Robert Gugutzer Leib, Körper und Identität Eine phänomenologisch-soziologische Untersuchung zur personalen Identität ::;d R0 o0"" bert> "'I rr-t t () GC ugc:JQ c ur-t tzN ert> "'I r r Le....... (1) i0-b,y K~0: o>-t r""0 pe(1) >-t re u:::l nd0- II--( d0-e(1) :::l n....... rot tirot ta1).): rot t Robert Gugutzer Leib, Korper und Identitat Eine phanomenologisch-soziologische Untersuchung zurpersonalen Identitat Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz fur diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhaldich 1. Auflage Ja nuar 2002 Aile Rechte vorbehalten ISBN 978-3-531-13719-3 ISBN 978-3-322-90147-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-90147-7 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2002 Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2002 . Lektorat: Nadine Kinne www.westdeutschervlg.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jeder mann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Fur Beate Inhalt Vorwort ..................................................................................................................... 11 Einleitung .................................................................................................................. 13 Teil1 : Leib und Korp~r in sozialwissenschaftlichen Identitatstheorien. Ein kritischer Uberblick .................................................................. 19 1. Identitatstheorien in der Tradition analytischer Ich-und Entwicklungs- psychologie 2. Identitatstheorien in der Tradition des symbol is chen Interaktionismus ................ 32 3. Sozialpsychologische Identitatstheorien 4. Postmodeme Identitatskonzepte 5. Zusamrnenfassung Teil2: Leib- und korpertheoretische Annaherungen an die personale Identitat ............................................................................................. 59 1. Der Mensch im Spannungsfeld von Leibsein und Korperhaben (Helmuth Plessner) 1.1 Menschsein als Einheit-in-der-Zweiheit 1.2 Identitat als humanspezifische Aufgabe ........................................................ 64 1.3 Zur anthropologischen Begrlindung der intersubjektiven Konstitution personaler Identitat 1.4 Die Verschranktheit von Leibsein und Korperhaben am Beispiel von Lachen und Weinen ....................................................................................... 71 2. Leibliche Erfahrung als Basis personaler Identitat 2.1 Der Leib in seiner Wahrnehmungsfunktion (Maurice Merleau-Ponty) .............................................................................. 75 2.1.1 Der Leib als Verrnittler zwischen Ich und Welt 2.1.2 Leibliche Wahrnehmung 2.1.3 Zur Dialektik von Erfahrung und Reflexion ......................................... 83 2.1.4 Leibliche Intersubjektivitat I: Zwischenleiblichkeit ............................. 85 8 Inhalt 2.2 Die Bedeutung des Spurens fur die personale Identitat (Hermann Schmitz) ....................................................................................... 88 2.2.1 Der Leib als spurbare Erfahrung ........................................................... 90 2.2.2 Leibliche Disposition und spiirendes Wahrnehmen ............................. 96 2.2.3 Identitat im Schnittfeld von Spiiren, Selbstdistanzierung und spurbarer Selbstgewissheit 2.2.4 Leiblich-biographische Identitat qua leiblicher Erinnerung ............... 10 3 2.2.5 Leibliche Intersubjektivitat II: Leibliche Kommunikation ................. 105 3. Die gesellschaftliche Pragung von Leiberfahrung und Karperthematisierung (Pierre Bourdieu) ................................................................................................ 10 8 3.1 Leib, Karper und die Sozialgenese des Habitus .......................................... 110 3.2 Der Habitus als praxisgenerierender Spurs inn ............................................ 115 3.3 Der Karper als Kapital und Medium fiir Identitat.. ..................................... 120 4. Zusammenfassung: Ein Leib-Karper-fundiertes Identitatsmodell ...................... 123 4.1 Leib und Karper .......................................................................................... 124 4.2 Entwurf eines Leib-Karper fundierten Identitatsmodells ............................ 126 Teil3: Die Bedeutung von Leib und Korper fUr die personale Iden titat. Eine empirische Untersuchung von Ordensangehorigen und Ballett-TanzerInnen ............................................................... 137 1. Der Karper im Denken und in der Sprache. Methodologische Vorbemer- kungen ................................................................................................................ 138 2. Methodische Vorgehensweise ............................................................................ 144 2.1 Datenerhebung ............................................................................................ 144 2.2 Datenauswertung ......................................................................................... 150 2.2.1 Metaphernanalyse ............................................................................... 150 2.2.2 Kategorienanalyse .............................................................................. 154 3. Kurzdarstellung der Falle .................................................................................... 158 4. Metaphern des Karpers. Kollektiv~ Einstellungen zum Karper ......................... 171 4.1 Die Karpermetaphorik von Ballett-Tanzerinnen und Ballett-Tanzern ........ 172 4.2 Die Karpermetaphorik von Ordensschwestem und Ordensbriidern ............ 181 4.3 Zusammenfassung ....................................................................................... 192 5. Leib-Karper-Dimensionen personaler Identitat .................................................. 195 5.1 Karperbild ................................................................................................... 196 5.1.1 Karperbild als Selbstbild .................................................................... 196 5.1.2 Die soziale und biographische Relationalitat von Karperbildern ....... 203 5.1.3 Idealbild versus Realbild .................................................................... 205 5.1A Milieuspezifische Karperbilder .......................................................... 208 5.2 Leiblich-karperliche Grenzerfahrung .......................................................... 213 5.2.1 Leiblich-karperliche Grenzerfahrung als Selbsterfahrung .................. 213 5.2.2 Die Zeichentrachtigkeit des Korpers .................................................. 216 Inhalt 9 5.2.3 Grenzerfahrungen als Lemaufgabe ..................................................... 218 5.2.4 Milieuspezifische leiblich-korperliche Grenzerfahrungen .................. 221 5.2.5 Geschlecht als leiblich-korperliche Grenzerfahrung ........................... 229 5.3 Leib-und Korperkontrolle 5.3.1 Leib-und Korperkontrolle als Selbstkontrolle ................................... 236 5.3.2 Milieuspezifische Pragung der Korperkontrolle ................................. 242 5.3.3 Selbstdarstellung bedarf der Korperkontrolle ..................................... 248 5.4 Korperbiographie 5.4.1 Korperbiographie als Selbstbiographie ............................................... 250 5.4.2 Korperbiographie als Kennenlem- und Entwicklungsprozess ............ 252 5.4.3 Korperbiographie als gestalt-und machbares Projekt ........................ 258 5.4.4 Milieuspezifische Korperbiographie .................................................. 260 5.5 Zusamrnenfassung ....................................................................................... 268 Teil4: Theoretische und empirische Schlussfolgerungen ...................... 275 1. Ein identitatstheoretisches Fazit 2. Kritische und weiterftihrende Reflexionen zur Vorgehensweise ........................ 282 2.1 Der theoretische Zugang 2.2 Auswahl und Ergebnisse der Empirie ......................................................... 288 2.3 Methodische Vorgehensweise 3. Reflexive Leiblichkeit - Identitat im 2l. lahrhundert ........................................ 295 Literatur. .................................................................................................................. 311 Vorwort Dieses Buch ist die geringfugig Uberarbeitete Dissertation, die ich im Januar 2001 an der Fakultat fur Philosophie der Martin-Luther-Universitat Halle-Wittenberg einge reicht hatte. Dass der Gro13teil des Buchs gerade an dieser Universitat entstanden ist, verdanke ich einem dreijahrigen Promotionsstipendium, das ich im Rahmen des von der DFG fmanzierten Graduiertenkollegs "Identitatsforschung" erhielt. Meinem Hallenser ,Doktorvater', Prof. Reinhard Kreckel, bin ich fur seine Offenheit gegen Uber der Thematik und meinem Vorgehen sowie fur seine subtil-ironischen, gleich wohl ungemein wertvollen Anmerkungen dankbar. Prof. Reiner Enskat mochte ich danken flir sein gro13es Interesse an meiner Arbeit, deren kritische LektUre und ins besondere fur seine feinsinnige Art, mir beim Ausmerzen einiger Unebenheiten im philosophischen Gelande zu helfen. Mein besonderer Dank, der nicht nur aufs Fach liche begrenzt ist, gilt meinen MitstreiterInnen im Graduiertenkolleg Monika Ku brova, Dmit Oztoprak, Connie Schafer, Gitta Teubner-Mangue und insbesondere Esther von Bruchhausen, die mich durch ihre hartnackige Weigerung einzusehen, wie wichtig Leib und Korper nun mal fur die Identitat eines jeden Menschen sind, immer wieder dazu zwang, meine Argumentationsweise zu scharfen. Parallel zur sowie nach der Zeit in Halle entstand das Buch in MUnchen. Hier gilt mein besonderer Dank meinem zweiten ,Doktorvater', Prof. Heiner Keupp. Sein Wissen zur Identitatsforschung, seine unkonventionelle und spontane Hilfsbereit schaft sowie sein sehr personliches und schon seit langem vorhandenes Interesse an meiner Arbeit waren mir eine gro13e UnterstUtzung. Das gilt auch fur sein Doktoran denkolloquium, das mir ein kritisches und amegendes Diskussionsforum bot. Dan ken mochte ich au13erdem Steffi Handschuh-Hei13 fur ihre spontane Lesebereitschaft sowie meinen Freunden aus meinem ,Theorie-Arbeitskreis', Cordula Kropp, Marion Dreyer und Thomas Wex, fur ihre ,quer liegenden' Diskussionen, Fragen und Kommentare. Meinen Eltem danke ich fur ihre materielle UnterstUtzung und ihr wohlwollendes Nachbohren, ,ob das wohl jemals 'was werden wird, mit der Dok torarbeit?'. Dass die Arbeit dann irgendwann ein Ende und ich das (nicht immer vorhandene) gute Gefuhl hatte, ein in vielerlei Hinsicht wichtiges Thema bearbeitet zu haben, verdanke ich Beate Ertel. Mein Dank an dich reicht weit darUber hinaus und hat nicht zuletzt damit zu tun, dass es mit dir moglich ist, das hier theoretisch Abgehandelte auf sehr konkrete Weise zu (er)leben - die Gleichzeitigkeit von Leib und See Ie, Geflihl und Verstand, Sinnlichkeit und Intellekt. Von ganzem Herzen widme ich dir dieses Buch. MUnchen, im November 2001 Robert Gugutzer Einleitung Jede Zeit hat ihre eigenen, sie kennzeichnenden und pragenden Themen. Filr west lich-modeme Gegenwartsgesellschaften scheint Identitiit ein soIches zeitspezifisches Thema zu sein. Ein Blick in Tages- und Wochenzeitschriften, in Femseh-und Kino programme, in die Texte der Pop-Kultur oder der Belletristik vermittelt jedenfalls nicht weniger als die Durchsicht sozialwissenschaftlicher Fachzeitschriften und Mo nographien den Eindruck, dass das Identitatsthema allgegenwartig ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich urn kollektive Identitat handelt oder urn personale Identitat, die Identitat von menschlichen Individuen. Auf die Frage nach der Ursache fur diese intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Identitat findet sich schnell eine generelle Antwort: Identitat wird offensichtlich dann thematisiert, wenn sie zur Disposition steht, wenn oder weil sie zum Problem geworden ist. Nicht wenige sozi alwissenschaftliche Identitatsforscher sind der Ansicht, dass ilber personale Identitat - urn die es in dieser Arbeit gehen wird - nachzudenken sich ilberhaupt erst aus dem Umstand ergeben habe, dass sie nicht mehr selbstverstandlich ist, sondem im Zuge eines gesellschaftlichen Modemisierungsprozesses yom Subjekt eigenverantwortlich hergestellt werden muss (vgl. z.B. Bauman 1994: 389; Kellner 1994: 215; Giddens 1991: 74; Luckmann 1979a: 293; Straub 1998: 87). Der Modernisierungsprozess habe zur Erosion vormodemer Gewissheiten und Sicherheiten, Bindungen und Ge meinschaftsformen, Weltbilder und Interpretationsschemata gefUhrt und damit auch die Fraglosigkeit vorgegebener politischer, religiaser, beruflicher, Alters- oder Ge schlechtsidentitaten aufgehoben. Eine andere dieser fraglosen Gegebenheiten, die im Zuge des Modemisierungs prozesses den Individuen abhanden gekommen zu sein scheint, ist der Karper. Was der Karper ist, wie mit ihm umzugehen ist bzw. dass mit ihm umgegangen werden muss und er nicht mehr als biologisches Faktum schlicht hingenommen werden kann, sind typische Fragen bzw. Aspekte modemer Lebensfilhrung. In der fortge schrittenen Modeme wird dieser Verlust der schicksalshaften Gegebenheit des Kar pers aber keineswegs bedauert. Ganz im Gegenteil, die Vorstellung und vor allem die Maglichkeit, den eigenen Karper nach individuellen Interessen und Bedilrfnissen zu gestalten, sta/3t in weiten Bevalkerungskreisen auf au/3erst positive Resonanz. Dies hat unterschiedliche Grilnde, von denen das Streben nach Gesundheit, Wohlbe finden und Fitness sicherlich eine hervorgehobene Rolle einnimmt. Das absichts volle und gestalten de Einwirken auf den eigenen Karper dilrfte nicht zuletzt aber auch damit zu tun haben, dass dem Karper ein besonderes Identitatspotenzial inne wohnt, das nunmehr erkannt worden ist und daher verstarkt genutzt wird. Wie kaum ein anderes Medium der Identitatsbildung ist der Karper namlich geeignet, durch unmittelbaren Zugriff zu sichtbaren und schnellen Identitatsgewinnen beizutragen.