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Max Weber-Handbuch: Leben – Werk – Wirkung PDF

501 Pages·2020·5.467 MB·German
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ww Hans-Peter Müller / Steffen Sigmund (Hg.) Max Weber Handbuch Leben – Werk – Wirkung 2. Auflage XHUB-Print-Workflow | 00_HB_Mueller_Weber_Titelei_{Druck-PDF} | 26.03.20 Hans-Peter Müller / Steffen Sigmund (Hg.) Max Weber-Handbuch Leben – Werk – Wirkung 2., aktualisierte und erweiterte Auflage J. B. Metzler Verlag XHUB-Print-Workflow | 00_HB_Mueller_Weber_Titelei_{Druck-PDF} | 26.03.20 Die Herausgeber Hans-Peter Müller ist Professor für Soziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Steffen Sigmund ist Akademischer Direktor am Max-Weber-Institut für Soziologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. ISBN 978-3-476-05141-7 ISBN 978-3-476-05142-4 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-476-05142-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. J. B. Metzler © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature, 2020 Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheber- zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt rechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Heraus- vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vor- geber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für herigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikro- Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und elektronischen Systemen. Institutionsadressen neutral. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeich- Umschlagabbildung: © ullstein bild - ullstein bild/picture alliance nungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt J. B. Metzler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers Die Anschrift der Gesellschaft ist: sind zu beachten. Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany Inhalt Vorwort zur zweiten Auflage IX 21 Kampf und Konflikt Christian Schmidt-Wellenburg 97 Vorwort zur ersten Auflage XI 22 K apitalismus Johannes Berger 99 23 K lasse und Stand Jochen Steinbicker 103 24 K ultur Hans-Peter Müller 107 I Zur Biographie 25 L ebenschance(n) Hans-Peter Müller 110 26 L ebensführung Hans-Peter Müller 114 1 Person und Werk Hans-Peter Müller / 27 L egitimität Stefan Breuer 118 Steffen Sigmund 3 28 M acht und Herrschaft David Strecker 120 29 M arkt Klaus Kraemer 123 30 O bjektivität Gert Albert 127 II Begriffe 31 O rdnung Thomas Schwinn 129 32 P artei Stefan Breuer 131 2 Arbeit und Beruf Hans-Peter Müller 35 33 P olitik Wolfgang Fach 134 3 Askese Jakob Schultz / Laurin Schwarz 38 34 P rotestantismus, asketischer Peter Ghosh 136 4 Beziehung, soziale Sophie Mützel 45 35 R ationalität, Rationalisierung, Rationalismus 5 Bürgertum Joachim Fischer 47 Hans-Peter Müller 139 6 Bürokratie Stephan Paetz 51 36 R echt Hubert Treiber 146 7 Charisma Richard Utz 54 37 R epräsentation Johannes Weiß 149 8 Demokratie Andreas Anter 59 38 ( Welt-)Religionen Hans G. Kippenberg 150 9 Entzauberung und Säkularisierung 39 S chließung, soziale Jürgen Mackert 156 Andreas Anter 62 40 S inn Wolfgang Ludwig Schneider 159 10 E rklären und Verstehen Gert Albert 64 41 S ozialismus und soziale Frage 11 E thik (Gesinnungs- und Verantwortungsethik) Frank Ettrich 161 Martin Endreß 67 42 S taat Andreas Anter 167 12 F reiheit Christian Marty 70 43 S tadt Hinnerk Bruhns 170 13 G eld Heiner Ganßmann 73 44 T ragik Stefan Breuer 174 14 G eltung Claudius Härpfer / Tom Kaden 75 45 V erband und Betrieb 15 G emeinschaft(en) und Gesellschaft(en) Walther Müller-Jentsch 176 Mateusz Stachura 77 46 W eltbilder Lukas Pfäffle 180 16 H andeln und Handlung 47 W ert(e), Wertdiskussion, Wertkonflikt Karl-Siegbert Rehberg 79 Hans-Peter Müller 184 17 I dealtyp Gert Albert 84 48 W ertsphären und Lebens ordnungen 18 I deen und Interessen Steffen Sigmund 87 Thomas Schwinn 189 19 I ndividualismus Christian Marty 90 49 W ert(urteils)freiheit Michael Schmid 193 20 I ntellektuelle Georg Vobruba 93 50 W irtschaft Johannes Berger 196 XXHHUUBB--PPrriinntt--WWoorrkkflflooww || 0000__HHBB__MMuueelllleerr__WWeebbeerr__TTiitteelleeii__{{DDrruucckk--PPDDFF}} || 2266..0033..2200 VI Inhalt III Werke und Werkgruppen 70 Konfuzianismus und Taoismus (1915; 1920) Hans van Ess 317 A W irtschafts- und Sozialgeschichte 71 H induismus (1916/17; 1921) der Antike und des Mittelalters Mateusz Stachura 324 51 Z ur Geschichte der Handelsgesellschaften im 72 B uddhismus (1916/17; 1921) Mittelalter (1889) Georg Christ 203 Mateusz Stachura 328 52 D ie römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung 73 D as antike Judentum (1917–1919; 1921) für das Staats- und Privatrecht (1891) Christa Schäfer-Lichtenberger 332 Luigi Capogrossi Colognesi 210 53 D ie sozialen Gründe des Untergangs der antiken E Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und Kultur (1896) Richard Utz 215 die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte 54 A grarverhältnisse im Altertum (1909) 74 G emeinschaften (1921/22) Hinnerk Bruhns 220 Mateusz Stachura 340 75 R eligiöse Gemeinschaften (1921/22) B Sozial-, Politik- und Wirtschaftsverfassung Volkhard Krech 344 Deutschlands und Europas 76 R echtssoziologie (1922) Hubert Treiber 351 55 D ie Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutsch- 77 H errschaft (1921) Stefan Breuer 358 land (1892) Hans J. Pongratz 226 78 D ie Stadt. Eine soziologische Untersuchung 56 B örsenwesen. Schriften und Reden (1893–1899) (1913/14; 1921) Hinnerk Bruhns 363 Heiner Ganßmann 232 79 W irtschaft und Gesellschaft. Soziologie (1919/20) 57 Z ur Russischen Revolution von 1905 (1905–1912) Jens Greve 371 Harald Bluhm 239 58 Z ur Psychophysik der industriellen Arbeit F W eitere Schriften (1908/09) Gert Schmidt 247 80 D ie rationalen und soziologischen Grundlagen 59 Z ur Politik im Weltkrieg (1914–1918) der Musik (1921) Steffen Sigmund 386 Hinnerk Bruhns 250 81 B riefe Hubert Treiber 392 60 Z ur Neuordnung Deutschlands (1918–1920) Andreas Anter 256 61 W issenschaft als Beruf (1917/1919) IV Diskussion Hans-Peter Müller 259 62 P olitik als Beruf (1919) Gregor Fitzi 265 82 V on der okzidentalen Moderne zur multiplen Moderne? Thomas Schwinn 415 C Wissenschaftslehre 83 B ürokratie als Schicksal? – Max Webers Büro- 63 Z ur Logik und Methodik der Sozi alwissenschaften kratiemodell im Lichte der Organizational Studies (1900–1907) Claudius Härpfer / Frank Meier / Uwe Schimank 421 Tom Kaden 271 84 Globalisierung und Europäisie rung: Der National- 64 V erstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit staat im Wandel Andreas Anter 428 (1908–1920) Johannes Weiß 281 85 G ouvernementalité und governance: 65 D ie »Objektivität« sozialwissenschaftlicher und Max Webers Herrschaftssoziologie heute sozialpolitischer Erkenntnis (1904) Wolfgang Fach 432 Claudius Härpfer / Tom Kaden 289 86 R enaissance der Religion: Was wird aus Max Webers Entzauberungs- und Säkularisierungs- D Religionssoziologische Werke these? Martin Endreß 435 66 D ie protestantische Ethik und der Geist des 87 A bendländischer Kapitalismus?  – Zur Ver- Kapitalismus (1904–05; 1920) Peter Ghosh 294 gangenheit und Gegenwart eines Weberschen 67 Vorbemerkung (1920) Hans-Peter Müller 305 Grundbegriffs Johannes Berger 443 68 Zwischenbetrachtung (1915; 1920) 88 R echt und Gesellschaft: Die Entwicklung des Thomas Schwinn 309 nationalen, europäischen und globalen Rechts- 69 Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Einleitung kosmos Hubert Treiber 451 (1915; 1920) Hans-Peter Müller 314 Inhalt VII 89 B ürgertum und Bürgerlichkeit: Max Webers Anhang Soziologie des Bürgertums im Lichte zeitge- nössischer Entwicklungen Joachim Fischer 457 Zeittafel 481 90 A rbeit, Beruf und Arbeitskraft: Wie verändert Max Weber-Gesamtausgabe 483 sich ihre Bedeutung im 21. Jahrhundert? Siglen 485 G. Günter Voß 462 Auswahlbibliographie 486 91 D er »Adel unserer Natur«: Max Weber als Autorinnen und Autoren 493 Erzieher und »political educator« Personenregister 496 Heinz-Elmar Tenorth 468 XHUB-Print-Workflow | 00_HB_Mueller_Weber_Titelei_{Druck-PDF} | 26.03.20 Vorwort zur zweiten Auflage Wie schon die erste Auflage, zielt auch die vorliegende beinhaltet und diese auch neu anordnet, erschienen Aktualisierung des Weber-Handbuchs darauf ab, die sind, haben wir die bisherigen Verweise auf die beste- Fruchtbarkeit seines Werkes deutlich zu machen. henden Texte beibehalten. Dies insbesondere, da die Hierzu wurden eine Reihe zusätzlicher Begriffsartikel Mehrzahl, auch der aktuellen Literatur zu Weber sich neu aufgenommen, die bestehenden Artikel über- noch auf diese, quasi kanonischen Ausgaben bezie- arbeitet und durch Hinweise auf neuere Literatur er- hen. Es schien uns im Sinne der Praktikabilität und gänzt. Da mittlerweile die Max Weber Gesamtausgabe des Arbeitens mit dem Handbuch sinnvoller, nicht alle vollständig vorliegt, konnte auch der Eintrag zu den Beiträge nochmals zu verändern und ausschließlich Briefen ergänzt und vervollständigt werden. Dies ist auf die MWG zu beziehen. nicht nur in biographischer Hinsicht von Relevanz, Zum Gelingen dieser zweiten Auflage haben alle sondern auch systematisch von großer Bedeutung, da Autoren beigetragen, denen wir hierfür herzlich dan- Weber in seiner ausführlichen Korrespondenz immer ken. Es fällt nicht leicht, sich nochmals mit schon Ge- wieder auch auf inhaltliche Themen seines Schaffens schriebenem und geistig innerlich Abgeschlossenem eingeht. M. Rainer Lepsius meinte daher, dass die ge- kritisch auseinanderzusetzen, Ergänzungen anzubrin- sammelten Briefe gleichsam ein zweites Werk darstel- gen oder Unklarheiten zu verbessern. Im heute schnell- len, das bemerkenswerte Aufschlüsse für das erste lebigen Wissenschaftsbetrieb ist das nicht selbstver- Werk bereithält. ständlich, aber die Bereitschaft aller, dies gewissenhaft Autorenbezogene Handbücher führen nicht nur in und sorgfältig zu tun, war eine große Hilfe und Unter- deren Grundkonzepte, zentralen Begriffe und Unter- stützung. Besonderer Dank gilt darüber hinaus den suchungen ein, sondern sie sollen auch Orientierung neu hinzugekommenen Autoren. Handbücher sind geben und Anschlussperspektiven aufzeigen. Sie sind typische Gemeinschaftsproduktionen und wir sind Arbeitsbücher und sollen helfen, das Werk in seiner dankbar, dass dies im vorliegenden Fall so kollegial ge- Gänze kennenzulernen, sich in ihm zurechtzufinden lungen ist. Ein ganz besonderer Dank gilt Frau Char- und sich damit auseinanderzusetzen. Aus diesem lotte Zieger, die uns mit Ruhe, Übersicht und Sachver- Grund haben wir uns entschieden, die Verweise auf stand bei den vielfältigen Arbeitsschritten zur Aktuali- die Schriften Webers nicht zu verändern. Denn, ob- sierung des Handbuchs unterstützte und mit großer wohl mittlerweile in der Gesamtausgabe die wichtigen Sorgfalt die Überarbeitungen und Ergänzungen ein- Bände I/7 (Zur Logik und Methodik der Sozialwissen- arbeitete. Und natürlich wäre ohne das Vertrauen und schaften) und I/12 (Verstehende Soziologie und Wert- Verständnis, das uns Frau Ute Hechtfischer vom Metz- urteilsfreiheit), die die zentralen Aufsätze der bisheri- ler Verlag stetig entgegengebracht hat, dieser Band so gen Wissenschaftslehre beinhalten, wie insbesondere nicht möglich gewesen. der Band I/23 (Wirtschaft und Gesellschaft. Soziolo- Hans-Peter Müller / Steffen Sigmund gie), der zentrale Teile von Wirtschaft und Gesellschaft XHUB-Print-Workflow | 00_HB_Mueller_Weber_Titelei_{Druck-PDF} | 26.03.20 Vorwort zur ersten Auflage Max Weber (1864–1920), der ›Mythos von Heidel- burtstag von Max Weber am 21. April 2014 sicherlich berg‹, gilt als ›Klassiker der Klassiker‹ in den Kultur- noch einmal ansteigen. und Sozialwissenschaften. Er legt ein großes Werk vor, Anlässlich des 150. Geburtstages von Karl Marx das erst heute und hundert Jahre später dank der Max schrieb Guenther Roth, dass »revolutionär gestimmte Weber-Gesamtausgabe (MWG) in seiner Größe, sei- Leute [dessen Geburtstag] geziemender Weise durch nem Umfang und seiner Vielschichtigkeit entschlüs- Rebellion [feiern]. Für forschungsorientierte Soziolo- selt werden kann. Durch seinen unerwartet frühen gen geben Feiertag und rebellischer Alltag dagegen Tod war es ihm nicht vergönnt, sein Werk in geord- Anlaß zu kritischen Überlegungen, die als Aufforde- neter Form und nach eigenen Vorstellungen zu ver- rung zur Forschung verstanden werden wollen« öffentlichen. Das mussten andere Personen besorgen: (G. Roth: Das historische Verhältnis der Weberschen Allen voran seine Ehefrau und intellektuelle Weg- Soziologie zum Marxismus. In: Kölner Zeitschrift für gefährtin Marianne Weber, später unterstützt durch Soziologie und Sozialpsychologie 20 (1968), 429). Mit Johannes Winckelmann und Eduard Baumgarten, Blick auf das gegenwärtige Jubiläum von Max Weber heute durch die Herausgeber der MWG. und dessen Werk gilt dies in noch viel stärkerem Webers Studien zu Wirtschaft und Technik, Politik Maße. Denn nicht disziplinäre Denkmalpflege oder und Recht, Religion und Kultur von Antike, Mittelalter ritualisierte Selbstvergewisserung sollten die Ausein- und Moderne bilden einen gewaltigen Torso, der bis andersetzung mit seinem Werk leiten, sondern Per- zum heutigen Tag meist wie ein Steinbruch genutzt son und Werk bieten eine Fülle von theoretischen He- wurde. ›Schlag nach bei Max Weber‹ ist immer ein gu- rausforderungen und intellektuellen Anregungen, die ter Ratschlag für jemanden, der in seiner eigenen Ar- eine intensive intellektuelle und forschungsorientier- beit nicht vorankommt. Aber über dieser Steinbruch- te Auseinandersetzung geradezu erzwingen. Webers Rezeption ist die Botschaft von Max Weber verloren- Arbeiten sperren sich in gewisser Weise einer rein gegangen. Seine Mission und Vision von Soziologie als historischen Rekonstruktion und gewinnen ihre Wirklichkeitswissenschaft und seine historisch-sozio- Kraft erst in Bezugnahme auf aktuelle Problemstel- logischen Konstellationsanalysen werden durch diese lungen und theoretische Entwicklungen. punktuelle Rezeption meist ausgeblendet, ja regelrecht Das vorliegende Handbuch beansprucht nicht, alle vergessen. Seit einiger Zeit wachsen Bestrebungen, ein offenen Fragen zu Person und Werk von Max Weber sogenanntes »Max Weber-Paradigma« in seinem Kern zu beantworten. Es will angesichts der fast fertig vor- und seiner Gestalt nachzuzeichnen, um das Weber- liegenden MWG sowohl eine aktuelle Bestandsauf- sche Erbe für die zeitgenössische Soziologie zu erhal- nahme von Webers Werk und seiner zentralen Begrif- ten. Noch ist es vor allem um die theoretischen und fe und Konzepte ermöglichen als auch sein großes Po- methodologischen Kernannahmen zentriert, was die tential für die Analyse aktueller gesellschaftlicher Ent- Rede von einem Paradigma im Kuhnschen Sinne na- wicklungen oder die Weiterentwicklung theoretischer helegt. Seine reichhaltigen Analysen dagegen kommen Fragen in unterschiedlichen Disziplinen deutlich ma- einstweilen noch zu kurz. Gleiches gilt für die Bot- chen. Wir sind überzeugt, dass es gerade Webers schaft von Webers Soziologie: Was genau hat uns We- scharfe Begriffsbildung ist, die den Kultur- und Sozial- ber mit seinen Analysen eigentlich sagen wollen? Die- wissenschaften heute von Nutzen sein könnte. se Frage ist bis heute umstritten und dürfte ein Grund Das Handbuch ist in fünf Teile gegliedert: In einem dafür sein, warum eine nicht abreißende Flut von Se- ersten, knappen biographischen Teil beleuchten wir kundärliteratur national und international Jahr für die Person wie auch das Werk von Max Weber und Jahr veröffentlicht wird. Diese Flut dürfte zum 150. Ge- versuchen beides, Person und Werk, historisch und XHUB-Print-Workflow | 00_HB_Mueller_Weber_Titelei_{Druck-PDF} | 26.03.20 XII Vorwort zur ersten Auflage systematisch zu verorten. Allen denjenigen, die zum sellschaft. Weber war es noch vergönnt, den ersten Teil ersten Mal in Berührung mit Weber kommen, sei des- selbst für den Druck fertig zu machen. Er wird jetzt als halb die Lektüre dieses ersten Teils als Einstieg emp- Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie als eigenständi- fohlen. Im zweiten Teil wird sein elaborierter Begriffs- ges Werk in der Max Weber-Gesamtausgabe präsen- apparat vorgestellt. Zwar war Weber der Auffassung, tiert. Marianne Weber und Johannes Winckelmann dass jede Zeit und jede Gesellschaft ihre eigenen Be- hatten entschieden, unter Wirtschaft und Gesellschaft griffe entwickeln würde. Da wir indes immer noch in nicht nur diesen ersten, von Max Weber selbst noch in einer modernen Gesellschaft leben, haben seine Be- den Druck gegebenen, Teil zu publizieren, sondern die griffe an Aktualität und Gehalt nur wenig eingebüßt. nachgelassenen Manuskripte als zweiten Band einfach Im dritten Teil werden die Werke und Werkgruppen anzuhängen. Band 1 sollte deshalb als systematischer in längeren Einzeldarstellungen vorgeführt. Wir fol- Teil, Band 2 als historischer Teil von Wirtschaft und gen im Großen und Ganzen der Max Weber-Gesamt- Gesellschaft gelten. In dieser zweibändigen Form hat ausgabe. Zunächst werden seine Arbeiten zur Wirt- das Werk seinen weltberühmten, klassischen Status schafts- und Sozialgeschichte von Antike und Mittel- gewonnen. Warum soll man einen Klassiker auseinan- alter besprochen. Sodann folgen seine zahlreichen dernehmen, der zu einem der zehn wichtigsten Bücher Analysen zur Sozial-, Politik- und Wirtschaftsverfas- des 20. Jahrhunderts in der Soziologie gewählt wurde? sung Deutschlands und Europas, die von den frühen Die Herausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe ha- Studien zur Lage der Landarbeiter im ostelbischen ben indes entschieden, dass Weber selbst eine solche Deutschland bis zu seinen späten Vorträgen über Wis- Anordnung wohl nie gewählt haben würde, sondern senschaft und Politik als Beruf reichen. Ferner gilt es, die nachgelassenen Manuskripte für den Druck noch Webers Wissenschaftslehre in ihren wichtigsten Teilen einmal sorgfältig überarbeitet hätte. Deshalb behält in vorzustellen, die seine Schriften zur Logik und Me- der neuen Textgestalt nur der erste Band diesen Titel thodik der Sozialwissenschaften ebenso wie seinen und gilt als Webers »Soziologie«. Die nachgelassenen Kampf um ›Wertfreiheit‹ und die Entwicklung der Manuskripte hingegen werden unter dem ursprüng- ›verstehenden Soziologie‹ umfassen. Im Zentrum die- lichen Arbeitstitel »Die Wirtschaft und die gesell- ser wissenschaftstheoretischen Überlegungen steht schaftlichen Ordnungen und Mächte« in fünf Einzel- der berühmte Objektivitätsaufsatz aus dem Jahr 1904, bände zerlegt: 1. »Gemeinschaften« (1921/22); 2. »Re- das methodologische Manifest Max Webers, das wir ligiöse Gemeinschaften« (1921/22); 3. »Rechtssoziolo- ausführlich diskutieren. gie« (1922); 4. »Herrschaft« (1921); 5. »Die Stadt. Eine Als vierte und fünfte Werkgruppe folgen seine soziologische Untersuchung« (1913/14; 1921). Überlegungen zur Religion und zu Wirtschaft und Den Abschluss dieses Teils bilden Weitere Schriften, Gesellschaft. Die Arbeiten zur Religion präsentieren unter denen wir Webers Musikstudie und seine Briefe Webers berühmtesten Text, die Protestantische Ethik, gefasst haben. Die rationalen und soziologischen gefolgt von der Vorbemerkung, in der Weber sein For- Grundlagen der Musik sind eine aufschlussreiche schungsprogramm zum okzidentalen Rationalismus Schrift, die nicht nur musiktheoretisch Interessierte präsentiert. Der dritte Text in der religionssoziologi- angeht. Denn Weber zeigt hier, dass ihm die Idee zur schen Abteilung analysiert die Zwischenbetrachtung, okzidentalen Rationalisierung beim Studium der in der Weber nicht nur seine Vorstellung von der abendländischen Musik gekommen ist. Max Weber, Wirtschaftsethik der Weltreligionen systematisch ent- der aufgrund seiner jahrelangen Krankheit viel gereist wickelt, sondern auch seine institutionelle Theorie der ist, war ein fleißiger Briefeschreiber. Aufgrund des »Wertsphären und Lebensordnungen« nebst den po- Umfangs und der Vielzahl wie Reichhaltigkeit der tentiellen Wertkonflikten zwischen Religion und den Kontakte kann man durchaus von einem eigenständi- säkularen Ordnungen von Wirtschaft, Politik, Ästhe- gen »Briefwerk« sprechen. Hier wird nicht nur die Per- tik, Erotik und Wissenschaft. Der vierte Text behan- son Max Webers anschaulich, sondern die vielfältigen delt Webers Einleitung in die Wirtschaftsethik der Konflikte und Auseinandersetzungen auf wissen- Weltreligionen, die seinen analytischen Bezugsrahmen schaftlichem wie politischem Gebiet, aber auch die en- präsentiert. Es folgen schließlich seine materialen ge Verbundenheit mit seiner Familie werden deutlich. Analysen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen, al- Es folgt ein vierter Teil, den wir Diskussion genannt so Konfuzianismus und Taoismus, Hinduismus und haben und der die Anschlussfähigkeit weberia- Buddhismus sowie das antike Judentum. nischen Denkens heute aufzeigen soll. Einen solchen Die fünfte Werkgruppe betrifft Wirtschaft und Ge- Diskussionskontext, der die Aktualität wie Lebendig-

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