Kliniktaschenbucher G. Friese A. V61cker Leitfaden tur den klinischen Assistenten Vierte, neubearbeitete Auflage Mit 28 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Tokyo Professor Dr. med. Gemot Friese Roseggerweg 2, 7121 Mundelsheim Dr. med. Anneliese Vo1cker Med. Klinik II, Krankenanstalten 7140 Ludwigsburg Sonderausgabe fUr Hoechst AG ISBN-13: 978-3-540-16152-3 e-ISBN-13: 978-3-642-95489-4 001: 10.1007/978-3-642-95489-4 3·540-10765-7 3. Auf!age Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 0-387-10765-7 3rd edition Springer-Verlag New York Heidelberg Berlin CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek. Friese, Gemot: Leitfaden fUr den klinischen Assistenten / G. Friese; A. Valeker, -4., neubearb. Auf!. - Berlin; Heidelberg; New York; Tokyo: Springer, 1986. (Kliniktaschenbticher) NE: Valeker, Anneliese: Das Werk is! urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begrundeten Rechte, insbesondere die der Dber se!Zung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem odee ahnlichem Wege und dec Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen blei ben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergiitungsanspriiche des § 54, Abs.2 UrhG werden durch die "Verwertungsgesellschaft Wort", Mtinchen, wahrgenommen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be rechtigt auch ohoe besondere Kennzeichnung nieht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne dec Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiiren und daher von jeder mann benutzt werden diirften. © by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1975, 1977, 1981, 1986 Gesamtherstellung: Appl, Wemding 2121/3140-543210 Vorwort zur vierten Auflage Wenn der junge Arzt unmittelbar nach dem Examen als Assistent ei ner Klinik oder Krankenhausabteilung tiitig wird, erwartet man von ihm, daB er, besonders wiihrend des Aufnahme-und Nachtdienstes oder beim Einsatz als Notarzt, iirztlich folgerichtig zu handeln in der Lage ist. Das ist fUr ihn, v. a. bei akuten Erkrankungen, wo eine schnelle Diagnose und sofortige Therapie erforderlich sind, anfangs nicht leicht. Aus diesem Grunde haben wir seit vielen lahren unseren jungeren iirztlichen Mitarbeitern ein Skriptum in die Hand gegeben, das die wichtigsten diagnostischen Daten sowie insbesondere therapeuti sche Richtlinien fUr Erkrankungen, bei denen es rasch zu handeln gilt, enthielt. Auswahl und Inhalt der in diesem Skriptum zusam mengefaBten Abschnitte wurden dabei von den jungen Kollegen weitgehend selbst bestimmt. Die gleiche Aufgabe solI das vorliegen de Buchlein erfullen. Freilich gestattet der Rahmen eines Taschen buches nur die Wiedergabe einer beschrankten Anzahl von Kapi teln. Manches wurde bewuBt weggelassen, v. a. wenn dariiber monographische Darstellungen oder Sammelwerke vorliegen; diese wurden im Literaturverzeichnis aufgefUhrt. Auch pathophysiologi sche Gedankengiinge, so unerliiBlich und wertvoll sie sind, wurden hintangestellt. Bei der Auswahl therapeutischer Methoden wurden mitunter diejenigen bevorzugt, mit denen die Autoren besondere Er fahrungen gesammelt haben. Somit mag die Auswahl zuweilen sub jektiv erscheinen. Das gilt auch fur die Zusammenstellung der "wichtigsten Medikamente". Seit Erscheinen der dritten Auflage hat sich die Medizin weiterent wickelt. So wurde eine Uberarbeitung einiger Kapitel notwendig. Dabei haben uns Kritik und Anregungen aus dem Leserkreis wie derum sehr geholfen. Ludwigsburg, im September 1985 G. Friese A. Vo1cker v Inhaltsverzeichnis I. Behandlung von Notfillen. . . . . . . . . . . . . . . . .. 1 1 Akuter Kreislaufstillstand . . . . . . . . . . . . . . . .. 1 2 Anwendung des elektrischen Schrittmachers . . . . . .. 5 3 Kreislaufkollaps ...................... 7 4 Kreislaufschock. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 9 5 Frischer Myokardinfarkt . . . . . . . . . .. ...... 13 6 Hypertone Krise ...................... 19 7 Akutes LungenOdem . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20 8 Chronische Herzinsufftzienz . . . . . . . . . . . . . . .. 22 9 Paroxysmale Tachykardien. . . . . . . . . . . . . . . .. 24 10 Extrasystolie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29 11 Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . " 30 12 Akuter arterieller VerschluB . . . . . . . . . . . . . . .. 32 13 Beinvenenthrombose . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 33 14 Akutes Asthma bronchiale . . . . . . . . . . . . . . . .. 34 15 Ateminsufftzienz bei chronischem Cor pulmonale . . .. 35 16 Hlimoptoe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 37 17 Akute gastrointestinale Blutung . . . . . . . . . . . . .. 38 18 Hlimorrhagische Diathesen ................ 43 19 Akute Pankreatitis ..................... 50 20 Coma diabeticum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 53 20.1 Das ketoazidotische Coma diabeticum . . . . . .. 53 20.2 Das hyperosmolare Coma diabeticum. . . . . . .. 56 20.3 Das laktazidotische Coma diabeticum. . . . . . .. 56 21 Hypoglyklimischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . .. 57 22 Coma hepaticum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 58 22.1 Endogenes Leberkoma . . . . . . . . . . . . . . .. 58 22.2 Exogenes Leberkoma . . . . . . . . . . . . . . . .. 61 VII 23 Akute primare Nebennierenrindeninsuffizienz . 62 24 Thyreotoxische Krise . . . 63 25 Hyperkalziimische Krise . . . . . . . . . 64 26 Akute Niereninsuffizienz. . . . . . . . . 65 27 Storungen des Wasser-, Elektrolyt-und Saure-Basen-Haushalts . . . . . . . . . . 71 27.1 Bilanzstorungen von Wasserund Natrium 71 27.2 Storungen des Kaliumhaushalts . . . . . . 75 27.3 Storungen des Saure-Basen-Haushalts .. 77 27.4 Fliissigkeits-und Elektrolytzufuhr bei Bewu13tlosen 78 27.5 Postoperative Fliissigkeits-und Elektrolytzufuhr . 79 27.6 StOrungen des Elektrolyt-und Wasserhaushalts beim alten Menschen . 80 27.7 Infusionslosungen ............ 80 28 Schlaganfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 29 Sofortma13nahmen bei exogenen Vergiftungen 85 II. Antithrombotische Therapie 88 1 Fibrinolytika ........ 88 2 Antikoagulanzien . . . . . . 93 3 Thrombozytenaggregationshemmer . 96 4 Antithrombotische Prophylaxe und Therapie beim chirurgisch Kranken . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 5 Antithrombotische Prophylaxe und Therapie wahrend Schwangerschaft und Wochenbett. . . . . 98 III. Leitsiitze zur Therapie mit Herzglykosiden . 99 1 Wann ist die Anwendung eines Herzglykosids indiziert? 99 2 Die wichtigsten Herzglykoside . . . . . . . . 100 3 Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4 Wann ist ein Herzglykosid kontraindiziert? . 103 5 Herzglykosidversager. 104 6 Nebenwirkungen . . . . . . . . . . 104 IV. Einstellung eines Diabetes mellitus . 107 1 Einteilung des Diabetes mellitus. . 107 2 Kontrolluntersuchungen bei Diabetes mellitus 108 3 Behandlung des Diabetes mellitus . . . . . . . 109 VIII 3.1 Di~it . . . . . . . . . 109 3.2 Insulin. . . . . . . . 112 3.3 Orale Antidiabetika 113 3.4 Spezielle therapeutische Gesichtspunkte der verschiedenen Diabetesformen . . . . . . . . 115 . ............. V. Das Wichtigste iiber das EKG 119 1 In welcher Reihenfolge geht man bei der Auswertung eines EKG vor? . . . . . . . . . . . . 119 2 Das EKG des Herzmuskelinfarkts . . 125 3 Rhythmusstorungen bei Herzinfarkt . 132 4 EKG der Perikarditis . . . . . . . . . 134 5 EKG des akuten Cor pulmonale . . . 135 6 EKG bei Storungen des Kalium-und Kalziumgleichgewichts . . . . . . . . . 136 7 Die wichtigsten Formen der Kammerleitungsstorung 138 8 Die einseitig vermehrte Belastung des Herzens . . 142 9 Die pathologischen Formiinderungen der P-Welle 143 10 Priiexzitationssyndrome .............. 145 VI. Beurteilung der Operabilitiit eines Patienten . 147 VII. Die wichtigsten Medikamente . 153 VIII. Normalwerte. . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 IX. Literatur . . . . 171 X. Sachverzeichnis 179 IX I. Behandlung von Notfallen 1 Akuter Kreislaufstillstand Ursachen PlOtzliches Sistieren der Herztatigkeit entweder bei Asystolie infolge StOrung der Automatie des Herzens oder bei Herzkammerflimmern bzw. ahnlichen sehr raschen RhythmusstOrungen des Herzens. Symptome PlOtzliche Bewu13tlosigkeit, Atemstillstand, fehlende Pulse, weite lichtstarre Pupillen, Hautblasse. Allgemeine therapeutische Richtlinien [34, 37] 1) Patient auf eine harte Unterlage bringen. Beginn mit au13erer Herzmassage und Mund-zu-Nase-Beatmung. Bei langerer Dauer ei nes Kreislauf- und Atemstillstands sollte die Mund-zu-Nase-Beat mung von einer Intubation mit Balgbeatmung oder maschineller Be atmung (z. B. Bird-Respirator) abge16st werden, am besten durch einen Anasthesisten. Technik der auBeren Herzmassage: Urn eine wirksame auBere Herzmassage durchfiihren zu k6nnen, muB der Patient auf eine harte, nichtfedernde Unter lage gebracht werden. Dazu kann man den Patienten aus dem Bett heraus auf den FuBboden legen. Gleiche Dienste leistet ein unter den Brustkorb gelegtes Bettbrett, das beidseits dem Bettrahmen fest aufliegen muB. Der Arzt stellt oder kniet sich neben den Patienten. Beide Arzthande werden kreuzweise auf den unteren Teil des Brustbeins (oberhalb des Schwertfortsatzes) gelegt. Dann wird der Brustkorb kurz und kraftig komprimiert. Die Massage ist aus reichend, wenn das Brustbein 3-4cm an die Wirbelsaule gedriickt wird. Ra dialis-oder Femoralispuls sollten tastbar und der systolische Blutdruck zwi schen 80 und 100 mm Hg meBbar werden. 1 Zeichen erfolgreicher Herzmassage sind: Wiederkehren der Hautrotung, Reagieren der vorher weiten und starren Pu pillen, Auftreten spontaner Atembewegungen. Technik der Mund-zu-N ase-Beatmung: Der Beatmer stellt oder kniet sich am besten rechts neben den Patienten. Eine Hand (die rechte) wird unter das Kinn gelegt und dliickt dieses nach kranial. Dadurch wird der Mund ge schlossen, die Halswirbelsaule gestreckt und nach hinten gebeugt. Diese Hal tung des Kopfes ist notwendig, urn die Luftwege freizuhalten. Die andere Hand (die linke) wird auf die Stirn des Patienten gelegt. Der Atemspender at met nun ein, legt den Mund uber die Nase des Patienten und blast die Luft in die Atemwege ein. Der Beatmungserfolg ist an der Erweiterung des Thorax zu erkennen. Dann gibt der Beatmer die Nase frei, und die Ausatmung voll zieht sich spontan. Dieser Vorgang wird mit normaler Atemfrequenz wieder holt. Ein uber die Nase des Patienten gelegtes Taschentuch (oder ein Mull schleier) erleichtert die Tatigkeit des Beatmers. Mobile Zahnprothesen sind vorher zu entfernen. Zum Freihalten der Atem wege von Bronchialsekret und ggf. Mageninhalt ist ein Absaugegerat not wendig. - 1st man allein beim Patienten, wechselt man zwischen Herzmassa ge und Beatmung im Rhythmus 4: 1 oder 6: 1. Mit auBerer Herzmassage und Beatmung kann man einen "Mini malkreislauf' (30-40% der Norm) bis zu 1 h oder langer aufrechter halten, ohne daB spater neurologische Ausfalle auftreten. Deshalb nicht zu fruh aufgeben! 2) Ursache des Kreislaufstillstands klaren. Nach Einleitung von Herzmassage und Beatmung ist der Kreislaufstillstand zunachst behoben. Jetzt hat man Zeit zu klaren, ob dem Kreislaufstillstand ei ne Asystolie oder ein Herzkammerflimmern zugrunde liegt. Deshalb Aufzeichnung eines Elektrokardiogramms oder zumindest Betrach ten des EKGs auf einem Kathodenstrahloszillographen. Wenn mog lich, Benachrichtigung eines weiteren erfahrenen Kollegen. 3) Legen eines venosen Zugangs (Armvene, V. subclavia). 4) Weitere zielgerichtete Behandlung: Asystolie Wenn wahrend der Herzmassage die Herztatigkeit nicht spontan in Gang kommt, Suprarenin 0,5-1,0 mg durch einen venosen Zugang oder 1-2 mg in 10 ml physiologischer KochsalzlOsung intratracheal; nur wenn das nicht moglich ist, 0,5-1,0 mg intrakardial. Besonders bei gleichzeitig ungeniigender mechanischer Tatigkeit des Herzens ("weak action", "elektromechanische Entkoppelung") ist Suprare nin dem fruher verwendeten Alupent iiberlegen. 2 Intrakardiale Injektion: Dazu wird eine 8-10 em lange Nadel Nr.1 im 4. ICR links parasternal eingestochen, bis sich Blut aspirieren laBt. Oder man sticht unterhalb des Schwertfortsatzes ein und fiihrt die Nadel nach kranial und dorsal, bis man Blut aspiriert. Dann wird injiziert und rasch zuriickgezogen. Wenn trotz dieser MaBnahme keine spontane Herztatigkeit wieder kehrt, kann man den Versuch einer elektrischen Reizung des Her zens machen. Diese ist jedoch nur sinnvolI, wenn die Kontraktilitat des Herzmuskels erhalten ist. Zur temporaren Stimulation des Herzmuskels ist die transvenose EinfUhrung (Y. basilica, V.jugularis extema, V.subclavia) einer Ka theterelektrode in den rechten Ventrikel die fUr den Patienten ange nehmste und zuverlassigste Methode. AIle anderen dazu empfohle nen MaBnahmen (Brustkorbelektroden, Perikardelektroden, Oso phaguselektroden) sind fur den Patienten unangenehm und weniger zuverlassig. Kammerflimmem Die sicherste Behandlung eines Herzkammerflimmems (Abb.1) ist die transthorakale elektrische Defibrillation. Es werden dazu heute nur noch Gleichstromdefibrillatoren verwendet. Die einstellbare Strommenge solI, je nach Dicke der Brustwand, zwischen 150 und 400 W/ s liegen. Die beiden Elektroden werden mit einer dunnen Schicht Elektrodenpaste be strichen. Eine Elektrode wird auf die rechte vordere Brustkorbhiilfte in den Winkel zwischen rechtem Sternalrand und rechter Klavikel gelegt, die zweite Elektrode auf die linke Brustkorbhalfte in die Gegend der Herzspitze. Beide Elektroden werden fest angedriickt. Nach Unterbrechung der auBeren Herz massage und Beatmung und nachdem man sich vergewissert hat, daB keine Hilfsperson Kontakt mit dem Patienten hat, wird der StromstoB ausgelost. Das Passieren des Stroms ist an dem Zusammenzucken des Patienten zu er kennen. Danach sollen auBere Herzmassage und Beatmung sofort fortgesetzt werden. Das EKG zeigt den Erfolg der Defibrillation. Wenn das Herzkammerflimmem beseitigt ist, sollte weiter massiert und beatmet werden, bis eine hiimodynamisch ausreichende Herzta tigkeit und Spontanatmung zUrUckgekehrt sind. Rezidiviert das Kammerflimmem, Wiederholung der Defibrillation. Bei hiiufigen Rezidiven ist die intravenose oder intrakardiale Injek tion eines antifibrillatorisch wirkenden Pharmakons ratsam (z. B. 10-20ml einer 7,45%igen Kaliumchloridlosung oder Xylocain 2-5 ml der 20/0igen LOsung) [43,45]. 3