MECHANIK DER KONTINUA Von t Prof. Dr. G. HAMEL Herausgegeben von Dr.-Ing. ISTVAN SZABO o. Professor an der Technischen Universität Berlin-Charlottenburg Mit 65 Bildern· 1956 B. G. TEUBNER VERLAGSGESELLSOHAFT . STUTTGART ISBN 978-3-519-02025-7 ISBN 978-3-663-01402-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-01402-7 Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des auszug3weisen Nachdruckes und der fotomechanischen Wiedergabe, vorbehalten © B. G. Teubner Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1956 Softcover reprint of the hardcover I st edition 1956 VORWORT Dem großen Lehrmeister der Mechanik, Georg Hamei, war es vergönnt, vor seinem Tode auch noch den letzten, handgeschriebenen Teil seiner "Mechanik der Kon tinua" durchzusehen. Der weitaus größte Teil lag schon in Maschinenschrift vor, die dazugehörigen Abbildungen waren gezeichnet. Ich darf vorausschicken, daß die Bitte und Anregung an Hamei, diesen, von allen seinen Schülern so sehr geschätzten und von ihm selbst wohl am meisten geliebten Teil seiner Vorlesungen in Buchform erscheinen zu lassen, von mir ausgegangen ist. Er griff diesen Gedanken freudig auf, und in Landshut, wo Hamel seine letzten Lebensjahre verbrachte, wurde von Herrn Studienrat Käufi aus Vorlesungsaufzeichnungen und nach Diktaten ein handgeschriebenes Manuskript fertiggestellt, von Hamel durch gelesen und mir - wie er schrieb - "aktiv Lehrendem" übergeben, um "kritisch gelesen zu werden". Bei der Durchsicht und den anschließenden Änderungen unterstützte mich Herr Dipl.-Math. Andre mit großer Gewissenhaftigkeit und mit vorzüglichen und kritischen Sachkenntnissen; er hat auch sämtliche Ablei tungen und Beispiele noch einmal durchgerechnet und schließlich das maschinen geschriebene Manuskript fertiggestellt. In persönlichen Unterhaltungen und in der Korrespondenz war es mit Hamel ver einbart, daß wir das maschinengeschriebene Exemplar des Werkes noch einmal einer "Generaldurchsicht" unterziehen sollten, um eventuelle Änderungen und insbesondere Kürzungen zu erwägen; wegen Hameis Tod wurde diese gemeinsam geplante Arbeit nicht mehr durchgeführt. Als ich auf Aufforderung des V erlages die Herausgabe übernahm, verbot nicht allein die Pietät, sondern auch die eigene Überzeugung es mir, größere Änderungen oder Kürzungen vorzunehmen. Über Inhalt und Stoffeinteilung findet der Leser das Notwendige in dem Inhaltsver zeichnis. Die Art der Darstellung ist nicht anders, wie wir sie in Hameis anderen zusammenfassenden Werken - wie "Grundbegriffe der Mechanik", "Theoretische Mechanik" - in unübertrefflicher Weise finden: Klarheit und Sauberkeit in den Grundlagen; souveräne Beherrschung des Stoffes; Weiterförderung bekannter Ergebnisse durch neue, originelle Ideen; Anregungen zum Weiterforschen; Literaturhinweise auf älteste und modernste Arbeiten. Hamel war ein Schüler der Universität und wurde ein großer Lehrer der Tech nischen Hochschulen. Bei der'Erwähnung dieser Tatsache sei mir erlaubt, auf eine andere hinzuweisen: Die Vorlesungen der Mechanik an den Universitäten unter- 4 Vorwort schieden sich wesentlich von denen .an den Technischen Hochschulen, und ich meine, daß hier schon mit Rücksicht auf die Probleme der Praxis, denen die Hörer später gegenüberstehen werden, eine Annäherung der beiden Standpunkte ange strebt werden müßte. Für das große und in der Praxis immer bedeutungsvoller werdende Gebiet der Mechanik der Kontinua ist das vorliegende Werk von Hamel eine ideale Brücke! Zum Schluß möchte ich noch einmal auf die wesentlichen Beiträge zum Gelingen des Werkes hinweisen, die von den Herren Käufl. und Andre geleistet wurden; ihnen und der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die die Mittel zur Beschäftigung von Herrn Andre und später für Herrn cand. math. Morgenstern, dessen Hilfe bei den Korrekturen mir sehr nützlich war, zur Verfügung gestellt hat, gilt mein besonderer Dank. Die Zusammenarbeit mit dem Teubner Verlag war in jeder Hinsicht eine dankenswert erfreuliche. Bad Neuenahr, im Herbst 1955 Istvan Szabo INHALTSVERZEICHNI S 1. Theorie der idealen Flüssigkeiten ............................................. 9 § 1. Die Grundlagen .......................................................... 9 1. Der Energiesatz der Mechanik und der Hauptsatz der Thermodynamik. . . . . 9 2. Kinematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3. Die sogenannte Kontinuitätsgleichung; die Erhaltung der Masse ........... 11 4. Die Grundgleichung der Mechanik ..................................... 13 5. Die Zustandsgleichung ............................................... 14 6. Barotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 7. Stationäre Prozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 8. Die Lagrangeschen Bewegungsgleichungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . 18 9. Die drei Fundamentalsätze der Mechanik in der Hydromechanik. . . .. . . .. .. 20 10. Verhältnis zur Thermodynamik. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 23 11. Eine Umformung der Fundamentalsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 25 12. Anwendungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 26 § 2. Eindimensionale Luftbewegung : Schall und Knall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 26 13. Der Schall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 26 14. Die exakte Methode nach D'Alembert . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28 15. Die Methode der Partikularlösungen von Daniel Bernoulli . . . . . . . . . . . . . . . .. 30 16. Eine exakte Sonderlösung ............................................ 32 17. Die allgemeine strenge Lösung nach Riemann ........................... 34 18. Die Bedeutung von r und 8. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. 37 19. Zur Integration der partiellen Differentialgleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 38 20. Die Methode nach Lagrange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . .. 41 21. Verdichtungsstöße .................................................. " 44 § 3. Potentialströmungen ohne freie Oberflächen ................................. 46 22. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 46 23. Ein besonders wichtiger Spezialfall : Die Inkompressibilität . . . . . . . . . . . . . . .. 47 24. Ebene Bewegungen .................................................. 48 25. Singuläre Stellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 50 26. Der umströmte Kreiszylinder. Erste Methode. . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 52 27. Weiterbildung durch Joukowski und Kutta. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 53 28. Eine zweite Methode: Die Singularitätenmethode ........................ 56 29. Eine dritte Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 57 30. Berechnung des Widerstandes ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 59 31. Widerstand einer bewegten Kugel in ruhender Flüssigkeit. . . . . . . . . . . . . . . .. 61 § 4. Ebene Potentialströmungen mit freien Oberflächen ........................... 63 32. Das Ausfiußproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 63 33. Fortsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 67 34. Stationäre Strömung um die ebene Platte nach Rayleigh. . . . . . . . . . . . . . . . .. 68 35. Fortsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 71 36. Ebene Potentialwellen nach Airy. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 72 37. Zwei Sonderfälle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 74 6 Inhaltsverzeichnis § 5. Wirbelbewegung idealer Flüssigkeiten (Lagrange und Heimholtz) ............... 75 38. Mathematische Sätze ............. , ................ '" . . . . . . .... . . . . .. 75 39. Berechnung von U aus rot U • . . . . . • • • • • . . . . . . • • • • . . • • • . • • • • . . • . • . . • • • . . 76 40. Der zweite, physikalische Satz von Helmholtz ......................... " 79 41. Die Wirkung paralleler Wirbelfäden aufeinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 80 42. Beispiele .......................................................... " 82 43. Die v. Karmansche Wil'belstraße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 85 44. Körper und Wirbelstraße ............................................ " 86 45. Helmholtz' Wirbelringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 86 46. Fortsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 47. Das Lagrangesche Integral ....... , .................................. " 94 48. Die Gerstnerschen Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 § 6. Zweidimensionale, stationäre Bewegungen kompressibler Flüssigkeiten .......... 98 49. Die Grundgleichungen .................................. : . . . . . . . . . . . . . 9S 50. Wirbelbewegung ................................................... " 99 § 7. Die Potentialbewegung ................................................... 100 51. Die Grundgleichungen .. , ............................................. 100 52. Eine zweite Methode .................................................. 102 53. Transformationen ... , ................ , ............................... 103 54. Genauere Bestimmung der Sonderlösung .............................. " 104 55. Die Integralfiächen von Nr. 54 als abwickelbare Flächen (Torsen) .......... 106 56. Legendresche Transformationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 108 57. Die Gleichungen von Molenbroek und Tschapligin ....................... 109 58. Partikularlösungen ................................................. " 111 59. Grenzlinien und Machsches Netz ..................................... " 112 60. Die Kurven des Hauptnetzes als Epizykloiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 114 61. Durchrechnung für den Fall der Sonderlösung von Nr. 54 ................. 115 62. Lösung von Tschapligin ................· ............................... 116 63. Benutzung komplexer Variabler ....................................... 119 II. Zähe Flüssigkeiten ......................................................... 123 § 8. Die Navier-Stokesschen Gleichungen ....................................... 123 64. Die Laminarströmung nach Hagen und Poiseuille (1838--1840) ............ 123 65. Die Zähigkeitsziffer ...... '" ...... , ................................. " 125 66. Turbulenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 126 67. Rauhe Rohre und Schlüpfen ........ " ................................. 127 68. Ableitung der allgemeinen Gleichungen von Navier und Stokes ............ 128 69. Der Energiesatz ..................................................... 132 70. Vollständiger mechanisch.thermodynamischer Ansatz für homogene isotrope Gase bei Ausschluß von Wärmestrahlung .................. , ............. 133 71. Modelltheorie ....................................................... 135 72. Ähnlichkeitsbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 137 73. Parameterfreie Differentialgleichungen ................................ " 141 74. Grenzübergang zu großen Reynoldsschen Zahlen .. , ...................... 143 75. Umwandlung in Integralgleichungen .................................... 144 § 9. Schleichende Bewegungen ......................................... , ....... 146 76. Laminarbewegungen ,................................................ 146 77. Ebene Bewegung in Kreisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 148 78. Allgemeine Bemerkungen .......................................... '" 150 79. Räumliche Schleichbewegungen bei Rotationssymmetrie ........... " ..... 151 80. Der Widerstand einer Kugel nach Stokes (1845) ......................... 153 81. Ein zweiter Weg ................................................... " 156 Inhal tsverzeichnis 7 § 10. Exakte Lösungen ....................................................... " 157 82. Vorbemerkung ....................................................... 157 83. Transformation auf isometrische Koordinaten ........................... 158 84. Eine Sonderlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 159 85. Die reine Radialströmung a = 0 ....................................... 161 86. Diskussion der Radialströmung, freie Strömung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 162 87. Radialströmung zwischen festen Wänden. Ausströmen .................... 163 88. Einströmen zwischen festen Wänden .................................... 164 89. Bemerkung über die Bewegung in logarithmischen Spiralen ............... 165 90. Weitere Bewegungen in Spiralen ....................................... 165 91. Stationäre Bewegungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 166 92. Nichtstationäre Strömungen ........................................... 167 93. Integrale mit Stellen der Bestimmtheit ................................. 168 94. Ausdehnung der Betrachtung auf Relativbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 169 95. Anschließende Untersuchungen ........................................ 170 § 11. Prandtls Grenzschichttheorie .............................................. 171 96. Der Ansatz .......................................................... 171 97. Durchführung für die ebene Platte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 172 98. Rechnerische Durchführung der Integration der Differentialgleichung (1I, 1I) 174 99. Konvergenzbetrachtung .............................................. 176 100. Strahlablösung ....................................................... 178 § 12. Turbulenz ............................................................... 179 101. Der Ansatz von Osborne Reynolds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179 102. Bestimmung der Zusatzspannungen .................................... 181 103. Weitere Ansätze für den Mischungsweg ................................. 182 104. Die Streifenmethode ................................................. 183 105. Stabilitätsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185 106. Weitere Untersuchungen zur Turbulenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 186 III. Über allgemeinere deformierbare Systeme .................................... 188 § 13. Elastische Schwingungen ................................................. 188 107. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 188 108. Kompressionswellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 189 109. Wirbelwellen ........................................................ 190 1I0. Plastische Vorgänge .................................................. 190 111. Der erste ebene Fall .................................................. 192 112. Linearisierung ....................................................... 193 113. Partikularlösungen ................................................... 195 o(p, <X) 114. Der Ausnahmefall ---= 0 ......................................... 196 o(x, y) 115. Die Charakteristiken oder Gleitlinien ................................... 197 116. Die allgemeine Lösung ............................................... 198 117. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 202 118. Zusammenhang der Funktionen U, V, W ............................... 203 119. Erweiterungen der Theorie ............................................ 204 120. Rheologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 205 Namen- und Sachverzeichnis ............ " ..................................... 207 I. Theorie der idealen Flüssigkeiten § I. Die Grundlagen I. Der Energiesat.z der Mechanik und der Hauptsatz der Thermodynamik. Der Ener giesatz der Mechanik der Systeme von endlich vielen Freiheitsgraden besagt bekanntlich, daß die Xnderung dE der kinetischen Energie eines solchen Systems in einem Zeitintervall dt gleich ist der in dieser Zeit geleisteten Arbeit dA. Dabei wird vorausgesetzt, daß kein Energieverlust durch Reibung eintritt. Wenn wir dabei dA zerlegen in die Arbeit dAa der äußeren Kräfte und in einen Rest dAi, die Arbeit der inneren Kräfte, so können wir den Energiesatz schreiben in der Form (1,1) dE = dAa + dAi (wir erinnern daran, daß beim starren Körper dA, = 0 ist). Die Thermodynamik, die wir hinfort stark heranziehen müssen, kennt einen ana logen Satz, ihren sogenannten ersten Hauptsatz; der Gedanke dieses Satzes ist, daß die von außen in Form von Wärme und äußerer Arbeit zugeführte Energie auf gespeichert wird in Form von kinetischer Energie und einer "inneren Energie" lJf des Systems: (1,2) dAa + Qdt = dE + dlJf , wobei Q die in der Zeiteinheit zugeführte Wärmemenge istl). Statt 'P verwendet man häufig die "spezifische innere Energie" "P, mit der 'P durch die Beziehung 'P=f"Pdm zusammenhängt, worin m die Masse bedeutet. Subtrahieren WIr nun (1,1) und (1,2) voneinander, so erhalten wir die Gleichung + (1,3) Qdt = dAi d'P. 2. Kinematik. Es sei für eine materielle Bewegung der Ortsvektor (1,4) t=t(a,t), wobei das zeitlich unveränderliche a für den materiellen Punkt charakteristisch ist. Für a kann man etwa den Ortsvektor des materiellen Punktes zu einer be stimmten Zeit t = to nehmen. In diesem Fall ist also a = t (a, to). Behält man konsequent, auch bei der Darstellung von t) = :; und \tJ = :~ , a und t als Unabhängige bei, so spricht man vom Lagrangeschen Standpunkt: man verfolgt den einzelnen materiellen Punkt im Verlauf seiner "Geschichte". Häufig, 1) Statt Q dt verwendet man üblicherweise dQ, die in der Zeit dt zugeführte Wärmemenge (Q hat dann natürlich eine andere Dimension). Wir benötigen im folgenden jedoch die Wärmemenge pro Zeiteinheit. 10 I. Theorie der idealen Flüssigkeiten ja in der Hydrodynamik mit Vorliebe, nimmt man rund t als Unabhängige, denkt sich also (1,4) nach a aufgelöst: (1,5) a=a(r,t). Man fragt also: Was geschieht an einer bestimmten Stelle zu einer bestimmten Zeit t; insbesondere: welches Teilchen befindet sich gerade dort 1 Man nennt. diesen Standpunkt den Eulerschen. Nun gilt für jede physikalische Größe (Skalar, Vektorkomponente oder Tensor komponente) U = U(r, t) = U(x, y, z, t): au au au au dU =Ttdt+ ax-dx+ aydy+ az-dz au au au =Ttdt + äfdr =Ttdt + grad U dr, wobei das Symbol a~ = V den "Nabla"-Operator bedeutet, d. h. den symbo lischen Vektor a~ i + a: j + aa f, und daher z dU au au BU (1,6) (it=Tt + äfl)=Tt + I) grad U, falls r = r(a, t) gilt. Man nennt aB~ die lokale Fluxion, d. h. die Änderungsge schwindigkeit an Ort und Stelle; dagegen !~ die materielle Fluxion, d. h. die Änderungsgeschwindigkeit am bestimmten materiellen Punkt. I) grad U beschreibt denjenigen sog. konvektiven Anteil der materiellen Fluxion, der von der Be wegung des Punktes herrührt. Ist für alle in Betracht kommenden Größen die lokale Fluxion Null, so heißt die Bewegung "stationär". Es herrscht dann an einem Ort stets derselbe Zustand. Wir wollen von (1,6) gleich eine wichtige Anwendung machen. Für v'" = i ist av", av", av", Bv", ddtv""", = a-t + --ax v'" + ay-vy + az-Vz =aav-",t + T1 aax (v2'" + v2y + v%2 ) -vy (a-v-ay x-aayv"-,) -,r Vz (aavzx- ---aBVxZ ) . Mit a . (avz av (av", avz) (av avx) rot 1)=a-t XI)=l -ay --azy ) +1• -az --Bx +~11 -axy --By ist also Bv", B dv", 1 2 dt""=a-t+TBX I) -vy(rotl))z+vz(rotl))y av", 1 a =a-t + Tax 1)2_ (I) X rot 1))",. Entsprechendes gilt für ~: und ~: . Durch yektorielle Zusammenfassung erhalten wir das wichtige Ergebnis (Umformung von Euler und Clebsch) du au 1 (1,7) dt = Te' + T grad 1)2 - I) X rot I) • § 1. Die Grundlagen 11 Wir notieren noch die folgenden Sätze: 1) Bei rotorfreier Bewegung gilt für die Beschleunigung du au I (It=ae + "2 grad 1>2. 2) Bei rotorfreier Bewegung existiert ein Geschwindigkeitspotential cp = acp I> at und umgekehrt: Ist I> der Gradient einer skalaren Funktion, so ist die Bewegung rotorfrei. Der Beweis der Umkehrung ist klar; denn rot I> = rot :~ = aat X (aat cp) = 0 . Der Satz selbst folgt aus der allgemeinen Tatsache, daß ein Vektorfeld mit ver schwindender Rotation das Gradientenfeld einer geeigneten skalaren Funktion ist (s. die Lehrbücher der Differential- und Integralrechnung). 3) Bei rotorfreier Bewegung ist die Beschleunigung n> = du = ~ (acp + ..!:..1>2) at at dt 2 also ein Gradient, d. h. aus rot I> = 0 folgt rot n> = 0; aber die Umkehrung gilt nicht. 3. Die sogenannte Kontinuitätsgleichung; die Erhaltung der Masse. Durch I> muß die Änderung des Volumens bestimmt sein, da durch I> bestimmt ist, wohin jeder Punkt im Lauf der Zeit gelangt. Das ist eine rein kinematische Tatsache. Ist V ein Volumen, durch das Flüssigkeit oder irgendein anderes Medium strömt, so gilt ~~ =pl>ndF =pvndF, wo n einen Einheitsvektor in Richtung der äußeren Normalen yon V bedeutet und Vn die Geschwindigkeitskomponente nach dieser Richtung. Denn in der Zeit dt verschiebt sich ein Element der Oberfläche F um "dt, was zu der Volumenver größerung nl> dtdF führt. Nach dem Gaußschen Integralsatz ist aber f f f v; pVndF= Ca + ~v: + aav:)dxdydz= f divl>dV. Also gilt f ~ ~~ = ~ div I> d V = (mv I»Mitteb und somit für ein hinreichend kleines Volumenelement 15 V (1,8) dlogc5V = div I> = ~atI >. dt Das ist, wie gesagt, ein rein mathematischer Satz, der nur gewisse Stetigkeits bedingungen voraussetzt, aber nichts Physikalisches. Nun führen wir die Masse ein. Jedem Stück Materie komme eine positive, zeitlich unveränderliche Masse m zu, also der das Volumenelement c5V erfüllenden Materie eine Masse 15m.
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