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Mensch und Erzählung: Helmuth Plessner, Paul Ricœur und die literarische Anthropologie PDF

345 Pages·2019·2.812 MB·German
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Preview Mensch und Erzählung: Helmuth Plessner, Paul Ricœur und die literarische Anthropologie

SCHRIFTEN ZUR WELTLITERATUR BAND 9 Marc Weiland Mensch und Erzählung Helmuth Plessner, Paul Ricœur und die literarische Anthropologie Schriften zur Weltliteratur/Studies on World Literature Band 9 Reihe herausgegeben von Dieter Lamping, Mainz, Deutschland In Zusammenarbeit mit Immacolata Amodeo, David Damrosch, Henrieke Stahl, Elke Sturm-Trigonakis, Galin Tihanov und Markus Winkler Der Begriff der Weltliteratur, im 19. Jahrhundert geprägt, hat in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten eine erstaunliche Karriere in der internationalen Literaturwissen- schaft gemacht. Während sein Gegenbegriff, ‚Nationalliteratur‘, inzwischen weit- gehend aus der Diskussion verschwunden ist, gilt ‚Weltliteratur‘ mehr denn je als das wichtigste Konzept für die Beschreibung der Internationalisierung, die inzwi- schen unübersehbar alle Literaturen bestimmt. Längst sind sie nicht mehr inselhaft in sich geschlossen, sondern stehen in vielerlei Beziehungen zueinander. „Schriften zur Weltliteratur“ ist eine komparatistische Reihe, die Autoren und Autorinnen, Texten und literarischen Problemen gewidmet ist, die von übernatio- naler Bedeutung sind. Dazu zählen etwa interkulturelle literarische Kontakte, pro- duktive poetische Rezeptionen über Sprachgrenzen hinweg, Übersetzungen und Übersetzungspoetiken, Fragen eines kulturübergreifenden Kanons, literarische Leitfiguren von internationaler Ausstrahlung, historische und typologische Verglei- che zwischen Literaturen, Texten und Autoren verschiedener Sprachen, schließlich Diskussionen über Konzepte internationaler Literatur wie ‚Weltliteratur‘ oder ‚Eu- ropäische Literatur‘ u. ä. In dieser Anlage versucht die Reihe dem heute geläufigen weiten Verständnis von Weltliteratur als Bezeichnung für unterschiedliche Prozesse und Aspekte literarischer Internationalisierung gerecht zu werden. Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/15407 Marc Weiland Mensch und Erzählung Helmuth Plessner, Paul Ricœur und die literarische Anthropologie Marc Weiland Fachbereich Medienwissenschaft Bauhaus-Universität Weimar Weimar, Deutschland Schriften zur Weltliteratur/Studies on World Literature ISBN 978-3-476-04902-5 ISBN 978-3-476-04903-2 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-476-04903-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. J.B. Metzler © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Einbandgestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart (Foto: Finken & Bumiller) J.B. Metzler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................. 1 2 Die Philosophische Anthropologie Plessners, die Subjektivitätstheorie Ricœurs und die literarische Anthropologie – Ansatzpunkte, Ziele und Methoden.............. 11 1 Ansatz und Methode der Anthropologie Plessners ............... 11 2 Plessner und Ricœur? Anschlusspunkte und Verbindungslinien..... 26 3 Grundfragen und Ansatzpunkte literarischer Anthropologie........ 39 3.1 Anthropologie in der Literatur .......................... 40 3.2 Literatur als Anthropologie............................. 44 3.3 Literatur in der Anthropologie .......................... 50 3 Helmuth Plessners Philosophische Anthropologie ................ 71 1 Der Begriff der exzentrischen Positionalität .................... 71 2 Das Gesetz der natürlichen Künstlichkeit ...................... 83 3 Das Gesetz der vermittelten Unmittelbarkeit.................... 87 4 Das Gesetz des utopischen Standorts ......................... 93 4 Paul Austers New York Trilogy aus den Perspektiven Philosophischer und literarischer Anthropologie................. 99 1 Einleitung: Die New York Trilogy und die Frage nach dem Menschen ...................................... 99 2 Zufälle ................................................. 106 3 Räume ................................................. 117 4 Körper und Leiber ........................................ 130 5 Erinnerungen ............................................ 141 6 Rollenspiele............................................. 147 7 Sprachen ............................................... 156 8 Fiktionen und Interpretationen .............................. 167 5 Paul Ricœurs Konzept der narrativen Identität und seine Bedeutung für die Philosophische und literarische Anthropologie – am Beispiel der New York Trilogy................ 185 1 Menschliche und/oder personale Identität?..................... 185 2 Der Begriff der personalen Identität: Selbigkeit vs. Selbstheit ...... 196 V VI Inhaltsverzeichnis 3 Das Konzept der narrativen Identität und der dreifachen Mimesis ....................................... 201 4 Formen narrativer Selbstbezüglichkeit in der New York Trilogy ......................................... 224 6 Narrative Selbstbezüglichkeiten des Menschen. Perspektiven Philosophischer und literarischer Anthropologie anhand von Beispielanalysen zur Gegenwartsliteratur....................... 241 1 Utopische Standorte. Die Struktur der immanenten Transzendenz im utopisch-dystopischen Roman: Christian Krachts Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten und Dietmar Daths Die Abschaffung der Arten.................. 243 1.1 Einleitung: Zum Verhältnis von Utopie, Melancholie und Anthropologie ................................... 243 1.2 Selbstüberschreitungen im dystopischen Roman: Christian Krachts Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten...................................... 245 1.3 Selbstüberschreitungen im utopischen Roman: Dietmar Daths Die Abschaffung der Arten................. 253 1.4 Der Mensch als homo utopicus zwischen Utopie und Dystopie.................................. 258 2 Vermittelte Unmittelbarkeiten. Das Verhältnis von Raum, Text und Selbst im Stadtroman: Gary Shteyngarts The Russian Debutante’s Handbook, Jonathan Safran Foers Tree of Codes und Bruno Schulz’ Die Zimtläden............ 259 2.1 Einleitung: Zum Verhältnis von Raum, Text und Selbst....... 259 2.2 Raumaneignung: Gary Shteyngarts The Russian Debutante’s Handbook ................................ 271 2.3 Textaneignung: Jonathan Safran Foers Tree of Codes und Bruno Schulz’ Die Zimtläden........................ 277 2.4 Raumaneignung als Textaneignung ...................... 285 3 Natürliche Künstlichkeiten. Die Literarisierung der eigenen Lebensgeschichte zwischen Selbstfindung und Selbsterfindung im autobiografischen Roman: Felicitas Hoppes Hoppe und Péter Esterházys Harmonia Cælestis .............................. 286 3.1 Einleitung: Zum Verhältnis von Selbst und Erzählung........ 286 3.2 Selbstvermittlungen .................................. 289 3.3 Selbsterzählungen.................................... 291 3.4 Selbstfindungen ...................................... 295 3.5 Selbsterfindungen .................................... 297 3.6 Selbstbestimmungen.................................. 301 7 Exzentrisches Erzählen? Fazit und Ausblick..................... 305 Literatur ..................................................... 317 Danksagung .................................................. 343 Siglen AH Paul Auster: The Art of Hunger GS Helmuth Plessner: Gesammelte Schriften IS Paul Auster: The Invention of Solitude Macht Helmuth Plessner: Macht und menschliche Natur NI Paul Ricœur: Narrative Identität NYT Paul Auster: The New York Trilogy SAA Paul Ricœur: Das Selbst als ein Anderer Stufen Helmuth Plessner: Die Stufen des Organischen und der Mensch ZuE Paul Ricœur: Zeit und Erzählung, Bd. I–III VII Einleitung 1 Jede philosophische Aussage ist perspektivisch auf den Menschen bezogen, seine Stellung und Aufgabe in der Welt. Helmuth Plessner: Zum Situationsverständnis gegenwärtiger Philosophie Die künstlerische Tätigkeit beginnt dort, wo man sich der sichtbaren Welt als etwas ungeheuer Rätselhaftes gegenübersieht. Raymond Federman: Surfiction Das Erzählen ist ein spezifisch menschliches Vermögen, das auf Unergründliches reagiert und es zugleich doch auch selbst miterzeugt und vermittelt. Beständig sieht sich der Mensch konfrontiert mit einem Befremdenden und Rätselhaften, das sich der theoretischen und praktischen Aneignung entzieht; und gerade dadurch das Verstehen und Erzählen herausfordert. Dieses Befremdende, Rätselhafte und letztlich Unergründliche ist der Mensch selbst. Für Ernst Lustig, Protagonist und Erzähler in Steffen Menschings Lustigs Flucht (2005), scheint es offenbar nichts Erzählens- und Ergründenswertes zu geben; erst recht nicht in Bezug auf das eigene Leben: „Wäre mein Leben ein Roman, ich würde ihn nicht lesen“, lautet der erste Satz des Textes – bei dem es sich eben um einen Roman handelt. Dabei ist durchaus bemerkenswert und nur vermeintlich widersinnig, dass Lustig, der die Ambivalenz ja auch schon im Namen trägt, sein Leben trotzdem erzählt; und im Zuge dessen gar nicht umhinkommt, es auch zu lesen. Allerdings hat er, aus einer anthropologischen Perspektive heraus betrachtet, wohl auch gar keine andere Wahl. Selbst dann, wenn er denkt, dass es nichts zu erzählen gäbe: Jeder Mensch ist beständig Leser und Erzähler seiner eigenen Lebensgeschichte. Mehr noch: Er kommt gar nicht umhin, es zu sein. „Wer auf das Erzählen verzichtet, verzichtet auf seine Geschichten; wer auf seine Geschich- ten verzichtet, verzichtet auf sich selber“, schreibt Odo Marquard (2000b: 60) in © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 1 M. Weiland, Mensch und Erzählung, Schriften zur Weltliteratur/Studies on World Literature 9, https://doi.org/10.1007/978-3-476-04903-2_1 2 1 Einleitung einem Aufsatz mit dem sprechenden Titel Narrare necesse est. Würde Lustig den Roman, der er hier im übertragenen Sinne selbst ist, tatsächlich weder lesen noch erzählen – es wäre gar fraglich, ob er sich als Mensch versteht und verstehen kann. Denn durch das Erzählen befragt der Mensch nicht nur sein Selbst und seine Welt, er gibt beiden immer auch eine bestimmte (vorläugfi e) Form und einen bestimmten (vorläugfi en) Inhalt. Selbst dann, wenn er erzählt, dass es nichts zu erzählen gibt. Insofern sich Menschen auf sich selbst beziehen, beziehen sie sich auf Erzählungen. Insofern sie sich auf Erzählungen beziehen, beziehen sie sich auf sich selbst. Die vorliegende Arbeit thematisiert die damit angesprochene konstitutive Ver- schränkung von Mensch und Erzählung: Der Mensch ist von Natur aus dasjenige Lebewesen, das sich im künstlichen Medium des Erzählens auf sich selbst bezieht und erzählend sein Leben führt. Das zeigt sich sowohl in alltäglichen als auch lite- rarischen Erzählungen. Wobei insbesondere die Literatur, aber natürlich nicht nur sie, selbstreefl xive Formen ausgebildet hat, die mitunter ihre eigenen anthropo- logischen Voraussetzungen und Funktionen in den Blick nehmen und dabei, als von Menschen erzeugte Formen, auch zeigen, wie und warum Menschen in Erzäh- lungen leben und mit Erzählen ihr Leben führen. Um diese literarisch-anthropo- logische Selbstbezüglichkeit wird es im Folgenden vor allem gehen. Es sind also die spezisfi chen Funktionen (literarischer) Narrationen am und im Prozess der Selbstbeziehung und Selbstbestimmung des Menschen ebenso wie deren spezi- sfi che (literarische) Verfahren zu thematisieren und zu reefl ktieren. Dies geschieht aus zwei konvergierenden und sich überschneidenden Blickrichtungen: Das Verhältnis von Mensch und Erzählung ist einerseits aus anthropologischer und subjektivitätstheoretischer Perspektive, andererseits aus erzähltheoretischer und literarischer Perspektive zu analysieren. Die Philosophische Anthropologie Hel- muth Plessners, die Subjektivitäts- und Erzähltheorie Paul Ricœurs sowie die New York Trilogy Paul Austers, die (entgegen ihrer vielfachen Deutung) stellvertretend für eine neuere anthropologisch-selbstreefl xive Literatur stehen kann, bieten hier - für drei umfangreiche und einander ergänzende Möglichkeiten der Auseinander- setzung mit und des Zugangs zu den spezisfi chen Problemstellungen narrativer Selbstbezugnahme und Selbstbestimmung. Dabei zeigt sich in jeweils unterschied- licher Weise bei allen drei Autoren, dass der Mensch dadurch und dazu bestimmt ist, dass er sich nicht eindeutig bestimmen lässt – und zwar hinsichtlich seiner personalen wie auch anthropologischen Identität. Vor diesem Hintergrund las- sen sich mit ihnen jedoch auch aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven kons- truktive und ineinander verschränkbare Ansätze erarbeiten, die ein Verständnis der spezisfi chen Funktionen und Verfahren narrativer Selbstbezugnahme ermög- lichen. Diese können anhand literarischer Texte, die zwischen lebensweltlichen Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisinteressen vermitteln, erkundet und sowohl auf alltägliche Lebenszusammenhänge als auch auf anthropologische und subjektivitätstheoretische Problemstellungen bezogen werden. Sie verbinden dabei die grundsätzliche Frage nach der Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit der personalen und anthropologischen Identität des Menschen. Diese Verbindung ist

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