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Marx und die Folgen PDF

152 Pages·2017·4.351 MB·German
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Christoph Henning M a r x U ND D I E FO LG E N Christoph Henning Marx und die Folgen J. B. Metzler Verlag Zum Autor Christoph Henning (* 1973) ist Junior Fellow für Philosophie am Max-Weber-Kolleg Erfurt.   Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese P ublikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte biblio- grafische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.   ISBN 978-3-476-02675-0 ISBN 978-3-476-05599-6 (eBook)   Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrecht- lich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen G renzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des V erlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Verviel- fältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.   J. B. Metzler ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer-Verlag GmbH Deutschland www.metzlerverlag.de [email protected]   Einbandgestaltung : Finken & Bumiller, Stuttgart (Foto : akg-images) Typografie und Satz : Tobias Wantzen, Bremen Druck und Bindung : Ten Brink, Meppel, Niederlande   J. B. Metzler, Stuttgart © Springer-Verlag GmbH Deutschland, 2017 Inhalt Zur Einleitung 1 Ein Leben als Revolutionär hinter Büchern 5 Das Werk in Grundzügen 17 Der Schlüssel des Frühwerks : Pressefreiheit und P erspektivismus 20 Religionskritik 30 Kritik der Politik 35 Die Struktur des Spätwerks 45 Arbeit und Existenz : Die Feinstruktur ökonomischer Entfremdung 48 Kritische Theorie der Gesellschaft : Dynamische Sozialontologie 60 Politische Ökonomie als Politik des Erwachens 68 Ausbeutungstheorie und der tendenzielle Fall der Profitrate 73 Folgen in der Politik 85 Die Grenzen des Reformismus 87 Alternative politische Ziele und die Ambivalenz des Politischen 92 Weiterungen des Politischen : Feminismus, Ökologie und Postkolonialismus 100 Folgen in der Kultur 115 Marxsche Monsterkunde : Vampire sind unter uns ! 119 Cyborgs : »Mechanische Ungeheuer« in Terminator und Star Trek 128 Robocop und der neue Geist des Kapitalismus 134 Ausblick 143 Literatur 145 Zur Einleitung 1 g n u nleit Noch vor wenigen Jahren hätte ein Band über »Marx-Folgen« Ei Verwunderung hervorgerufen, als der Marxismus mit dem Zur Fall der Mauer erledigt schien. Heute sieht es eher so aus, als könne man in Sachen Marx das ›kurze‹ 20. Jahrhundert (1914– 1990) überspringen : Schon im Ausgang des 19. Jahrhunderts schwelten Konflikte, die uns nun verstärkt einholen. Der Kapi- talismus pflügte Gesellschaften um : Er ›modernisierte‹ ganze Landschaften, manche Menschen wurden schnell reich, viele aber wurden arm, heimatlos, entwurzelt. Kulturelle Traditio- nen und Ökosysteme erodierten schnell, was nicht in jedem Fall schade war, aber dies führte über kurz oder lang zu einer dauerhaften Krise der Kultur und der Bindungskräfte des Poli- tischen sowie zu einer rücksichtslosen Umwälzung der Natur- beziehungen. Reaktionen darauf blieben nicht aus, von links wie rechts. Die an Marx anknüpfende Gegenreaktion litt dabei schon früh unter einer Spaltung : Genau wie heute standen sich schon bald nach Marx’ Tod ein radikaler Flügel der A rbeiterbewegung, der auf grundlegende Veränderungen pochte, und ein reformisti- scher Flügel gegenüber, der durch Teilnahme an der p olitischen Macht im System etwas bewirken wollte, aber dafür mit diesem System eine Allianz einging. Damals waren es Reformisten wie Eduard Bernstein und Radikale wie Rosa Luxemburg, der die heutige Spitzenkandidatin der Linken sogar ähnlich sieht. Beide Seiten berufen sich noch immer auf Marx : Die Partei Die Linke hat ein »Marxistisches Forum«, die Friedrich-Ebert-Stif- tung führt das bekannte Karl-Marx-Haus in Trier. Wie aller- dings manche Sozialdemokraten vor 1914 den Kolonialismus und dann den Weltkrieg unterstützten, ist die Sozialdemokra- tie heute durch ihre lange Regierungsbeteiligung und Verant- wortung für Hartz IV in den Augen Vieler kompromittiert, die 2 Linke dagegen durch die zu zaghafte Distanzierung von DDR- g Verbrechen oder Putin. Es ist, als habe das ganze 20. Jahrhun- n u nleit dert diesen Spalt nicht kitten können. Ei Aber nicht nur der Flügelkampf innerhalb der Arbeiterbe- Zur wegung erinnert an den Ausgang des 19. Jahrhunderts. Auch die rechte Reaktion auf die zunehmenden sozialen Verwerfun- gen ähnelt sich : Der Nationalismus wächst wieder an, mitsamt seiner Abgrenzung von Fremden und Nachbarn, die schon um 1900 zu starken innereuropäischen Spannungen führte, an der der Kontinent, ja die ganze damalige Weltordnung im Ersten Weltkrieg dann zerbrach. Und schließlich hat sich durch die Na- turzerstörung der Industrialisierung rasch eine Frühform öko- logischen Denkens entwickelt, etwa in der Naturphilosophie der Romantik oder Ansätzen einer natursensiblen ökonomi- schen Theorie, die Marx stark beeinflusst hat und ebenfalls erst heute wieder voll gesehen wird (obwohl es auch wieder Beton- köpfe gibt, die wie im 19. Jahrhundert auf Kohle setzen). Die titelgebenden »Marx-Folgen« sind in dieser Situation doppeldeutig : Zum einen ist eine historische Betrachtung der Folgen gemeint, die das Wirken von Marx und seiner Schrif- ten hinterlassen hat. Zum anderen steht damit die Frage im Raum, was es eigentlich heißen kann, diesem Ansatz heute in der Sache zu folgen. Das muss keineswegs heißen, sich auf Ge- deih und Verderb einer marxistischen Kirche oder Sekte zu ver- schreiben (obwohl sich ein Großteil der Marx-Literatur dem Kampf für oder gegen eine dieser Gruppierungen verdankt). Es kann auch heißen, eine bestimmte gesellschaftskritische Perspektive einzunehmen, die sich der Herrschaft des K apitals widersetzt – ob in der Wissenschaft, Kunst oder Politik. Natürlich lassen sich diese Bereiche ohne einen Einblick in das Leben und Werk von Karl Marx schlecht bewerten. Daher soll mit einem Überblick zur Person begonnen werden. Neuere biographische Schriften über Marx haben den Grad seiner Ein- bindung in tagesaktuelle Ereignisse und Institutionen betont, 3 der vorher nicht so gesehen wurde. Allerdings wäre es verfehlt, deshalb auch das Marxsche Werk radikal zu historisieren. Wie g n u angedeutet, sind die Umstände, unter denen Marx geschrie- nleit ben hat, noch immer, ja sogar verstärkt die unseren. Ei Ebenso interessant wie der neue Blick auf sein Leben dürf- Zur te ein Überblick über die produktiven Anknüpfungen an die Theo rien von Marx sein, die es heute wieder gibt – und zwar global. Eine zentrale Rolle spielen hier Bewegungen, die einst aus der marxistisch dominierten Linken (aber auch gegen sie) entstanden sind : der Feminismus, die Umweltbewegung oder der Postkolonialismus. Schließlich ist die kulturelle Dimension der »Marx-Folgen« besonders wichtig, nicht zuletzt weil ein von Marx diagnosti- ziertes Problem des Kapitalismus die Darstellung seiner Kritik betrifft : Der Kapitalismus erscheint anders, als er ist. Daher liegt seine radikale Kritik durch den Marxismus nicht auf der Hand, sondern bedarf der Aufschlüsselung und Vermittlung. Ein Teil seiner Kritik richtet sich daher nicht nur auf den Kapitalismus, sondern auch auf andere Kapitalismuskritiker, die sich zu eng an Oberflächenphänomene halten oder die allzu rasch Wesens- aussagen treffen, die mit keiner Empirie vermittelt sind. Solche Kritiken werden zwar nicht rundweg abgelehnt, sondern Marx versuchte, sie aufzugreifen und weiterzutreiben. Das macht seine Radikalität aus, die ihn schon bei Zeitgenossen unbe- quem und unbeliebt machte. Es verschiebt zugleich das Feld der Auseinandersetzung in ein kulturelles. Wenn rechte Publi- zisten heute etwa im Umfeld der Sezession meinen, Lehrerinnen, Pfarrer und Dozentinnen seien allesamt marxistisch indoktri- niert, dann wird offensichtlich auch von rechts wahrgenom- men, dass marxistische Argumente im kulturellen Bereich eine starke Relevanz gewonnen haben. Welche Art von »Kultur - marxismus« ist damit gemeint ? Tatsächlich entstammen viele heute relevante marxistische Ansätze dem ästhetischen Be- reich. In diesem Buch wird das am Beispiel von Filmen veran- 4 schaulicht, allerdings nicht, um dies zu denunzieren, sondern g um daran zu demonstrieren, wie stark Marx die Gegenwart n u nleit noch immer anregt. Ei Ich hoffe, dieser kleine Band vermag auf seiner Reise durch Zur die Untiefen der Theorie, der Politik und der Popkultur die Re- levanz der Marxschen Ansätze zu illustrieren, ohne sie zu sehr zu verkürzen.

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