ebook img

Mathematische Analyse der Formalstruktur von Musik PDF

53 Pages·1958·3.305 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Mathematische Analyse der Formalstruktur von Musik

FORSCH U NGSBE RICHTE DES WI RTSCHAFTS- UN D VE RKE H RSMI N ISTE RI UMS NORDRH EI N-WESTFALE N Herausgegeben von Staatssekretar Prof. Dr. h. c. Leo Brandt Nr.357 Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Fucks Mathematische Analyse der Formalstruktur von Musik Als Manuskript gedruckt Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1958 ISBN 978-3-663-03717-0 ISBN 978-3-663-04906-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-04906-7 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen G 1 i e der u n g . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Aufgabe . . • • . • . s. 5 2. Musikalische Stilmerkmale erster Ordnung bei Instrumental- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . und Vokalmusik S. 7 3. Untersuchung von Häufigkeitsverteilungen von Tondauern S. 8 4. Häufigkeitsverteilungen von Tonhöhen s. 15 5. Häufigkeitsverteilung von Intervallen konsonanter Töne s. 19 6. Häufigkeitsverteilungen von Intervallen aus konsekutiven Tönen . . . . . . . . . S. 24 7. Musikalische Stilcharakteristiken höherer Ordnung. Intervallpaare konsekutiver Töne S. 32 . . 8. Stochastisch erzeugte "Musik" • • S. 40 9. Häufigkeitsverteilung von Intervallen aus je zwei konse kutiven Tönen und die theoretische Verteilung bei stocha- . . . . . . . . . . . . stischer Musik S. 43 Seite 3 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen 1. Die Aufgabe In einer Reihe von Arbeiten ist vom Verfasser gezeigt worden, daß es mög lich ist, die Formalstruktur von Werken aus dem Bereich der Sprache mathe matisch zu analysieren und für einzelne Zusammenhänge übergreifende Ge setze zu finden. Es liegt nahe, zu fragen, ob ähnliche Untersuchungen nicht auch in den anderen Bereichen der kulturellen Betätigung Erfolg verspre chen. In dem vorliegenden Bericht sollen Ergebnisse der mathematischen Analyse der Formalstrukturen von Musik mitgeteilt werden. Auch bei der Musik wird man damit anfangen, ein Werk in Elemente zu zer legen, wobei die Elemente mehr oder minder komplex gewählt werden können. Eine außerordentlich weitgehende Zerlegung würde uns schließlich auf die gesamte des akustischen Klanggebildes und dessen zeitli Fre~uenzverteilung chen Ablauf führen. Wir wollen hier nicht entfernt so weit gehen, sondern jedenfalls in dem vorliegenden Bericht den einzelnen Ton, wie er durch eine Note in der Partitur repräsentiert wird, als einfachstes Element betrach ten. Die einzelne Note in einer Partitur gibt zwei elementare Merkmale an: Dauer und Tonhöhe. Natürlich hat sie noch weitere Merkmale. Sie steht unter einem bestimmten Musikschlüssel. Sie hat einen bestimmten Platz im Takt oder in anderen musikalischen Gebilden, wie z.B. Thema oder Satz. Auf die letzteren Merkmale soll aber in dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Tonhöhen und Tondauern als Merkmale genommen, erlauben uns, für die Gesamt heit der Töne eines musikalischen Werkes statistische Verteilungskurven zu ermitteln und diese Kurven für verschiedene Werke miteinander zu verglei chen. Auf diese Weise dürfen wir hoffen, bereits für die elementarsten Ge bilde in einer Partitur Gesetzmäßigkeiten aufzudecken, die bis heute unbe kannt geblieben sind. Fassen wir die einzelnen Töne paarweise zusammen, so geht dies auf zweier lei Weise. Wir können konsekutive Töne zusammenfassen oder gleichzeitig er klingen(.e, also konsonante, in einem Akkord auftretende Tonpaare. Jedes Tonpaar ist gekennzeichnet durch je zwei Merkmale, welche die Dauer der beiden beteiligten Töne kennzeichnen und durch je zwei Merkmale, welche die Höhe der jeweils beteiligten Töne kennzeichnen. Wir erhalten so zwei Ma trizen, die Tondauer-Matrix und die Tonhöhen-Matrix. Seite 5 Forsohungsberiohte des Wirtsohafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen Wir können aber auch das Frequenzintervall je zwei konsekutiver oder kon sonanter Töne ins Auge fassen und die Häufigkeitsverteilung dieser Intervalle studieren. Auch über Untersuchungen dieser Art soll in dem vorliegenden Bericht Mitteilung gemacht werden. Nachdem wir den musikalischen "Text" zunächst in seine elementarsten Be standteile zerlegt haben, ihn sozusagen bis auf die "Atome" verdampft ha ben, werden wir die Struktur der Partitur dann Schritt für Schritt rück wärts wieder aufbauen wollen. Wir kommen so zu immer komplizierteren Struk turcharakteristiken, die Schritt für Schritt von der Nahordnung zur Fern ordnung in der musikalischen Struktur führen und für deren mathematische Erfassung zunehmend anspruchsvollere mathematische Hilfsmittel benötigt werden. In diesem Bericht wollen wir bis zu Intervallmatrizen gehen, die sich auf Paare von konsekutiven Intervallen als ihren Elementen beziehen. Diese Matrizen können dann analysiert werden, wie dies stets bei Matrizen ge schieht, und sie führen schließlich auf die Korrelationsellipsen der In tervallpaare. Es wird sich bei unseren Untersuchungen zeigen, daß wir auf Schritt und Tritt auf bisher unbekannte Gesetzmäßigkeiten im Bereich des Musikalischen stoßen. Insbesondere wird sich schließlich zeigen, daß die Stilentwicklung der abendländischen Musik, auf die wir uns in dieser Arbeit beschränken wollen, über einige Jahrhunderte hinweg durch einen monotonen Gang gewisser mathematischer Stilcharakteristiken, beispielsweise der Häufigkeitsvertei lungen der Intervalle, mathematisch beschrieben werden kann. Um zu diesen Beschreibungen zu gelangen, erwies es sich als nützlich, eine stileinheitliche Musik zu untersuchen, die in besonderer Weise elementar oder, wenn man so will, primitiv ist. Es wurde dafür stochastische "Musik" gewählt, beispielsweise ein vierstimmiger Satz, bei dem die Töne alle von gleicher Dauer sind und für die Tonhöhen Gleichwahrscheinlichkeit voraus gesetzt ist. Im einzelnen wurden die Tonhöhen bestimmt anhand von veröffent lichten Ergebnissen des Roulettes des Spielkasinos in Bad Neuenahr. Die mathematische Analyse dieser "Musik" erlaubt es, verschiedene Faktoren, welche die mathematischen Stilcharakteristiken der natürlichen Musik ge meinschaftlich bestimmen, voneinander zu trennen und so Kennzeichen heraus zufinden, mit deren Hilfe erst deutbare Gesetzmäßigkeiten gefunden werden konnten. Seite 6 Forsohungsberiohte des Wirtsohafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen 2. Musikalische Stilmerkmale erster Ordnung bei Instrumental- und Vokalmusik Analog wie bei der mathematischen Untersuchung der Formalstruktur der Spra che werden wir, wie bereits im ersten Abschnitt angedeutet, bei den ent sprechenden Untersuchungen der Musik zunächst einmal von den verschiedenen Häufigkeitsverteilungen der Merkmale erster Ordnung ausgehen. Wir denken uns als konkretes Beispiel eine Partitur gegeben und fassen, um die Vorstellung zu fixieren, die einzelnen Noten der Partitur als Elemente ins Auge. Die Noten haben verschiedene Merkmale, die wir uns durch Zahlen abzählbar denken. Die Zahlen, die die Merkmale bedeuten, bezeichnen wir mit i. i bedeutet also etwa eine quantitative Angabe der Tondauer oder auch der Tonhöhe oder aber etwa auch die zahlenmäßige Angabe der Größe des In tervalls zwischen zwei gleichzeitig erklingenden Tönen. Es möge nun in der Partitur z. Elemente mit dem Merkmal i geben und die l. Gesamtzahl aller Elemente sei Z. Es gilt dann natürlich: Lz. =Z (1) . l. l. Die relativen Häufigkeiten p. der Elemente mit dem Merkmal i, bezogen auf l. die Gesamtzahl Z der Elemente, ergibt sich dann zu: Aus dieser relativen Häufigkeitsverteilung p. können wir nun weitere Stil- l. charakteristiken erster Ordnung berechnen. Wir wollen uns hier interessie- ren für die folgenden: Mittelwert, zweites, drittes und viertes Moment, Streuung, Schiefe, Kurtosis, Exzeß und Entropie. p.; V l. 6="V.AJ. Streuung (5) 2 At3 Schiefe (6) ~3 6 3 44 Kurtosis C4 ~ Seite 7 Forsohungsberiohte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen Exzeß (8) z s p .• log p.; Entropie . l l l In den folgenden Kapiteln wird noch im einzelnen auf die Bedeutung der verschiedenen Merkmale eingegangen werden. 3. Untersuchung von Häufigkeitsverteilungen von Tondauern In diesem Abschnitt wollen wir relative Häufigkeiten PT studieren, in de nen angegeben ist, wie oft eine Note der Länge ~ im gesamten Musikwerk an teilig erscheint. In der Tabelle 1 sind die hier studierten Werke aus der Instrumentalmusik angegeben. Die Tabelle 2 gibt die Werke aus dem Bereich der Vokalmusik an, die hier untersucht worden sind. Es handelt sich dabei stets um vergleichbare Werke und vergleichbare Stimmen, nämlich um die er ste Violine von Symphonien und Tondichtungen und um den Sopran des Chores für Messen. Die Tabellen mögen illustriert sein durch die Abbildungen 1 bis 4, deren Inhalt aus den Unterschriften ohne weiteres hervorgeht. Bei diesen Abbil dungen fällt sogleich der drastische Unterschied auf, etwa zwischen Abbil dung 2, welche Musik von BEETHOVEN repräsentiert, und Abbildung 3, einer Häufigkeitsverteilung der Notendauern in Richard STRAUSSens "Tod und Ver klärung". Die Abbildungen 5 und 6 zeigen Häufigkeitsverteilungen älterer und moderner Musik von Notendauern der Sopranstimme des Chores. Auch die- se Abbildungen lehren uns bemerkenswerte Unterschiede zwischen den verschie denen musikalischen Stilarten kennen. Das erste, was an gesetzlichem Verhalten bei den Häufigkeitsdauern der ver schiedenen Tondauern auffällt, ist, daß die Häufigkeiten der Tondauern 1/64, 1/32, 1/16 usw. außerordentlich viel größer sind als die Häufigkeiten der Tondauern 3/64, 3/32, 3/16 usf. Um das Verhältnis der Häufigkeiten der Töne mit der Dauer und etwa ~ 2n 2n untereinander oder etwa auch das Verhältnis der Häufigkeit der Töne mit der Dauer __1 zu allen übrigen Tondauern vergleichen zu können, mögen zwei Kenn- 2n ziffern hier eingeführt werden. Sei te 8 Forsohungsberiohte des Wirtsohafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen Tab eil e 1 1 • BACH, Brandenburgisches Concert Nr. 3, G-Dur (1721), Edition Eulenburg, London, Nr. 254 2. HÄNDEL, Concerto grosso Nr. 5, D-Dur (1739), Edition Eulenburg, London, Nr. 268 3. MO ZART , Symphonie Nr. 40, g-moll, K.V. 550 (1788), Edition Eulenburg, London, Nr. 404 4. BEETHOVEN, Symphonie Nr. 1 , C-Dur (1800), Edition E~lenburg, London, Nr. 418 5. BEETHOVEN, Symphonie Nr. 2, D-Dur (1803), Edition Eulenburg, London, Nr. 419 6. BEETHOVEN, Symphonie lir. 5, c-moll (1808), Edition Eulenburg, London, Nr. 402 7. BEETHOVEN, Symphonie Nr. 6, F-Dur (1808), Edition Eulenburg, London, Nr. 407 8. BEETHOVEli, Symphonie Nr. 8, F-Dur (1812), Edition Eulenburg, London, Nr. 416 9. TSCHAIKOWSKY, Symphonie Nr. 5, e-moll (1888), Edition Eulenburg, London, Nr. 429 10. STRAUSS, R., ItTod und Verklärung", (1889), Edition Eulenburg, London, Nr. 442 11. STRAUSS, R. , "Till Eulenspiegels lustige Streiche" ( 1890 ) , Edition Eulenburg, London, Nr. 443 12. TSCHAIKOWSKY, Symphonie Nr. 6, h-moll (1893), Edition Eulenburg, London, Nr. 479 13. STRAUSS, R., "Also sprach Zarathustra" (1896), Edition Eulenburg, London, Nr. 444 14. HINDEMITH, Symphonie "Mathis der Maler", (1934), Edition Schott, Mainz, Nr. 3509 Seite 9 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen Tab e 1 1 e 2 1a) Gregorianischer Gesang, Missa de angelis (,--600), A. Schott, Meßbuch der Heiligen Kirche, Herderverlag Freiburg 2a) Gregorianischer Gesang, Requiem (. .... 600) , A. Schott, Meßbuch der Heiligen Kirche, Herderverlag Freiburg 1 ) PALESTRINA, Missa Papae Marcelli (1555), Edition Eulenburg, Zürich, Nr. 963 2) MO ZART , Requiem (1791), Wiener Philharmonischer Verlag, Nr. 59 3) BEETHOVEN, Missa Solemnis (1824) , Edition Eulenburg, London, Nr. 951 4) BRUCKNER, Messe in E-Moll (Fassung 1882) , Brucknerverlag Wiesbaden GmbH., Partitur-Sonderausgabe 5) PRIETO, Missa Jubilar (1954), Handschrift des Komponisten 6) Sopran des Chores. MEULEMANS, Missa in honorem Sancti Servatii (1955), Handschrift des Komponisten 7) Alt des Chores. MEULEMANS, Missa in honorem Sancti Servatii (1955), Handschrift des Komponisten 8) Tenor des Chores. MEULEMANS, Missa in honorem Sancti Servatii (1955), Handschrift des Komponisten Sei te 10 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-liestfalen p- i 0,4 0,3 0,3 0,2 0,2 ~ 0, 1 0,1 \! '" 1\ V ° ° 1 8 1/4 3/8 11 2 3/4 1 ° ° 1/8 1/4 3/8 1/2 3/4 I 7---I·~ A b b i 1 dun g A b b i 1 dun g 2 Rel. Häufigkeit der Notendauer ~ Rel. Häufigkeit der Notendauer ~ MOZART: Symphonie Nr. 40 KV. 550 BEETHOVEN: Symphonie Nr. 2 Op. 36 1. Violine Anzahl der Noten: 6393 1. Violine Anzahl der Noten: 7302 Lo 36,210 30,805 = 15,083 = = L.1 ~ P 1/2n (10) ~ P3/2n (11 ) wobei n alle ganzen Zahlen bedeutet. Durch den Nenner der Gleichung (11) werden alle Noten außer denen der Dauer 1/2n erfaßt. Diese Kennziffern sind in unsere Abbildungen 1 bis 6 sogleich mit einge tragen worden. Wir finden, daß sie allemal größer als 1 sind, für einige Werke sehr groß und daß sie recht charakteristische musikalische Stil kennzeichnungen darstellen. Seite 11

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.