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Mehr Geld PDF

172 Pages·2011·0.879 MB·German
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283 Ralph Heidenreich Stefan Heidenreich Mehr Geld Merve Verlag Berlin Originalausgabe Zweite, um ein ausführliches Nachwort erweiterte Auflage. Redaktorat: Tom Lamberty, Anke Schleper © 2011 Merve Verlag Berlin Printed in Germany Druck- und Bindearbeiten: Dressler, Berlin Umschlagentwurf: Jochen Stankowski, Dresden ISBN 978-3-88396-217-7 www.merve.de Inhalt Geld ............................................................................... 7 Theorie......................................................................... 23 Mittelklasse .................................................................. 29 Waren .......................................................................... 33 Arbeit............................................................................ 42 Konsum........................................................................ 48 Motivation..................................................................... 51 Konsumentenkredit...................................................... 58 Finanz .......................................................................... 72 Staat............................................................................. 87 Krieg........................................................................... 103 Demokratie................................................................. 108 Gegenwärtige Lage ................................................... 115 Finanz................................................................. 118 Wirtschaft ........................................................... 120 Staat................................................................... 121 Lage ................................................................... 122 Geben ........................................................................ 124 Kredit.......................................................................... 127 Kreditgeld................................................................... 131 Ersatzgelder............................................................... 133 Geldfunktionen........................................................... 136 Politische Folgen ....................................................... 139 Schluss ...................................................................... 144 Nachwort.................................................................... 146 Nachwort zur zweiten Auflage ................................... 148 Literatur...................................................................... 165 Geld Geld gibt ein Kommando. Seine Order lautet „Mehr!“ Denn Geld zählt. Zählen aber hat eine Richtung. Wir zählen nicht 0-1-0-1, sondern 1-2-3-4.... Das Zählen ver- langt ganz von selbst nach Mehr. Geld ist eine Zahl mit Besitzer. Deshalb ist der Besit- zer von Geld der erste, dem das Kommando „Mehr!“ gilt. Aber keine Sorge, es erreicht auch alle anderen. Wenn auch nicht in der gleichen Position, sondern mit beschränkten Rechten und Freiheiten. Geld entsteht als Schuld. Aber nicht jeder Kredit ist Geld. Wenn A an B ein Geld verleiht, entsteht kein neues Geld. Wenn aber eine Bank ein Geld verleiht, das sie nicht hat, dann ist neues Geld entstanden. Banken „schöpfen“ Geld, indem sie einem Besitzer eine Zahl zuordnen. Sie gewähren ihm Kredit, sagt man. Weil sie darauf vertrauen, dass er ihnen mehr Geld zurückzahlt? Ja. Weil sie wollen, dass er ihnen das Geld zurückzahlt? Nein. Lieber soll er mehr Schulden machen. Am Anfang ist Geld nichts als Zahlen in einer Tabelle. Die Zentralbank schöpft Geld, indem sie einer anderen Bank eine Zahl ins Buch schreibt. Von der reicht eine Wasserkette, von Schulden über Schulden und Kredite auf Kredite bis hinunter zum Kon- 7 sumenten. Und das ist etwas Neues. Denn bis vor 30 Jahren hätte der Konsument nie der Letzte in der Kette sein dürfen, der Schuldner der letzten Instanz. Dieser Platz war bis dahin Investoren vorbehalten gewesen. Wird Geld geschöpft, entstehen Schulden. Wird Geld ausgegeben, entstehen Einnahmen. Werden neue Schulden aufgenommen, entsteht Wachstum. Dieser Prozess treibt sich selbst voran. Mehr Schul- den = mehr Geld = mehr Umsatz = mehr Gewinn. Das führt zu einem Problem. Denn die Wirtschaft wächst nicht weiter, wenn der Kredit sich nicht erhöht. Gab es je ein Geld, das nicht „Mehr!“ verlangt hat? Die Unterscheidung zwischen den beiden Sorten von Geld trifft Aristoteles. Und bezieht sich damit auf die Wirt- schaft in Athen, wo Geld in dem uns vertrauten Sinn als verstaatlichte Münze erstmals geprägt wurde. Er unter- scheidet die beiden Erwerbskünste Ökonomik und Chre- matistik. Ökonomik, also Wirtschaft in einem Haus – oikos – oder anders gesagt Betriebswirtschaft, sorgt dafür, dass Güter beschafft und hergestellt werden. „Es gibt indessen noch eine andere Erwerbskunst, die man vorzugsweise und mit Recht als die Kunst des Geld- erwerbs bezeichnet; im Hinblick auf sie scheint keine 1 Grenze des Reichtums und des Erwerbs zu bestehen.“ Hätte der Gelderwerb der Chrematistik nur eine Grenze, 1 Aristoteles: Politik 1257a. 8 so wäre sie zuträglich. Es ist das Grenzenlose des Mehr, das Aristoteles fürchtet. 2 „Money is, what money does.“ Bezahlen, Bewerten, Speichern. Deshalb bleiben die Funktionen des Geldes dieselben, als welche Substanz und in welchem Medium es auch immer zirkuliert, denn sie sind das Geld. Was sich verändert, ist Geschwindigkeit und Volumen. Quan- titative Unterschiede schlagen in neue Systeme der Zir- 3 kulation im Ganzen um. So dass sich die Lage, die wir zu untersuchen haben, eben nicht durch neue Funktio- nen des Geldes auszeichnet, sondern durch die von Medien hervorgebrachten Ausdehnungen der gleich gebliebenen Funktionen. „Deshalb, das sei nebenbei gesagt, ist der Zeitgewinn, den die Kommunikationstech- nologie dem Markt, der Aktivität der Börsennotierungen, den Bewegungen der chrematistischen Spekulation sichert, kein sekundärer oder zufälliger Vorzug; es ist, könnte man sagen, die Entfaltung der Essenz des Geldes selbst als Zeit (Geld ist Zeit), als Beschleunigung der sozialen Zeit, als Quantifizierung und Ökonomie der 4 Zeit.“ Die meisten so genannten Finanzinnovationen gehen nicht nur zufälligerweise mit den Medienwechseln des Geldes einher, sondern sind anders nicht denkbar. 2 Hicks: The Two Triads, Lecture I, 1, in: Monetary Theory. 3 Vgl. Sassen: Territory, Authority, Rights, S. 249f. 4 Derrida: Über das „Preislose“, S. 18f. 9 Einst wurden einzelne Datenstücke von Bank zu Bank, von Börse zu Börse übermittelt. Heute haben wir ein großes vernetztes Gebilde, das uns aus den Bild- schirmen heraus anblickt. Um diese Gebilde hat sich ein soziales Netz zeitgleich handelnder Akteure gebildet. Die digital angetriebene Zirkulation ist keinesfalls von tatsächlichen handelnden Marktteilnehmern unabhängig. Sie erzeugen neue soziale Strukturen, die sich über Zeit- 5 zonen und entlang von Geldströmen erstrecken. Bild- schirme geben den Blick auf diese sich in einem strengen Fluss befindliche Welt frei, in der Geld und Preise aus der Zukunft der gebündelten Erwartungen zurückkommen. Stellt also die Digitalisierung des Geldes den ent- scheidenden Bruch dar? Das 19. Jahrhundert hatte ebenfalls seine neuen Medien. Telegraphie übermittelt nicht weniger schnell als das Netz heute. Aber die Menge der Daten und deren Berechenbarkeit macht den Unterschied aus. Der expan- 6 dierende Markt für Derivate hängt an der Berechen- barkeit. Was verändert sich unter digitalen Möglichkeiten an den Geldfunktionen und den Beteiligten? Münzen, Papier und digitale Ziffern wären jeweils auf Umsetzung der 5 Vgl. Knorr-Cetina: How are global Markets global? 6 Derivate – Optionen, Zertifikate, Futures, Swaps – werden von Basis- werten wie Aktien, Währungen, Anleihen oder Rohstoffen abgeleitet. Sie erlauben Wetten auf Gewinn oder Verlust der Basiswerte. 1973 stellten Black / Scholes zum ersten Mal eine Formel auf, um ihren Wert zu berechnen. 10

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