METZLER LEXIKON ANTIKER BILDMOTIVE METZLER LEXIKON ANTIKER BILDMOTIVE Von Percy Preston Obersetzt und iiberarbeitet von Stela Bogutovac und Kai Brodersen Mit Abbildungen von Abgiissen aus der Mannheinzer Antikensaalgalerie von St~fanie Eichler J. Verlag B. Metzler Stuttgart · Weimar IV Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufinhme Preston, Percy: Metzler-Lexikon antiker Bildmotive I von Percy Preston. Ubers. und iiberarb. von Stela Bogutovac und Kai Brodersen. - Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1997 ISBN 978-3-4 76-01541-9 ISBN 978-3-4 76-01541-9 ISBN 978-3-476-03699-5 (eBook) DOl 10.1007/978-3-4 76-03699-5 Dieses Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung aul3erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur VervieWiltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 1997 Springer-Verlag GmbH Deutschland Urspriinglich erschienen bei J. B. Metzlerche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stugart 1997 Titel der amerikanischen Originalausgabe: Percy Preston, A Dictionary of Pictorial Subjects From Classical Literature. A Guide to their identification in works of art. © 1983 Springer-Verlag GmbH Deutschland Urspriinglich erschienen bei Percy Preston 1983 Originalverlag: Macmillan Library Reference, An Imprint of Simon & Schuster Inc., New York, New York, USA v lNHALT Einleitung Vorwort ...... . VI Einftihrung . . . . . VII Liste der Stichworte XI Lexikon antiker Bildmotive von »Abschied« bis »Zwilling« Anhang Griechische Namen und ihre romischen Entsprechungen 234 Verzeichnis der abgekiirzt zitierten Werke antiker Literatur 235 Ausgaben und Obersetzungen der zitierten antiken Werke 239 Weiterftihrende moderne Literatur 245 Abbildungsverzeichnis . . . . . . 247 VI VORWORT Welche Mythen und Legenden, welche Personen und Szenen der Antike sind auf einem Kunstwerk dargestellt? Wie lassen sich literarische Vorlagen des Kiinstlers ermitteln, wenn wir nur das Kunstwerk kennen? Antworten auf Fragen dieser Art sucht das vorliegende Werk zu geben. Sein Verfasser, Percy Preston (28.6.1914-11.6.1989), hat an der Princeton University Kunstgeschichte und an der Columbia University Altertumswissenschaft studiert und war 35 Jahre lang Lehrer fi.ir antike Sprachen und fur die Kultur des Altertums an der angesehenen St. Paul's School in Concord, New Hampshire, USA. Das hier in einer von uns iiberarbeiteten Obersetzung vorgelegte Werk stellt die Summe seiner Erfahrungen dar; mit welchem Engage ment und welcher Liebe zu seinem Thema er dabei vorgegangen ist, bezeugt jede Seite aufs Neue. Zu diesem Buchprojekt hatte den Autor, wie er schreibt, Professor Rensselaer W Lee ennuntert, Anregungen hatte er von John R. Martin und W Robert Connor (Princeton), Frances F. Jones (Princeton Art Museum), Charles Scribner III. und den Mitarbeitern der Marquand Library sowie der Firestone Library erhalten. Fi.ir die amerikanische Erstausgabe im Verlag Charles Scribner's Sons in New York hatten ihm Charles Scribner Jr. und Jacqui'S Barzun Rat und Hilfe bei Auswahl und Prasentation des Materials gegeben, Lynda Emery hatte sich um die Schreibarbeiten, Marshall De Bruhl und Janet Hornberger um die Her stellung sowie insbesondere Christiane Deschamps tml das Lektorat verdient gemacht. Die deutsche Ausgabe verdankt ihre Entstehung der Initiative und dem Engagement von Oliver Schiitze vom Verlag J.B. Metzler in Stuttgart. Wir haben uns bemiiht, die Niitzlichkeit des Originals als Nachschlagewerk durch ausfiihrlicherc Stellenangaben, vermehrte Quer verweise und einen vollig neu erarbeiteten Anhang zu erhohen. Alle Abbildungen stammen aus der Antikensaalgalerie im Mannheimer SchloB, die vom Archaologischen Seminar der Universitat Mannheim betreut wird; dessen Leiter, Reinhard Stupperich, danken wir fUr die Abbildungserlaubnis, Stefanic Eichler fUr die Herstellung der Photographien, die eigens fiir diese Ausgabe angefertigt worden sind; unterstiitzt wurde sic dabei dankenswerterweise von Nicole Albrecht und Stefan Eichler. Wiedergegeben sind ausschlieHlich neuzeitliche Abgiisse antiker Kunstwerke, die in Mannheim seit der Barockzeit gesammelt und der interessierten Offentlichkeit prasentiert wurden und heute in der Universi tat im Mannheimer SchloB zuganglich sind. Sie zeugen vom viel£iltigen Nachleben der I3ildwerke aus dem Altertum und somit von einer lebendigen Tradition antiker Bildsymbole, deren Identifizierung das vorliegende Buch allen an der Antike und ihrem Nachleben Interessierten erleichtern will. Institut fur Altertumswissenschaft und Klassische Tradition der Universitat Mannheim, im Friihjahr 1997 Stela Bogutovac Kai Brodersen VII EINFUHRUNG Dieses Buch verdankt seine Entstehung meiner Tochter. Ihr war aufgefallen, daB es an einem Nachschlagewerk mangelt, das allen, die sich ftir antike Bildmotive in der Kunst von der Antike bis in die Gegenwart interessieren, die Identifizierung jener Motive erleichtert. Sie arbeitete damals an einem Museum und war mit einem Gemalde des 16. Jahrhunderts im Stil des Paolo Veronese befaBt, das unter dem Titel »Apollo und Daphne<< katalogisiert war, aber etwas anderes darstellte, als der Mythos ihrer Erinnerung nach besagte. Neugierig geworden suchte sie in den Bibliotheken von Boston und Cambridge/Mass. nach Informationen, doch da sie keine der dargestellten Figuren namentlich identifizieren konnte, halfen ihr die iiblichen, nach antiken Namen geordneten Nachschlagewerke zur antiken Mythologie nicht weiter. Sie ahnte aber, daB es sich um eine Szene handeln konnte, die in Ovids Metamorphosen beschrieben sein konne, las dieses Werk und stieB wirklich im zehnten Buch auf eine Passage, in der die Geburt des Adonis beschrieben wurde - was genau zu der Darstellung auf dem Bild paBte. Die richtige Antwort hatte meine Tochter also doch gefunden; ware aber die antike Vorlage nicht zufallig tatsachlich Ovid gewesen, hatte sie vergeblich gesucht. Sie sagte mir - als jemandem, der lange als Lehrer ftir antike Sprachen und ftir die Kultur des Altertums tatig gewesen war und der auch eine gewisse Erfahrung mit der Kunstgeschichte hatte -, wie interessant und niitzlich es sein konne, wenn Probleme von der Art, wie sie sie gerade erlebt hatte, durch ein Nachschlagewerk gelost werden konnten. Mein Interesse war sogleich wachgerufen. Der erste Schritt bestand natiirlich darin, herauszufinden, ob es ein solches Werk bereits gebe, etwa als Nebenprodukt der deutschen Lexikographie. Meine Recherchen in Bibliotheken und Nachfragen bei Kunsthistorikern, Altertumswissenschaftlern und anderen Gelehrten fiihrten mich zu der Meinung, daB ein solches Buch noch nicht vorgelegt worden sei, aber willkommen ware. Sodann stellte sich die Frage, wie man ein Werk dieser Art erstellen konnte: Die Mythen und Legenden des Altertums muBten so prasentiert werden, daB jeder, der ein auf antiken Stoffen beruhendes Kunstwerk betrachtet, durch Nutzung dieses Buches ermitteln kann, wer oder was auf dem Bild dargestellt ist und bei welchem antiken Autor man mehr iiber die dargestellte Szene lesen kann. Daraus ergab sich, daB ein Verzeichnis benotigt wird, das die jeweiligen Besonderheiten bei der kiinstlerischen Wiedergabe antiker Mythen und Legenden verzeichnet, ohne daB der Betrachter den Namen dieser Figur kennen muB. Zu beschreiben waren vielmehr die grundlegenden spezifischen Merkmale einer Figur oder die besonderen Aktivitaten einer Figur in der jeweiligen Szene. Kurz: Die Stichworte sollten keine Eigennamen sein, sondern vielmehr Begriffe wie »Axt«, »Bar«, >>Essen« oder >>Krieger«. Freilich liel3 sich angesichts der riesigen Zahl von Kunstwerken, in denen von der Antike bis in die heutige Zeit antike Myth en und Legenden dargestellt sind, ein solches Verzeichnis nicht durch deren Betrachtung und Auswertung erstellen (auch der jiingste solche Versuch, das im Anhang genannte grol3e Werk von Jane Davidson Reid, muBte sich auf die Kunst seit dem 14. Jahrhundert beschranken). Vielmehr bot es sich an, einmal von dem anderen Medium auszugehen, namlich von der antiken Literatur, in der die Mythen und Legenden tradiert sind. EinfOhrung VIII Ich habe also diese Literatur gelesen, im Hinblick auf bildlich darstellbare Szenen ausgewertet und die jeweils markanten Begriffe dann zu Stichworten in diesem Buch gemacht. Als Beispiel daftir, wie man das Buch benutzen kann, mag das eingangs erwahnte, falschlich als >>Apollo und Daphne« bezeichnete Gemalde dienen. Dargestellt sind hier drei Frauen, von denen eine ein Baby halt, wahrend sich die beiden anderen sehr fi.ir das Kind interessiert zeigen. Hinter ihnen steht ein Baum, in dessen unterem Teilman den Oberki:irper einer Frau ausmachen kann. Fiir die Identifizierung sind nun sicher Stichworte wie >>Baby« oder >>Bamn« niitzlicher als >>FraU« oder >>Mann«, da erwachsene Menschen den GroBteil der Bildmotive ausmachen und in den meisten Fallen keine spezifischen Merkmale aufweisen. So finden wir im vorliegenden Buch beim Hauptstichwort >>Baby« Unterstichworte iiber die verschiedenen Umstande, in denen Babies dargestellt werden ki:innen, etwa »Geburt« oder won Mutter oder Amme gehalten«. Unter >>Geburt<< finden wir nun den von Ovid erzahlten Mythos verzeich net, daB Adonis von einem Baum geboren wird, in den die schwangere Myrrha (Smyrna) verwandelt worden war - was den Baum in unserer Szene erklart. Zu demselben Ergebnis kommen wir, wenn wir in der Darstellung der Frau in jenem Baum eine Verwandlung vermuten und unter dem Hauptstichwort »Bamn«, Unterstichwort >>Verwandlung in einen Baum« nachschlagen. Und wenn wir statt dessen bis zur Angabe >>Geburt: Adonis<< weiterlesen, finden wir noch eine weitere, von Ovids Angaben abweichende Darstellung. Das Thema des Bildes ist damit also geklart; um nun aber auch die Namen der drei Frauen und die wundersamen Umstande der Szene zu ermitteln, miissen wir den angegebenen Belegen in der antiken Literatur nachgehen oder zumindest eines der iiblichen Mythologie Lexika zur Hand nehmen, wie sie der Anhang verzeichnet. (lin iibrigen sind die nach ihrer Bedeutung fi.ir die Interpretation, nicht nach der Chronologie ihrer Entstehung angeordneten I3elege in der antiken Literatur auch selten die einzigen Schilderungen der jeweiligen Szene, doch wird jedenfalls die Weiterarbeit mittels der angegeben Quellen oder iibcr Lexika erleichtert.) So erfahren wir, daB Lucina bei der Geburt half und daB das Baby in die Obhut der Najaden gegeben wurde, was die Darstellung auf dem Bild erklart; wir erfahren auch, warum Myrrha schwanger und in einen Baum verwandelt worden war. Die Hauptstichworte bezeichnen also besonders markante Darstellungsmerkmale, die Un terstichworte konzentrieren sich dann in der Regel auf das, was an einer Szene oder Szenengruppe ftir eine bildliche Darstellung spezifisch ist. Wo dies - wie etwa bei >>Boot<<, >>Himmelfahrt« oder >>Zentaur<<-nicht mi:iglich oder ni:itig war, sind die Unterstichworte nach den Namen der Hauptbeteiligten angeordnet; im Zweifelsfall muB man in diesen Fallen also den ganzen Artikel zum Hauptstichwort lesen. Im iibrigen kann das Buch auch alljenen von Nutzen sein, dieThemen wie >>die Zentauren im Mythos« oder >>die Symbolik der Schlange« bearbeiten; hier namlich finden sich rasch vielerlei Belege in der antiken Literatur, mittels derer die Weiterarbeit erleichtert wird. Gelegentlich vermag das Buch auch zur Klarung einer Anspielung-etwa auf ein >>Prokrustes Bett<< - dienen. Und nicht zuletzt kann man dem Buch auch manch vergessenen Namen in einer unvergessenen Szene entnehmen; wer sich also vage an den Mythos erinnert, daB ein Konig Eselsohren bekam, oder den, daB eine Frau einen goldenen Apfel in eine Hochzeits gesellschaft warf und damit die Ereignisse veranlaBte, die zum Trojanischen Krieg ftihrten, findet hier die entsprechenden Namen und Belegstellen in der antiken Literatur. Die gesamte griechische und lateinische Literatur zu Mythen und Legenden von Homer und Hesiod bis zu den Grammatikern und Mythographen des Mittelalters vollstandig auszu werten, ware freilich nicht praktikabel gewesen. Ich habe mich daher auf die wichtigen Werke der griechischen Klassik und der friihen ri:imischen Kaiserzeit konzentriert, aber auch spatere IX EinfOhrung Werke wie die mythographische Bibliothek des Apollodor und den Roman des Heliodor ausgewertet, die spatere Kiinstler wiederholt zu bildlichen Darstellungen angeregt haben. Und da in der Kunst nicht nur mythologische Figuren und Szenen, sondern auch viele Begeben heiten aus der griechischen und der ri.imischen Geschichte wiedergegeben wurden, habe ich auch einige besonders interessante historische Szenen aufgenommen. Ganz ausgewertet worden sind an griechischetJ Werken Homers Ilias und Odyssee, die Homerischen Hymnen und die Werke Hesiods, ebenso die der drei attischen Tragiker Aischylos, Sophokles und Euripides sowie das Argonauten-Epos des Apollonios Rhodios. Ebenfalls ganz ausgewertet wurden Plutarchs Parallelbiographien sowie (zu Alexander d.Gr.) zusatzlich Arrians Anabasis und der Alexanderroman des Ps.-Kallisthenes, auBerdem Pausanias' Beschreibung von Griechenland, Heliodors Roman Aithiopika und Apollodors mythographi sche Bibliothek und Epitome. An latcinisclzell Werken sind die Aeneis des Vergil, die Fasti, Epistulae Heroidum und Metamorphosen des Ovid und die Tragi.idien des Seneca vollstandig ausgewertet worden, ebenso die Vergilkommentare des Servius und die Fabulae des Hyginus wie auch die unter seinem Namen iiberlieferten Poetica Astronomica. Ober weitere Werke der antiken Literatur, die zumindest in Auswahl beriicksichtigt wurden, wei! sie noch andere ftir die Darstellung in der Kunst bedeutende Szenen oder aber Varian ten zu den Angaben der Hauptquellen wiedergeben, inforrniert das Abkiirzungsverzeichnis. Ebenso unpraktikabel wie eine vollstandige Auswertung der antiken Literatur war es, aile denkbaren Motive zu erfassen. Es schien unni.itig, jeden einzelnen Kampf im Trojanischen Krieg aufzunehmen, da es unwahrscheinlich ist, daB die Kampfe der weniger bedeutenden Krieger die Aufmerksamkeit eines Kiinstlers gefunden haben. Ebensowenig ist die Hervor bringung von Nachkommen hier aufgeftihrt, wenn sie in der Literatur allein mit dem Ziel berichtet wird, eine genealogische Linie fortzuftihren, ohne daB dabei Umstande berichtet wiirden, die bildlich interessant darzustellen waren. Oberdies ist ein GroBteil der griechischen und ri.imischen Literatur verloren, weshalb unsere Kenntnis der antiken Mythen und Legenden unvollstandig bleiben muB. Immerhin ist die Handlung in den nicht erhaltenen Tragodien des Euripides oder in den verlorenen Epen des Trojanischen oder des Thebanischen Sagenkreises in nicht geringem Umfang a us Fragmenten, Zitaten und Synopsen bei spateren Autoren bekannt. Und auch so finden wir auf antiken Kunstwerken - vor all em auf Vasenbildern - Szenen, die uns in der erhaltenen antiken Literatur nicht begegnen und die das vorliegende Buch daher auch nicht erhellen kann. Als die griechischen Mythen und Legenden von ri.imischen Autoren nacherzahlt und ausgeschmiickt wurden, fanden oft latinisierte Formen der griechischen Namen der Beteilig ten oder aber die lateinischen Namen vergleichbarer ri.imischer Gottheiten anstelle der griechischen Namen Verwendung. In der Regel werden in diesem Buch nur die griechischen Namen angegeben, auch wenn neben den griechischen die lateinischen Quellen zitiert sind, in denen diese lateinischen Namensformen verwendet werden-es ware doch allzu schwerfallig gewesen, jedesmal »Zeus/ Jupiter« zu schreiben. Um Verwechslungen zu vermeiden, gilt dies auch in den Fallen, in denen nur lateinische Belege zitiert werden: Wenn also die Mutter des Aneas in Szenen erscheint, die kein Teil der griechischen Tradition sind (etwa in Vergils Aeneis), so wird sie als Aphrodite bezeichnet, wiewohl Vergil sie Venus nennt. (Bei Aphrodite/Venus ist dieses Vorgehen iibrigens besonders gut begriindet, da Vergil ausdriicklich betont, jene Venus habe keineswegs die Eigenschaften der obskuren italischen Gottheit gleichen Namens, aber unklarer Abstammung, sondern eben die der Aphrodite). Wird man also zu einer Passage in Ovids Eintohrung X l\1ctamorphosCil (Or'. met. 9, 292f) geftihrt und erwartet man dort den Namen Eileithyia, findet aber nur Lucina, so entspricht dies unserem Prinzip. Uber die iiblichen Gleichsetzungen griechischer und lateinischer Namen informiert die Liste im Anhang des Buches. Nur gelegentlich werden doch lateinische Namen verwendet, und zwar bei den Geweils an den Beginn eines Stichworts gestellten) Eintragen i.iber die Attribute von Gottheiten. Darin spiegelt sich wider, wie zu einer spateren Zeit, in der Latein im Westen zur »Weltsprache<< geworden war, die Gotter Homers und Hesiods zu Gottheiten geworden waren, die eine breitere Macht als jene innehatten und daher zusatzliche, teils auch andere Attribute als die von den Griechen vergebenen erhielten. Die Angaben zu den Attributen sind im i.ibrigen n1eist den im Anhang genannten Werken von Cartari, Hirt, Smith und de Tervarent entnommen. Attribute konnen ja tatsachlich zur Identifizierung einer Figur beitragen, doch sollte man sich der Tatsache bewuBt sein, daB sie von den Ki.instlern nicht immer einheitlich verwendet wurden. Und wenn - wie im eingangs genannten Beispiel von Myrrha (Smyrna) - nach einem Namen ein weiterer in Klammern genannt wird, handelt es sich in der Regel um einen Alternativnamen oder aber einen Namen, der eine Figur identifiziert, die eine andere Erscheinungsform erhalten hat, wie etwa Mentor (Athene) oder auch ein Bettler (Odysseus). Schliefllich stehen gelegentlich notwendige Ubersetzungen von Eigennamen - wie etwa Lyssa (der Wahnsinn) - ebenfalls in Klammern. Bei der Benutzung dieses Buches muB man natiirlich stets die ki.instlerische Freiheit beri.icksichtigen, die den Schopfern der Bildwerke zusteht. Ein Ki.instler muB sich nicht an eine getreue Wiedergabe einer Szene, die er der mythologischen Tradition entnommen hat, gebunden ftihlen. Die Szene etwa, in der Aneas seine neue Ri.istung erhalt, kann aus dem Wald, in dem sie in Vergils Aeneis spielt, an die Ki.iste verlegt werden (wie dies Jacob Jordaens getan hat), oder Orpheus kann in zeitgenossischer Kleidung erscheinen und statt der Leier cine Mandoline oder auch eine Gcige zum Klingen bringen. Meist treilich beschrankt sich solche ki.instlerische Freiheit auf die Ersetzung einer Sache - etwa einer Waffe - durch eine andere. Um diesem Problem zu begegnen, bin ich zweierlei Wege gegangen. Zum einen versuche ich gelegentlich, Entscheidungen aus hinstlerischer Freiheit vorwegzunehmen, etwa wenn es hier heiBt, Tullia sei mit einem Wagen (und nicht nur dem weniger spektakularen Karren, den Livius erwahnt) i.iber den Leichnam ihres Vaters gefahren; die Szene erscheint also nicht nur unter >>Karren«, sondern auch unter »Wagen«. Haufiger freilich werden in solchen Fallen nur Querverweise gegeben, ohne daB der Eintrag wiederholt wi.irde. Man findet also unter »Bettler<< auch einen Querverweis auf »Alter Mann<< und auf >>Schiffbri.ichiger«. Dies gilt auch, wenn ein Objekt Ieicht mit einem anderen zu verwechseln ist; ein Stein etwa mag als Apfel, Ball, Brotlaib oder Ei erscheinen, und wenn der Eintrag unter >>Stein<< nicht weiterfiihrt, wird es sich lohnen, unter den anderen Stichworten nachzuschlagen. So mochte das Buch dazu beitragen, die Namen der Dargestellten und die literarischen Vorlagen einer hinstlerischen Darstellung von antiken Mythen und Legenden zu ermitteln. Percy Preston