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Logik und Theologie: Das Organon im arabischen und im lateinischen Mittelalter PDF

520 Pages·2005·2.3 MB·German
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LOGIK UND THEOLOGIE STUDIEN UND TEXTE ZUR GEISTESGESCHICHTE DES MITTELALTERS begründet von JOSEF KOCH weitergeführt von PAUL WILPERT, ALBERT ZIMMERMANN und JAN A. AERTSEN herausgegeben von ANDREAS SPEER in zusammenarbeit mit TZOTCHOBOIADJIEV, KENT EMERY, JR. und WOUTER GORIS (ManagingEditor) BAND LXXXIV DOMINIK PERLER & ULRICH RUDOLPH LOGIK UND THEOLOGIE LOGIK UND THEOLOGIE DAS ORGANON IM ARABISCHEN UND IM LATEINISCHEN MITTELALTER HERAUSGEGEBEN VON DOMINIK PERLER & ULRICH RUDOLPH BRILL LEIDEN•BOSTON 2005 This book is printed on acid-free paper. Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Logik und Theologie : das Organon im arabischen und im lateinischen Mittelalter / edited by Dominik Perler & Ulrich Rudolph. p. cm. — (Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters, ISSN 0169-8028 ; Bd. 84) German, English, and French. Proceedings of a conference held Oct. 3-5, 2002 in the Kartause Ittingen. Includes bibliographical references and index. ISBN 90-04-11118-2 (alk. paper) 1. Aristotle. Organon—Congresses. 2. Muslim logicians—Congresses. 3. Islam and philosophy—History—To 1500—Congresses. 4. Logic, Medieval—Congresses. 5. Catholic Church and philosophy—History—To 1500—Congresses. I. Perler, Dominik. II. Rudolph, Ulrich. III. Series. B437.L63 2005 160’.9—dc22 2005042019 ISSN 0169-8028 ISBN 90 04 11118 2 © Copyright 2005 by Koninklijke Brill NV, Leiden, The Netherlands Koninklijke Brill NV incorporates the imprints Brill Academic Publishers, Martinus Nijhoff Publishers and VSP. All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, translated, stored in a retrieval system, or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording or otherwise, without prior written permission from the publisher. Authorization to photocopy items for internal or personal use is granted by Brill provided that the appropriate fees are paid directly to The Copyright Clearance Center, 222 Rosewood Drive, Suite 910 Danvers MA 01923, USA. Fees are subject to change. printed in the netherlands INHALTSVERZEICHNIS Einleitung ........................................................................................ 1 Dominik Perler und Ulrich Rudolph ARABISCHES MITTELALTER Aussagenquantifizierung und -modalisierung in der frühen islamischen Theologie ............................................................ 19 Cornelia Schöck Poetischer Syllogismus – bildliche Redeweise – Religion Vom aristotelischen Organon zu al-Fàràbìs Religionstheorie ...................................................................... 45 Gregor Schoeler The Logic of Theology (kalàm) in Avicenna ............................ 59 Dimitri Gutas Die Neubewertung der Logik durch al-˝azàlì ........................ 73 Ulrich Rudolph Fa¢raddìn ar-Ràzì’s Critique of Avicennan Logic .................. 99 Tony Street Die dreifache Ancilla. Hermeneutik und Logik im Werk des Sayfaddìn al-Àmidì ................................................................ 117 Gerhard Endreß Ibn 'Arabì et les catégories ...................................................... 147 Denis Gril Ibn Taymìyas Kritik an der aristotelischen Logik und sein Gegenentwurf .......................................................................... 167 Anke von Kügelgen vi inhaltsverzeichnis At-Taftàzànì und die Philosophie ............................................ 227 Wilferd Madelung LATEINISCHES MITTELALTER Eriugenas Adaption der aristotelischen Kategorienlehre ........ 239 Mischa von Perger Aequivoca oder Univoca? Die essentiellen Namen in der Trinitätstheologie des späten 12. und frühen 13. Jahrhunderts .................................................................... 305 Luisa Valente De interpretatione in der Rezeption des 12. und 13. Jahrhunderts ............................................................................ 331 Peter Schulthess Logik – eine „wertlose Wissenschaft“? Zum Verhältnis von Logik und Theologie bei Roger Bacon ................................ 375 Dominik Perler Le De primo principio complexo de François de Meyronnes. Logique et théologie trinitaire au début du XIVe siècle .... 401 Alfonso Maierù Gotteslehre und Logik bei Wilhelm von Ockham .................. 429 Volker Leppin “The Impossible, insofar as it is possible”: Ibn Rushd and Jean Buridan on Logic and Natural Theology .................... 447 Taneli Kukkonen „Bonum est mel cum favo.“ Gerson und die Notwendigkeit der Logik für die Theologie .................................................. 469 Sigrid Müller Register ........................................................................................ 499 EINLEITUNG Dominik Perler und Ulrich Rudolph (Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Zürich) I Wer den Titel dieses Bandes liest, mag zunächst den Eindruck gewin- nen, hier werde einmal mehr das klassische Thema „Vernunft und Glaube“ in den Vordergrund gestellt – ein Thema, das seit den Anfängen der philosophischen Mediävistik immer wieder behandelt worden ist. Die Begriffe „Logik“ und „Theologie“ scheinen nämlich genau die beiden Pole im Spannungsverhältnis zwischen Vernunft und Glauben zu bezeichnen. Der Untertitel „Das Organon im arabi- schen und im lateinischen Mittelalter“ soll diesen ersten Eindruck jedoch korrigieren. Dieser Band verfolgt nicht das Ziel, in allgemei- ner Form das Verhältnis von Rationalität und Religiosität zu the- matisieren. Ebenso wenig sollen die institutionellen Konflikte diskutiert werden, die im Mittelalter durch die Koexistenz von säkularen und religiösen Wissensautoritäten entstanden sind. Im Vordergrund steht vielmehr ein bestimmtes Textcorpus: die Schriften des aristotelischen Organons. Genau diese Schriften, die sich bekanntlich mit Logik, Semantik, Argumentationstheorie und Wissenschaftslehre beschäfti- gen, wurden nämlich sowohl im arabischen als auch im lateinischen Mittelalter rezipiert. Damit gelangte nicht nur eine Reihe von Texten, sondern vor allem eine Fülle von aristotelischen Problemstellungen, Argumentationstechniken und methodischen Grundsätzen Schritt für Schritt in den arabischen und in den lateinischen Kulturraum. Die rege Rezeption der antiken Texte löste eine Vielzahl von Diskussionen aus, die nicht nur innerhalb der Logik von Bedeutung waren, son- dern auch eine Auswirkung auf die Theologie hatten. Die muslimi- schen und die christlichen Kommentatoren wurden nämlich mit Problemen und Lösungsstrategien konfrontiert, die von unmittelba- rer Relevanz für klassische Bereiche der Theologie waren. Umgekehrt prägte aber auch die Theologie die logischen Debatten, weil in die Kommentierung der aristotelischen Schriften Fragen einflossen, die 2 dominik perler und ulrich rudolph ursprünglich aus der Theologie stammten. So löste die Rezeption des Organons eine folgenreiche Wechselwirkung von Logik und Theologie aus und beförderte – um es mit einem treffenden Ausdruck A. Funkensteins zu benennen – die „scientific imagination“ im Mittelalter.1 Die in diesem Band versammelten Beiträge sind aus einer Tagung hervorgegangen, die vom Orientalischen Seminar der Universität Zürich und dem Philosophischen Seminar der Universität Basel orga- nisiert wurde und vom 3. bis zum 5. Oktober 2002 in der ehema- ligen Kartause Ittingen stattfand. In einem intensiven interdisziplinären Gespräch widmeten sich Spezialisten für das arabische und das latei- nische Mittelalter der Frage, welchen Einfluss die Rezeption des Organons auf die Entwicklung der Theologie in den beiden Kultur- räumen ausübte und wie umgekehrt Problemstellungen der islami- schen und der christlichen Theologie die Lektüre der aristotelischen Schriften prägten. Die Tatsache, dass auf einer einzigen Tagung zwei große Kulturen in einem Zeitraum von tausend Jahren in den Blick genommen wurden, hatte zwei naheliegende Konsequenzen. Zum einen konnte das Verhältnis von Logik und Theologie nur punktuell anhand ausgewählter Beispiele analysiert werden. Daher wird auch mit dem vorliegenden Band nicht der Anspruch erhoben, einen enzy- klopädischen Überblick oder eine Gesamtdarstellung zu bieten. Die einzelnen Beiträge widmen sich ausgewählten Texten und sollen exemplarisch aufzeigen, wo Berührungspunkte zwischen Logik und Theologie bestehen. Zum anderen hatte die Einbeziehung zweier Kulturen zur Folge, dass sämtliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein hohes Maß an Geduld und hermeneutischer Kompetenz aufbrin- gen mussten, um die Problemstellungen und Argumentationsgänge der verschiedenen Denker nachvollziehen zu können. Denn im Normalfall sind Philosophiehistoriker, die sich mit dem lateinischen Mittelalter beschäftigen, mit den logischen und theologischen Kon- zeptionen eines al-˝azàlì oder ar-Ràzì genauso wenig vertraut wie sich Arabisten in den Theoriegebäuden eines Roger Bacon oder Wilhelm von Ockham auskennen. Während der Tagung konnten im Gespräch Unklarheiten beseitigt und Voraussetzungen für ein gegen- seitiges Verständnis geschaffen werden. Um auch den Leserinnen 1 Vgl. A. Funkenstein, Theology and Scientific Imagination from the Middle Ages to the Seventeenth Century, Princeton: Princeton University Press 1986. einleitung 3 und Lesern der Texte in diesem Band eine fruchtbare Auseinan- dersetzung mit beiden Kulturkreisen zu ermöglichen, sollen kurz die wichtigsten Entwicklungslinien und Problemfelder skizziert werden, die für das arabische und das lateinische Mittelalter kennzeichnend sind. II Bevor sich die Muslime mit dem Organon auseinandersetzten, hatte das Textcorpus im Orient bereits eine lange Geschichte. Sie begann bei den syrischen Christen, die seit dem 3. Jh. die aristotelische Logik (bzw. Elemente davon) in ihren Schulen in Antiochia, Edessa, Nisibis und anderswo studierten. Anfangs fand dieser Unterricht auf Griechisch statt. Später verwendete man zunehmend das Syrische, einen Zweig der aramäischen Sprachfamilie. Vom 6. Jh. an wurden auch die Basistexte des Studiums, also die Werke des Aristoteles (ergänzt durch Porphyrs Isagoge), ins Syrische übersetzt. Dabei fand allerdings nicht das ganze Organon Berücksichtigung. Die meisten Schulen beschränk- ten sich vielmehr darauf, die Kategorien, De interpretatione und die Ersten Analytiken (bis I 7, d.h. bis zum Abschluss der assertorischen Syllogismen) zu lesen. Der Grund dafür soll eine kirchliche Weisung gewesen sein, derzufolge die Beschäftigung mit den modalen Syllogismen nicht als opportun galt. Umso intensiver studierte man die zugänglichen Texte. Das gilt sowohl für die Monophysiten (d.h. die westsyrischen Christen), die weiterhin unter byzantinischer Herrschaft lebten, als auch für die Nestorianer (die ostsyrischen Christen), die zum großen Teil im sassanidischen Reich Zuflucht gesucht hatten. Sie schrieben jeweils Kommentare zu den verfügbaren Werken sowie Einführun- gen, in denen die Hauptlinien des Organons zusammengefasst wur- den (in Anlehnung an die alexandrinischen Prolegomena). Auf diese Weise blieb eine Grundkenntnis der aristotelischen Logik überall im Orient präsent.2 2 Einen Überblick geben die Artikel von Henri Hugonnard-Roche, die unter dem Titel „L’Organon. Tradition syriaque et arabe“ im Dictionnaire des Philosophes Antiques, Bd. I, hrsg. von R. Goulet, Paris: Éditions du CNRS 1989, 502–528 zusammen- gestellt sind. Vgl. daneben S. Brock, „The Syriac Commentary Tradition“, in: Glosses and Commentaries on Aristotelian Logical Texts. The Syriac, Arabic and Medieval Latin Translations, hrsg. von Ch. Burnett, London: The Warburg Institute 1993, 3–10. 4 dominik perler und ulrich rudolph An sie konnten die Muslime anknüpfen, als sie ihrerseits anfingen, sich für das Organon zu interessieren. Das geschah gegen 750, also gut ein Jahrhundert, nachdem sie weite Teile des byzantinischen Reiches und das gesamte sassanidische Herrschaftsgebiet erobert hat- ten. Das erste Zeugnis dafür ist das Logikkompendium des Ibn al- Muqaffa' (gest. 756 oder später). Es stand noch ganz in der Tradition des gerade skizzierten Bildungshorizontes, denn der Text fasst die Isagoge, die Kategorien, De interpretatione und die Ersten Analytiken in ara- bischer Sprache zusammen. Schon kurz danach zeigte sich aller- dings, dass die arabische Rezeption nicht auf diese Basiskenntnisse beschränkt bleiben würde. Denn die Muslime begnügten sich nicht damit, die Schriften, die im christlichen Milieu tradiert wurden, zu übersetzen, sondern griffen (mit Hilfe von christlichen Gelehrten) auf das gesamte Erbe der spätantiken Philosophie zurück. Noch im 8. Jh. wurden die Topik und die Sophistischen Widerlegungen ins Arabische übertragen. Im 9. Jh. folgten weitere Texte (Kategorien, De interpreta- tione usw.); außerdem wurden die älteren Übersetzungen immer wie- der bearbeitet und fortlaufend revidiert. Anfangs des 10. Jahrhunderts lag schließlich das gesamte Organon auf Arabisch vor, und zwar in der Form, in der es Jahrhunderte zuvor in Alexandria, der Hochburg der griechischen Gelehrsamkeit, studiert wurde. Man las in Bagdad also wieder die Zweiten Analytiken, man las als Anhang zum Corpus– wie in der Spätantike – die Rhetorik und die Poetik. Außerdem stan- den inzwischen zahlreiche Kommentare zum Organon auf Arabisch zur Verfügung, die aus der Feder alexandrinischer Autoren stammten.3 Diese Situation stellte eine intellektuelle Herausforderung dar, und zwar in erster Linie für die islamischen Philosophen. Sie mussten erklären, welche Stellung sie den logischen Schriften im Rahmen ihrer Disziplin, ja überhaupt in ihrem Wissenschaftsverständnis ein- räumen wollten. Als erster äußerte sich dazu al-Fàràbì (gest. 950). Er verstand sich als Aristoteliker. Deswegen teilte er die traditionelle aristotelische Auffassung, derzufolge im Organon sämtliche Elemente und Argumentationsformen des menschlichen Denkens auf zutreffende Weise beschrieben sind (Kategorien: Begriff; De interpretatione: Urteil; Erste Analytiken: Schluss; Zweite Analytiken: demonstrativer Schluss; Topik: 3 Vgl. D. Gutas, „Aspects of Literary Form and Genre in Arabic Logical Works“, in: Glosses and Commentaries on Aristotelian Logical Texts (wie Anm. 2), 29–76 mit zahl- reichen bibliographischen Hinweisen.

Description:
The reception of the Aristotelian Organon in the Arabic and Latin Middle Ages sparked a lively debate about the problematic relationship between logic and theology. On the one hand, theology faced new logical theories and methods of argumentation; on the other hand, logic was to provide explanatory
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