Jürgen Bortz Lehrbuch der empirischen Forschung Für SozialwissenschaftIer Unter Mitarbeit von D. Bongers Mit 50 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH Prof. Dr. JURGEN BORTZ Dipl.-Psych. DIETER BONGERS Institut fur Psychologie der Technischen Universitat Berlin Dovestral3e 1-5 D-1000 Berlin 10 ISBN 978-3-662-00469-2 ISBN 978-3-662-00468-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-00468-5 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek: Bortz, J iirgen: Lehrbuch der empirischen Forschung: fiir Sozialwissenschaftler/Jiirgen Bortz. Unter Mitarb. von D. Bongers. - Berlin; Heidelberg; New York; Tokyo: Springer, 1984. Das Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Obersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder iihnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergiitungsanspriiche des § 54, Abs.2 UrhG werden durch die .. Verwertungsgesellschaft Wort", Miinchen, wahrgenommen. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1984 Urspriinglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1984 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Produkthaftung: Fiir Angaben iiber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewiihr iibernommen werden. Derartige Angaben miissen vomjeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit iiberpriift werden. Satz, Druck und Bindearbeiten: Briihlsche Universitiitsdruckerei, GieBen 2123/3130-543210 Vorwort Empirische Forschung kann man nicht allein durch die Lektüre von Büchern erlernen. Praktische Erfahrungen im Umgang mit den Instru menten der empirischen Sozial forschung sind durch kein auch noch so vollständig und detailliert abgefaßtes Lehrbuch ersetzbar. Daß hier dennoch der Versuch unternommen wurde, die wichtigsten in den Sozialwissenschaften gebräuchlichen Untersuchungsvarianten sowie zahlreiche Methoden der Datenerhebung in einem Buch zusammen zufassen und zu diskutieren, geschah in der Absicht, dem Studenten Gelegenheit zu geben, sich parallel zu praktisch-empirischen Übungen einen Überblick über empirische Forschungsmöglichkeiten zu ver schaffen. Ich hoffe, daß das "Lehrbuch der empirischen Forschung" dem Studenten hilft, für seine Diplomarbeit, Magisterarbeit o. ä. ein geeignetes Thema zu finden, einen für sein Thema angemessenen Untersuchungsplan zu entwickeln sowie häufig begangene Fehler bei der Untersuchungsdurchführung, Auswertung und Interpretation zu vermeiden. Das Buch wendet sich in erster Linie an Psychologiestudenten, kann aber darüber hinaus auch anderen sozialwissenschaftlich bzw. empirisch orientierten Fachvertretern (Soziologen, Pädagogen, Medi zinern, Wirtschaftswissenschaftlern etc.) viele Anregungen und Hilfen geben. Es ist als Studienbegleiter konzipiert und enthält deshalb Passagen, die sich explizit an den Studienanfänger richten (z. B. Kapitell) sowie Abschnitte, die den fortgeschrittenen Studenten bei seinem Untersuchungsvorhaben konkret anleiten. Der Aufbau des Buches ist der ÜberzeugUng verpflichtet, daß das methodische Vorgehen dem wissenschaftlichen Status der inhaltlichen Frage nachgeordnet ist. Moderne Sozialwissenschaften, deren Fragen teilweise wissenschaftliches Neuland betreten oder auf bereits vor handenes Wissen zurückgreifen, benötigen beschreibende Unter suchungen und hypothesenprüfende Untersuchungen gleichermaßen. Dementsprechend behandelt Kapitel 3 beschreibende Untersuchungs varianten, die in erster Linie der Anregung neuartiger inhaItIicher Hypothesen oder Ideen dienen, und Kapitel 4 Untersuchungen, mit denen Populationen oder Grundgesamtheiten anhand von Stich proben beschrieben werden. Knüpft eine Forschungsfrage hingegen an eine bereits entwickelte Forschungstradition an, aus deren Theorien bestand begründete Hypothesen ableitbar sind, ist die Konzeption und v Durchführung einer hypothesenprüfenden Untersuchung geboten. Auch hier sind es inhaltliche Überlegungen, die darüber entscheiden, ob das Forschungsgebiet bereits genügend entwickelt ist, um die Überprüfung einer Hypothese mit vorgegebener Effektgröße (Kapitel 6) zu rechtfertigen oder ob die bereits bekannten Theorien und Forschungsinstrumente noch so ungenau sind, daß die in der Hypothese behaupteten Unterschiede, Zusammenhänge oder Ver änderungen bestenfalls ihrer Richtung nach, aber nicht hinsichtlich ihrer Größe vorhersagbar sind (Kapitel 5, Untersuchungen zur Überprüfung von Hypothesen ohne Effektgrößen). Die Inhalte der beiden ersten Kapitel sind für alle vier Hauptarten empirischer Untersuchungen gleichermaßen bedeutsam. Kapitel 1 befaßt sich mit allgemeinen Prinzipien der Untersuchungsplanung und -durchführung und Kapitel 2 mit Methoden der empirischen Daten erhebung (Zählen, Urteilen, Testen, Befragen, Beobachten und physiologische Messungen). Empirische Forschung erfordert nicht nur Erfahrung in der Anlage von Untersuchungen und im Umgang mit sozialwissenschaftlichen Forschungsinstrumenten, sondern auch profunde Statistikkenntnisse, die in diesem Buch nicht vermittelt werden. Ich habe in diesem Text auf die Behandlung statistischer Probleme bewußt weitgehend - bis auf einige Ausführungen, die spezielle, in der Standardstatistikliteratur nicht behandelte Verfahren sowie die Grundprinzipien des statisti schen Schließens und Testens betreffen - verzichtet; sie sind an ande rer Stelle (Bortz, 1979) zusammengefaßt. In dieser Hinsicht ist der vorliegende Text als Ergänzung des Statistiklehrbuches (bzw. um gekehrt, das Statistiklehrbuch als Ergänzung dieses Empirielehr buches) zu verstehen. Mein Dank gilt vor allem meinem Mitarbeiter, Herrn Dipl.-Psych. D. Bongers, der mit mir die Konzeption zu diesem Buch diskutierte, Vorlagen zu den Kapiteln 1.4.6 (Meßtheoretische Probleme), 2.5 (Be obachten) und zu Kapitel 3 (Untersuchungen zur Vorbereitung der Hypothesengewinnung) aufarbeitete und der - wie auch Herr cand. psych. D. Widowski, dem ich ebenfalls herzlich danke - den gesamten Text kritisch überprüfte. Ich danke ferner Frau Dipl.-Psych. D. Cremer für ihre Anregungen zur Gestaltung des ersten Kapitels, meinem Kollegen Herrn A. Upmeyer und Herrn Dipl.-Psych. K. Leitner für ihre ständige Bereitschaft, mit mir über Probleme der empirischen Forschung zu diskutieren, sowie Frau cand. psych. Y. Kafai für die Überprüfung der Korrekturabzüge. Schließlich sei Frau K. Eistert, meiner Sekretärin Frau W. Otto und auch meiner Frau für die oftmals schwierige Manuskriptanfertigung gedankt sowie den Mitarbeitern des Springer-Verlages für ihr Entgegenkommen bei der Umsetzung der Wünsche des Autors. Berlin, Frühjahr 1984 JÜRGEN BORTZ VI Inhaltsverzeichnis Einleitung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 1. Vom vorwissenschaftlichen Probleminteresse zur empirischen Untersuchung 7 1.1 Empirische Forschung . . . 7 1.2 Die Suche nach einer geeigneten Forschungsidee 11 l.3 Kriterien der Tauglichkeit für vorläufige Untersuchungsideen . . . 15 l.3.1 Wissenschaftliche Kriterien 16 l.3.2 Ethische Kriterien . . . . 17 1.4 Allgemeine Prinzipien der Untersuchungsplanung 22 1.4.1 Der Anspruch der geplanten Untersuchung 23 1.4.2 Literaturstudium . . . . . . . . . . 24 1.4.3 Wahl der Untersuchungsart . . . . . . . 26 1.4.3.1 Erstes Kriterium: Stand der Forschung . . 26 1.4.3.2 Zweites Kriterium: Gültigkeitsanspruch der Untersuchungsbefunde . . ... 29 1.4.4 Das Thema der Untersuchung .. 37 1.4.5 Probleme der Operationalisierung 38 1.4.6 Meßtheoretische Probleme 42 1.4.6.1 Was ist Messen? . 43 1.4.6.2 Die Skalenniveaus . . . . 44 1.4.7 Auswahl der Untersuchungseinheiten . 45 1.4.8 Untersuchungsdurchführung und statistische Auswertung. . . . . . . .... 52 1.4.9 Interpretation möglicher Ergebnisse 55 1.4.10 Expose und Gesamtplanung . . 56 1.5 Der theoretische Teil der Arbeit 58 1.6 Die Durchführung der Untersuchung. 59 1.7 Auswertung und Interpretation . . . 63 1.8 Anfertigung des Untersuchungsberichtes 64 VII 1.8.1 Gliederung und Inhaltsverzeichnis 64 1.8.2 Die Hauptbereiche des Textes 65 1.8.2.1 Problem (Theoretischer Teil) 65 1.8.2.2 Methode. 65 1.8.2.3 Ergebnisse 66 1.8.2.4 Diskussion 67 1.8.2.5 Zusammenfassung 67 1.8.3 Gestaltung des Manuskripts. 68 1.8.4 Literaturhinweise und Literaturverzeichnis. 68 1.9 Veröffentlichungen . 71 Kapitel 2. Empirische Datenerhebung . 73 2.1 Zählen. 74 2.1.1 Qualitative Merkmale 75 2.1.2 Quantitative Merkmale . 79 2.1.3 Indexbildung 82 2.2 Urteilen 88 2.2.1 Rangordnungen 89 2.2.1.1 Direkte Rangordnungen 89 2.2.1.2 Methode der sukzessiven Intervalle . 91 2.2.1.3 Das "Law of Categorial Judgement" 91 2.2.2 Dominanz-Paarvergleiche . 95 2.2.2.1 Indirekte Rangordnungen . 95 2.2.2.2 Das "Law of Comparative Judgement" . 97 2.2.2.3 Die Konstanzmethode 100 2.2.2.4 Das "Signal-Erkennungs-Paradigma" . 101 2.2.3 Ähnlichkeits-Paarvergleiche . 109 2.2.3.1 Die "klassische" multidimensionale Skalierung (MDS) . 109 2.2.3.2 Die nonmetrische multidimensionale Skalierung (NMDS) 111 2.2.3.3 Die Analyse individueller Differenzen (INDSCAL) 116 2.2.4 Rating-Skalen . 118 2.2.4.1 Arten von RatingskaIen 118 2.2.4.2 Meßtheoretische Probleme 124 2.2.4.3 Urteilsfehler. 126 2.2.4.4 Das semantische Differential 128 2.3 Testen 131 VIII 2.3.1 Testtheorie 134 2.3.1.1 Klassische Testtheorie 135 2.3.1.2 Probabilistische Testtheorie 139 2.3.2 Testitems . 143 2.3.2.1 Itemformulierungen 143 2.3.2.2 Ratekorrektur . 147 2.3.2.3 Itemanalyse . 148 2.3.3 Testskaien 149 2.3.3.1 Thurstone-Skala . 150 2.3.3.2 Likert-Skala 152 2.3.3.3 Guttman-Skala 153 2.3.3.4 Edwards-Kilpatrik -Skala 153 2.3.3.5 Rasch-Skala 154 2.3.3.6 Coombs-Skala . 155 2.3.4 Testverfälschung . 159 2.3.4.1 Soziale Erwünschtheit 160 2.3.4.2 Akquieszenz 163 2.4 Befragen 163 2.4.1 Mündliche Befragung 164 2.4.1.1 Formen der mündlichen Befragung. 165 2.4.1.2 Der Aufbau eines Interviews 172 2.4.1.3 Der Interviewer . 174 2.4.1.4 Der Befragte 177 2.4.1.5 Die Durchführung eines Interviews . 179 2.4.2 Schriftliche Befragung 180 2.4.2.1 Fragebogenkonstruktion 181 2.4.2.2 Postalische Befragung 184 2.4.2.3 Die Delphi-Methode 189 2.5 Beobachten. 189 2.5.1 Alltagsbeobachtung und systematische Beobachtung 190 2.5.2 Formen der Beobachtung. 195 2.5.3 Durchführung einer Beobachtungsstudie 199 2.6 Physiologische Messungen 208 2.6.1 Hirnelektrische Aktivität 210 2.6.2 Hautelektrische Aktivität . 213 2.6.3 Muskelelektrische Aktivität 214 2.6.4 Weitere Methoden. 215 IX Kapitel 3. Untersuchungen zur Vorbereitung der Hypothesengewinnung . . . . . . . • •• 217 3.l Historische Kontroversen: Erkenntnis durch Beschreibung . 219 3.1.1 Phänomenologie - Beschreibung als Prinzip . 219 3.1.2 Ideographische vs. nomothetische Forschung 220 3.1.3 Qualitative vs. quantitative Sozialforschung 221 3.1.4 Induktiv vs. deduktiv. 222 3.2 Eine Systematik beschreibender Untersuchungen. 224 3.2.1 Analyse von Einzelbeobachtungen 224 3.2.2 Konstruktion deskriptiver Systeme . 225 3.2.3 Qualitative Zusammenhangsanalyse 227 3.3 Eine Auswahl beschreibender Untersuchungen. 228 3.3.1 Die biographische Methode 229 3.3.2 Erkundungsgespräche 231 3.3.2.1 Exploration . 231 3.3.2.2 Fokussiertes Interview 232 3.3.2.3 Narratives Interview . 233 3.3.3 Analyse verbaler Informationen 234 3.3.3.1 Inhaltsanalyse . 235 3.3.3.2 Textanalyse . 236 Kapitel 4. Untersuchungen zur Kennzeichnung von Grundgesamtheiten . 239 4.l Stichprobe und Population 240 4.1.1 Die Zufallsstichprobe . 242 4.1.2 Punktschätzungen 247 4.1.3 Intervallschätzungen 263 4.1.3.1 Konfidenzintervall des arithmetischen Mittels bei bekannter Varianz 263 4.1.3.2 Konfidenzintervall des arithmetischen Mittels bei unbekannter Varianz 271 4.1.3.3 Konfidenzintervall eines Populationsanteils 274 4.1.4 Stichprobenumfänge 277 4.2 Möglichkeiten der Präzisierung von Parameterschätzungen 284 4.2.1 Die geschichtete Stichprobe . 284 X 4.2.1.1 Schätzung von Populationsmittelwerten . 285 4.2.1.2 Schätzung von Populationsanteilen . 294 4.2.2 Die Klumpenstichprobe . 298 4.2.2.1 Schätzung von Populationsmittelwerten . 299 4.2.2.2 Schätzung von Populationsanteilen . 303 4.2.3 Die mehrstufige Stichprobe 306 4.2.3.1 Schätzung von Populationsmittelwerten . 306 4.2.3.2 Schätzung von Populationsanteilen . 311 4.2.4 Wiederholte Stichprobenuntersuchungen 313 4.2.4.1 Schätzung von Populationsmittelwerten . 315 4.2.4.2 Schätzung von Populationsanteilen . 322 4.2.5 Der Bayes'sche Ansatz 326 4.2.5.1 Skizze der Bayes'schen Argumentation 328 4.2.5.2 Schätzung von Populationsmittelwerten . 347 4.2.5.3 Schätzung von Populationsanteilen . 351 4.2.6 Übersicht populationsbeschreibender Untersuchungen . 357 Kapitel 5. Untersuchungen zur Überprüfung unspezifischer Hypothesen ohne Effektgrößen . . . . . . . . . . 363 5.1 Statistische Grundprinzipien der Hypothesenprüfung 365 5.1.1 Hypothesenarten . 365 5.1.2 Statistische Hypothesenprüfung 368 5.1.3 Probleme des Signifikanztests 373 5.2 Varianten hypothesenprüfender Untersuchungen 378 5.2.1 Zusammenhangshypothesen . 384 5.2.1.1 Bivariate Zusammenhangshypothesen . 384 5.2.1.2 M ultivariate Zusammenhangshypothesen 388 5.2.1.3 Kausale Zusammenhangshypothesen 395 5.2.2 Unterschiedshypothesen 400 5.2.2.1 Zwei-Gruppenpläne 407 5.2.2.2 Mehr-Gruppenpläne 408 5.2.2.3 Faktorielle Pläne 410 5.2.2.4 Hierarchische Pläne 418 5.2.2.5 Quadratische Pläne 422 5.2.2.6 Pläne mit Kontrollvariablen . 425 5.2.2.7 Multivariate Pläne. 426 XI