Ullstein Taschenbuch
»Liebling trat auf den bärtigen Mann vom Jugendamt zu. ›Wenn Sie bis Ende der Woche noch keine Anzeige haben, werden Sie nicht ungeduldig. Die kommt bestimmt‹. Prien lachte. Er schien in höchstem Maß belustigt zu sein. ›Sie wollen mich anzeigen?‹ rief er. ›Darf man auch wissen, warum?‹
›Eigentlich wegen Ekelhaftigkeit‹, antwortete Liebling todernst. ›Aber das muß natürlich genauer formuliert werden. Versuchte Kindesentziehung, üble Nachrede, Amtsmißbrauch — irgendwo dazwischen.‹«
Rechtsanwalt Liebling, der so gar keinen Normen und Klischees entsprechende Advokat der kleinen Leute, kämpft für seinen Mandanten notfalls auch mit harten juristischen Bandagen — vor allem, wenn es gegen sture Paragraphenhengste geht.
»Mit kleinen Bosheiten gespickte Dialoge und der realistische Kern der Geschichten machen Heldentum überflüssig.«
Die Welt
Originalausgabe
Zu den Fernsehfolgen »Der Verbieter« und »Wissen ist Macht«
ISBN 3-548-24147-6
DM 12.00 ÖS 145.-
ÜBER DAS BUCH
Rechtsanwalt Liebling, der vom schlanken Zigarillo bis zur dicken Havanna alles pafft, was qualmt, raucht der Kopf — vor Wut! Ein Paragraphenhengst, seines Zeichens Gerichtsvollzieher, hat ihn von der Polizei ziemlich unsanft und in Handschellen abführen lassen. Und alles nur, weil er sich für ein deutsch-russisches Ehepaar engagiert, dem ein wildgewordenes Jugendamt das Kind wegnehmen und in ein Heim stecken möchte. So etwas läßt er sich natürlich nicht bieten.
Größeren Kummer bereitet ihm da schon seine Tochter Sarah, die mit ihrem neuen Lebensabschnittspartner einen winzigen Bio-Laden aufgemacht hat, der nicht läuft. Auch wenn Liebling von Kognak mehr hält als von »Taubenfutter«, entwickelt er sich notgedrungen zum Müsli-Großeinkäufer.
DER DREHBUCHAUTOR
Jurek Becker, 1937 im polnischen Lodz geboren, wurde wegen seines Protestes gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 aus der SED ausgeschlossen. Ab Ende 1977 wohnte Jurek Becker vorwiegend in Westberlin. Zu seinen bekanntesten Werken zählen u. a. »Jakob der Lügner«, »Der Boxer« sowie »Bronsteins Kinder«. Für »Liebling Kreuzberg« wurde er zusammen mit Manfred Krug mit dem Adolf-Grimme-Preis in Gold ausgezeichnet. Jurek Becker starb am 14. März 1997 im Alter von 59 Jahren in Berlin.