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Menschen auf der Flucht und die Bedeutung ihrer Dinge: Eine gegenstandsbezogene Theoriebildung im doppelten Sinne PDF

121 Pages·2018·3.51 MB·German
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Elena Höpfner Menschen auf der Flucht und die Bedeutung ihrer Dinge Eine gegenstandsbezogene Theoriebildung im doppelten Sinne Menschen auf der Flucht und die Bedeutung ihrer Dinge Elena Höpfner Menschen auf der Flucht und die Bedeutung ihrer Dinge Eine gegenstandsbezogene Theoriebildung im doppelten Sinne Elena Höpfner Berlin, Deutschland Masterarbeit Freie Universität Berlin, 2016 ISBN 978-3-658-20756-4 ISBN 978-3-658-20757-1 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-20757-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Danksagung Zum Gelingen dieser Arbeit haben viele Menschen auf unterschiedliche Weise beigetragen.AndieserStellemöchteichdafürvonganzemHerzenDankesagen. ZuerstgebührtmeinDankallenMenschen,dieichindieserStudiebefragthabe. Sie haben mir Vertrauen geschenkt, mir Einblicke in ihre Lebenswelt und ihre DingweltgegebenundmirihreGeschichte,ihreHoffnungenundWünscheanvertraut. OhnedieseMenschenwäredasSchreibendieserArbeitnichtmöglichgewesen. EinbesondererDankgehtanLück,Karo,Ceyda,Leonor,Benne,Christa,Jonas, Louisa,Rabea,Marle,Miri,MiriFree,Zulfia,Nic,meinegroßartigeWGundmeine wundervolleFamilie,diemirwährenddergesamtenZeitmitihremWissen,ihrer Tiefgründigkeit,ihremOptimismus,ihrerHilfsbereitschaft,ihrenAnregungenund DenkanstößenzurSeitestanden. Ebenfalls möchte ich mich bei meinen Erst- und Zweitgutachter*innen, Prof. Dr.AidaBoschundProf.Dr.MarkusKienscherfbedanken,dieanmichundmei- ne Ideen geglaubt, mich stets mit Ratschlägen und Tipps unterstützt und mir die Möglichkeitgebotenhaben,andiesemThemazuarbeiten. Nichtzuletztbedankeichmichbeiallen,diediePublikationdieserArbeitfinanzi- ellunterstütztundsomitermöglichthaben. v Inhaltsverzeichnis VorwortundVor-Bilder:SensibilisierendeProjekte .................... 1 1 Einleitung:EinegeplanteReiseinsUngewisse ..................... 5 2 GesellschaftlicheundwissenschaftlicheKontexte:Menschenund DingeaufderFlucht............................................ 9 2.1 Zu:Flucht,FlüchtenundFlüchtlingen ......................... 9 2.2 ZurRelevanzderDingeindenSozialwissenschaften:Sozialeund symbolischeFunktionenderDinge............................ 13 2.2.1 DimensionenderMensch-Ding-Beziehungen............. 14 2.2.2 DingeinBewegung:Umzug,MigrationundExil.......... 19 3 Die Methoden der gegenstandsbezogenen Theoriebildung im doppeltenSinne................................................ 23 3.1 DieinduktiveMethodikderGroundedTheory .................. 24 3.2 DingealsSchlüssel ......................................... 26 3.3 ZudenInterviewsunddenFotografien......................... 28 3.4 AbwartenundTeetrinken:WichtigeEindrückeundProblemeimFeld 31 4 EmpirischeErgebnisseaufdreiEbenen........................... 35 4.1 AuswahlkriterienundBeschreibungsmusterderBefragten ........ 35 4.2 Fallbeispiele:SprechendeFälle ............................... 37 4.2.1 Abdul,Indira undihre Söhne– „Weil wirsind esin Russlandgewöhnt,dasssichfürunsniemandinteressiert.“ . 38 4.2.2 FawadausAfghanistan–„(...)abermanwillmanchmal auchwieeinMenschleben.“........................... 44 vii viii Inhaltsverzeichnis 4.2.3 ZaynapundihreFamilie–„IneinnormalesLebenkanner wohlnichtmehrzurück.“ ............................. 51 4.3 DingeundihreRolleaufderFlucht ........................... 54 4.3.1 MobiltelefonalsNavigator,Kommunikationsmittelund Fotoalbum .......................................... 54 4.3.2 Kleidung,TaschenundSchmuck:ZwischenNebensache undFluchthelfer ..................................... 57 4.3.3 DingealsZeugen:Fotos,DokumenteundKörper ......... 64 4.3.4 DingedesGlaubens,derGeschichteundderBiografie ..... 67 4.3.5 AlltäglicheDinge,welchedieFluchterträglichermachen .. 72 4.3.6 Existenziellundschnellaufgebraucht:Essen,Trinkenund Geld ............................................... 74 5 EinordnungundErgänzungderempirischenBefunde.............. 81 5.1 EsgehtumdieIdentität ..................................... 83 5.2 EsgehtumErwartungen..................................... 89 5.3 EsgehtumdieErhaltungalltäglicherRituale ................... 93 5.4 EsgehtumsÜberleben...................................... 96 6 DingealsSchlüsselzuFluchtgeschichten?......................... 99 6.1 FlüchtenalskomplexerProzess...............................100 6.2 ZumobjektsoziologischenZugang ............................109 Literatur-undQuellenverzeichnis.................................... 111 Vorwort und Vor-Bilder: Sensibilisierende Projekte Abb.1 links:BilderausHuntingtonsProjekt;rechts:BilderausJumpsProjekt DieFotosaufderletztenSeitehabeichauszweiFotoprojektenzumThemaFlucht ausgewähltundeinandergegenübergestellt.DielinkeSpaltezeigtFotografienaus dem“burninghouse”Projekt.DerFotokünstlerundBloggerFosterHuntingtonfragte: “Ifyourhousewasburning,whatwouldyoutakewithyou?”(Huntington2014)und 2 VorwortundVor-Bilder:SensibilisierendeProjekte ließMenschen1dieseFragebeantworten,indemsieFotosvonihrenausgewählten DingenaufseinenBloghochladen.MansiehtaufdenFotoseineDecke,eineFo- tografieineinemBilderrahmen,eineprofessionelleKameraausrüstung,Schlüssel, einReisepass,Bücher,einNotizheftundeinGeldbeutel.AufanderenBildernwur- denKuscheltiere,Skateboards,E-Gitarren,persönlicheFotos,ausgefalleneBrillen, Buntstifte,LaptopsundanderewichtigeGegenständearrangiertundabgelichtet(vgl. Huntington2014).HuntingtonschreibtandieLeser*innendesBlogs:“It’saconflict betweenwhat’spractical,valuableandsentimental.Whatyouwouldtakereflects yourinterests,backgroundandpriorities.Thinkofitasaninterviewcondensedinto onequestion.”DochwasnehmenMenschenmit,wennihrHauswirklichbrenntund nichtnurdaseigene,sondernauchdasNachbarhaus,dieStraße,dieStadtodersogar dasganzeLand;wennessichnichtnurumeinefiktiveFragehandelt:wenndasLe- benaneinembestimmtenOrtlangfristigbedrohtistundMenschengezwungensind, ihreHeimataufunbestimmteZeitzuverlassen?DierechteSpaltebestehtausBildern ausdemFotoprojekt“What’sinMyBag?WhatRefugeesBringWhenTheyRunfor TheirLives”(Jump2015).DiePersonen,derenGegenständeabgebildetwurden,sind Migrierende,Flüchtende,Asylsuchende.Angesichtsdessenistdavonausgehen,dass dieAuswahldermitzunehmendenDingeandersausfälltalsdiedeserstenProjekts(s. Bild1).DasInternationalRescueCommitee2zusammenmitdemFotografenTyler JumpdokumentiertenGeschichtenundTascheninhaltederflüchtendenMenschen. Zu sehen sind u.a. Hygiene- und Arzneimittel, Handys, Kleidungsstücke, Essen, aberauchkleineErinnerungenanundGeschenkevonFreunde(n)oderFamilien- mitglieder(n)(vgl.Jump2015).ImGegensatzzudenvonHuntingtongesammelten GegenständenhandeltessichhierhauptsächlichumDinge,welchefürdiePersonen speziellaufihrerReiseundimExilvonBedeutungsind.IhrBesitzerzähltaberauch GeschichtenüberihreVergangenheitundihreHoffnungfürdieZukunft,berichtete dasProjektteam.EinjungerMannausAfghanistannahmeineHautaufhellungscreme und Haargel mit und erzählte dazu Folgendes “I want my skin to be white and hairtobespiked–Idon’twantthemtoknowI’marefugee.Ithinkthatsomeone willspotmeandcallthepolicebecauseI’millegal(sic!)”(ebd.).3 DieserBeitrag zeigt,dassAngstvorderZukunftbzw.AnkunftsichindenDingendergeflüchteten Menschenwiderspiegelt,ebensowiedasBewusstseinüberrassistischeVorurteile undderWunsch,nichtals„Flüchtling”erkanntzuwerden.DieBerlinerFotografin 1AndieserStellemöchteichmichbeiAlbertoundDeedrabedanken,diemirerlaubten,ihreBilder indieserArbeitzuzitieren. 2AndieserStellemöchteichmichbeidemInternationalRescueCommiteebedanken,dasmir erlaubte,ihreBilderindieserArbeitzuzitieren. 3DieseAussagezeigt,dassdieFremdbezeichnungdurchdasAdjektiv„illegal“vonderbefragten PersonbereitszurSelbstbezeichnungübernommenwurde.DennwieSevimDagdelen(2011)von dieLinketreffendzusammenfasst:„EsgibtkeineMenschen,dieillegalsind.EsgibtnurMenschen, dieillegalisiertunddamitkriminalisiertwerden.“ VorwortundVor-Bilder:SensibilisierendeProjekte 3 JuliaSchönstädtkreierteebenfallseineFotoseriezudenDingendergeflüchteten Menschen.Siefragtenach„Dingenausihrer(dergeflüchtetenMenschen)Heimat, [nach]Dinge[n],diesieanihrZuhauseerinnern“(Schönstädt2015).DieFotografien zeigen Dinge, die auf der Reise nicht behindern, oder solche, die den Menschen vielbedeuten:SymboleihresGlaubenswieeineKettemiteinemKreuzoderFotos vonzurückgebliebenenVerwandten.EinjungerManntrugseinAndenkenaufder Haut in Form eines Tattoos. Andere haben nichts mehr, weil alles auf dem Weg verloren ging oder verkauft werden musste (vgl. ebd.). Die Dokumentation „My Escape/MeineFlucht.DokumentederVertreibung“vonElkeSasse(2015)zeigteine Collage,dievorallemausHandyaufnahmen,dieMenschenwährendihrerFlucht gemachthaben,zusammengeschnittenwurde.DasSmartphonemitseinenvielen FunktionenwareinzentralerGegenstanddesFilms,dieVideosundFotos,diedamit gemachtwurden,bestimmendenInhalt.ZusehensindAufnahmenvonderReise nachDeutschland.DieHerausforderungenderFluchtwurdenausderPerspektiveder flüchtendenbzw.geflüchtetenPersonendargestellt.AuchhierwurdenDingegezeigt, dieausdemHerkunftslandmitgenommenwurdenwieeinSchalderMutterodereine HandvollErdeausderHeimatstadt.EbensobesorgtwurdenpraktischeDingewie einRettungsringfürdieÜberquerungdesMeeresmitdenSchlauchbootenodereine SchwimmbrillealsSchutzgegendenwehendenSandfürdenWegdurchdieWüste (vgl.Sasse2015). Alle vorgestellten Projekte ergründeten das Phänomen der Flucht, indem sie sichmitden„materiellen“DingenderMenschenaufderFluchtauseinandersetzten. Durch die Abbildung von Gegenständen haben die Künstler*innen4 potenzielle Rezipient*innen zum Thema Flucht und zu den Geschichten der Menschen, die flüchten mussten, zu informieren und ein Stück weit zu sensibilisieren versucht. DasistauchdasZielmeinerArbeit:IchmöchtedarindenVersuchunternehmen anhanddermitgebrachtenDingedasPhänomenFluchtundihrevielenGesichter zuergründenundaufdiese–ausmeinerSicht–eindringlicheArtundWeiseden Leser*inneneinenEinblick5indiekomplexeThematikzuverschaffen. 4Das*stehtfüralleMenschen,diesichnichtindieheteronormativeGeschlechterordnungeinordnen lassen. 5WeitereauthentischeEinblickeindieseThematikermöglichenPräsentationenundVideosvon undübergeflüchteteMenschenbzw.dasLebenals„Flüchtling“;z.B.derFilm“Thelongway toGermany“(2016)vondenBrüdernAchmedundHamed,URL:https://www.youtube. com/watch?v=t9ErmAnl5Pc(letzterAbrufam13.03.2017)oderdieZDFDokuüberdenKla- vierspielerAehamAhmad,URL:https://www.youtube.com/watch?v=IFSGqeAIIyc (letzterAbrufam13.03.2017).

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