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Lektüreschlüssel: Friedrich Schiller - Die Räuber PDF

93 Pages·2003·0.41 MB·german
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LEKTÜRESCHLÜSSEL FÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER Friedrich Schiller Die Räuber Von Reiner Poppe Philipp Reclam jun. Stuttgart Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe: Friedrich Schiller: Die Räuber. Stuttgart: Reclam, 1969, 2001 [u.ö.]. (Universal-Bibliothek. 15.) Alle Rechte vorbehalten © 2003, 2008 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen Made in Germany 2008 RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEKund RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN 978-3-15-950427-8 ISBN der Buchausgabe: 978-3-15-015328-4 www.reclam.de Inhalt 1. Erstinformation zum Werk 5 2. Inhalt 11 3. Personen 22 4. Werkaufbau 35 5. Wort- und Sacherläuterungen 39 6. Interpretation 54 7. Autor und Zeit 62 8. Rezeption 74 9. Checkliste 79 10. Lektüretipps 83 Anmerkungen 87 1. Erstinformation zum Werk Friedrich Schillers (1759–1805) Werke entstanden in einer überaus bewegten Zeit deutscher und europäischer Ge- schichte. Zwei bedeutende Ereignisse begleiteten sein Le- ben: das (vorübergehende) Erwachen eines deutschen Na- tionalgefühls, das zwischen 1760 und 1785 zu einem ersten Höhepunkt gelangte, und die Französische Revolution (1789–94) mit ihren weit reichenden politischen und gesell- schaftlichen Folgen. Das Drama Die Räuber, das in eine spannungsreiche per- sönliche Entwicklungsphase fiel, zählt zu Schillers Jugend- werken. Beinahe dreimal so lang wie ein normales Bühnen- stück, mit einer konflikt- und intrigenreichen Handlung, wurde es ein sensationeller Bühnenerfolg. Der junge Fried- rich Schiller hat sein Handwerk verstanden. Das Publikum, das am 13. Januar 1782 in Mannheim die Uraufführung ei- ner bereits dem Zeitgeschmack angepassten Fassung des Dramas erlebte, reagierte äußerst emotional. Schon während seiner Schulzeit (1776–81) arbeitete Schil- ler an seinem ersten Drama. Er griff darin das uralte Motiv der feindlichen Brüder auf. Zur Dramatisie- rung des Stoffes wurde er durch die 1775 Anstöße erschienene Erzählung Christian Friedrich Daniel Schubarts (1739–91) Zur Geschichte des menschli- chen Herzens angeregt. Schubart, ein gegen das Unrecht sei- ner Zeit anschreibender Landsmann Schillers, polemisierte in Artikeln und hochgeschätzten Gedichten gegen An- maßung und Willkür der Landesfürsten. Mutig trat er für ei- ne einheitliche deutsche Nation ein. Von 1777–87 verbrach- te er zehn Jahre seines Lebens in Festungshaft (Hohenas- 6 1. ERSTINFORMATION ZUM WERK perg). Herzog Karl Eugen (1728–93), der württembergische Landesherr, hatte ihn wegen unbotmäßiger Veröffentli- chungen einkerkern lassen. Schiller verehrte Schubart sehr, ebenso wie ihn das Volk überall las und seine Ideen verbrei- tete. Aber auch andere Quellen als Schubart sind für die Ausarbeitung der Räuber nachgewiesen.1 Schubarts Erzählung war sozusagen die Initialzündung für Schillers Niederschrift seines Dramas. Er sah, dass zahl- reiche, nur wenig ältere Dramatiker schon mit Werken her- vorgetreten waren, die in der Öffentlichkeit mächtigen Auf- ruhr verursacht hatten.2 Schiller wollte es ihnen gleichtun und auch Bühnenschriftsteller werden. Nach sechs Jahren härtesten Internatslebens in der Stuttgarter »Karlsschule« schrieb er sich endlich wie in einem Aufschrei seinen Frust von der Seele. Das Drama Die Räuber, 1780 begonnen und 1782 urauf- geführt, beschloss die Epoche des Sturm und Drang, in der die »jungen Wilden« aus den Anfangsjahren der zweiten Jahrhunderthälfte gegen die etablierte Gesellschaft aufstan- den. Ihr Aufbegehren wurde vor allem im dichterischen Wort laut. Auf den Niedergang des Feudalismus freilich hatte die Bewegung keinen direkten Einfluss, aber sie setzte in der Literatur Zeichen für die Stärkung des Bürgertums. Starke Impulse erhielten die jungen Dichter aus der Philo- sophie und Literatur der europäischen Nachbarländer, Eng- land und Frankreich. Besonders waren es die Ideen des Schweizers Jean-Jacques Rousseau (1712–78), der ihre Su- che nach einer natürlichen und gerechten Gesellschaftsord- nung beflügelte. Ein Schauspiel, Sturm und Drang (1777) von Friedrich Maximilian Klinger (1752–1831), gab der kur- zen, explosionsartig entstandenen und dann bald erlosche- nen Literaturepoche (1765–80) ihren Namen. Im Drama, im 1. ERSTINFORMATION ZUM WERK 7 Theater überhaupt, erkannten die ›Stürmer und Dränger‹, zu denen als junger Autor auch Goethe (1749–1832) zählte, das angemessene Ausdrucksmittel für Auf- klärung und Protest. Neben den Dramen Shakespeare – selbst bezeugen dies zahlreiche programma- Vorbild einer tische Schriften zum Theater. Shakespeare ganzen Epoche war das Vorbild, dem die jungen Autoren nacheiferten. Die meisten seiner Bühnenstücke lagen in deutschen Übersetzungen vor. Von ihm übernahm man, was gegen jede Literaturnorm verstieß: »Fetzenszenen, der Bruch mit den sog. Einheiten, die Verherrlichung der Kraft und der Kraftkerle, der Leidenschaft als solcher, das Schau- rige und Krasse […].« 3 Wie Shakespeare, der seine Stoffe und Gestalten in der englischen und schottischen Geschichte fand, brachten die Dramatiker des Sturm und Drang die eigene nationale Ver- gangenheit ins Spiel. Keiner von ihnen hat es jedoch ver- mocht, darin die Fülle des Shakespeare’schen Dramas zu er- reichen. In Schillers Räuberntreten viele der Shakespeare- Merkmale teilweise sogar in auffallender Ähnlichkeit in den Dialogen, Figuren, Motiven etc. mit solchen aus Hamlet, Macbeth oderKing Learhervor, doch schon mit einer ande- ren, sehr eigenen Blickrichtung. Schiller befasste sich ge- danklich offenbar bereits sehr mit einer in sich geschlosse- nen neuen Theaterkonzeption, einem Ideenkonzept, das auf die Bildung und Erziehung der Menschen zielte. Es war der Anfang seines Weges zur Klassik. Als deutsche »Klassik« wird der Zeitabschnitt zwischen 1786 und 1832 bezeichnet, in der Kunst und Dichtung aus- drücklich auf die griechisch-römische Antike zurückbezo- gen wurden. Goethes Italienische Reisegilt allgemein als der Beginn dieser Epoche (1786). Sie führte die literarisch-geis- 8 1. ERSTINFORMATION ZUM WERK tigen Strömungen der Aufklärung (1720–85) und der Emp- findsamkeit (1740–80) weiter. Schillers Ju- Im Schnittfeld genddrama, obwohl furios und stark auf- von Aufklärung, begehrend, kann kaum mehr der Epoche Empfindsamkeit des Sturm und Drang zugerechnet werden. und Sturm und Es gehört in das Schnittfeld aller geistigen Drang Bewegungen und Strömungen der Zeit, aus deren Entwicklungslinien der Sturm und Drang jäh und höchst eigenwillig heraus schnellte. Mit Schillers Drama Die Räuberverhielt es sich ähnlich wie gut 100 Jahre später mit Gerhart Hauptmanns Bühnenerstling Vor Sonnenaufgang(1889), dem ebenfalls das Epochenlabel des Naturalismus aufgedrückt wurde, obwohl das Stück schon deutliche Akzente von Überwindung und Distanz zu ihm enthielt. Was geschieht in Schillers Stück, das uns im zugrunde gelegten Lesetext in der ursprünglichen Fassung vorliegt? Zwei Brüder, Karl und Franz Moor, verrennen sich aus unterschiedlichen Motiven in verbrecherische Handlun- gen. Karl Moor, der Typ eines gentleman-Räubers à la Robin Hood, wird von seinem Bruder beim Vater böse verleumdet. Der Vater geht dem jüngeren Sohn Franz auf den Leim und verstößt seinen Ältesten. Karl Moor schließt sich einer Bande von Gesetzlosen an und verliert das Vertrauen in die Welt. Plündernd, raubend und mor- dend ziehen er und seine Bande durchs Land. Wo sie auf- tauchen, verbreiten sie Schrecken. Karl wird aber stets von seinem besseren Gewissen und edlen Zielvorstellun- gen eingeholt. Franz, der alles will (Haus, Hof und Karls Braut), geht leer aus und bringt sich um. Auch Karl ver- liert alles und gibt am Ende auf. Schiller hatte es sich mit seinem Drama nicht leicht ge-

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