Skript Lineare Algebra Prof. Dr. C.P. Schnorr http://www.mi.informatik.uni-frankfurt.de Johann-Wolfgang-Goethe Universit¨at Fachbereiche Mathematik und Informatik Frankfurt am Main 21. Juli 2000 DasvorliegendeSkriptisteineAusarbeitungderVorlesungen LineareAlgebraI“ und ” Lineare Algebra II“ aus dem Wintersemester 1998/99 und Sommersemester 1999 an ” der Johann-Wolfgang-Goethe Universit¨at, Frankfurt am Main. IndervorliegenenVersionsindFehlerderAuflagevom4.Jan.2000behoben(dankder detailierten Fehlerliste von Thomas Rupp). Fu¨r Hinweise auf weitere Fehler sind wir weiterhin dankbar. Von Roger Fischlin, Marc Fischlin und Matthias Rupp 1999 u¨berarbeitet und in LATEX2ε gesetzt. Inhaltsverzeichnis Teil 1. Lineare Algebra I Kapitel 1. Lineare Gleichungssysteme 3 §1. Gauß-Algorithmus 3 §2. Gauß-Algorithmus und Matrizen 9 Kapitel 2. K¨orper, Ringe und Gruppen 13 §1. K¨orper 13 §2. Ringe und Schiefk¨orper 19 §3. Gruppen 21 §4. Homomorphismen 23 §5. Vom Ring Z abgeleitete K¨orper 26 Kapitel 3. Vektorr¨aume 29 §1. Vektorraum und Untervektorraum 29 §2. Lineare Unabh¨angigkeit, Basen und Dimension 32 Kapitel 4. Polynome 41 §1. Vektorraum und Ring der Polynome 41 §2. Division mit Rest 48 §3. Nullstellen 51 §4. Interpolation 55 Kapitel 5. Der Rang von Matrizen 59 §1. Zeilenrang und Spaltenrang 59 §2. Rang und lineare Gleichungssysteme 61 Kapitel 6. Lineare Abbildungen 63 §1. Eigenschaften 63 iii iv Inhaltsverzeichnis §2. Darstellende Matrix 65 Kapitel 7. Lineare Codes 71 §1. Grundbegriffe 71 §2. Gitter und Kugelpackungen 76 §3. Generator- und PCH-Matrix 77 §4. Hamming-Codes 80 Kapitel 8. Direkte Summe 83 §1. Orthogonales Komplement 83 §2. Direkte Summe 85 Kapitel 9. Volumina und Determinanten 89 §1. Volumina 89 §2. Determinanten 92 §3. Permutationen und Leibniz’sche Determinantenformel 95 §4. Eigenschaften 99 Kapitel 10. Normalformen und Eigenwerte 105 §1. Eigenwerte und Eigenvektoren 105 §2. Charakteristisches Polynom 110 §3. Normalformen 114 Kapitel 11. Euklidische Vektorr¨aume 117 §1. Vektornorm 117 §2. Matrixnorm 119 §3. Skalarprodukt 122 §4. Orthogonale Abbildungen und Matrizen 127 Teil 2. Lineare Algebra II Kapitel 12. Konvexe Geometrie 133 §1. Konvexe Mengen 133 §2. Funktionen u¨ber konvexen Mengen 142 §3. Kegel und Farkas’ Lemma 145 §4. Eulers Polyederformel 150 Kapitel 13. Lineare Programmierung 153 §1. Einleitung 153 §2. Ecken und Basisl¨osungen 154 §3. Simplex-Algorithmus 159 §4. Simplex-Tableau 164 §5. Dualit¨at 169 Inhaltsverzeichnis v Kapitel 14. Reelle und komplexe Vektorr¨aume 173 §1. Dualit¨at linearer R¨aume 173 §2. Bilineare, Sesquilineare und quadratische Formen 176 §3. Hauptachsentransformation symmetrischer Matrizen 181 §4. Unit¨are Endomorphismen und Matrizen 184 §5. Normalform selbstadjungierter Endomorphismen 186 Kapitel 15. Endliche K¨orper 191 §1. Charakteristik 191 §2. Primk¨orper 193 §3. Konstruktion endlicher K¨orper 194 §4. Struktur der multiplikativen Gruppe endlicher K¨orper 198 Kapitel 16. Gittertheorie 201 §1. Gitter 201 §2. Gitterreduktion 205 Anhang A. Grundbegriffe 211 §1. Notationen 211 §2. Logik 211 §3. Beweistechniken 214 §4. Mengen, Relationen und Funktionen 216 Anhang B. U¨bungsaufgaben 219 §1. U¨bungsblatt 1 219 §2. U¨bungsblatt 2 219 §3. U¨bungsblatt 3 220 §4. U¨bungsblatt 4 221 §5. U¨bungsblatt 5 222 §6. U¨bungsblatt 6 222 §7. U¨bungsblatt 7 223 §8. U¨bungsblatt 8 223 §9. U¨bungsblatt 9 224 §10. U¨bungsblatt 10 225 §11. U¨bungsblatt 11 225 §12. U¨bungsblatt 12 226 §13. U¨bungsblatt 13 227 §14. U¨bungsblatt 14 227 §15. U¨bungsblatt 15 227 §16. U¨bungsblatt 16 228 §17. U¨bungsblatt 17 228 vi Inhaltsverzeichnis §18. U¨bungsblatt 18 229 §19. U¨bungsblatt 19 229 §20. U¨bungsblatt 20 230 §21. U¨bungsblatt 21 230 §22. U¨bungsblatt 22 231 Literaturverzeichnis 233 Index 235 Teil 1 Lineare Algebra I Kapitel 1 Lineare Gleichungssysteme Zum L¨osen linearer Gleichungssysteme lernen wir mit dem Gauß-Verfahren einen wichtigen Algorithmus der linearen Algebra kennen. 1. Gauß-Algorithmus Wir betrachten lineare Gleichungen der Form a x +a x +...+a x = b 1 1 2 2 n n u¨ber den reellen Zahlen, d.h. mit a ,...,a ,b ∈ R. Dabei heißen a ,...,a Koef- 1 n 1 n fizienten und x ,...,x Unbestimmte oder Variable. Wir suchen reelle Zahlen, die 1 n die Gleichung erfu¨llen, setzt man sie fu¨r x ,...,x ein. Beim U¨bergang zu mehreren 1 n Gleichungen ergibt sich ein lineares Gleichungssystem (LGS) aus m Gleichungen in n Unbestimmten: a x + a x +··· + a x = b 11 1 12 2 1n n 1 a x + a x +··· + a x = b 21 1 22 2 2n n 2 . . . . (1) . . . . . . . . a x +a x +··· +a x = b . m1 1 m2 2 mn n m Um diese Darstellung eines linearen Gleichungssystems zu vereinfachen, kann man die i-te Gleichungen mittels Summenzeichen als n a x = b schreiben. Statt j=1 ij j i (cid:80) jede der m Gleichungen einzeln anzugeben, verwendet man zur Notation von linearen Gleichungssystemen in der linearen Algebra u¨blicherweise Matrizen und Vektoren: Definition 1.1 (Matrix). Ein rechteckiges Schema A aus m Zeilen und n Spalten mit Eintr¨agen a ∈ R heißt m×n-Matrix u¨ber R: ij a ··· a 11 1n . . A = (aij)1≤i≤m = .. .. . 1≤j≤n am1 ··· amn 3 4 1. Lineare Gleichungssysteme Im Fall m = n heißt A quadratische Matrix. Die Menge aller m×n Matrizen u¨ber R bezeichnen wir mit M (R) oder kurz Rm×n. m,n Einspaltige Matrizen b ∈ M (R) heißen Spaltenvektoren, einzeilige Matrizen m,1 b ∈ M (R) Zeilenvektoren. Wenn aus dem Kontext hervorgeht, ob es ein Spalten- 1,m oder Zeilenvektor ist, nennen wir b kurz Vektor. Die Menge M (R) = Rn×1 der n,1 reellwertigen Vektoren der L¨ange n bezeichnet man kurz als Rn, den Raum der n- TupelreellerZahlen.R3 istzumBeispielderunsumgebendeRaum.InderGeometrie sprechen wir auch von kartesischen Koordinaten.1 Definition 1.2 (Matrix-Vektor-Produkt). Sei A ∈ M (R) eine m×n-Matrix und m,n x ∈ Rn ein Spaltenvektor. Das Matrix-Vektor-Produkt ist n a x 1j j (cid:80) j=1 Ax = ··· ∈ Rm, n amjxj (cid:80) j=1 der i-te Koeffizient von Ax ist das Produkt“ n a x der i-ten Zeile von A mit ” (cid:80)j=1 ij j x. Das lineare Gleichungssystem (1) schreiben wir in Matrixform als a ··· a x b 11 1n 1 1 . . . . .. .. .. = .. (2) am1 ··· amnxn bm oderkurzAx = bfu¨rgegebeneA,bunddemgesuchtenx.DabeiistxeinUnbestimm- tenvektor, dessen Koordinaten x ,...,x noch zu ermitteln sind. Mit 1 n L¨os(A,b) := {x ∈ Rn |Ax = b} bezeichnen wir die L¨osungsmenge des linearen Gleichungssystems Ax = b. Man fasst die Koeffizientenmatrix A und den Vektor b zur erweiterten Matrix (A,b) a ··· a b 11 1n 1 . . . (A,b) := .. .. .. ∈ Mm,n+1(R) am1 ··· amn bm zusammen. Unser Ziel ist ein schnelles, mechanisches Verfahren zum L¨osen von linearen Glei- chungssystemen.DieStandardmethodeisteinauf C.F.Gauß2zuru¨ckgehenderAlgo- rithmus, der auch die Basis zahlreicher Beweise der Vorlesung bildet. Wir u¨berfu¨hren 1Zu Ehren von Rene´ Descartes, 1596–1650, einem Wegbereiter der Mathematik der Neuzeit. ErgiltalsBegru¨nderdersystematischenanalytischenGeometrie.SeineSchrift G´eom´etrie“ geh¨orte ” zu den Grundlagen, auf denen Newton und Leibniz sp¨ater aufbauten. 2 Carl Friedrich Gauß, 1777–1855, war der bedeutendste Mathematiker seiner Zeit. Er lie- ferte in den meisten Teilgebieten der Mathematik und der Physik wichtige Beitr¨age, beispielsweise in der Zahlentheorie und der Astronomie. Unter anderem gab er den ersten strengen Beweis fu¨r den Fundamentalsatz der Algebra. Die Gauß’sche Zahlenebene tr¨agt seinen Namen.
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