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Meningitis im Kindesalter PDF

103 Pages·1988·3.126 MB·German
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Meningitis im Kindesalter Mit freundlicher Empfehlung Oberreicht durch Fur meine Frau in Dankbarkeit H. Isenberg Meningitis im Kindesalter i Steinkopff Verlag Darmstadt Dr. H. Isenberg Stadtische Kliniken, Kinderklinik Heidelberger LandstraBe 6100 Darmstadt CIP-Titelaufnahme de:r Deutschen Bibliothek Isenberg, Hannes: Meningitis im Kindesalter / H. Isenberg. - Darmstadt: Steinkopff, 1988 ISBN-13: 978-3-642-97779-4 e-ISBN-13: 978-3-642-97778-7 DOl: 10.1007/978-3-642-97778-7 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschUtzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrages, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Ver vielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland yom 9. Septem ber 1965 in der Fassung Yom 24. Juni 1985 zulassig. Sie ist grundsatzlich vergUtungspflichtig. Zuwider handlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Copyright © 1988 by Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, GmbH & Co. KG, Darmstadt Verlagsredaktion: Sabine MUller - Herstellung: Heinz J. Schafer Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Vertiffent lichung berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dUrften. Gesamtherstellung: Meininger, Neustadt Geleitwort Die Meningitis im Kindesalter spielt heute gewiB nicht mehr die bedrohliche Rolle, die noch in den alteren Lehrbtichern der Kinderheilkunde beschrieben wird. Jedoch sind Hirnhautentztindungen auch heute keineswegs selten und trotz der tiberzeugenden Wirkung von Antibiotika- und Chemotherapie nicht ungefahrlich. So wurde mir von einem Knaben berichtet, der im ersten Lebensjahr bereits viermallebensgefahrlich an einer E.-coli-Meningitis erkrankt war. Nur eine intensive Chemotherapie hatte ihm das Leben gerettet. Der sofortige Verdacht auf das Bestehen eines bisher nicht gefundenen Zuganges zu den Meningen bestatigte sich mit der Entdeckung eines schwach erkenn baren Hamangioms oberhalb der Rima ani. Dieses war der Anfang eines winzigen offenen Ganges zum Rtickenmark. Seine chirurgische Beseitigung befreite das Kind aus der Gefahr. Dieser Fall moge als Hinweis darur dienen, daB die Therapie der Hirn-und Rticken markshauterkrankungen umfassende Sachkenntnis erfordert. Es ist daher dem Verfasser des Buches zu danken, daB er in seinem Werk eine grtindliche Darstellung dieses Krankheitsgebietes anbietet, das dem Suchenden kaum eine Antwort schuldig bleiben dtirfte. Gottingen, im April 1988 Prof. Dr. med. G. Joppich em. Direktor der Universitats-Kinderklinik Gottingen v Geleitwort Auch die moderne und wirksame antibiotische Therapie kann dem praktisch tatigen Arzt nicht ersparen, Uber ihren Einsatz gerade bei der bakteriellen Meningitis gewissen haft nachzudenken. Er wUnscht sich einen Wegweiser, der ihm eine Entscheidungshilfe anbietet. Was und wieviel davon ist notwendig? - Hier findet man die Antwort. Der am Beginn seiner Ausbildung stehende Kinderarzt muB sich nun nicht mehr lange mit der einschlagigen Literatur befassen, ehe er in Zweifelsfallen tatig werden kann. Aber auch der erfahrene Padiater findet Anregungen und Tips und ist aufgefordert, seinen Wissensstand aufzufrischen. Viele Hinweise sind in dieser Form sonst nirgendwo nachzulesen. Ich darf dem Verfasser -langjahriger Abteilungsarzt an unserer Klinik und geschatzter Kollege - eine weite Verbreitung seines Werkes wUnschen. Darmstadt, im April 1988 Prof. Dr. Ulrich Wemmer Direktor der Kinderklinik Darmstadt- Eberstadt VI Vorwort Die bakterielle Meningitis ist trotz therapeutischer Fortschritte und der Verbesserung intensivmedizinischer Moglichkeiten nach wie vor eine ernste, lebensbedrohliche Er krankung, die oft von bleibenden Schiiden begleitet wird. Die Prognose hiingt einzig von einer fruhzeitigen differentialdiagnostischen Abklarung und von einer sofort ein geleiteten antimikrobiellen Therapie abo Dieses Buchlein faBt meine nunmehr 20jahrige kinderarztliche, in klinischer Tatigkeit gewonnene Erfahrung mit Meningitis zusammen. Nicht akademische Fragen sollen darin im Vordergrund stehen, sondern die Probleme des Arztes am Krankenbett, in dessen Handen das Schicksal der Kinder liegt. Es enthalt - durch zahlreiche Tabellen leicht zuganglich - Orientierungshilfen zur schnellen Differenzierung der Meningitis und zu ihrer Therapie. Ausgefallene, wissenschaftlich orientierte Diagnoseverfahren werden summarisch erwahnt. Yom raschen Zeitpunkt der Diagnose und Therapie hiingt in erheblichem MaBe die Mortalitat und die neurologische Defektheilung abo Andere GesetzmaBigkeiten gelten bei der Neugeborenensepsis mit Meningitis und beim Water house-Friderichsen-Syndrom. Deshalb sind beiden Formen der Krankheit eigene Kapitel des Buches gewidmet. Ich bedanke mich bei Herrn Ulrich Fiedler, der durch seine Dissertationsarbeit die wissenschaftlichen Grundlagen fur dieses Buch erarbeitet hat. Mein Dank gilt auch meinen beiden Sekretarinnen Frau Rita Shinkle und Frau Gerlinde Holzhauer flir das Schreiben, die Formgebung und die Korrektur des Manu skriptes sowie ihre groBe Hilfe bei der Literaturzusammenstellung. Herrn Muller, Marburg, danke ich besonders fur die Anregung zu dies em Buch, flir die vielen guten Ratschlage und seine Bemuhungen. Darmstadt, im August 1988 H. Isenberg VII Inhaltsverzeichnis Geleitworte ................................................................... V, VI Vorwort ....................................................................... VII 1 GeschichtIiches zur Meningitis epidemica (Genickstarre) ................. 11 2 Beschreibung des Krankengutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3 Pathogenese und Morphologie ............................................ 24 4 Liquorphysiologie ......................................................... 27 5 Allgemeine Symptomatik ................................................. 33 6 Diagnostik der bakteriellen Meningitis .................................... 39 7 Problematik der DifferentiaIdiagnose ..................................... 57 8 Therapie und Prognose der Meningitis im KindesaIter nach der 6. Lebenswoche .................................. 61 9 Behandlungsdauer der bakteriellen Meningitis ............................ 68 10 Chemoprophylaxe ......................................................... 71 11 Diagnose und Therapie des Waterhouse.Friderichsen.Syndroms .......... 74 U Neugeborenensepsis ....................................................... 78 Anbang ....................................................................... 97 IX 1 Geschichtliches zur Meningitis epidemica (Genickstarre) Wenngleich schon Galen und Hippokrates die Symptomatik der Meningitis kannten, so ist doch die Geschichte der Diagnose und Therapie der Meningitis weniger als 200 Jahre alt (1). Hippokrates stellt im ersten Kapitel des dritten Buches von »De morbis« fest: »Wenn das Him unter dem Druck der Entztindung an Volumen zunimmt, gibt es Kopfschmerzen. Sie sind in dem Teil starker, wo die Entztindung wtitet. Der Schmerz wird auch in den Schlafen empfunden. Der Kranke bekommt Ohrensausen, und das Gehor wird stumpf. Die BlutgefaBe sind gespannt und sie klopfen. Fieber und Schauer tun sich kund, doch der Schmerz nimmt nicht ab, er laBt nur nach, wenn das Fieber sich ausbreitet. Diese Krankheit ist verhangnisvoll. Man kann nicht beurteilen, an welchem Tag der Tod eintritt.« 1m zweiten Kapitel heiBt es dann weiter: »Wenn sich das Wasser im Him bildet, entstehen heftige Schmerzen in den Schlafen und anderen Teilen des Kopfes. Von Zeit zu Zeit gibt es Schauer und Fieber. Die Gegend der Augen ist schmerzhaft, die Sicht verdunkelt, die Pupille deformiert. Es ergibt sich daraus Doppelsichtigkeit. Erhebt sich der Kranke, so bekommt er Schwindelgefiihle. Er ertragt weder Wind noch Licht. Er bekommt Ohrensausen, erbricht Speichel, Schleim und manchmal das Essen« (4). Die ersten Publikationen, die sich mit der Beobachtung epidemischer Meningitisfalle befas sen, gehen auf Thomas Willis (1661 in London) (1621-1675) und den Franzosen Gaspard Vieusseux (1746 -1814) zurtick (1). Viele kannten die Krankheit, hatten aber wenig Erkenntnisse tiber den Verlauf und sprachen entsprechend den Erkenntnissen Galens von Phrenitis mit den Leitsymptomen Kopfschmerzen, Fieber, Delirium. Bei den todlich verlaufenden Fallen fand man stets Eiter an der Himoberflache. In weniger schweren Fallen sprach man von Zephalitis, Gehimfieber oder akutem Hydrozephalus (3). Vieusseux erkannte bei der Epidemie 1805 in Genfund Umgebung, daB die Meningitis vor allem bei jungen Kindem und jungen Menschen zum Tod fiihrte und hochstens 10% der Opfer tiber 30 Jahre alt waren. Neben den schon bekannten Symptomen beschrieb er vor allem die violetten Flecke am Korper der sterbenden Kinder. Elisha North (1771 - 1843) berichtet 1811 in New York, daB das Auftreten von Flecken hauptsachlich im Gesicht, am Nacken und an den Extremitaten, aber auch am ganzen Korper als progno stisch ungtinstiges Zeichen zu bewerten sei. Diese Flecken konnten stecknadelkopfgroB sein oder auch die GroBe einer 6 Cent-Mtinze erreichen. Sie seien nicht erhaben und verschwanden nicht bei Druck. Je dunkler die Petechien, desto schwerer sei die Krankheit (4). Der Begriff »Meningitis« wurde erstmalig 1803 von Herpen in seiner Dissertation gebraucht. Eine ausfiihrliche Beschreibung der Morphologie erfolgte von Matthey 1806. Seither sprach man regelmaBig von Meningitis-Komplex. Genaue Zusammenhange 11 zwischen Krankheitserregern, Symptomatik und Ansatzen zur Therapie waren jedoch erst fast 100 Jahre spatermoglich, nachdem Quincke 1891 die Lumbalpunktion eingeflihrt hatte (1). 1887 entdeckte der Pathologe und Anatom Anton Weichselbaum (1845 - 1920) in Wien aus autoptischem Material den Erreger und nannte ihn Diplococcus intracellularis meningitidis (heute Neisseria meningitidis) (1, 4). Dem Padiater Heubner gelang es erstmals 1896, aus in vivo gewonnenem Lumballiquor die Diplokokken zu ziichten. Bis zu dieser Zeit waren alle therapeutischen Ansatzpunkte frustran, unspezifisch und in der Regel erfolglos. Die Prognose war gerade im Kindesalter fatal und die Letalitat betrug 70 - 100%. Die von Kolle und Wassermann 1905 bzw. von Jochmann 1906 eingeflihrte Serumtherapie ermoglichte schlieBlich, die Letalitatziffer auf etwa die Halfte zu senken. Finkelstein gibt 1921 in seinem Lehrbuch flir Sauglingskrankheiten als Be handlungsversuch bei Meningitis an: Ansatz von Blutegeln am Warzenfortsatz, Schmier kuren, heiBe Bader, antiphlogistische Behandlung mit Antipyrin und Salizylaten sowie Eisumschlage auf den geschorenen Kopf, Narkotika gegen Unruhe und Schmerzen, Jod Kalium-Gaben und Lumbalpunktionen. Die bis 1940 fortgesetzte intramuskulare und intralumbale Serumapplikation wurde mit sehr unterschiedlicher Begeisterung und letzt lich mit groBer Skepsis beurteilt. Erst mit der Einflihrung der Sulfonamidtherapie 1937 kam es zu einer geradezu dramatischen Beeinflussung dieses fatalen Krankheitsbildes mit einem Riickgang der Letalitat, so daB man die Entdeckung dieses Praparates als eine der schonsten Errungenschaften der modernen Medizin bezeichnete (1). Nach Jahrhunderten hoffnungsloser Prognose eroffneten nun die nachsten Jahre immer weitere M6glichkeiten der Chemotherapie. Die Einflihrung des Penicillins 1942 erbrachte in der konventionellen Dosierung von 0,2 - 1 Mega IE taglich parenteral, erganzt durch tagliche intrathekale Injektionen von 10.000 bis 20.000 E etwa gleich gute Resultate wie die Sulfonamidtherapie. Diese Erfolge bezogen sich jedoch im wesentli chen nur auf gut empfindliche Keime wie etwa Meningokokken, wahrend bei Pneumo kokken die Ergebnisse wesentlich deprimierender waren. Erst die massive Erhohung der Penicillindosen zwischen 1946 und 1949 auf i. v. 20 Mio E taglich, bzw. i.m. 2-stiindlich 1 Mio E brachte unter Verzicht auf intrathekale Injektion jetzt auch bei Pneumokokken eine wesentliche Erfolgsverbesserung (1). Hierbei ist anzumerken, daB bei Meningokokken-Meningitis schon vor der Einfiihrung der Sulfonamide nahezu die Halfte der Kinder iiberlebte, wahrend die Pneumokokken und Haemophilus-influenzae-Meningitis fast ausnahmslos todlich verlief. Ebenso ist bemerkenswert, daB durch Sulfonamide allein bereits die Letalitat der Haemophilus influenzae-Meningitis wesentlich, die der Pneumokokken-Meningitis dagegen nur gering verbessert werden konnte (1, 2). Nach den Sulfonamiden und dem Penicillin wurde 1946 Chloramphenicol als dritte Substanz erfolgreich in die Meningitis-Therapie eingefiihrt. Es war das erste Antibioti kum mit breitem Wirkungsspektrum und ausreichend guter Liquorgangigkeit auch bei wenig entziindeten Meningen. In dieser letzten Eigenschaft ist es auch heute noch uniibertroffen. Andererseits ist seine Wirkung nur bakteriostatisch, und die minimale Hemmkonzentration der infrage kommenden Erreger wird durch die im Liquor erreich ten Konzentrationen zwar deutlich, jedoch nicht urn 10er Potenzen iibertroffen. Auch wird heute zunehmend die Hamatotoxizitat des Chloramphenicols sowie das Grey Syndrom als Risiko empfunden. Fiir die Pneumokokken-Meningitis konnte in verglei chenden Studien nachgewiesen werden, daB die Kombination Penicillin und Chloram- 12

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