LEHRBUCH DER UROLOGIE HANS WILDBOLZ LEHRBUCH DER UROLOGIE UND DER CHIRURGISCHEN ERKRANKUNGEN DER MÄNNLICHEN GESCHLECHTSORGANE VIERTE AUFLAGE VOLLIG UMGEARBEITET VON EGON WILDBOLZ A. O. PROFESSOR DER UROLOGIE UND CHEFARZT DER UROLOGISCHEN ABTEILUNG AM INSELSPITAL IN BERN MIT 322 ZUM TEIL FARBIGEN ABBILDUNGEN SPRINGER-VERLAG BERLIN . GOTTINGEN . HEIDELBERG 1959 ISBN 978-3-642-51051-9 ISBN 978-3-642-51050-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-51050-2 AUe Rechte, insbesondere das der übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Tene daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, lIIikrokopie) zu vervielfältigen Copyright 1934 and 1952 by Springer-Verlag OHG Berlln -Göttingen -Heidelberg © by Springer-Verlag OHG I Berlin • Göttingen • Heidelberg 1959 Softcover reprint of the hardcover 4th edition 1959 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw_ in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften Vo rwort zur vierten Auflage Im Jahre 1924, als das Lehrbuch meines Vaters zum ersten Male erschien, durfte es als großer Wurf gelten. Vor 1914 wurden die Kapitel derurologischen Lehrbücher oft nach Symptomen eingeteilt. Mein Vater gab eine sehr übersicht liche Darstellung der urologischen Erkrankungen, indem er sie nach Organen ordnete, eine Einteilung, die noch heute in neuen Lehrbüchern gefunden wird. Die Urologie ist, wie die ganze Medizin, in ständiger Entwicklung. Getrieben von der Technik, vor allem des Cystoskops, entwickelte sie sich anfänglich als kräftiger Schoß vom Mutterboden der Chirurgie weg. Je kräftiger aber der Baum der urologischen Erkenntnis wächst, desto breiter wird sein Wurzelgebiet. Die Wurzeln der Urologie finden sich nicht mehr nur in der Chirurgie, sie ist ebenso kräftig mit der Inneren Medizin und wie alle anderen klinischen ·Wissenschaften mit der Physiologie, der Pathologie, der Endokrinologie, der Bakteriologie ver wachsen. Anstatt organgebunden nur den Nierenstein zu sehen, die Blasen tuberkulose zu behandeln, geht unser suchender Blick tiefer. Er versucht, die Störung des ganzen Harnapparates zu erfassen, die Erkrankung des ganzen Men schen zu begreifen und zu korrigieren; die Urologie kehrt auf den breiten und unbegrenzten Boden der allgemeinen Medizin, der Betrachtung des kranken Menschen zurück. Am deutlichsten ist dies in der Behandlung der Urogenital tuberkulose zu sehen. Ein nach Organerkrankungen geordnetes Lehrbuch kann deshalb heute nicht mehr befriedigen. Wenn im Leser das Verständnis für die heutige Betrachtungs weise in der Urologie geweckt werden soll, müssen die großen Systemerkran kungen wie die Infektion, die Steinbildung, die Mißbildungen von einer umfassen deren Warte aus besprochen werden. Im neuen Handbuch der Urologie, an dem die Arbeiten gleichzeitig wie an diesem Lehrbuch fortschritten, ist diese Betrach tungsweise so kompromißlos wie möglich durchgeführt. Das vorliegende Lehr buch wendet sich aber nicht wie das Handbuch an den voll ausgebildeten Spezia listen, sondern in erster Linie soll es dem Allgemeinchirurgen, dem chirurgi schen Assistenten, dem Allgemeinpraktiker ein zuverlässiger Ratgeber sein. Es soll nicht nur als Lehrbuch, das von Anfang bis Ende gelesen wird, sondern auch als Nachschlagewerk zu verwenden sein. Der Stoff wurde deshalb in vier große Kapitel unterteilt: in die allgemeine Urologie, die Systemerkrankungen, die Organerkrankungen und die funktionellen Störungen. Ein sorgfältig angefertigtes Register soll die Benutzung des Buches als Nachschlagewerk erleichtern. Eine so tiefgehende Änderung der Konzeption machte eine Neubearbeitung der 3. Auflage des Lehrbuches meines Vaters unmöglich; das Buch mußte zum großen Teil neu geschrieben werden. Neben vielen neuen, allgemeinen Kapiteln ist der Darstellung der Pathogenese, die zum Verständnis der Erkrankung so wichtig ist, die größte Aufmerksamkeit zuteil geworden; die Therapie hat sich in den letzten Jahren so umwälzend verbessert, daß auch hier kaum etwas vom ursprünglichen Werk übriggeblieben ist. Geblieben ist die Beschreibung der Klinik, vor allem die Beschreibung der Differentialdiagnose am Krankenbett. In der modernen Zeit der Röntgen- und Laboratoriumsdiagnose ist kein Autor VI Vorwort zur vierten Auflage mehr imstande, eine solche Differentialdiagnose zu schreiben. Und doch hat auch heute mancher Arzt, der unter ungünstigen Verhältnissen arbeiten muß, das Be dürfnis, seine Diagnose zu vertiefen, ohne daß ihm dazu ein Röntgeninstitut oder ein gut eingerichtetes Laboratorium zur Verfügung steht. Ich glaube und hoffe, daß ein neues Buch entstanden ist; ein neues Buch, das aber alles Gute der früheren Auflagen in sich schließt. Es ist die Summe der Erfahrungen von zwei Urologengenerationen, von Vater und Sohn. Möge es eine freundliche Aufnahme finden! Obschon das Buch vor allem eigene Erfahrungen darstellt (der Leser wird deshalb gelegentlich vom Dogma abweichende Meinungen finden), wurde selbst verständlich die urologische Literatur mit Hunderten von Arbeiten beigezogen. Dem Zwecke des Buches entsprechend wurde auf eine Bibliographie verzichtet: die Autoren werden nur genannt, wenn sie zitiert werden oder ihre persönliche Meinung wiedergegeben wird. Ich entschuldige mich bei allen Autoren, deren Arbeiten gelesen, zum Teil vielleicht verwertet, deren Namen aber nicht genannt wird. Diese Unterlassung geschieht nicht aus Überheblichkeit, sondern nur der leichteren Lesbarkeit des Textes willen. Zum Schluß bleibt mir noch die angenehme Pflicht des Dankes. Mein Dank gilt vor allem Herrn Dr. FERDIXAXD SPRIXGER, der die Anregung zu diesem Buche gab und mein anfängliches Zögern mit Geduld und freundlicher Auf munterung überwand und meinem Freund C. E. ALKEN, dem Direktor der uro logischen Universitätsklinik HomburgjSaar, ohne dessen Rat und Beistand, vor allem am Anfang, es mir unmöglich gewesen wäre, das vorgenommene Werk zum guten Ende zu führen. Mein Dank gilt auch meinen ~1itarbeitern: Herrn Dr. VY. vox NIEDER HÄUSERN, der mit großer Mühe und Geduld die Literaturangaben zusammen stellte, Herrn Dr. B. VON RÜTTE, der das Kapitel über Cystometrie beisteuerte, Herrn stud. med. B. LEIBUNDGUT, der mit Gewissenhaftigkeit das Register ver faßte. Nicht vergessen sei meine langjährige Sekretärin Fr!. Z. STUDER, die mit viel Mühe und wechselnder Geduld das Manuskript ins Reine schrieb und bei der Niederschrift alle Symptome der Hufeisenniere, der Ptose und der Nieren tuberkulose durchmachte. Bern, Weihnachten 1958 Egon Wildb olz Inhaltsyerzeichnis Allgemeiner Teil ~eite r IItl'rs \1(' huugslIIl't h0111' 11 : ~~. Allgemeines. . . 1 Inspektion und Palpation. :2 B. Harnuntersuchung 6 1. 1Iakroskopische lTntersuchung des Harns 7 I I. 1likroskopische L'ntersnchung des Harns 10 1. Gewinnung des Harns und seines Sedimentes 10 :2. Xormale Formelemente des Harnsedimentes 11 :3. Krankhafte Formelemente des HarnsecIimentes 14 4. lTntersuchung ([Ps gefärbten Ausstrichpräparates. Harnbakterien . 16 C. Instrumentelle ·Cntersuchung von Harnröhre und Blase. 18 I. Instrumentelle l"ntersuchung der Harnröhre 18 11. Instrumentelle Untersuchung der Blase. 22 1. Katheterismus . . . . . . . 22 :2. SomlenuntersucllUng der Blase 30 a. Cystometrie . . . . . . 31 Il 1. Endoskopie der Harnorgane. 32 1. Urethroskopie. . . . . . 33 :2. Cystoskopie. . . . . . . 35 a) Technik der Cystoskopie 36 b) Chromocystoskopie und L'reterenkatheterismus 42 D. Xierenfunktionsprüfungen 49 1. Bestimmung der Tubulusfunktion . . 51 :2. Bestimmung der Glomerulusfunktion 54 3. Bestimmung der Xierendurchblutung 55 4. Prüfung der Einzelleistung beider J'\ieren 55 E. Die Röntgenuntersuchung der Harnorgane ;56 S~ ·lIIptO matologie: A. Schmerz . 81 B. Störungen der Harnentleerung 83 I. Pollakiurie . . . . . . . 83 11. Schmerzhafte 1Iiktion (~~lgurie) 86 UI. Anomalien in der Dauer der 1Iiktion 86 I\T. Polyurie, Oligurie, Anurie. 88 Y. Harnverhaltung . . . . . . . . . 91 Y1. Harninkontinenz 100 C. Krankhafte Yeränderungen der Harnbeschaffenheit 102 1. ~~lbuminurie . 102 11. Phosphaturie 103 IH. Oxalurie 105 nT. Hämaturie 106 Y. Pneumaturie 114 n. Lipurie ... 116 VIII Inhaltsverzeichnis Seite VII. Pyurie . . . 117 VIII. Bakteriurie . 119 D. Allgemeinstörungen 121 I. lIar.rrfieber ... 121 11. lIarnvergiftung (Urämie) 122 Spezieller Teil Die System erkrankungen Mißbildungen der ITrogenitalorgane A. Entwicklungsgeschichte 127 I. Die lIarnorgane. . . 127 II. Die Geschlechtsorgane 134 B. Mißbildungen der Niere. . 139 I. Anomalien der Zahl und Größe 139 11. Anomalien der Form und Lage 141 III. Anomalien der Gefäßversorgung 145 IV. Anomalien der Struktur .... 146 1. Polycystische Fehlbildung der Niere (angeborene Cystenniere) . 146 2. Multiple Cysten . . 150 3. Solitär.Cysten . . . . . . 151 C. Nierenbecken und Ureter ..... 153 I. Anomalien in Zahl und Verlauf 153 11. Anomalien der Uretermündung 155 Die Ureterocele S. 156. III. Anomalien in Form und Lichtung 158 D. Die Blase. . . . . . . . . . . . . 159 I. Anomalien der Größe. . . . . . 159 11. Anomalien der Form (Blasendivertikel) . 159 III. Blasenspalte (extrophia vesicae) 164 IV. Anomalien des Urachus 165 E. Penis und Urethra ..... 166 I. Anomalien des Lumens . 166 1. Defekte und Obliterationen . 166 2. Angeborene Verengerungen. 167 3. Divertikel . . . . . . . . 168 4. Doppelbildungen der lIarnröhre . 169 11. Anomalien der Vorhaut 169 1. Phimose ..... . 169 2. Paraphimose . . . . 171 3. Kürze des Frenulums 172 111. Anomalien der Mündung 172 1. lIypospadie. 172 2. Epispadie. 175 F. Prostata .... . 176 G. lIoden ..... . 177 I. Anomalien der Struktur und Zahl. 177 11. Anomalien der Lage ... 177 1. Ektopie und Retention 177 2. Inversio testis 181 II. lIermaphroditismus . . . . 181 Inhaltsverzeichnis IX Seite Verletzungen A. Niere 182 I. Subcutane Nierenverletzungen 182 11. Offene Nierenwunden 190 B. Harnleiter . . . . . . . . . . 191 C. Harnblase . . . . . . . . . . 192 I. Verletzungen durch äußere Gewalt 192 11. Rupturen der Harnblase. 197 D. Prostata . . . . . . . . . . 198 E. Harnröhre ........ . 199 I. Verletzungen von außen her 199 11. Verletzungen von innen her 203 F. Penis ....... . 204 G. Scrotum und sein Inhalt 205 Harninfektion: A. Chemotherapie 209 I. Sulfonamide 213 11. Antibiotica . 214 111. Tuberculostatica 216 B. Die eitrigen, nichtspezifischen Entzündungen der Harnorgane . 218 I. Akute Pyelonephritis . . . 223 11. Chronische Pyelonephritis. . 231 III. Eitrige Xephritis. . . . . . 240 IV. Entzündung der Kierenhüllen 242 V. Colibacillose. . . . . . . . 247 VI. Renale, aseptische Pyurie. . 250 VII. Ureteritis und Periureteritis . 250 VIII. Die Cystitis . . . . . 253 1. Interstitielle Cystitis . . . 259 2. Purpura der Blase . . . . 260 C. Die unspezifische Infektion der männlichen Geschlechtsorgane. 261 I. Männliche Adnexitis. . . . . . . . . . 261 1. Prostat i tis . . . . . . . . . . . . . 261 2. Spermatocystitis (Kesiculitis seminalis) 268 3. Chronische männliche Adnexitis . 270 II. Die Orchiepididymitis . . 274 1. Akute Epididymitis . . 274 2. Chronische Epididymitis 278 3. Orchitis . . . . . . . 279 III. Entzündungen der Harnröhre und des Penis 281 1. Gonorrhoe . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Nichtgonorrhoische, venerische Urethritiden. 282 3. Nichtvenerische Urethritiden . . . . . . . . . . . . 284 4. Periurethrale Harninfiltration und periurethrale Harnabscesse . 284 5. Entzündungen des Penis ........... . 289 D. Spezifische Infektionen der Harn- und Geschlechtsorgane. 291 I. Urogenitaltuberkulose . . . . 291 1. Tuberkulose der Harnorgane 292 a) Pathogenese . . . . . 292 b) Pathologische Anatomie 295 c) Symptomatologie ... 305 x Inhaltsverzeichnis Seite d) Diagnose 308 e) Verlauf . 321 f) Therapie . 324 2. Tuberkulose der männlichen Geschlechtsorgane 334 11. Syphilis . . . . . . . 343 111. Parasitäre Infektionen . . . . . . . . 345 1. Trichomonas vaginalis . . . . . . . 345 2. Schistosoma haematobium (Bilharzia) 346 3. Echinococcus . . . . . . . . . . . 350 4. Wuchereria bancrofti (Filariasis) 352 5. Seltene parasitäre und Pilzinfektionen 353 Steinerkrankungen A. Pathogenese 356 B. Steinzusammensetzung . 362 C. Nieren· und Uretersteine 366 D. Blasensteine 395 E. Harnröhrensteine 402 F. Prostatasteine . 403 G. Fremdkörper . 405 Verstopfung der ableitenden Harnwege Die Organerkrankungen Erkrankungen der Niere A. Stauungsgeschwülste . 420 1. Hydronephrose (Klinik) 420 2. Pyonephrose ..... 435 B. Tumoren der oberen Harnwege 444 1. Pathologie ...... . 444 2. Carcinom der Niere (Hypernephrom) . .... .. 448 3. Epitheliale Tumoren des Nierenbeckens und des Ureters 454 4. Embryom der Niere (Wilms- Tumor). 455 5. Geschwülste der Nierenhüllen . 456 C. Das perirenale Hämatom . 459 D. Der Niereninfarkt 460 E. Die bewegliche Niere (Wanderniere, Nephroptose) 461 Erkrankungen der Blase und Prostata A. Tumoren der Blase. . 469 B. Prostatahypertrophie . 483 1. Genese . 484 2. Symptome 493 3. Diagnose 498 4. Verlauf . 503 5. Therapie . . 503 6. Therapie der Komplikationen . 513 C. Neubildungen der Prostata (Prostatacarcinom) 515 1. Pathologische Anatomie 516 2. Metastasen ..... . 518 3 . .8ymptome und Verlauf 518 Inhaltsverzeichnis XI Seite 4. Diagnose. . . . . 521 5. Differentialdiagnose 522 6. Therapie. . . . . 524 Erkrankungen der äußeren Genitale A. Strikturen der Harnröhre. 527 B. Harnröhrenfisteln . . 539 C. Prolaps der Harnröhre 542 D. Neubildungen der Harnröhre 542 1. Gutartige Tumoren . 542 H. Bösartige Tumoren . . . 544 K Neubildungen des Penis 546 F. Induratio penis plastica (Peyronie's disease) 550 G. Priapismus ....... . 551 H. Neubildungen des Scrotums . 552 1. Neubildungen des Hodens 552 K. Hydrocele testis. . . . . 558 L. Haematocele . . . . . . 561 M. Hydrocele und haematocele funiculi spermatici 562 N. Varicocele 563 O. Spermatocele 565 P. Hoden- und Samenstrangtorsionen . 566 Funktionelle Störungen A. Allergie. . . . . . . . 568 B. Die funktionellen Störungen der Blase . . . . 568 1. Die Blase des Paraplegikers (cord-bladder) 569 11. Atonie der Blase. . . . . . . . 575 IU. Die psychischen Blasenstörungen 577 Enuresis S. 579 IV. Inkontinenz ......... . 581 C. Funktionelle Störungen der männlichen Sexualorgane 583 1. Sterilität 583 11. Impotenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590