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Meisterwerke. Aus der Schatzkammer europäischer Malerei PDF

404 Pages·1976·453.838 MB·German
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i Meisterwerke Aus der Schatzkammer europäischer Malerei Herausgegeben von Bert Bilzer und Fritz Winzer Die Texte dieses Buches schrieben: Dr. Bert Bilzer Martina Diederichs Dr. Gerhard Cerkens Dr. Hans Werner Grohn Dr. Anne Rover Dr. Peter Schraud Dr. Ulrich Weisner Dr. Eleonore Winter-Reichert Dr. Fritz Winzer Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1976 Gesamtherstellung: Altamira industria gräfica s.a - Madrid, Spanien Dep. Leg. M -27395 - 1978 Vorwort Meisterwerke aus der Schatzkammer europä- nossen bildnerischen Ausdruck gegeben ischer Malerei, fast ausnahmslos Tafelgemäl- haben. Diese Meisterwerke, deren Sprache de vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart, allen Völkern verständlich ist, sind eine ir- wurden für diesen Band farbig reproduziert. Er disch-unsterbliche Idealschöpfung, und ihre wendet sich nicht an Fachwissenschaftler son- umfassende Darstellung darf weder von dieser dern an interessierte Laien, unter ihnen vor Einführung, noch von dem Tafelteil mit den allem auch an die Jugend. Alle Gemälde sind erläuternden Texten erwartet werden. Die von namhaften Kunstkennern sachkundig Herausgeber des Buches hoffen jedoch, daß die und allgemeinverständlich kommentiert. Jeder restaurierende Fähigkeit des Lesers und Be- Künstler, auch der allerbedeutendste, wird nur trachters „aus Fragmenten mit Hilfe der Ana- mit einem seiner Gemälde vorgestellt. Die logie das Ganze errät. Die Kunst wirkt eben Auswahl der 168 Meisterwerke ist daher noch im Exzerpt, im Kontur, in der bloßen An- zwangsläufig unvollständig; sie entspricht deutung", schrieb schon vor über einhundert auch nicht in jedem Fall den landläufigen Vor- Jahren der Basler Kulturhistoriker Jacob stellungen. Aber darum geht es auch gar nicht Burckhardt. Und wenn diese reproduzierten so sehr, denn die Zeiten wandeln sich und mit „Fragmente" den Buchbenutzer anregen wür- ihnen unsere „Weltanschauung". Den Heraus- den, sich die Originale gründlich anzusehen gebern und dem Verlag war es hier zunächst und darüber hinaus weitere Gemälde kennen- darum zu tun, einem möglichst großen Kreis zulernen, dann wäre der Zweck dieses Werkes von Kunstfreunden zu einem erschwinglichen bereits erfüllt. Preis Anregungen zu vermitteln. Dem Suchenden soll dabei das Register am Die Einleitung des Buches gibt dem Leser vor- Ende des Buches die Wege weisen. Es er- weg einen kurzen Überblick über die Ge- schließt die wesentlichen Künstlernamen und schichte der abendländischen Tafelmalerei viele bedeutende Sammlungen, in denen die und informiert ihn, in welcher kunstgeogra- abgebildeten Gemälde unseres Werkes von der phischen Landschaft, in welcher Epoche und Gestaltungskraft und dem Welterleben abend- unter welchen geistigen Voraussetzungen die ländischer Tafelmaler aus sieben Jahrhunder- Maler dem Denken und Fühlen ihrer Zeitge- ten Zeugnis ablegen. Einleitung Seit Urzeiten begleitet die Kunst den Men- gleich deuten wollen. Sie alle illustrieren die schen; denn der Trieb zur künstlerischen Äu- Chronik unserer Herkunft und unseren durch ßerung in Musik, Tanz, Dichtung, Bildnerei Versuche, Irrtümer, Fehlschläge und Gelingen und Malerei scheint ihm eigen zu sein. Der geprägten Werdegang. Farbe kommt hierbei eine besondere Bedeu- An 168 abgebildeten und kommentierten Ge- tung zu: sie war und ist immer noch das Sinn- mäldebeispielen — alle sind Meisterwerke der bild des Lebens. Die Farbe wurde deshalb zu Kunst — werden die wesentlichen Entwick- einem wichtigen Element der kunstschöpferi- lungsphasen der abendländischen Tafelmalerei schen Betätigung. Schon auf den primitiven kenntlich gemacht, viele ihrer bedeutendsten Kulturstufen der Menschheit wurden Körper Vertreter benannt und ihre mitunter erstaun- und Kleidung, Hausteile und Hausgerät, Jagd- lichen Schicksale erwähnt — manche Bilder und Kriegswaffen mit bunten Naturproduk- gingen als Kabinettstücke über alle Länder- ten, mit Federn etwa, Perlen, bunten Steinen grenzen hinweg von Hand zu Hand; und und dergleichen geschmückt oder mit Farb- schließlich sind ihre Aufbewahrungsorte ange- erden bemalt. Es führt ein langer, oft unterbro- führt, größtenteils öffentliche Sammlungen, chener Weg von der Höhlen- und Felsmalerei die ihre Entstehung entweder dem Repräsen- der vorgeschichtlichen Jägersippen zur farbig tationsbedürfnis und Mäzenatentum der Für- gezierten Keramik stein- und bronzezeitlicher sten oder der kunstsinnigen Bürger verdan- Bauernvölker, von der hohen Malkultur der ken. Antike sowie den Buchminiaturen und monu- Die Loslösung der Malerei aus der zur Routine mentalen Wandbildern des frühen und reifen erstarrten, von der byzantinischen Kunst Mittelalters zur Tafelmalerei der Neuzeit, die beeinflußten rafrmlosen Darstellungweise, die zunächst am Kirchenaltar ihren Platz fand, man in Italien „maniera greca" nannte, läßt sich aber seit dem 14. Jahrhundert allmählich sich in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts emanzipierte. beobachten. Pietro Cavallini und Cimabue zei- Das Tafelbild — die Kunst, mit Farben die gen in ihren Fresken und Mosaiken Ansätze sichtbare Welt und ihre Antriebskräfte auf einer neuen Räumlichkeit. Aber erst der Flo- einem selbständigen Malgrund darzustel- rentiner Giotto di Bondone befreit sein Werk len — ist, wenn der Begriff eng ausgelegt wird, sowohl ikonographisch als auch formal end- eine typisch europäische Kunstgattung. Im Ta- gültig aus dem brüchig gewordenen Gefüge des felbild haben sich jahrhundertelang die Geistes- mittelalterlichen Stils. In seinen nach 13o5 ent- haltung und das irdische und himmlische Er- standenen Fresken und Tafelbildern beginnt lebnis des christlichen Abendlandes manife- er das Figürliche in der Fläche körperlich zu stiert, und neuerdings dokumentieren sich in modellieren und erzielt mit Hilfe von Licht ihm die Sinnesart und Weltanschauung der und Schatten sowie unter Anwendung von „aufgeklärten" zivilisierten Menschheit. Nir- einfachen perspektivischen Mitteln eine relief- gendwo sonst ist das nach Zeit und Volkscha- artige Raumtiefe. Seine monumentalen, von rakter wechselnde Verhältnis der Menschen Pathos erfüllten Gestalten sind jetzt Träger zu seiner Umwelt so deutlich abzulesen wie in menschlicher Empfindungen und allein ihrem den von Künstlerhänden gestalteten Bildern, Gewissen unterworfene, aus eigener Verant- die nicht nur sichtbar machen, sondern zu- wortlichkeit handelnde Wesen. Die eine schier 7 unerschöpfliche Fülle von Möglichkeiten ber- Handelsvertreter der Mediä in Brügge, bestell- gende Kunst Giottos gab Anlaß zur großartigen ter Altar 1476 in Florenz eintraf, erregten die Entfaltung der europäischen Malerei der Fol- schlichte Komposition und der kraftvolle Na- gezeit. Die Ergebnisse seiner Arbeit wurden turalismus der Bilder sowie ihre leidenschaftli- von seinen Schülern eifrig weiterentwickelt. che Aussage großes Aufsehen. Die altnieder- Allmählich wird die Hinwendung zur körper- ländische Malerei endet mit Hans Memling, lichen Wirklichkeit, zur Naturbeobachtung der 1494 in Brügge starb und 'dessen Madon- und zur seelischen Vertiefung in der italieni- nen und Bildnisse ideale Proportionen, Anmut schen Malerei vor und um 1400 immer sicht- und vollkommene Schönheit besitzen, sowie und spürbarer. Der frühvollendete Masaccio mit den phantastischen Allegorien voll sinn- (1401 — 1428) gelangt durch Anwendung der bildhafter Bedeutung des Hieronymus Bosch. zeichnerisch-geometrischen Perspektive sowie In Deutschland wird die Tafelmalerei seit der einheitlicher Lichtführung zur Darstellung le- Mitte des 14. Jahrhunderts faßbar. Die böhmi- bensnah handelnder Menschen. Er ist ein ech- sche Malerschule, die ihre Förderung vom Pra- ter Nachfahre Giottos, zugleich aber wird er ger Hof Kaiser Karls IV. und König Wenzels auf Grund seiner eindringlichen Formenspra- erfuhr, pflegte einen internationalen, mit der che und seines ausgeprägten Farbensinns zum Kunst Burgunds und Italiens korrespondieren- Schrittmacher der Renaissance. den Stil. Volkstümlich dagegen waren die 1379 Im 15. Jahrhundert waren unter den Herzögen für den Hochaltar der Hamburger Petrikirche von Burgund die politisch-kulturell selbstän- geschaffenen Tafeln (Grabower Altar) des Mei- dig gewordenen Niederlande mit ihren volk- sters Bertram aus Minden. Naiv, doch sensibel reichen und wohlhabenden Städten zu einer schildert der Künstler biblische Geschichten. bedeutenden Kunstlandschaft gereift. Die we- Meister Francke, ebenfalls in Hamburg tätig, sentliche Leistung der niederländischen Kunst fußte im international geprägten Zeitstil, wie ist unbestritten die Malerei, die sowohl im 15. sein Barbara-Altar von 141o bezeugt. In Köln als auch im 17. Jahrhundert kulminiert. Am setzte der Meister der heiligen Veronika Maß- Anfang einer stattlichen Reihe von Künstlern stäbe für die rheinische Malerei der Zeit, und sind die Brüder Hubert und Jan van Eyck zu in Westfalen wirkte Konrad von Soest, der nennen. Beide, vor allem der Jüngere, erweisen ausschließlich biblisches Geschehen illustriert sich als Entdecker und Bahnbrecher, die nicht und dessen Gestalten wie die Skulpturen des nur moderne Maltechniken erproben und ein- weichen Stils rhythmisch bewegt, anmutig führen, sondern neue Bildgattungen populär und beseelt wiedergegeben sind. Auch in Süd- machen, den Akt beispielsweise, der in den deutschland sind Künstlerpersönlichkeiten er- Gestalten des Adam und der Eva vom Genter kennbar, deren durchaus eigenwillige Aussage Altar (vollendet 1432) auftritt, oder das phy- nicht nur Züge des Zeitstils, sondern auch sol- siognomisch erfaßte Bildnis und endlich die che von Lokalschulen verrät. Zu ihnen ge- mittels der Farbperspektive — also der Tiefen- hört Lukas Moser aus Rottweil, der die Bege- gliederung der Bilder durch nahe, nämlich rot- benheiten der Magdalenen-Legende von dem gelbe oder ferne, grünblaue Farben — räumlich 1431 vollendeten Altar der Pfarrkirche in Tie- gesehene Landschaft von symbolhaftem Ge- fenbronn in eine naturhafte Umgebung stellt halt. Den Meister von Flemalle und seinen und damit, weil die Flügel Teile der Schüler Rogier van der Weyden kennzeichnen Gesamtkomposition sind — eine Neuerfin- subtile Koloristik und realistische Wiedergabe dung —, den Eindruck unmittelbarer Wirk- der Welt, jedoch sind ihre Motive hauptsäch- lichkeit erweckt. Die erste identifizierbare lich dem religiösen Leben entnommen. Rogiers Landschaft bietet 1444 der Genfer Altar von großartiger Kompositionsstil beeinflußte die Konrad Witz, ein Werk, das die künstlerische oberdeutsche und die nordfranzösische Male- Auseinandersetzung mit den niederländischen rei. Mit Dirk Bouts tritt erstmals ein holländi- Realisten verrät. Innere Empfindungen schil- scher Meister ans Licht der Geschichte, dessen dert kraftvoll der in Ulm ansässige Hans Mult- Bilder christliche Themen ernst und sachlich scher, während Stefan Lochner, das Haupt der behandeln. Als das Hauptwerk des Hugo van Kölner Malerschule, im großen wie im kleinen der Goes, ein von Tommaso Portinari, dem Format fein gezeichnete, mit Goldgrund und leuchtenden Farben bedeckte, rhythmisch vermuten. Das sind alles Eigenschaften, die ei- komponierte und sehr repräsentativ wirkende gentlich den Florentiner Künstler charakteri- Bilder malt. Am Oberrhein ist Martin Schon- sieren. Auf Sizilien und in Neapel wirkt Anto- gauer mit vitalem Gestaltungswillen tätig, und nello da Messina, der, auf welchem Wege auch in Südtirol und im Salzburgischen arbeitet Mi- immer, sich intensiv mit der niederländischen chael Fächer, der wie viele seiner Zunftgenos- Malerei auseinandersetzt und das Ergebnis sei- sen auch ein kongenialer Bildschnitzer war. ner Studien offenbar 1475/76 während einer Sein Hauptwerk ist der Hochaltar von St. Reise nach Venedig und Mailand den dortigen Wolfgang. Die dramatisch bewegten Skulptu- lokalen Malerschulen bekanntgibt. Sein Ein- ren und die gemalten, vom Leben des Heiligen fluß ist in Venedig lange spürbar. Diese Stadt erzählenden Tafeln mit ihren perspektivisch und das vorliegende Festland, die terra ferma, raffiniert in die Tiefe geführten Schauplätzen waren von jeher eine eigenständige Kunstpro- bilden den glanzvollen Schlußakkord einer vinz. Unter den zahlreichen Malern seien Epoche. Carlo Crivelli sowie Vater und Söhne Bellini In Italien hatte Masaccio keine unmittelbaren erwähnt. Giovanni Bellini, der Jüngste, malt Nachfolger, doch blieben seine für die Malerei klar komponierte Madonnen, von Heiligen um- nutzbar gemachten Entdeckungen wirksam, geben (Sacra Conversazione), und Bildnisse vor allem die Eigengesetzlichkeit des Atmo- von weichschimmernder, warmer Farbigkeit; sphärischen, das Verhältnis der Figur und des denn hier werden anstehende Aufgaben der Gegenstandes zum Raum sowie die emotionel- Kunst malerisch und nicht, wie beispielsweise le Wirkung der Farbe. Die festlich-heiteren in Florenz, linear gelöst. Altar- und Andachtsbilder des Dominikaners In der Hochrenaissance entwickelte sich Rom Fra Angelico (+1455) sind inhaltlich zwar noch zur Kunstmetropole. Der päpstliche Hof zog, von mittelalterlicher Frömmigkeit erfüllt, je- nicht zuletzt bedingt durch den Neubau des Pe- doch beherrscht er die neue Formensprache tersdomes, zahlreiche Künstler in die Stadt, ebenso souverän wie der jüngere Fra Filippo die hier Aufträge, Ehre und Brot fanden. Zeit- Lippi, ein Karmeliter, der allerdings die reli- weise weilten Leonardo da Vinci, Raffael und giösen Themen künstlerisch wirklichkeitsnä- Michelangelo in den Mauern Roms, der eine her im Sinne Masaccios behandelt. Dieser als vielseitig talentierter uomo universale, als Kunstrichtung tritt Paolo Uccello mit seinem Universalgenie, zur Idealfigur des Zeitalters Sinn für ausgeprägte Monumentalität und für der Entdeckungen avancierend, der andere streng räumlich konstruierte, kühn gestaltete verwirklicht den Inbegriff der Renaissance, die Darstellungen entgegen. Auch Piero della Vollkommenheit, die notwendigerweise Har- Francesca widmet sich wie Uccello jenen für monie, Schönheit und Würde umfaßt, der letz- die Kunst der Ära wichtigen Problemen von te schließlich öffnet mit seiner leidenschaftli- Licht, Luft und Raumtiefe sowohl praktisch als chen Schöpferkraft, die ihn zum illusionisti- auch theoretisch. Das Leben, die Sitten und schen Ausdruck drängt, die Grenzen der Gebräuche seiner Vaterstadt Florenz schildert Hochrenaissance zum Barock. Es ließen sich Ghirlandaio mit sichtbarem Vergnügen, wenn gewiß noch manche wichtige Maler der Epo- auch, wie immer noch üblich, als Ereignisse che aufführen, beispielhaft aber für viele ste- der Heiligen Schrift ausgegeben. In den Bildern hen Andrea del Sarto aus Florenz und der des anfänglich dem Humanismus nahestehen- Lombarde Correggio. Die Bilder der beiden sind den, in seinem Spätstil jedoch mystisch beweg- von besonderem Reiz und farblich ins ten Botticelli verbindet sich empfindsame Helldunkle transponiert. Der treffliche Porträ- Anmut mit Melancholie. In vieler Hinsicht tist Lorenzo Lotto ist Venezianer wie Giorgio- gibt Mantegna (+ 15o6), als Hofmaler in Man- ne und Tizian. Die vollendete Verschmelzung tua tätig, das Fazit der Kunstbestrebungen des von Mensch und Natur im Werk des ersten 15. Jahrhunderts, des Quattrocentos wie man hat Tizian beeindruckt, der in seinem langen in Italien sagt; denn sein Werk ist gekenn- Leben nicht wenige religiöse und mythologi- zeichnet durch Realismus, plastische Formge- sche Darstellungen und Bildnisse gemalt hat. bung, anatomisches sowie perspektivisches Immer und überall bleibt er der große Men- Wissen und läßt Vertrautheit mit der Antike schengestalter mit meisterhaftem technischem Können und geistvoller Charakterisierung. gerung wird durch neue Farbklänge gewon- Auch er wird im Laufe seiner künstlerischen nen. Mit diesem Rüstzeug versehen, glückt Entwicklung zum Wegbereiter des Barock. den deutschen Künstlern die Erfüllung des Leonardo verbrachte seine letzten beiden Le- vom Geiste des Säkulums gestellten Auftrags. bensjahre, von König Franz I. gerufen, im Die Ideale der italienischen Hochrenaissance Schloß Cloux bei Amboise. Der Regent hatte bleiben nur kurze Zeit unangetastet, dann ihn und andere italienische Künstler ins Land kommt es, vielleicht als Folge der Zerstörung geholt, um Frankreichs Malerei zu befruchten, des lange gültig gewesenen christlichen Welt- der immer schon ein hoher Rang zugekommen bildes, der allzu raschen Entfaltung der Natur: ist, wie im 15. Jahrhundert die Miniaturen und Wissenschaften und der sozialen Erschütterun- Tafelbilder Jean Fouquets aus Tours und jetzt gen, zum Stilbruch. Die neue manieristische wieder die fein gezeichneten, brillant gemal- Malerei verwendet andere Darstellungsmittel, ten, wenn auch etwas altertümlich wirkenden sie entmaterialisiert beispielsweise die Farbe, Porträts Jean Clouets bezeugen. In den benach- streckt und schraubt die Formen der Natur, barten Niederlanden löst sich Quinten Massys insbesondere die der menschlichen Leiber und vom überlebten Formsinn der älteren Malerei übersteigert den seelischen Ausdruck. Das Un- und verkündet, beeinflußt von Leonardo, die wirkliche, das Surrealistische wird betont und Ziele und Vorstellungen der Renaissance. Die dadurch die Geistigkeit der Erscheinungen Wirkung auf seine Weggenossen ist groß; denn bloßgelegt. So verstanden, ist der von Parmi- in den Städten finden viele Maler, vor allem gianino, Tintoretto (+ 1594). und anderen in die Repräsentanten des religiösen Sujets, des Italien, in Spanien noch weit später von El Bildnis- und von nun an des Landschafts- und Greco (+ 1614) vertretene Manierismus nicht Genrefaches, ihr Auskommen. Zur Gruppe der abwertend im Sinne einer routinierten Repro- von der italienischen Kunst angeregten Roma- duktion geläufiger Stilformen, sondern positiv nisten steht in Gegensatz der ältere Pieter als eigenständige Periode zu verstehen. Der Bruegel. Seiner stilbildenden Kraft gelingt es, mit Tintoretto beinahe gleichaltrige Veronese den realistischen und mit der typisch nieder- bleibt vom Manierismus fast unberührt und ländischen Vorliebe für das Detail behafteten steht mit seinen Spätwerken dem Barock Bauern- und Landschaftsstücken symbolhafte nahe. Bedeutung und künstlerischen Wert zu geben. Die bisher nach dem Vorbild der Antike er- In Deutschland kann sich wegen des unter- strebte Vollkommenheit, Harmonie und Ruhe schiedlichen Charakters der einzelnen Volks- wird zugunsten bewegter Formen, kurviger Li- stämme kein so einheitlicher Zeitstil wie an- nien und des krassen Wechsels von Licht und derswo ausbilden. Individuelle Gestaltungs- Schatten aufgegeben. Die blühende, sinnliche kraft triumphiert statt dessen und nicht zuletzt Wirklichkeit, oft genug ekstatisch übersteigert, auch deshalb, weil die deutsche Malerei der er- ist das Ziel. Biblische und mythologische Moti- sten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine in dieser ve müssen herhalten, um die strotzende Fülle Qualität nie wieder erreichte Blütezeit erfährt. nackter Körper darstellen zu können. Archi- Sie wurzelt immer noch in mittelalterlichen tektur, Plastik und Malerei sind gehalten, dem Überlieferungen und behandelt vornehmlich Streben der Zeitgenossen nach Würde und Re- religiöse Themen; aber der Blick ihrer führen- präsentation Genüge zu tun, den Herrschafts- den Vertreter — Cranach der Ältere, Altdorfer, anspruch des durch die Gegenreformation ge- Grünewald, Baidung, Dürer, der Schweizer stärkten Klerus und der absolutistisch regie- Nikiaus Manuel und der jüngere Hol- renden Fürsten zu verewigen sowie das Selbst- bein — wird durch den Freiheitswillen des in bewußtsein des patrizischen Bürgerstandes zu Wirtschaft und Kultur dominierenden Bürger- heben. Zu den Begründern der von Rom aus- tums, durch Humanismus, Reformation und gehenden barocken Malerei gehören Carracci Bauernunruhen geschärft und ihre Selbstsi- (+ 16o9) und Caravaggio. Beide geben der Ta- cherheit gestärkt. Ihr künstlerisches Anliegen felmalerei nachhaltige Impulse, der eine auf meistern die Maler mittels formaler Ausgewo- Grund einer stark bewegten zeichnerischen genheit im großen und kleinen sowie geistiger Form, der andere durch naturalistische Sachlich- Durchdringung des Bildinhalts. Ausdrucksstei- keit und Chiaroscuro (Helldunkel-Malerei), 10

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