Egbert Brieskom LINEARE ALGEBRA UND ANALYTISCHE GEOMETRIE II U mschlagfotos Vorderseite: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Schwammnadel eines Schwammes der Klasse Demospongea (Sollas 1895). Mikrosklerit von Euaster-Bautyp aus Si02, Durchmesser etwa 0,1 mm, etwa 1 SOO-fache VergroBerung, Fundort: Adria, recent. Mit freundlicher Genehmigung von Herm Dr. R. Below, Institut flir PaHiontologie cler Universitat Bonn. Rlickseite: Elektronenmikroskopische Aufnahme des Si02 -Skeletts der Radiolarie Primus drymospbaera dendropbora, Durchmesser etwa 0,8 mm, etwa 1S0-fache VergroBerung, Fundort: Pazifischer Ozean. Mit freundlicher Genehmigung von Herm Professor Andre Schaaf, jetzt Universite de Bretagne Occidentale, GIS Oceanologie et Geodynamique. Egbert Brieskom LINEARE ALGEBRA UND ANALYTISCHE GEOMETRIE II Noten zu einer Vorlesung mit historischen Anmerkungen von Erhard Scholz Friedr. Vieweg & Sohn Braunschweig/Wiesbaden CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Brieskom, Egbert: Lineare Algebra und analytische Geometrie: Noten zu e. Vorlesung / Egbert Brieskorn. Mit histor. Anm. von Erhard Scholz. - Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg 2 (1985).- ISBN 978-3-322-83177-4 Professor Dr. Egbert Brieskorn, Mathematisches Institut der Universitiit Bonn. 1985 Aile Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1985 Softcover reprint of the hardcover 15t edition 1985 Die Vervielfaltigung und Obertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder, auch ftir Zwecke der Unterrichtsgestaltung, gestattet das Urheberrecht nur, wenn sie mit dem Verlag vorher vereinbart wurden. 1m Einzelfall mua tiber die Zahlung einer Gebtihr ftir die Nutzung fremden geistigen Eigentums entschieden werden. Das gilt flir die Vervielfiiltigung durch aile Verfahren einschliealich Speicherung und jede Obertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bander, Platten und andere Medien. Buchbinderische Verarbeitung: Hunke & Schroder, Iserlohn ISBN-13: 978-3-322-83177-4 e-ISBN-13: 978-3-322-83176-7 001: 10.1007/978-3-322-83176-7 On poUPl'Oit corm.o?tPe la beaute de t 'univeros dans chaque arne .. si t'on pouvoit deptiero tOUB ses Peptis qui ne se d£veZoppent sensibl.ement qu 'avec te tems. In jedero SeeZe lVltl'e die Sch1Jnheit des Unive1'8ums zu erokennen .. Ziel3en sich nUl' aU ihzte Fatten entfatten. . die ooch merkZich erst mit del' Zeit sich entlVickeZn. (Leibniz, Vernunftprinzipien der Natur und der Gnade) Vorwort Der vorliegende zweite Band meines Buches Uber lineare Algebra und analytische Geometrie hat zwei Gegenstande: die Klassifikation der Endomor phismen von Vektorraumen und die Theorie der Sesquilinearformen auf Vektor raumen - beide fur Vektorraume endlicher Dimension. Die Klassifikation der Endomorphismen - das ist nacb allgemeinem Ver standnis der Satz Uber die Jordansche Normalform von Matrizen. Innerhalb der linearen Algebra ist dieser Satz wohl dasjenige Ergebnis, welches den intelleRtuellen Anspruch des kunftigen Mathematikers am stArksten befriedigt, und er verdient daher eine Behandlung, die den Gehalt des Satzes heraus arbeitet. Dazu gehort auf jeden Fall eine Darstellung der additiven und der multiplikativen Jordan-Zerlegung von Matrizen in ihren halbeinfachen und ihren nilpotenten bzw. unipotenten Anteil. DarUber hinaus haben mich eigene Arbeiten dazu gefUhrt, die charakteristische Abbildung X zu studieren, die jeder Matrix die Konjugationsklasse ihres halbeinfachen Anteils zuord net. Dieser Ansatz, der auf Kostant, Springer und Steinberg zuruckgeht, fUhrt zu einer fruchtbaren Synthese gruppentheoretischer und analytisch geometrischer Denkweisen. Insbesondere konnte ich zeigen, daB die Fasern der charakteristischen Abbildung X in gewissen Punkten einfache Singulari- - VI - taten haben, die durch X universe II entfaltet werden. Dadurch ergaben sich vielfaltige Verbindungen zwischen der Theorie der einfachen Lieschen Gruppen und platonischen Korpern, exotischen Spharen und anderen mathematischen Gegenstanden. Naturlich wurde die Entwicklung dieser Ideen in voller AlIge meinheit Uber den Rahmen eines Buches Uber lineare Algebra hinausgehen. Immerhin habe ich aber die Grundidee fur den Fall der Gruppen GL(n,R) angedeutet und die Gruppen GL(2,R) und GL(3,R) als Beispiele behandelt GL(2,R) mit einer AusfUhrlichkeit, fur die ich den Leser nur um Verzei hung bitten kann. Das zweite Thema dieses Bandes ist die Theorie der Sesquilinearformen. Hier wird haufig in Vorlesungen Uber lineare Algebra nur der definite Fall behandelt, also euklidische und unitare Vektorraume und die zugehorigen orthogonalen bzw. unitaren Gruppen. Dies ist aus mehreren Grunden unzurei chend. Zum einen muB man auch den indefiniten Fall kennen, denn die ortho gonalen Gruppen der indefiniten symmetrischen Bilinearformen spielen in einigen mathematischen Theorien eine wichtige Rolle, und in der Physik ist die Geometrie der Lorentzgruppe grundlegend fur die Relativitatstheorie und die relativistische Quantenmechanik. Zum anderen mussen sowohl Mathematiker als auch Physiker nicht nur symmetrische, sondern auch antisymmetrische Formen kennen. Dazu gehort naturlich die Kenntnis der symplektischen Gruppe. Ohne dieses Wissen ist ein voIles Verstandnis der Hamiltonschen Mechanik nicht moglich. Kurz gesagt: Mathematiker und Physiker mussen die klassischen Gruppen kennen. In vollem Umfang laBt sich diese Kenntnis nur durch einen Kurs Uber Liesche Gruppen vermitteln. Solche Kurse werden aber nicht haufig genug angeboten und gehort. Der zweite Teil dieses Bandes hat deswegen unter anderem die Aufgabe, eine erste Bekanntschaft mit den klassischen Gruppen zu vermitteln. Der Sache nach liegt dies durchaus im Rahmen einer dem der zeitigen Stand der Wissenschaft entsprechenden Darstellung der linearen Algebra, denn viele Algorithmen und Normalformensatze der linearen Algebra erscheinen uns heute als Strukturaussagen Uber lineare Gruppen. Zwei Bande Uber ein so elementares Gebiet wie die lineare Algebra sind zuviel und haben mir auch schon den Spott eines Freundes eingetragen. Immerhin enthalten sie ein wenig mehr, als man in einer zweisemestrigen Vorlesung vortragen kann. Trotzdem fehlt noch etwas: die im Vorwort zum ersten Band versprochene Darstellung der euklidischen Geometrie aus heutiger Sicht mit den nun entwickelten analytischen Begriffen der linearen Algebra. - VII - So wird wohl aus dem Stein des AnstoBes ein Fels des Argernisses werden, ein dritter Band, der hoffentlich im kommenden Jahr erscheinen wird. Zum SchluB darf ich denjenigen Dank aussprechen, die mir bei der Her stellung dieses zweiten Bandes geholfen haben. Herrn Dr. Scholz habe ich wieder fUr seine wertvollen historischen Anmerkungen zu danken, die sicher zum besonderen Charakter dieses Buches beitragen. Meinem Mitarbeiter Herrn Bilitewski danke ich, daB er so freundlich und sorgfaltig die mUhevolle Arbeit des Korrekturlesens und der Herstellung von Stichwort- und Literatur verzeichnis Ubernommen hat. Herrn Prof. Schaaf vom Institut de Geologie der Universite Louis Pasteur danke ich fur das schone Bild einer Radiolarie auf dem Einband dieses Buches. 1m Innern findet man eine Zeichnung von Ernst Haeckel aus der Challenger-Monographie, die wohl die gleiche Radiolarie zeigt - ein verspateter Tribut zum 150. Geburtstage dieses groBen Naturforschers, der ein ganzes Menschenleben daran gewendet hat, uns die Augen zu offnen fur die wunderbare Schonheit, die unendliche Mannigfaltigkeit und die geometri sche GesetzmaBigkeit in den kunstvollen von der Natur geschaffenen Formen. Ganz besonders danke ich meinem Kollegen Dr. Below vom Institut fur Palaon tologie der Universitat Bonn fur die freundliche Hilfsbereitschaft, mit der er viele Spicula von fossilen und recenten Schwammen prapariert, am Elek tronenmikroskop zusammen mit mir gesichtet und photographiert hat. So ent stand das wunderschone Bild auf dem Einband. Ganz zum SchluB danke ich Frau Schmickler-Hirzebruch vom Vieweg-Verlag fur Verstandnis, Hilfe und Geduld. Vielleicht ist sie nicht die einzige, die wegen dieses Buches schon ein paar graue Haare hat. Bitze, im Juli 1985 Egbert Brieskorn INHALTSVERZEICHNIS Seite V. Die Klassifikation der En::Iotroghisnen eOOlidldimensionaler Vektorraume Einleitende Bemerkungen zum Klassifikationsproblem § 11 Nonnalfonren 11.1. Uberbliak aber die Klassifikation 2 Definition der Jordanschen Normalformo Die Analyse der Jordanschen Normalform: Jordan-Zerlegung in halbeinfachen und nil potenten Anteil, verallgemeinerte Eigenraum zerlegungoSynthese: Konstruktion von Jordan Zerlegung und Jordan-Normalform 11.2. Die Klassifikation nilpotenter Endbmorphismen 7 Nilpotente Endomorphismen und Matrizen, NilpotenzindexoAnalyse nilpotenter Endomorphismeno zyklische Unterraume, erzeugende Vektoreno kanonische Filtrierung durch die Kerne der Po tenzen eines nilpotenten EndomorphismusoDie Normalform nilpotenter EndomorphismenoDie Klassifikation nilpotenter Endomorphismen und Matrizen 11. 3. Eigenwerte. Eigenretwne. Jordan-Zerle{JW'1g 21 Definition von Eigenwerten und Eigenvektoreno Charakterisierung von Eigenwerten als Null- stellen des charakteristischen PolynomsoEigen werte in Rund Coalgebraischer AbschluB von Korpernoelementarsymmetrische Funktioneno Skalarerweiterung fur Vektorraume und Endomor phismenoDie Koeffizienten des charakteristischen Polynoms als Funktionen auf M(nxn,K) oDie Spur einer Matrixodas Einsetzen von Endomorphismen und Matrizen in Polynomeodas Minimalpolynom eines EndomorphismusoCharakterisierung nilpotenter Endomorphismen durch Eigenwerte, charakteri stisches-und Minimalpolynomohalbeinfache und diagonalisierbare Endomorphismen und Matrizeno verallgemeinerte Eigenvektoren und Eigenraumeo der Euklidische Divisionsalgorithmus fur Poly nomringeodie verallgemeinerte Eigenraumzerlegung und die Konstruktion der additiven Jordan-Zerlegungo Eindeutigkeit der Jordan-ZerlegungoExistenz und Eindeutigkeit der additiven und der multiplikativen Jordan-Zerlegung fur Endomorphismen bzw. Automor phismen von Vektorraumen Uber perfekten Korpern 11. 4. Die Jordan-Normalform 71 Der Satz Uber die Jordan-Normalform von Matrizen - IX - Seite 11.5. EZementaX'teUeX' 75 Definition der Elementarteiler einer Matrixodie Elementarteiler einer Matrix in Jordan-NormalformoKlassifikation der Konjugationsklassen von Matrizen durch die Elementarteiler fur alqebraisch abqe schlossene KoeffizientenkorperoBeziehungen zwischen Elementarteilern, Minimalpolynom und charakteristischem PolynomoDer Satz von Cayley-Hamilton 11. 6. Die KZassifikation bis aUf Konjugation 86 Klassifikation als algorithmisches und als strukturelles ProblemoKlassifikation von Konjugationsklassen von Matrizen mit Koeffi zienten in beliebigen Korpern durch die ElementarteileroCharakterisierung halbeinfacher Matrizenoregulare halbeinfache Matrizenoregul&re Matrizenodie charakteristische Abbildung X: M(nxn,K) + Kn durch die Koeffizienten des charakteristischen Polynomso X identifiziert die Konjugationsklassen halbeinfacher Matrizen mit Kn und die Klassen regularer halbeinfacher Klassen mit dem Komplement der Diskriminanten mengeodie Beispiele n = 2 und n = 30Die Zer legung jeder Faser von X in endlich viele Konjuqationsklassen mittels der zugehorigen Partitionensystemeodie Ordnungsstruktur der Partitionensysteme und die Adjazenzordnung der Konjugationsklassen in den Fasern von X 11. 7. BeispieZe: GL(2~1R) und GL(3~1R) 143 1. BeispieZ: GL(2~1R) Ziel der Diskussion: quantitative und qualitative Beschreibung der Orbits von GL(2,:m) und O(2,:R) auf n(2x2,:R), der Fasern von X: M(2x2,:m) + lR2 und der Endomorphismen von :R2-owichtiqe Unter gruppen von GL(2,:R) oBruhat-Zerlequng, Iwasawa Zerlegung und Cartan-Zerlegungodie Fasern von X sind Kegel oder Rotationshyperboloideodie vier GL(2,lR)-Orbittypenosingul&re Matrizen sind genau die singularen Punkte von xoNormalformenodie Orbits als homogene Raumeospezielle orthogonale Normalformenodie Geradenscharen auf den ein schaligen Hyperboloiden und die Eigenraumzerlegung der regularen diagonalisierbaren Matrizenodiskrete und continuierliche dynamische Systeme, 1-Parameter gruppenodie Exponentialabbildung fur Matrizen, Definition und grundlegende EigenschaftenoUnter suchung von exp: M(2x2,:R) + GL(2,lR) 0 Typen von 1-Parametergruppen in GL(2,:R) und ihre Operation auf lR2 0 qualitative SprUnge in einem stetigen regularen Schnitt von 1-Parametergruppen - x - Seite 2. Beispiel: GL(3,R) 242 Stratifikation von Basis und Fasern der charakteristischen Abbildung X: M(3x3,lR) + R3 .der subregulare nilpotente Orbit. Beschrankung von X auf eine transversale Scheibe S ·explizite Beschreibung von xlSo Die Singularitaten der Fasern von xis. Beziehungen zu anderen Theorien Anhang: Die sahwingende Sai te 260 Differentialgleichung der schwingenden Saite. Eulers Losung.Bernoullis Analyse: Uberlagerung synchroner Schwingungen.das zugehorige Eigenwert problem.trigonometrische Reihen.Fourierentwicklung Historisahe Bemerkungen zur Untersuahung der Struktur 273 linea~r Tra:nsformationen Implizite Eigenwertprobleme im 18. Jahrhundert. Diagonalisierung.Jordan-NormalformoElementarteiler theorie Literatur zu § 11 280 VI. Vektorraume mit einer Sesquilinearfonn Einleitende Bemerkungen 282 § 12 Vektorraurre mit Henri teschen Fonren und ihre Endaroqilisroon 12.1. Sesquilinearformen 283 BilinearformenoNotwendigkeit der Verallgemeinerung, insbesondere Vbergang zu Schiefkorpern.Quaternionen. Definition von Sesquilinearformen.Beispieleosymme- trische, antisymmetrische und alternierende Bilinear formen.quadratische Formen und symmetrische Bilinear formen.€-hermitesche Formen.Beschreibung von Sesqui linearformen durch MatrizenoIsometrie von Vektorraumen mit Sesquilinearformen, Kongruenz von MatrizenoBe- schreibung €-hermitescher Formen durch Matrizen.sym- metrische und antisymmetrische, hermitesche und antihermitesche Matrizenoadjungierte Matrix 12.2. SelbstadJungierte und unitare Endomorphismen 307 Der duale K-Linksmodul V* zu einem K-Rechtsmodul V. transponierte Homomorphismenodie kanonischen Homo- morphismen 0: V + v* und 0: V + v* zu einer Sesqui linearform.der Rang einer Sesquilinearform.fur nicht- entartete Sesquilinearformen sind 0 und 0 Isomorphismen. Definition der linksadjungierten und rechtsadjungierten Endomorphismen und ihre Beschreibung durch Matrizeno Bildung des adjungierten Endomorphismus als Antiauto- morphismus von End(V).hermitesche, antihermitesche und unitare Endomorphismen.die Identifikation von End(V) und Sesq(V) bei gegebener nichtentarteter Sesquilinear formohermitesche, antihermitesche, unitare Matrizen.
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