleichmäßig gültige Sicherung der Entfernungsbestimmungen bei absinkenden Sterndichte, wie dies durch die allge den Spiralnebeln und die Entrückung dieser Objekte meinen Ergehnisse der Stellarstatistik verdeutlicht in Weiten bis zu 150 Millionen Parsec (1 Parsec =3,24 wird. Indessen greift bei einer scharfen Berücksich Lichtjahre) der Inseltheorie sowohl hinsichtlich der tigung der lichtschwächenden Wirkung eines ab Milchstraße als auch in Bezug auf die außergalak sorbierenden Mediums sehr schnell eine gewisse Un tischen Nebel den beherrschenden Vorrang geschaffen. sicherheit um sich, da die alsdann hervortretenden Möglichkeiten eine mehrfältige Entscheidung zu Über den inneren Aufbau der Milchstraße hat die lassen. Eine geringe Absorption vermag die ange Stellarstatistik (3) in schrittweisem Vorgehen be deuteten Verhältnisse einer in der Sonnenumgebung stimmte Feststellungen treffen können, indem sie aus mit der Entfernung abnehmenden Sterndichte nicht Sternzählungen ein Bild der allgemeinen Sternver wesentlich zu verändern. Bei Annahme einer stärke teilums und der Sterndichtigkeiten entwarf. Der erste ren Lichtschwächung verkehren sich die Dinge jedoch imponierende Eindruck in dieser Beziehung war die genau in das Gegenteil: Die Sterndichte nimmt mit ständige Zunahme der Sternzahlen mit sinkender wachsender Distanz nicht mehr ab, sondern schwillt Sternhelligkeit, aber doch mit der Einschränkung, schnell an! In diesem Falle erscheint die Sonne nicht. daß das Zunahmeverhältnis der Sternzahlen von mehr in einer sternreichen, sondern sternarmen Um einer Größenklasse zur anderen nicht konstant blieb. gebung. Beide Möglichkeiten stehen gegenwärtig zur Denn während die Zahl der Sterne in den Helligkeits Diskussion (4). stufen 6m bis 7m im Verhältnis 1 : 2,8 ansteigt, so Übertragen wir die aus solchen Forschungen her entspricht dem Größenintervall 20m bis 21m nur geleiteten Ergebnisse auf S h a pleys Milchstraßen noch ein Verhältnis von 1 : 1 ,8. Daneben traten in system, so ändern sich die ursprünglichen Größen in diesen Verhältniszahlen zwischen der Milchstraßen einem recht erheblichen Maße (Tabelle'1). Die hier ebene und den Milchstraßenpolen unverkennbare mitgeteilten Durchmesserwerte der Milchstraße be Gegensätze hervor, die keinen Zweifel daran ließen, ruhen auf einerneueren Veröffentlichung (1944) von daß die Sternansammlung der Milchstraße nach W. Baade (5); die übrigen Daten sind einer Dar außen hin begrenzt war. Diese Erkenntnis belebte stellung von W. Becker (6) entnommen. die Vorstellung einer Sterninsel von neuem, so daß sich aus den Sternzählungen, besonders durch die Tab. 1. Größenverhältnisse des 111i/chsfraßensustems. Forschungen von H. Seeliger, C. V. L. Charlier, und K. Schwarzschild, das schematische Bild Dutchmesser des Systems der Kugelsternhaufen . 50000 Parsec Durchmesser der Milchstraßenebene . . . . 24000 eines stark abgeflachten Sternsystems herausschälte, Durchmesser in Richtung zum gal. Pol. . . . (4000) dem J. C. Kapteyn vor 30 Jahren eine vorläufige Entfernung der Sonne vom gal. Zentrum . . • lOOOO Entfernung der Sonne von der gal. Ebene . 15 Abrundung gab, indem er folgerte, daß dort, wo die Abplattungsverhältnis • . . . • • . . . . . 1 : 6 Sterndichtigkeit auf 0.01 des Mittelwertes abgesunken Richtung zum Milchstraßenzentrum . . . . . 325• gal. Länge ist, die äußeren Grenzen der Sternenwelt sichtbar zu MGeassasmentdmicahsstee pdreor MKiulbchiksptraarßsee c( S.o n.n e. =. l.) .. .. 02,,1& ®· 1 011 werden beginnen. Das sich daraus ergebende Bild Absolute Massendichtigkeit . . . . . . . . . 7. w-u g/cm• des Sternsystems, dem nach Kapteyn 47 Milliarden Es bleibt nun die Frage, was sich über die äußere Sterne angehören sollten, schien sich in Richtung zur Gestalt der Milchstraße aussagen läßt und wie sie sich Milchstraßenebene 16 000 Parsec und senkrecht dazu einem Beobachter in den Tiefen des Weltalls zeigen (zum galaktischen Pol) 3000 Parsec weit auszu wird. dehnen. Ernsthafte Versuche in dieser Richtung wurden Ein weiterer Schritt bedeutete die Entdeckung von bereits um die Jahrhundertwende und später von Delta-Cephei-Sternen in den Kugelsternhaufen und C. Easto-n (7) unternommen, der aus seinen Unter die daraufhin von H. Shapley (1918) durchgeführte suchungen den Schluß zog, daß die Milchstraße einem Bestimmung der räumlichen Verteilung der Kugel gewaltigen Spiralnebel gleiche, dessen Kern im sternhaufen, die sich als weit außerhalb der Gren~en Cygnus liege (Fig. 1 ). Als dann von 1924 an die Auf des Kap t e yn sehen Sternsystems liegend erwiesen lösung mehrerer Spiralnebel in einzelne Sterne und und dieses gewissermaßen gerüstartig umschlossen. bald hernach die Entdeckung von Veränderlichen Damit entstand der Begriff eines noch größeren Welt und Novae in ihnen gelang, fand damit auch die systems, das sich aus mehr oder weniger in sich ab Natur des Milchstraßensystems eine weitgehende geschlossenen Sternwolken aufbauen und einen Klärung, da mit diesem damals sehr beachtlichen Durchmesser von etwa 60 000 Parsec aufweisen sollte. Fortschritt der Charakter der Spiralnebel als ferne In diesem Weltsystem ordneten sich die Sterne in Sternsysteme außer jeglichem Zweifel erschien und einer flachen Mittelschicht an, in welcher das Kap infolgedessen einer Koordinierung der Milchstraße teynsche Sternsystem mit unserer Sonne nur die als analoges Weltsystem keine wesentlichen Gründe Bedeutung einer "lokalen" Sternwolke behielt. mehr entgegenzuhalten waren. Dennoch tauchten J H1e9f4t8S Wattenberg: Die Milchstraße als Spiralnebel. 134 immer wieder Bedenken auf, die nicht zu übersehen P~l gesehen werden würde. Später (1928) trat in waren. Das lag vor allem daran, daß das Beobach semen erneut angestellten Erwägungen die Spiral tungsmaterial zu einer morphologischen Klassifi struktur deutlicher hervor, und zwar mit dem Ergeb zierung des "Milchstraßennebels" noch nicht aus nis, daß die Milchstraßenspirale einen zwischen reichte, zumal die Größenverhältnisse des Milch 60 000 und 90 000 Parsec messenden Durchmesser straßensystems durchaus nicht zugunsten der Welt besitze und in ihrem äußeren Verhalten dem Anblick insel- oder Spiralnebeltheorie sprachen. So wies der des Dreiecksnebels M 33 nahekomme. Andromedanebel (M 31) allenfalls einen Durchmesser Andererseits ließen auch theoretisch-dynamische von 13 000 Parsec aus, während der Dreiecksnebel Überlegungen eine Lösung des vorliegenden Problems Fig. 1. Die Spiralstruktur der Milchstraße nach E a s t o n. (M 33) noch kleiner war und nur einen Durchmesser erwarten. Der Angelpunkt dazu lag in der Rotations von 4300 Parsec besaß, denen damals im galaktischen frage. Denn im Zusammenhang mit der Bewegung System 65 000 und später 30 000 Parsec gegenüber der Sterne und der Abplattung des Sternsystems standen. Aus diesem erheblichen Gegensatz folgte, tauchte sehr bald der Gedanke auf, daß ebenso wie daß für die Milchstraße der Begriff eines "Welten bei den Spiralnebeln eine Rotation der Milchstraße kontinents" eher zutreffe, während für die Spiral um eine zur galaktischen Ebene senkrecht stehende nebel die Idee der "Welteninsel" angemessen blieb. Achse wahrscheinlieb sei. In diesem Sinne erwies dann Heute sind diese Gegensätzlichkeilen weitgehend ge das vorliegende Beobachtungsmaterial, daß sich die mildert, wodurch die Annahme, unsere Milchstraße Rotation der Milchstraße an der Stelle der Sonne mit sei ein den außergalaktischen Nebeln analoges einer Geschwindigkeit von 285 km/sec vollzieht und Spiralsystem, zunehmend an Überzeugungskraft ge ein vollständiger Umschwung 220 · 106 Jahre er wonnen hat. fordert. Da andererseits eine Rotation nicht von Neben den Arbeiten von Easton verdienen die selbst entstanden sein kann, sprach Sir J. Jeans (8) Untersuchungen von F. H. Seares (1920) Erwäh im Zuge seiner kosmogonischen Untersuchungen den nung, der sich anfangs vergeblich bemühte, auf dem Gedanken aus, daß unser Milchstraßensystem aus Wege der Berechnung von Flächenhelligkeiten aus einem Nebel hervorgegangen sein müsse oder sein den von J. C. Kapteyn und P. van Rhijn ermittel Bau gar noch derart sei, daß es auch jetzt noch einem ten Dichtefunktionen d,:lr Milchstraßensterne zu einer Nebel gleichzusetzen wäre, wenn wir es aus so großen Lösung der offenen Frage zu gelangen, indem er sich Entfernungen sehen könnten, in denen wir die übrigen vorstellte, wie die Anordnung der Sterne von einem Sternnebel erblicken. Dabei dachte sich Jeans die sehr entfernten Punkt in Richtung zum galaktischen Herausbildung der Spiralformen so, daß von einer 135 Wattenberg: Die Milchstraße als Spiralnebel. [ wiDssiee nNscahtaufrt en gasförmigen amorphen Zentralmasse Spiralwindu~ so daß die Größenunterschiede zwischen Milchstraße gen ausgingen, die im WandP-I dP.r Entwicklung m und Andromedasystem weitgehend verschwanden. Sterne zerfallen sind. Neuerdings ( 1941) haben Isophotenmessungen von Im Zusammenhang hiermit gewinnen ferner theo H. C. Williams und W. A. Hiltner (12) auf Nega retische Untersuchungen von B. Lindblad (9) an tiven, die Rubble mit dem Schmidt-Teleskop des Bedeutung, zumal nach der Rotationstheorie zu er \fount-Palomar-Observatoriums hergestellt hatte, warten wäre, daß sich ein hoher Anteil der i\f aterie den Durchmesser des Andromedanebels auf 24 400 in den äußeren Hegionen des Sternsystems auf an Parsec verbessert, so daß damit eine gute Überein nähernd kreisförmigen Bahnen in der Milchstraßen stimmung von dem von Baade angegebenen Milch ebenc bewege. "In einem sehr abgeplatteten System straßendurchmesser erzielt ist, obwohl von Ba a de ist aber die Kreisbahn", wie Lindblad hervorhebt, (nach brieflicher Mitteilung 1947) der wahre Durch ,,am Rande asymtotisch zu gewissen Spiralbahnen inesserdes Andromedasystems trotzdem nur mit 20000 außerhalb des Svstems, deren maximale Entfernung Parsec angenommen wird. Immerhin ist dadurch mit dem AbplaÜungsgrad des Systems erheblich die lange bemerkte Diskrepanz zwischen dem Milch w·ächst. Eine kleine Herausführung eines Sterns, der straßensystem und den Spiralnebeln nahezu be von 1\nfang an eine I{reisbalm nahe dem Rande ver seitigt. folgt, außerhalb des Haudes wird genügen, um den Entscheidendes Material zur Sirukiurfrage der Stern in eine Spiralbahn zu zwingen." Nun wer~en_e;; Milchstraße hat B. J. Bok (13) in seinen Unter die Unterschiedlichkeiten in den Anfangsgeschwmdig ~nchungen über 'die Verteilung der Sterne im Raume keiten mit sieh bringen, daß die Sterne verschiedenen vorgelegt (1937). Er fand die Dichtigkeit der Sterne Bahnen folgen, ~o daß ein honwgener Nebel~n:n nicl_tt unter Berücksichtigung einer Absorption von 0,4m wahrnehmbar bleibP-11 kann, sondern ledighch em pro 1000 Parsec mit zunehmender Entfernung von aus""ehender A~t. D::~s würde besagen, daß die der Sonne allgemein im Abnehmen begriffen, nicht Spi~alform in gewissem Sinne ein periodische;; aber in Richtung zu den Sternbildern Carina und Phänomen darstellt. Einem solchen Schema lassen Cygnus. In beiden Bereichen, die sich am Himmel sich aber nur die Eigenschaften der Nebelmit schwa gegenüberliegen, bleibt nämlich die Sterndichtigkeit elten regulären Nebelarmen angleichen, wie dies. bei in dem in Sonnennähe wahrgenommenen Umfang dem Spiralnebel M 81 im Großen. Bären zutr~fft, erhalten, so daß hier über die Sonne hinweg Gebiete während sich der ausgeprägte Charakter emes mit gleichmäßig hohen Sterndichten ineinander Spiralsystems nach dem Beispiel des .Jagdhunde überzugehen scheinen. In dieser hier zutage tretenden, nebels ),1. 51 damit nur schwerlich in Gleichklang offenbar langgestreckten und schmalen Zone erblickt brino-en lassen würde. Das heißt, daß insofern nur für Bok greifbare Anzeichen für das Vorhandensein die Außenbereiche der l\Iilchstraße eine Spiralform eines Spiralarms der Milchstraße, dessen sternreiches w<Jhrseheinlich wäre und in der stark verdichteten Inneres unsere Sonne hier umfängt. Damit dürfte auf Zentralregion, die 4/5 der Masse des Milchstraßen empirischer Grundlage vermutlich der erste Nachweis svstems, nämlich 2 · 1011 Sonnelllnassen, umschließt, für die Aufgliederung der .Milchstraßenebene in eine solche Herausbildung noch zweifelhaft bleibt. ~piralarme erbracht sein. Dieses scheint durch neue Beobachtungsergebnisse Ein damit verwandtes Ergebnis wurde von F. in der Tat ~ntschieden zu sein. Becker (14) bei der Bearbeitung des Sternmaterials Vorerst sei noch eine weitere Hypotl1ese von der Potsdamer Spektraldurchmusterung des Süd K. Lundmark (1930) erwähnt, nach der die J\Iilch himmels gewonnen (1938), das sich auf die große straße aus zwei Teilsystemen, nämlich einem Lokal zwischen 240° und 260° gal. Lge. gelegene Sternwolke system und dem hinter dichten \Volken von Sternen (Crux und Carina) stützt und ebenso den Gedanken und Dunkelnebeln verborgenen Sagittariussystern, nahelegt, hier dem Stück einer Spiralwindung der aufgebaut sein sollte. Im Zusammenhang damit unter Milchstraße gegenüberzustehen, besonders da die strich er die mögliche Verwandtschaft der Kugel "Zugrichtung quer zu der Richtung nach dem gelak sternhaufen mit den (damals noch nicht auflösbaren) tischen Zentrum (327° Länge) verläuft". außergalaktischen elliptischen Nebeln, deren grund sätzliche Unterscheidungsmerkmale jedoch, wie wir Nach einer Untersuchung (1945) von D. B. heute wissen, durch die sehr erheblich voneinander M c Lau g h I in (29) über die räumliche Verteilung abweichenden Durchmesser bestimmt werden, die der Novae und ihre Projektion auf die Milchstraßen bei den größten Kugel~ternhaufen 100 Parsec, bei den ebene hat sich ferner die Herausbildung eines Strei elliptischen Nebeln aber 800 bis 1100 Parsec be fens mit größerer Novahäufigkeit gezeigt, worin tragen (10). Außerdem ist die Verschiedenartigkeit möglicherweise weitere Andeutungen auf einen darin der mittleren .\Tassendichte bezeichnend, die in sichtbar werdenden Spiralarm der Milchstraße ge Kugelsternhaufen 40- bis IOOmal größer ist als in geben werden. einem elliptischen· Nebelsystem. Daß andere Beobachtungsgrundlagen (Sternzäh Endlich ist noch eine Deutung von R. J. Trümp lungen) eine zum Teil völlig entgegengesetzte Inter ler (1930) zu nennen, der aus dem Verhalten der pretierung zulassen, haben Untersuchungen von J. H. offenen Sternhaufen zu einem Milchstraßenbild zu Oort (1939) erwiesen, wonach sich die Sonne nicht kommen versuchte. Trümpler (11) identifizierte die im Innern eines sternreichen Spiralarms, sondern in Milchstraße gleichermaßen mit einem Spiralnebel, einem auffallend sternarmen Gebiet zwischen zwei dessen Arme (vom Nordpol der Milchstraße gesehen) derartigen Spiralwindungen aufhält. Der Grund für rechts herum gewunden sein sollten, dem sich aber eine derartige Schlußfolgerung liegt in der unter die Kugelsternhaufen nicht ohne weiteres einfügten. schiedlichen Berücksichtigung der interstellaren Ab Diese Hypothese verlor in dem Augenblick an Wahr sorption. In demselben Maße, wie sternreiche und scheinlichkeit, als das Problem der interstellaren Ab sternarme Felder am Himmel ineinander verzahnt sorption einer Lösung nähergebracht wurde, Hub b le erscheinen, trifft dieses ebenso für den Verlauf der (1932) die Verteilung von Kugelsternhaufen im An Nebelzahlen zu, allerdings mit dem Unterschied, daß dromedanebel entdeckte und wenig später von die Gegensätzlichkeilen in den Sternfeldern nur die Stebbins und Whitford (1934) auf photoelek im Vordergrund lagernde Dunkelmaterie erfaßten, trischem Wege die tatsächliche Ausdehnung des während in dem Verhalten der außergalaktischen Andromedanebels zu 30 000 Parsec gefunden wurde, Nebel ein Eindruck von der gesamten im Milch- Heft 5 J Wattenberg: Die Milehstraße als Spiralnebel. 136 1948 straßensystem wirksamen Absorption hervortritt. ·während B o k und andere Forscher von einer gleieh mäßigen Verteilung der absorbierenden Materie symmetrisch zur Milchstraßenebene ausgingen. greift das von Oort angewandte Verfahren darüber hinaus, da es einerseits eine strengere Lokalisierung der Absorptionsbereiche anstrebt und andererseits durch ein gerraues Studium der Nebelverteilung in der Nähe des Milchstraßenbandes die bestebenden Unregel mäßigkeiten eindrucksvoll herausstellt. Stellenweise erreicht die Absorption eine lichtauslöschende Wir kung von 2,5m; allein das verblüffende Ergebnis dieser sorgfältigen Untersuchungen besteht darin, daß die Sterndichtigkeit in der Umgebung der Sonne sowohl in Richtung zum i\lilchstraßenzentrum als t auch entgegengesetzt mit anwachsender Entfernung größer wird. Diese Erscheinung tritt in einem Quer Fig. 3. Schematische Uat·stellung des Milchstraßensyslems, wie es schnitt durch die Milchstraßenebene (Fig. 2) auffällig .einem Beobachter außerhalb des galal<tischen Raumes erscheinen würde. Die Sonne (durch Pfeile angezeigt) besitzt eine stark exzen hervor. Wir sehen darin die Sonne (®) zwischen zwei trische Stellung. Die dunklen Gebiete in der Längsachse deuten sternreichen Gebieten, innerhalb derer die Zonen mit die Lage lichtloser Materie und die Punkte außerhalb der Mittel- ebene die Anordnung der lmgelförmigen Sternhaufen an. gleichen Sterndichten durch Isophoten verbunden sind, so daß ein Bild von der Existenz zweier Spiral •Z arme entsteht, die hier im Querschnitt vorliegen. Damit hat sich die empirische Forschung der Milch 1600 straßenstruktur in einer Weise genähert, die der 1200 Spiralform des Sternsystems, die durch Analogie 800 schlüsse ohnehin schon als gesichert gelten durfte, eine bestätigende Festigung verleiht. 'HJO (Fortsetzung und Schluß folgt.) Lileralur. (1) \Vatlenberg, 0., Die Nalurwissenscha!Len, 34. Jg., H. 6. (1947). - (2) Shapley, H., Harvard Circular Nr. 350 (1930). 800 (ß) Pahlen, E. v. d., Lehrbuch der Stellarstatistik, Leipzig (1937). - (4) Hecker, W., Die Himmelswelt, 49. Jg., S. 81 (1939). - 1200 (5) Baade, W., Astrophys. Journ. 100, S. 147 =Mt. Wilson-Contr. Nr. 697 (1944). - (6) Becker, W., Sterne und Sternsysteme, 1600 Dresden 1942. - (7) Easton, C., Astrophys. Journ. 12 (1900), S. 136 und: ebda. 37 (1913), S. 105.-(8) Jeans, J. H., Astronomy ~~zo~o~o~~,o~o~o~--~o~~~w~oo~~~z~oo~o~ and Co_s mogonie, Garnbridge (1928).-(9) Lind blad, B., Handb. d. Yo (Parsec)· Astrophysik, Bd. V/2 (1933) S. 1073. - (10) Müller, H., Die Himmelswelt, 55. Jg., H. 3/4 (1948). - (II) Trümpler, H. J., Bull. ol the Liek Observatory 14, S. 154 (1930). - (12) Williams, Fig. 2. Schnitt durch das Milchstraßensystem nach 0 o r t. Die R. C. und Hiltner, W. A., Pub!. Michigan Obs. 8, Nr. 7 (1941). Kurven verbinden gleiche Sterndichten, während die beschriebenen ( 13) ll o 1<, B. J ., The distribution of the stars in space,Chicago (1937). Zahlenwerte sich auf die Sterndichte in der Sonnenumgebung als - (14) Beeker, Fr., Zeitschr. l. Astrophys. 19 (1939), S. 50 und: Einheit beziehen. Einführung in die Astronomie, 2. Auf!., Leipzig (1947), S. 116.