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Liminal Spaces and Ethical Challenges: Yearbook 2021/2022 PDF

320 Pages·7.045 MB·German
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International Yearbook for Tillich Research 2021/2022 International Yearbook for Tillich Research Internationales Jahrbuch für die Tillich-Forschung Annales internationales de recherches sur Tillich Edited by Christian Danz, Marc Dumas, Werner Schüßler, and Bryan Wagoner in collaboration with Deutsche Paul-Tillich-Gesellschaft North American Paul Tillich Society Association Paul Tillich d’expression française Volume 15 Yearbook 2021/2022 Liminal Spaces and Ethical Challenges Edited by Christian Danz, Marc Dumas, Werner Schüßler, and Bryan Wagoner ISBN 978-3-11-099703-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-098472-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-098518-4 ISSN 1990-4231 Library of Congress Control Number: 2022940550 Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available in the Internet at http://dnb.dnb.de. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Printing and binding: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com Table of Contents Werner Schüßler   „Grenze“ und „Grenzsituation“ | 1  Benoit Mathot   Liminalités chiliennes : la pensée tillichienne comme ressource ? | 21 Anne-Milla Wichmann Kristensen   Crisis, Kairos, and Kairotic Moments | 37  Benjamin J. Chicka   Tillich, Pandemic, and Video Games | 53 Jari Ristiniemi  Conformity, Totalitarian Trends, and Totalitarianism | 67  Marc Röbel   Hate Speech und die Grenzen der Kommunikation | 93  Dirk-Martin Grube   Paul Tillichs Kairosbegriff und die Krise des westlichen Denkens | 117  Editionen   Christian Danz   Das Dasein Gottes und die Religionspsychologie | 141 Christian Danz (Hg.)   Paul Tillich: Das Dasein Gottes und die Religionspsychologie | 161  Christian Danz   Die Theologie als Wissenschaft | 179  Christian Danz (Hg.)   Paul Tillich: Die Theologie als Wissenschaft | 195 VI | Table of Contents Erdmann Sturm   Schelling und die Synthese von Spinoza und Kant | 201  Erdmann Sturm (Hg.)   Paul Tillich: German Classical Philosophy: Schelling | 225  Reviews | 261  Tillich Bibliography | 303  Contributors List | 313 Werner Schüßler „Grenze“ und „Grenzsituation“ Ihre Bedeutung in Leben und Werk Paul Tillichs Abstract: In the life and work of Paul Tillich, the importance of external and in- ternal limits, which man repeatedly encounters, is condensed. However, the hu- man spirit is only creative if it is able to transcend these limits. This does not nec- essarily mean that one loses one’s substance – on the contrary, it is part of the dialectic of life not to lose oneself in the other, but to return to oneself enriched. From his concept of boundary Tillich also develops – independently of Karl Jas- pers – his own concept of the human border-situation. The article traces various boundaries that Tillich crossed in his life and thinking and explores different as- pects of his concept of the human border-situation. Anlässlich der Verleihung des „Friedenspreises des Deutschen Buchhandels“ an Paul Tillich hat dieser am 23. September 1962 – gut ein Jahr nach dem Bau der Berliner Mauer – in Frankfurt eine vielbeachtete Rede gehalten mit dem Titel „Grenzen“.1 In dieser Rede geht er zwar nicht explizit auf den Berliner Mauerbau ein, doch wer zwischen den Zeilen zu lesen versteht, merkt sehr schnell, dass die Situation des geteilten Deutschlands und besonders auch diejenige der Stadt Ber- lin hier ohne Zweifel mitbedacht sind bei der Wahl des Themas, was auch aus den folgenden Worten zu Anfang des Vortrags deutlich wird, wenn es hier heißt: Die Situation der Grenze ist noch nicht das, was man Frieden nennen könnte; und doch ist sie der Durchgang, den jeder einzelne gehen muß und den die Völker gehen müssen, um zum Frieden zu gelangen. Denn der Friede ist das Stehen im Übergreifenden, das im Über- schreiten und Rücküberschreiten der Grenze gesucht wird. Nur wer Anteil an den beiden Seiten einer Grenzlinie hat, kann dem Übergreifenden und damit dem Frieden dienen, nicht, wer sich in der momentanen Ruhe eines fest Begrenzten sicher fühlt. Friede er- scheint, wo im persönlichen wie im politischen Leben eine alte Grenze ihre Wichtigkeit und damit ihre Macht, Unfrieden zu stiften, verloren hat, auch wenn sie noch als Teilgrenze fortbesteht. Friede ist nicht spannungsloses Nebeneinander; er ist die Einheit im Umfassen- den, in der das Gegeneinander lebendiger Kräfte und die Konflikte zwischen dem Alten und dem jeweils Neuen nicht fehlen, in der sie aber nicht zerstörerisch ausbrechen, sondern gehalten sind im Frieden des Übergreifenden. Wenn das Überschreiten und Rücküber- || 1 Vgl. Paul Tillich, Grenzen. Rede bei der Verleihung des „Friedenspreises des Deutschen Buch- handels“ in Frankfurt am 23.9.1962, in: Ders., Impressionen und Reflexionen. Ein Lebensbild in Aufsätzen, Reden und Stellungnahmen (= Gesammelte Werke, hrsg. von Renate Albrecht, Bd. XIII), Stuttgart 1972, 419–428. https://doi.org/10.1515/9783110984729-001 2 | Werner Schüßler schreiten der Grenze der Weg zum Frieden ist, dann ist die Angst vor dem, was jenseits liegt, und der daraus geborene Wille, es zu beseitigen, die Wurzel des Unfriedens und der Kriege.2 Tillich hat sich bekanntlich nie in das tagespolitische Geschäft eingeschaltet. Dies ist seinem Verständnis nach auch nicht die Aufgabe von Theologen und Phi- losophen, denen es Tillich zufolge immer nur darum gehen kann, das Prinzipielle zu bedenken. Und dieses weist über die politische Dimension hinaus in den Be- reich der Philosophie und Theologie. Damit sind wir auch schon mitten im Thema. 1 „Der Mensch ist ein wanderndes Lebewesen“3 In einem Vortrag mit dem Titel „Mind and Migration“, den er vor der „Graduate Faculty“ der „New School for Social Research“ im Jahre 1937 in New York gehal- ten hat, also nur vier Jahre nach seiner Emigration in die USA, geht es Tillich da- rum, deutlich zu machen, „dass zwischen Geist und Migration nicht nur eine zu- fällige, sondern eine wesenhafte Beziehung besteht“ und „dass der Geist seinem Wesen nach auf der Wanderschaft ist“.4 Tillich spricht in diesem Zusammenhang von dem „allgemeinen Gesetz des Lebens“, das in der „Einheit von Bei-sich- selbst-Bleiben und Sich-selbst-Überschreiten, von Selbstbewahrung und Selbst- entfremdung“ besteht und das sowohl im geistigen als auch im sozialen Leben des Menschen, genauer: in der Einheit beider Aspekte zu voller Entfaltung || 2 Ebd., 420. – Etwas später kommt Tillich explizit auf die deutsche Situation zu sprechen, wenn es heißt: „Alles, was ich vom Überschreiten der Grenze gesagt habe, gilt auch für das Überschrei- ten der Grenze, die heute für die westliche Welt am schwersten zu überschreiten ist, die Grenze nach dem Osten.“ (Ebd., 423) 3 Paul Tillich, Mind and Migration, in: Social Research (New York) 4/3 (1937) 295–305, hier 296. – Übers. von mir! Vgl. die dt. Übers.: Ders., Geist und Wanderung. Rede vor der „Graduate Fac- ulty“ der „New School for Social Research“ in New York am 13.4.1937, in: Ders., Impressionen und Reflexionen (s. Anm. 1), 191–200, hier 192. 4 Paul Tillich, Mind and Migration (s. Anm. 3), 295. – Übers. von mir! Die dt. Übers. ist hier de- fizient, wenn es heißt: „[…] daß zwischen Geist und Wanderung nicht nur eine gelegentliche, sondern eine wesenhafte Beziehung besteht. Es ist die Natur des Geistes zu wandern.“ (Ders., Geist und Wanderung [s. Anm. 3], 191) „Grenze“ und „Grenzsituation“ | 3 kommt.5 Der Mensch, so könnte man diesen Gedanken auch auf den Punkt brin- gen, ist wesentlich ein „homo viator“.6 Im Rahmen seiner Philosophie des Lebens, die Tillich als Grundlage für den dritten Band seiner „Systematischen Theologie“ entwickelt hat, wird er später in Bezug auf diesen Aspekt von der „Grundbewegung“ allen Lebens sprechen,7 wo- bei er hier unter Leben ontologisch die Aktualisierung potentiellen Seins ver- steht. Näherhin ist damit ein Herausgehen aus einem Handlungszentrum verbun- den, wobei dieses Herausgehen aber so beschaffen ist, dass das Zentrum dabei nicht verloren geht.8 Tillich beschreibt diese Grundbewegung allen Lebens wie folgt: Das Leben ist ein Prozess, in dem eine doppelte Bewegung wie in allen Prozessen zu be- obachten ist: die Bewegung zur Trennung von sich selbst und zum Bleiben in sich selbst. […] D.h. das Leben in all seinen Dimensionen geht über sich hinaus, trennt sich von sich selbst, läuft sozusagen von sich fort und bleibt gleichzeitig bei sich selber, und das heißt das Zurückkehren zu sich selber.9 In Bezug auf diese Grundbewegung allen Lebens sind somit drei Elemente zu un- terscheiden: die Selbst-Identität, die Selbst-Veränderung und die Rückkehr zu sich selbst. In dem Prozess, den wir Leben nennen, wird nach Tillich nur durch diese drei Elemente Potentialität zu Aktualität.10 Nicht die Kreisbewegung cha- rakterisiert somit das Leben, sondern die Spirale. Mit dieser Beschreibung wer- den auch schon die beiden Gefahren deutlich, denen das Leben ausgesetzt ist: nämlich in der Selbst-Identität zu verharren oder sich im Fremden zu verlieren.11 || 5 Paul Tillich, Mind and Migration (s. Anm. 3), 296. – Übers. von mir! Vgl. Ders., Geist und Wan- derschaft (s. Anm. 3), 191. 6 Vgl. dazu Marc Röbel / Werner Schüßler (Hg.), Der Mensch als „homo viator“. Existenzphilo- sophische Perspektiven, Freiburg/Br. 2020. 7 Vgl. Paul Tillich, Die Zweideutigkeit der Lebensprozesse (Freie Universität Berlin, Sommerse- mester 1958), in: Ders., Berliner Vorlesungen III (1951–1958), hrsg. und mit einer historischen Einleitung versehen von Erdmann Sturm (= Ergänzungs- und Nachlassbände zu den Gesammel- ten Werken, Bd. XVI), Berlin/New York 2009, 335–409, hier 352. 8 Vgl. Paul Tillich, Systematische Theologie, Bd. III: Das Leben und der Geist. Die Geschichte und das Reich Gottes, Stuttgart 1966, 42. 9 Paul Tillich, Die Zweideutigkeit der Lebensprozesse (s. Anm. 7), 351f. 10 Vgl. Paul Tillich, Systematische Theologie, Bd. III (s. Anm. 8), 42. 11 Vgl. dazu Werner Schüßler, „Healing Power.“ Zum Verhältnis von Heil und Heilen im Den- ken Paul Tillichs, in: Ders., „Was uns unbedingt angeht.“ Studien zur Theologie und Philosophie Paul Tillichs (= Tillich-Studien, hrsg. von Werner Schüßler und Erdmann Sturm, Bd. 1), Berlin 4. erw. Aufl. 2015, 383–418, hier 398–402. 4 | Werner Schüßler Die „Pilgerschaft des Menschen“ kann bekanntlich sowohl eine äußere wie auch eine innere sein. Beide Aspekte hat Tillich selbst erfahren und durchlebt, und beide Aspekte haben sein Leben und Werk entscheidend geprägt und verän- dert. 2 „Die Überwindung des Provinzialismus in der Theologie“12 2.1 Tillichs Emigration in die USA Tillichs erzwungene Emigration in die USA im Jahre 1933 war nicht nur äußerlich grenzüberschreitender Natur. Mit 47 in ein Land zu emigrieren, dessen Sprache er nicht sprach, mit dessen Denken und Politik er nicht vertraut war, verunsi- cherte auf der einen Seite, eröffnete auf der anderen aber auch neue Möglichkei- ten. Das geht aus einem Vortrag hervor, den Tillich im Rahmen der „Benjamin Franklin Lectures“ der „University of Pennsylvania“ im Frühjahr 1952 mit dem Titel „The Conquest of Theological Provincialism“ gehalten hat und der ein Jahr später in einem Sammelband zur kulturellen Migration veröffentlicht wurde.13 Hier gesteht Tillich ein, dass ihm erst nach einigen Jahren in Amerika sein zuvor „unbewusster Provinzialismus“ bewusst wurde. Und als Fazit seiner Erfahrung fasst er zusammen: „Amerika vermag uns vor europäischem und anderem Pro- vinzialismus zu bewahren, ohne uns einen eigenen aufzuzwingen. Durch die ständige Auseinandersetzung mit Traditionen aus aller Welt, die es in diesem Lande stets gegeben hat und immer noch gibt, wird das Entstehen eines ameri- kanischen Provinzialismus außerordentlich erschwert.“14 In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts glaubte Tillich zufolge ein deutscher Theologiestudent, dass protestantische Theologie identisch sei mit deutscher Theologie, und so ist es nicht weiter erstaunlich, „wenn er zum ‚Pro- vinzler‘ wurde, da die Provinz, in der er lebte, so groß, so bedeutend und || 12 Vgl. Paul Tillich, Die Überwindung des Provinzialismus in der Theologie, in: Ders., Offenba- rung und Glaube. Schriften zur Theologie II (= Gesammelte Werke, hrsg. von Renate Albrecht, Bd. VIII), Stuttgart 1970, 13–27. 13 Vgl. W. Rex Crawford (ed.), The Cultural Migration: the European Scholar in America, Phila- delphia 1953, 138–156. 14 Paul Tillich, Die Überwindung des Provinzialismus in der Theologie (s. Anm. 12), 13.

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