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Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen PDF

281 Pages·2010·1.655 MB·German
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Tilmann Sutter · Alexander Mehler (Hrsg.) Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen Tilmann Sutter · Alexander Mehler (Hrsg.) Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. 1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Frank Engelhardt VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes istohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson - dere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein- speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-15642-2 Inhalt Inhalt Einleitung: Der aktuelle Medienwandel im Blick einer interdisziplinären Medienwissenschaft ....................................................................................... 7 Tilmann Sutter & Alexander Mehler Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen in frühen europäischen Medienkulturen .............................................................................................. 17 Lore Benz Medienwandel und der Wandel von Diskurstraditionen ................................ 27 Barbara Frank-Job Empirische Untersuchungen zur Produktion von Chat-Beiträgen ................. 47 Michael Beißwenger Der Wandel von der Massenkommunikation zur Interaktivität neuer Medien ........................................................................................................... 83 Tilmann Sutter Artifizielle Interaktivität. Eine semiotische Betrachtung ............................... 107 Alexander Mehler „Ich, Max“ – Kommunikation mit künstlicher Intelligenz ............................ 135 Ipke Wachsmuth >Open Access< – Wandel des wissenschaftlichen Publikationssystems ...... 159 Niels C. Taubert & Peter Weingart „Numerische Inklusion“ – Wie die Medien ihr Publikum beobachten........... 183 Josef Wehner Die Infrastruktur der Blogosphäre. Medienwandel als Wandel von Interobjektivitätsformen ................................................................................. 211 Jan-Hendrik Passoth 6 Inhalt Die Entstehung einer positionalen Struktur durch Konflikt und Kooperation bei Wikipedia. Eine Netzwerkanalyse ...................................... 231 Christian Stegbauer & Elisabeth Bauer Über die Entstehungsbedingungen von technisch unterstützten Gemeinschaften ............................................................................................. 257 Michael Hahne & Corinna Jung Autorinnen und Autoren ................................................................................ 285 Einleitung: Der aktuelle Medienwandel im Blick einer interdisziplinären Medienwissenschaft Einleitung Tilmann Sutter & Alexander Mehler Die Herausforderung, die der Wandel von Kommunikationsmedien für die Medienwissenschaft darstellt, resultiert nicht nur aus der ungeheuren Beschleu- nigung des Medienwandels. Die Herausforderung stellt sich auch mit der Frage, welches die neuen Formen und Strukturen sind, die aus dem Wandel der Medien hervorgehen. Rückt man diese Frage in den Fokus der Überlegungen, kommen erstens Entwicklungen im Wechsel von Massenmedien zu neuen, „interaktiven“ Medien in den Blick. Dies betrifft den Wandel von den alten Medien in Form von Einwegkommunikation zu den neuen Medien in Form von Netzkommuni- kation. Dieser Wandel wurde in zahlreichen Analysen als eine Revolution beschrieben: Im Unterschied zur einseitigen, rückkopplungsarmen Kommunika- tionsform der Massenmedien sollen neue, computergestützte Formen der Medienkommunikation „interaktiv“ sein, d.h. gesteigerte Rückkopplungs- und Eingriffsmöglichkeiten für die Adressaten und Nutzer bieten. Sozialwissen- schaftlich bedeutsam ist dabei die Einschätzung der Qualität und des Umfangs dieser neuen Möglichkeiten und Leistungen. Denn bislang bedeutete Medien- wandel im Kern eine zunehmende Ausdifferenzierung alter und neuer Medien mit je spezifischen Leistungen, d.h. neue Medien ersetzen die älteren nicht, sondern sie ergänzen und erweitern sie. Allerdings wird im Zuge des aktuellen Medienwandels immer deutlicher, dass die neuen Medien durchaus imstande sind, die Leistungen massenmedialer Verbreitung von Kommunikation zu über- nehmen. Stehen wir also, wie das schon seit längerem kühn vorhergesagt wird, vor der Etablierung eines Universalmediums, das in der Lage ist, die Formen und Funktionen anderer Medien zu übernehmen? Mit dem Aufkommen des Web 2.0 vollzieht sich zweitens ein weiterer, kaum vorhergesehener Medienwandel. An die Stelle des klassischen WWW- Nutzers in Form des passiven Informationskonsumenten tritt vielfach der aktive Informationsproduzent, der sein Informationsangebot als Mitglied sozio- technischer Gemeinschaften und somit in Kooperation mit Gleichgesinnten erbringt. Das Web formiert sich in einigen Bereichen als ein Medium der ver- teilten Kognition, und zwar unter Verwendung von so genannter Social Software ausgehend von Newsgroups über vernetzte Weblogs bis hin zu den unzähligen 8 Tilmann Sutter & Alexander Mehler Wikis u. a. der Wissens- und Technikkommunikation – in allen diesen Fällen weitgehend ohne jede zentrale Kontrollinstanz. Parallel zu dieser Entwicklung der Netzkommunikation etablieren sich über die Grenzen der Informatik hinweg künstliche Agenten und Roboter als dienstbare Lebensgefährten, deren Vernet- zung zu künstlichen Gemeinschaften (Beispiel Robocup 2006) die Grundlage eines neuen Wissenschaftsparadigmas bildet, und zwar in Form von Multi- agenten-Simulationen. Aus dieser Ko-Evolution von Social Software als Grund- lage der Netzkommunikation und künstlichen Agenten ergibt sich die Perspek- tive auf die Herausbildung sozio-technischer Gemeinschaften, an denen natür- liche oder künstliche Agenten zum Zweck der kooperativen/konkurrierenden Aufgabenbewältigung teilhaben. Damit stehen wir vor der Frage, welche Konsequenzen aus dieser Entwick- lung für den Begriffsapparat der Medienwissenschaft resultieren. Dies betrifft insbesondere den Begriff der Interaktion, welcher nicht mehr nur unter Los- lösung von der Face-to-Face-Kommunikation zu untersuchen ist, sondern die Integration künstlicher Agenten wie auch die medienbasierte Vernetzung zu großen sozio-technischen Gemeinschaften zu bewältigen hat. Der Wandel von Interaktionsformen lässt sich dabei generell auf fünf, teils konkurrierenden Ebenen beschreiben: (cid:131) auf der Ebene des semiotischen Wandels im Hinblick auf die Multi- modalität und Multimedialität der produzierten Zeichen, (cid:131) auf der Ebene des Wandels der beteiligten Medien und Informations- technologien, (cid:131) auf der Ebene des Wandels der Partizipation und Interaktion natürlicher oder künstlicher Agenten, (cid:131) auf der Ebene der Art und des Umfangs dieser Interaktion – insbesondere im Hinblick auf die Herausbildung sozio-technischer Gemeinschaften – und schließlich (cid:131) auf der Ebene der Interpretation dieses Wandels im Wissenschaftsprozess. Vor diesem Hintergrund stellen sich unter anderem folgende Forschungsfragen: Was kann die „Interaktivität“ neuer Medien bedeuten und welche neuen Mög- lichkeiten können damit realistischerweise verbunden werden? Welche Möglich- keiten und Grenzen besitzen die im Zuge des Medienwandels aufkommenden Interaktionsformen? Wie sind sie tradiert und inwiefern übersteigen sie alther- gebrachte Interaktionsformen? Die Beantwortung dieser Fragen erfordert ein interdisziplinäres Vorgehen, das unter anderem folgende Bereiche integriert, ohne auf diese beschränkt zu sein: Einleitung 9 (cid:131) Mediengeschichtlicher Zugang: Wie „neu“ sind die neuen Interaktions- formen unter mediengeschichtlicher Perspektive? (cid:131) Mediensoziologischer Zugang: Welchen Veränderungs- oder Anpassungs- druck induzieren die neuen Interaktionsformen in Bezug auf medien- soziologische Begriffe wie z.B. Face-to-Face-Kommunikation, Gemein- schaftsbildung, Partizipation, Rückkopplung, informationelle Nachhaltig- keit und Transparenz. (cid:131) Medienepistemologischer Zugang: Wie sind künstliche Agenten oder Robo- ter als potentielle Interaktionspartner einzuordnen? Inwiefern erfüllen sie die Kriterien der Selbstregulation und Selbstorganisation? Inwiefern unter- scheiden sich diese Artefakte von computerbasierten Systemen, denen kein Agentenstatus zugesprochen wird? (cid:131) Informationswissenschaftlicher Zugang: Welche Charakteristika besitzen sozio-technische Netzwerke, wie sind sie strukturiert, wie bilden sie sich heraus, wie lassen sie sich simulieren? Welche zeichentheoretischen Grundlagen besitzen sie? Welche neuen Dokumenttypen bilden sich heraus? (cid:131) Sozionik: Was bedeutet Interaktion mit künstlichen Agenten und Partizi- pation künstlicher Agenten an sozialen Netzwerken? Wie lassen sich Inter- aktionsprozesse und die Herausbildung sozialer Gemeinschaften simu- lieren? (cid:131) Medientypologischer Zugang: Wie vollzieht sich der angesprochene Wandel innerhalb der verschiedenen Kommunikationsbereiche wie z. B. der Wissenschaftskommunikation oder der technischen Kommunikation? Welche Gemeinsamkeiten treten auf, welche Unterschiede ergeben sich? (cid:131) Technologischer und wissenssoziologischer Zugang: Welche Bedeutung besitzt der Technologiewandel für die Wissenschafts- und Technik- kommunikation und welche Anforderungen ergeben sich im Hinblick auf die Weiterentwicklung von Social Software? Die genannten Forschungsfragen und medienwissenschaftlichen Perspektiven zum Problembereich des Medienwandels als Wandel von Interaktionsformen werden im vorliegenden Band erörtert, der damit sicherlich ein ausgeprägtes interdisziplinäres Profil aufweist, das in dieser Form bislang nur vereinzelt auf- zufinden ist. Das Problem des Medienwandels kommt in den ersten drei Beiträgen des Bandes unter mediengeschichtlicher und sprachwissenschaftlicher Perspektive in den Blick. Im ersten Beitrag beschreibt Lore Benz den „Medien- wandel als Wandel von Interaktionsformen in frühren europäischen Medien- kulturen“, und sie baut in diese Beschreibung jene Begriffe ein, mit denen wir den aktuellen Medienwandel von Massenmedien hin zu den neuen, interaktiven Medien zu fassen versuchen. Während üblicherweise Techniken der Verbreitung 10 Tilmann Sutter & Alexander Mehler als konstitutiv für Massenmedien gelten, werden hier massenmediale Formen und Funktionen auch schon für das antike Theater reklamiert. Bereits hier, so die zentrale These, lässt sich der Wandel von massenmedialen zu interaktiven Formen von Kommunikationsmedien beobachten. Und bereits hier kann der Wechsel von einem überwiegend passiven, Inhalte bloß rezipierenden Publikum zu Personen nachgezeichnet werden, die sich aktiv am Geschehen beteiligen. Schließlich handelte es sich auch damals nicht um eine Verdrängung, sondern eine Ausdifferenzierung massenmedialer und interaktiver Formen öffentlicher Äußerungen. „Medienwandel und der Wandel von Diskurstraditionen“ bilden einen grundlegenden Zusammenhang, dem Barbara Frank-Job in ihrem Beitrag nach- geht. Dabei erweitert sie das bekannte Modell von Koch/Oesterreicher zur Beziehung zwischen Kommunikationsbedingungen und Distanz- bzw. Nähe- sprache um neue Formen computervermittelter Kommunikation. Unter Bedin- gungen gewandelter Medien werden die bewährten sprachlichen Routinen problematisch, und es werden angesichts neuer kommunikativer Bedingungen veränderte sprachliche Formen ausgebildet und zu Diskurstraditionen verfestigt. Dies wird an einer historischen und einer aktuellen Konstellation anschaulich gezeigt: dem Ausbau und der Nutzung schriftlicher Distanzsprache für Volks- sprachen im Mittelalter und der aktuellen Nutzung des Internet für nähe- sprachliche Interaktionsformen. Beide Beispiele zeigen, wie im Zuge des Medienwandels neue Diskurstraditionen auf neue Gegebenheiten des Träger- mediums reagieren. So tiefgreifend die Veränderungen mittelalterlicher Verschriftlichungsprozesse erscheinen, so weittragend und damit vergleichbar stellt sich der aktuelle Medienwandel dar: Am Beispiel der Kommunikations- bedingungen der Chatkommunikation wird der Ausbau schriftlicher Nähesprache nachgezeichnet. Welche spezifische Form diese Art der Kommunikation annimmt, diese Frage wird von Michael Beißwenger – ebenfalls aus sprachwissenschaftlicher Sicht – eingehend untersucht („Empirische Untersuchungen zur Produktion von Chat-Beiträgen“). Auch hier geht es um den Zusammenhang von neuen Kommunikationsbedingungen und den Strategien schriftlich geführter Chatkom- munikation. Der entscheidende Ansatzpunkt hierbei ist die These, dass die Textprotokolle der Chatkommunikation allein nicht ausreichen, um diese Strategien der Nutzer angemessen zu analysieren. Vielmehr müssen weitere Aspekte des Verhaltens der Beteiligten hinzutreten. Insbesondere können die schriftlichen Äußerungen auf vielfache Weise bearbeitet werden, bevor sie abgeschickt werden. Dies begründet einen technologisch ermöglichten, wesentlichen Unterschied zu mündlich geführten Gesprächen. Überraschend häufig werden dabei Teile oder der gesamte Umfang bereits geschriebener Einleitung 11 Kommunikationsbeiträge gelöscht. Ein markanter Grund hierfür ist der Umstand, dass sich die jeweilige Kommunikationssituation für alle Beteiligten je individuell verschieden darstellt, was oftmals zu Korrekturen an den ursprünglich gefassten Handlungsplänen führt. Auf diese Weise werden spezielle Koordinationsprobleme der Chatkommunikation bearbeitet. Der Beitrag stellt ein eindrückliches Beispiel für einen Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen vor. Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen zu begreifen versteht sich nicht von selbst und bildet ein voraussetzungsreiches Thema. Diese Voraus- setzungen kommen vor allem dann in den Blick, wenn man von den älteren Massenmedien ausgehend die neuen „interaktiven“ Medien betrachtet. Die Leistungen der Massenmedien beruhen auf einseitigen, interaktionsfreien Kom- munikationsformen, die Abkopplung von Interaktion ist für Massenmedien kon- stitutiv. Demgegenüber werden neue Medien als „interaktiv“ bezeichnet, sie bieten im Unterschied zu den Massenmedien vielfältige Rückkopplungs- und Eingriffsmöglichkeiten, was mit Merkmalen der Interaktivität beschrieben wird. Vor diesem Hintergrund stehen die folgenden Beiträge. „Der Wandel von der Massenkommunikation zur Interaktivität neuer Medien“ wird im Beitrag von Tilmann Sutter in zwei größeren Schritten näher betrachtet: Es wird erstens der Wandel von Massenmedien zur Interaktivität neuer Medien in der modernen Gesellschaft in den wesentlichen Grundzügen nachgezeichnet. Und es werden zweitens Begriffe der Interaktivität und die Frage des damit bezeichneten Medienwandels kritisch aufgearbeitet. Die vorliegenden Konzeptionen von Inter- aktivität arbeiten mit (mehr oder weniger) breiten oder aber engen Begriffen der Interaktivität, wobei beide Strategien problematisch erscheinen. Zudem bleibt der Begriff der Interaktivität zu sehr an Kategorien sozialer Interaktionen und handelnder Personen gebunden, um kommunikationssoziologisch das Neue neuer Medien angemessen zu erfassen. Schließlich erweist es sich als zentrales Desiderat, Interaktivität differenziert als mediale Form und als Nutzungsweise (Stichwort: Web 2.0) zu analysieren: nicht alle durch die mediale Form eröff- neten Möglichkeiten werden auch genutzt, und oftmals werden lediglich von wenigen Personen erstellte massenattraktive Inhalte rezipiert (besonders augen- scheinlich: YouTube). Es geht also nicht nur um die Ausdifferenzierung alter und neuer Medien, sondern auch massenmedialer Formen und individueller Zugriffs-, Eingriffs- und Mitwirkungsmöglichkeiten im Internet. Bevor der Aspekt des Wandels von massenmedialen zu vernetzten Kom- munikationsformen in weiteren mediensoziologischen Beiträgen zur Sprache kommt, werden neue mediale Interaktionsformen aus der Sicht der Semiotik, der Informatik und der Medienepistemologie betrachtet. Alexander Mehler schließt mit seinem Beitrag „Artifizielle Interaktivität. Eine semiotische Betrachtung“ an

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