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Metastasio im Deutschland der Aufklärung: Bericht über das Symposion Potsdam 2002 PDF

269 Pages·2002·8.602 MB·German
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Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung Herausgegeben von der Lessinß-Akademie Band 28 Metastasio im Deutschland der Aufklärung Bericht über das Symposium Potsdam 1999 Herausgegeben von Laurenz Lütteken und Gerhard Splitt Max Niemeyer Verlag Tübingen 2002 Gedruckt mit Unterstützung der Stiftung Franz Xaver Schnyder von Wartensee Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-484-17528-1 ISSN 0342-5940 © Stiftung Franz Xaver Schnyder von Wartensee 2002 (Zentralbibliothek Zürich) Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz und Druck: Guide Druck GmbH, Tübingen Einband: Buchbinderei Geiger, Ammerbuch Inhalt Laurenz Lütteken, Gerhard Splitt Vorwort VII Volker Kapp Metastasio und die Aufklärung ι Theodor Verweyen Metastasio in Wien: Stellung und Aufgaben eines »kaiserlichen Hofpoeten« 15 Christoph Henzel »Dichter der Regenten und der Hofleute« Metastasio an deutschen Fürstenhöfen 59 Albert Meier Südliche Lektüren im Norden Überlegungen zur Präsenz italienischer Autoren im literarischen Wissen der deutschen Aufklärung 73 Jörg Krämer Ein »für die musikalische Poesie höchst musterhafter und klassischer Dichter« Metastasio und das deutsche Singspiel 85 Michele Calella Metastasios Dramenkonzeption und die Ästhetik der friderizianischen Oper 103 Susanne Schaal-Gotthardt Nationaloper versus dramma per musica? Das Singspiel Günther von Schwarzburg 125 Laurenz Lütteken Metastasio im Spannungsfeld der deutschsprachigen Opernkritik des 18. Jahrhunderts 141 VI Inhalt Gerhard Splitt Zwischen Einverständnis und Kritik Metastasio in der Opernpoetik Christian Gottfried Krauses 157 Hartmut Grimm Johann Adam Hillers Metastasio-Apologie 183 Christine Fischer »Metastasio l'a cruellement mutilé« Der Einfluß Metastasios auf das Werk der Maria Antonia Walpurgis 193 Wolf gang Hirschmann Metastasios Oratorientexte im Deutschland des 18. Jahrhunderts Adaptionen und Transformationen 217 Personenregister 247 Vorwort Im Februar 1786, inmitten der fast qualvollen gemeinsamen Arbeit an Scherz, List und Rache, sandte Johann Wolfgang Goethe aus Weimar einen Brief an den in Zürich wei- lenden Frankfurter Jugendfreund Philipp Christoph Kayser. Neben der allgemeinen Ermutigung, die Sache endlich zum Abschluß zu bringen, wird bereits über ein neues Unternehmen nachgedacht: »Lassen Sie uns iezt vor allen Dingen die erste Oper endi- gen, Sie sollen alsdenn einige Stücke, und eine Ubersicht von der zweyten erhalten, und auch nach Belieben sogleich daran anfangen. Sodann bin ich bereit auch zu einer ernsthaften Oper zu helfen, über deren Manier wir uns zum voraus vergleichen mü- ßen. Wir werden am besten thun dem Fußpfad des Metastas zu folgen, ein erhabenes rührendes Sujet zu wählen, nicht über sechs Personen zu steigen, weder allzugroße Pracht noch Dekorationen zu verlangen, für Chöre zu sorgen, und so weiter. Das alles wird sich finden wenn wir der Sache näher kommen, und uns durch die Opera Buffa erst mit und an einander gebildet haben.«1 Es ist erstaunlich, daß hier als Vorbild einer ernsten deutschsprachigen Oper ohne großes Zögern Metastasio genannt wird: im Hinblick auf den Stoff, die Figurenkonstellation, die Bühnenausstattung und, darauf wird das vieldeutige »und so weiter« wohl verweisen, auf die grundsätzliche Beschaf- fenheit einer zur Vertonung bestimmten Poesie. Die geradezu selbstverständliche Berufung auf den zum Ahnherren der musikali- schen Poesie< erhobenen kaiserlichen Hofdichter ist bei näherem Hinsehen keines- wegs so ungewöhnlich wie es zunächst erscheinen mag, im Gegenteil. Schon eine flüchtige Prüfung des Sachverhaltes ergibt, daß Metastasio in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts überaus präsent gewesen ist gerade in einem Umfeld, in dem man das nicht vermuten würde, nämlich in jenen Zentren, die man gemeinhin der nord- und mitteldeutschen Aufklärung zurechnet. Daniel Schiebeier (1741-1771) etwa, jung ge- storbener Jura-Student in Göttingen und Leipzig, wußte nach den Worten seines po- stumen Herausgebers Johann Joachim Eschenburg Metastasios Werke »zu ganzen Scenen, auswendig, und wünschte nichts mehr, als ihm nacharbeiten, und eine deut- sche Oper liefern zu können«.2 Für den hamburgischen Senatssyndikus Jacob Schu- 1 Johann Wolfgang Goethe an Philipp Christoph Kayser, Weimar, 28.02.1786; ed. in: Goethes Werke. Hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. IV. Abtheilung. Goethes Briefe. 7. Band. Weimar. 1. Januar 1785-24. Juli 1786. Weimar: Böhlau 1891, S. 184-188, hier S.185. 2 Johann Joachim Eschenburg: Nachricht des Herausgebers von dem Leben und Charakter des Dichters. In: Daniel Schiebeier: Auserlesene Gedichte. Hg. von Johann Joachim Eschenburg. Hamburg: Bode 1773, S. Vff., hier S.XXIV. Vili Vorwort back (1726-1784), der selbst drei möglicherweise von Schiebeier übersetzte Metasta- sio-Dichtungen vertont hat,3 war der kaiserliche Poet »der beste musicalische Dich- ter«.4 Und Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), seines Zeichens preußischer Hof- kapellmeister, befand, Metastasio habe »sich durch Zartheit und Wohlklang des Aus- drucks beym Leser den Ruhm des größten musikalischen Dichters erworben«.5 Diese Urteile sind um so verblüffender, als in Göttingen, Leipzig oder auch Hamburg das Paradigma der metastasianischen Kunstform, das dramma per musica, gerade nicht zum lebensweltlichen Kontext gehörte, lediglich Berlin ist hier ein komplizierter Son- derfall. Gerade dort aber, wo man das dramma per musica gemeinhin nicht aus erster Hand kennen konnte, ist Metastasio zur weithin akzeptierten Bezugsgröße avanciert, sowohl in den zahlreichen musiktheatralischen Erneuerungsversuchen wie Singspiel, Melodrama oder >musikalischem Drama< als auch in Gattungen jenseits der Oper, ja sogar in musikalischen Zusammenhängen jenseits der Vokalmusik. Bedenkt man diesen Sachverhalt, so ist das Thema des Symposions, das vom 13. bis 16. Oktober 1999 im Forschungszentrum Europäische Aufklärung in Potsdam statt- gefunden hat, bereits benannt. Denn die eigenartige Präsenz Metastasios in der nord- und mitteldeutschen Aufklärung ist bisher erst in Ansätzen erforscht, und es war ein dezidiertes Ziel des Kolloquiums, diese Ansätze zusammenzuführen, zu weiten und ihnen eine übergeordnete Perspektive zu verleihen. Gleichwohl ist damit noch nicht begründet, warum sich ausgerechnet Musikwissenschaftler dieses Themas annehmen, denn Metastasio ist ein Dichter, ein italienischsprachiger dazu, und damit alles in allem gerade nicht disziplinär-musikologischer Forschungsgegenstand. Seine vor allem in Wien geschaffene poetische Kunstform ist jedoch literaturgeschichtlich wirksam ge- worden in Konzeptionen, die für die Musik bestimmt und auf die Musik gerichtet wa- ren. Der Dichter, so sehr er sich selbst als Poet definiert hat, ist bevorzugt zur musika- lischen Bezugsgröße geworden, er war, wie auch in Goethes Vorsatz ersichtlich, rele- vant in der Regel dann, wenn es um die Musik ging. Dieser irritierende Sachverhalt, daß ein Poet zu einer zentralen Autorität in musikalischen Belangen werden konnte, mag also Rechtfertigung dafür sein, daß sich Musikwissenschaftler seiner gleichsam bemächtigt haben, wobei, und darauf weist die interdisziplinäre Mischung dieses Symposions hin, eine disziplinäre Isolierung weder angestrebt war noch sinnvoll oder überhaupt zu rechtfertigen ist. Metastasio scheint vor allem musikhistorische Interes- sen zu wecken - ohne ein musikgeschichtlicher >Gegenstand< zu sein. Von daher erklärt sich auch die Anlage des Symposions selbst, in dem das Problem von verschiedenen Seiten aus eingekreist worden ist. Divergierende zentrale Kontexte bedurften dabei vorab grundsätzlicher Klärung. So hat sich Theodor Verweyen eines J Betrachtungen und Leiden unseres Erlösers (1763, La passione di Gesù Cristo), Die Rettung Bethuliens (1773, Betulia liberata), Joas (1777, Gioas, re di Giuda)·, vgl. Kurt Stephenson: Art. Schuback. In: MGG 12, 1965, Sp. 94Í. 4 [Jacob Schuback:] Von der Musicalischen Declamation. Göttingen: Wittwe Vandenhoeck 1775, S.93; vgl. auch die Rezension in: Johann Nicolaus Forkel (Hg.): Musikalisch-kritische Bibliothek. Bd.3. Gotha: Ettinger 1779. Reprint Hildesheim: Olms 1964, S.226-235. ' [Johann Friedrich Reichardt:] Ueber das deutsche Singeschauspiel. In: Musikalisches Kunst- magazin ι, 1782, S. 161-166, hier S. 161. Vorwort IX bislang vollständig vernachlässigten Themas angenommen, nämlich der Frage, welche institutionelle (und damit immer reichspolitisch relevante) Funktion einem kaiserli- chen Hofpoeten überhaupt zukommt. Denn von unbestrittener Bedeutung für die Rezeption des Dichters selbst dürfte auch seine Stellung gewesen sein. Wenn man an- dersherum die nord- und mitteldeutsche Aufklärung zu berücksichtigen gedenkt, dann ist auch zu fragen, wo Metastasio qua Gattung überhaupt präsent gewesen ist. Auch das ist weniger leicht zu beantworten, als es den Anschein hat, und Christoph Henzels Uberblick verschafft dazu erste wichtige Informationen. Die Italienischspra- chigkeit stellt ein besonderes Rezeptionsmoment dar, vielleicht auch eine Rezeptions- schwierigkeit, allemal in einer Gesellschaft, deren intellektuelle Selbstbeglaubigung, im Gegensatz zur musikalischen übrigens, vor allem auf Frankreich, zunehmend auch auf England, nicht aber auf Italien gegründet war. Albert Meier hat deswegen der Re- zeption italienischer Autoren in der deutschen Aufklärung nachgespürt. Im Blick auf die Rezeptionsformen einzelner Gattungen war Jörg Krämer mit der Rolle Metastasios im Hinblick auf das deutsche Singspiel beschäftigt, jene Gattung al- so, die im Weimar Goethes und Wielands besondere Attraktivität besessen hat. Miche- le Calella hat, gewissermaßen parallel dazu, den Suchfokus auf Berlin und die Opern- konzeption am friderizianischen Hof eingestellt. Die Gattung der >Nationaloper<, wie sie sich vor allem in den Versuchen Kleins und Holzbauers bzw. Wielands und Schweizers herausbildet, und die Rückbindung an die metastasianische Konzeption steht im Mittelpunkt des Beitrags von Susanne Schaal. Der unmittelbaren musikästhe- tischen Rezeption sind mehrere Beiträge gewidmet, und zwar einerseits der Rolle Me- tastasios in der deutschsprachigen Opernkritik des 18. Jahrhunderts, andererseits zwei bedeutenden Texten, die so etwas wie den Rahmen der musikästhetischen Dis- kussion abstecken: Von der musikalischen Poesie von Christian Gottfried Krause, 1752 erschienen, und Ueber Metastasio und seine Werke. Dieser 1786 publizierten Apologie des späteren Thomaskantors Johann Adam Hiller hat sich Hartmut Grimm gewidmet. In einem Ausblick wurde dann die Rolle Metastasios jenseits der Oper erörtert, zu- nächst ein Aspekt, der bisher ebenfalls weithin unbeachtet geblieben ist, nämlich die Tätigkeit als >Lehrer<, der sich Christine Fischer im Blick auf Maria Antonia Walpur- gis gewidmet hat. Daß Metastasio auch eine überragende Rolle als Oratorienlibrettist gespielt hat, ist selten anerkannt und beachtet worden. Wolfgang Hirschmann hat sich des komplexen Themas am Beispiel vergleichend untersuchter Oratorienübersetzun- gen angenommen. Daß sich Metastasios Bedeutung jedoch auch auf nicht-vokalmusi- kalische Zusammenhänge erstreckt, war gleichfalls Gegenstand des Symposions, doch haben widrige Umstände die Aufnahme des Beitrags von Renate Groth in diesen Band leider verhindert. Selbstverständlich kann eine solche Tagung nur erste Pflöcke in ein weithin noch unbestelltes Areal rammen, und so beschreiten die meisten der Referenten hier Neu- land. Einige ursprünglich für die Tagung vorgesehene Themenkreise haben auf Grund unvorhersehbarer Hindernisse nicht Eingang in diesen Band gefunden. Zu den grund- sätzlichen Problemen gehört etwa auch die Tatsache, daß Metastasio als Bühnenautor den vielfältig als Metapher deutbaren und gedeuteten Bühnenraum grundlegend ge-

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