1 2 Die geheimen Tagebücher des Dr. Morell Leibarzt Adolf Hitlers David Irving F FOCAL POINT 1. Auflage Juli 1983 1.–8. Tsd. Made in Germany (c) 1983 by Wilhelm Goldmann Verlag, München Umschlagentwurf: Atelier Adolf & Angelika Bachmann, München Umschlagfoto: Ullstein-Bilderdienst, Berlin Satz: Filmsatz Schröter GmbH, München Druck: Mohndruck Graphische Betriebe GmbH, Gütersloh Verlagsnummer: 30009 Redaktion: Dr. Barbara Weitz unter Mitwirkung von Christian Quatmann Medizinische Fachberatung: Dr. Barbara Weitz Lektorat: Dr. Ekkehard Reitter Herstellung: Sebastian Strohmaier ISBN 3-442-30009-6 2 Der Autor Der 1938 geborene britische Historiker David Irving hat sich mit einer Reihe von aufsehenerregenden Veröffentlichungen einen Namen gemacht. Professor A. J. P. Taylor rühmt seine Geschicklichkeit beim Aufspüren von verschollen geglaubten Dokumenten und bemerkenswert sind seine oftmals eigenwilligen, die Fachwelt häufig provozierenden Interpretationen. In deutscher Sprache erschienen bisher u.a. »Hitlers Weg zum Krieg«, »Der Nürnberger Prozeß«, »Rommel, Eine Biographie«, »Die Tragödie der deutschen Luftwaffe«, »Wie krank war Hitler wirklich?« und »Schlacht im Eismeer, Der Untergang des Geleitzugs PQ17«. 3 Inhalt Vorwort................................................................................4 Adolf Hitler und sein Leibarzt Theodor Morell Das Verhältnis....................................................................11 Theodor Morell..................................................................22 »Ich war nie krank«...........................................................27 Patient Hitler......................................................................36 Der Außenseiter.................................................................47 Krankengeschichte.............................................................55 Die Behandlung.................................................................68 Die geheimen Tagebücher 1941....................................................................................85 1942....................................................................................99 1943..................................................................................109 1944..................................................................................139 1945..................................................................................229 Epilog...............................................................................244 Anhang Hitlers Medikamente........................................................254 Untersuchungsergebnisse 1940–1945..............................266 Quellen- und Literaturverzeichnis...................................325 Personenregister...............................................................328 4 Vorwort Einleitend möchte ich kurz darauf eingehen, auf welche Weise die Tage- bücher Theodor Morells aufgefunden wurden. Bereits 1974, zu einem Zeitpunkt, als ich meine Hitler-Biographie beendete, war ein wesentlicher Teil des Morell betreffenden Quellenmaterials – Arztbulletins über den Patienten Hitler sowie amerikanische und britische Untersuchungsberichte – in meinen Besitz gelangt. So konnte ich schon damals anhand von medi- zinischen Berichten, EKG-Aufzeichnungen, Röntgenbildern, Urinanalys- en, serologischen Blutuntersuchungen und neurologischen Gutachten über den »Patienten A«, »M.F.«, »Adolf Müller«, oder wie auch immer die von den Ärzten für Hitler verwendeten Pseudonyme gelautet haben, viele Legenden über Hitlers Gesundheitszustand zerstören. Doch damit nicht genug: Im September 1981 stieß ich im Nationalarchiv in Washington auf eine große Pappschachtel, die Morells Tagebücher sowie eine Sammlung von Unterlagen enthielt, die der Leibarzt für den Fall angelegt hatte, daß ihm oder seinem prominenten Patienten etwas zugestoßen wäre; in letzt- erem Fall hätte er nämlich der Gestapo detaillierte Berichte über seine Behandlungsmethoden vorlegen müssen. Wie waren Morells Tagebuchaufzeichnungen nach Washington ge- kommen? Wir wissen, daß man sie zunächst von Berlin nach Bad Reich- enhall geschafft hatte, wo sie in einem Luftschutzraum eines Gebäudes, das man Morell für ein Forschungsinstitut – sein Elektronenmikroskop befand sich bereits dort – zur Verfügung gestellt hatte, vergraben wurden. Der Leiter dieses »Instituts«, Morells Mitarbeiter Dr. Riedel, bestätigte in einem Gespräch am 3. Dezember 1958, der Fahrer des Leibarztes, Stelzer, hätte Anfang 1945 einige Kisten mit Teppichen gebracht und im Instituts- bunker gelagert. Im April 1945 sollen dann von der Firma Hamma in Olmütz 70 Kisten mit Drüsenrohstoffen geliefert worden sein. Beide 5 Sendungen hätten Akten enthalten, die vom Assistenten Morells, Dr. Rolf Makkus, eingegraben worden wären, so daß sie in der kritischen Zeit des Zusammenbruchs nicht verloren gehen konnten. Trotzdem waren sie bereits im Sommer 1945 nicht mehr auffindbar. Als am 8. Juni 1945 Frau Morell mit ihrem schwerkranken Mann in Bad Reichenhall erschien, zeigte sich Dr. Riedel alles andere als zuvorkommend. »Mein Mann konnte den Weg wegen starker Herzbeschwerden nicht ganz machen und blieb auf einer Bank sitzen«, erzählte Frau Morell. »Auch sagte mir mein Mann, ich sollte mich nicht wundern, wenn ich vieles von meinem Eigentum in Berlin in der Wohnung von Dr. Riedel sehen würde.« Frau Riedel öffnete ihr die Tür, forderte sie jedoch nicht zum Eintreten auf. »Während ich draußen stand«, berichtete Frau Morell weiter, »holte sie den Schlüssel für den Bunker und erklärte mir, es sei sehr viel weg- genommen, gestohlen oder von den Amerikanern mitgenommen worden. Ich wunderte mich sehr darüber, denn der Bunker war verschlossen, und nur sie besaß den Schlüssel dazu.« In einer Aufzeichnung vom 2. Oktober 1945 schrieb Frau Morell: »Ich hoffe, daß bei der Entlassung meines Mannes aus der Untersuchungshaft die Familie Riedel genau Auskunft über den Verbleib der Privatsachen meines Mannes . . . geben wird.« Nach Aussage von Dr. Makkus, der heute als Rechtsanwalt in Bad Homburg lebt, besuchte im Mai 1945 eine französische Journalistin Morell im Krankenhaus in Bad Reichenhall und erfuhr dabei von den ver- steckten Aufzeichnungen. Daraufhin plünderten amerikanische Soldaten das »Institut«. Riedel hatte ihnen anscheinend alle Wertgegenstände überlassen, als Gegenleistung wurde er von ihn n nicht belästigt. »In meiner Not«, erklärte Riedel später, »erbat ich von der inzwischen ein- getroffenen amerikanischen Besatzung Schutz für das Labor. Daraufhin erhielt ich entgegenkommenderweise sofort eine ständige Wache von vier Mann, die sich im Bunker häuslich einrichteten. Von Langeweile getrieben, unterzogen die Wachtposten die gesamte Morell-Kiste einer eingehenden Untersuchung.« Amerikanische Untersuchungsoffiziere vom militärischen Nachricht- endienst in Oberursel im Taunus verhörten unter Leitung von Walter H. 6 Gründel, einem ehemaligen Chemiker, Morell und das Dutzend anderer Ärtzte, die Hitler im Laufe der Jahre behandelt hatten. Verständlicher- weise waren sie an Morells Akten interessiert. Dr. Karl Brandt, als Begleitarzt Hitlers Rivale von Morell, hatte während eines Verhörs ausgesagt, Hitler hätte seit 1943 beinahe täglich Injektionen erhalten, deren Zusammensetzung von Morell hartnäckig verschwiegen worden wären. »Morell führte ein Notizbuch, das er sicherlich bei sich hat«, stellte Brandt fest. »Darin hat er regelmäßig die Namen und Therapien aufge- zeichnet.«* So kamen die Amerikaner in den Besitz von Morells Tage- buchnotizen. Ein früher Untersuchungsbericht über Morell konstatiert: »Einige der Informationen entstammen seinem Gedächtnis; einige basier- en auf dokumentarischen Belegen aus seinen Papieren . . . Es sollte an dieser Stelle auch festgehalten werden, daß . . . er sich gelegentlich an Dinge erinnern kann, die er jedoch später unfähig ist, zu bestätigen.«† In der Folgezeit verschwanden die Morell-Papiere zusammen mit Berichten des militärischen Nachrichtendienstes in den Vereinigten Staaten (und teilten somit das Schicksal der Tagebücher Eva Brauns, ihres Brief- wechsels mit Hitler, der Tagebücher von Hans Lammers, Karl Wolff und einer Reihe anderer Persönlichkeiten des Dritten Reiches). Im Juni 1967 fragte ein deutscher Journalist Morells Witwe: »Glaub en Sie, daß die Amerikaner irgendwelche – es wird nur gemunkelt, man weiß nichts Bestimmtes – Krankenpapiere gefunden haben? Echte Krank- enpapiere?« »Ich glaube schon«, antwortete sie. »Hat Ihr Mann sich einmal darüber geäußert? Wo sollen die Krankenpapiere denn gewesen sein?« Aber das wußte niemand mit Sicherheit. Als mir 1968 Professor Hugh Trevor-Roper seine britischen Geheimdienstakten für mein Buch Hitler’s War zugänglich machte, wurde mir klar, daß die Amerikaner Morells Tagebücher und sein Hitler-Dossier an sich gebracht hatten. Aber meine Routineüberprüfung amerikanischer Archive brachte nichts ein. Das ist nicht weiter erstaunlich, denn die Papiere waren – wie sich * CCPWE, No. 32, Report DI-30, vom 12. Juli 45: »High Nazi Personalities, Information and Suggestions of Medical Interest.« † OI/CIR 4. 7 später herausstellte, in der Zwischenzeit in einer medizinischen Bibliothek außerhalb des Staates Washington gelandet. Völlig unvermittelt erhielt der Washingtoner Archivar Robert Wagner im März 1981 eine Nachricht vom Ministerium für Gesundheit, Erziehung und Wohlfahrt: Man hatte die Morell-Akten gefunden, hieß es. Ob das Nationalarchiv daran interessiert wäre? Das den Akten beigefügte Begleitschreiben deutete darauf hin, daß Major R. G. Selig, der Chef der Abteilung für deutsche Militärdokumente im militärischen Nachrichtendienst des Pentagon sie am 28. Juni 1946 an das Büro des »Sergeant General« (Generalstabsarzt) geschickt und sie als »Dr. Morells medizinische Berichte, Terminverzeichnisse, Aufzeich- nungen zu Hitlers Gesundheit, Fotografien, persönliche Korrespondenz« bezeichnet hatte. Weitere, nicht näher bezeichnete Morell-Dokumente hatte Major Selig im Oktober 1946 an einen gewissen Dr. Turner vom medizinischen Nachrichtendienst des Pentagon gesandt. Das Pentagon hatte kurz darauf diese leihweise der medizinischen Bibliothek der Armee, später als Nationalinstitut für Gesundheit bekannt, einer in Bethesda (Maryland) ansässigen Abteilung des HEW (Health, Education and Wel- fare) überlassen. Von hier wiederum waren sie von Dr. John B. Blake, Chef der Abteilung für Medizingeschichte des Instituts, zu George Wag- ner von der Sektion für moderne Kriegsgeschichte des Nationalarchivs gelangt. »Wie Sie sehen werden«, schrieb er begleitend, »schließen die Dokumente ebenfalls Röntgenbilder von einigen der anderen Nazigrößen und einige Fotografien etc. ein.« Den Begleitnotizen kann man entnehmen, daß ein nicht genannter amerikanischer Offizier offenbar mit der Idee gespielt hatte, sie zu publi- zieren, dann jedoch aufgab, weil es ihm nicht gelungen war, die hand- schriftlichen Notizen zu entziffern. Etwa im März 1946 hatte er notiert: »Es tut mir leid, daß ich das Material nicht in einer besser ausgearbeiteten Form vorlegen kann. Sobald ich die englischen Bedeutungen herausbe- kommen habe, möchte ich alle von Dr. Morell verwendeten Medikamente auflisten . . . Das Material ist nicht mein Eigentum, daher möchte ich es nicht zu vielen Leuten zeigen. Mr. Sheets, mein Partner und der Mann, der die Dokumente gefunden hat, planen noch immer, das Material als Buch 8 herauszubringen. Glauben Sie, daß (ein) solches Buch genügend Auf- merksamkeit und Interesse in Medizinerkreisen finden würde?« Bis Sep- tember 1981 wurden der größte Teil dieser Morell-Papiere auf Mikrofilm aufgenommen.* Die gefilmten Akten umfassen Korrespondenzmappen, einschließlich 72 Seiten Privatbriefe, einen Aktenordner mit 122 Seiten Aufzeichnungen über Hitlers Gesundheit von Juli 1942 bis April 1945, eine Mappe mit Dokumenten über Mussolinis Gesundheitszustand zwisch- en dem 1. November 1944 und dem 23. März 1945, ein Schreibtisch- tagebuch für den Zeitraum vom November 1944 bis zum Kriegsende, ein Stapel medizinischer Karteikarten, worauf Morell seine beinahe täglichen Sitzungen mit dem »Patienten A« von 1942 bis 1944 festhielt, und ein Bündel loser Blätter, auf denen persönliche Krisen seit August 1941 detailliert beschrieben sind. Einige der Papiere sind jedoch nicht gefilmt worden, einschließlich eines wichtigen, aber schlecht zu filmenden Tagebuchs von 1944, und eines Stapels großformatiger Karteikarten, wor- auf Hitlers tägliche Diät zwischen 1943 und 1945 sorgfältig notiert ist. Gemeinsam mit meiner Sekretärin Jutta Thomas, die mir schon bei den in Kurzschrift verfaßten Tagebüchern Erwin Rommels† sehr geholfen * NA Microfilm T-253, Rolle 62. † David Irving, The Trail of the Fox, New York und London 1946.
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