Ritter 1 Koch · Lebenswut - Lebensmut Frauen · Gesellschaft · Kritik Band 21 Lebenswut - Lebensmut Sexuelle Gewalt in der Kindheit Biographische Interviews Sabine Ritter Friederike Koch Centaurus Verlag & Media UG 1995 Sabine Ritter studierte Erziehungswissenschatten und ist nun als Diplom-Pädagogln in der Beratungsstelle von ••femina vita Mädchenhaus Herford e.V.cc tätig. Friederike Koch studierte Erziehungswissenschaften und ist nun in den von-Bodel schwinghschen Anstalten. Bethel. als pädagogische Leitung im Heimbereich behin derter Kinder und Jugendlicher tätig. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme RiHer, Sabine: Lebenswut - Lebensmut : sexuelle Gewalt in der Kindheit ; biographische Interviews mit betroffenen Frauen 1 Sabine Ritter; Friederike Koch. - Pfaffenweiler: Centaurus-Veri.-Ges .. 1995 (Frauen. Gesellschaft. Kritik ; Bd. 21) Zugl.: Bielefeld. Univ .. Diss. S. Ritter, F. Koch. 1994 ISBN 978-3-89085-995-8 ISBN 978-3-86226-431-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-86226-431-5 NE: Koch, Friederike:; GT ISSN 0939-4540 Alle Rechte. insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darl in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet. veNielfältigt oder verbreitet werden. @ CENTAURUS-Ver/agsgese/ischaft mit beschränkter Haftung. Pfaffenweiler 1995 Satz: Vorlage der Autorinnen Umschlaggestaltung: Milli Birlo-Uibricht; DTP-studio, Antje Philippi-Käfer, Staufen i.Br. Inhaltsverzeichnis Vorwort 9 Teil A: Problemstellung und Methodendiskussion 12 1. Umriß der neueren Forschungsarbeiten zum Themenbereich der 13 sexuellen Gewalt gegen Mädchen - Erkenntnisstand und Erkenntnislücken 1.1. Darstellung der neueren Forschungsarbeiten 14 1.2. Das Ausmaß sexueller Gewalt 19 1.3. Fazit: Beschreibung unserer Fragestellungen 22 2. Definition: Was ist sexuelle Gewalt? 24 3. Methodelogische Vorüberlegungen als Grundlage unseres 29 Forschungsansatzes und -designs 3.1. Quantitative und qualitative Sozialforschung - 29 zur Entscheidung für ein qualitatives Vorgehen 3.2. Feministische Forschung 32 3.2.1. Wertfreiheit und bewußte Parteilichkeit 33 3.2.2. Die Sicht von unten 36 3.2.3. Forschung und Aktion: Das Verhältnis von 38 Frauenbewegung und Elfenbeinturm 3.2.4. Der Forschungsprozeß als Bewußtwerdungsprozeß: 39 Aneignung der eigenen Geschichte 3.2.5. Die Methodendiskussion in der Frauenforschung 39 3.2.6. Zusammenfassung der dargestellten Ansätze 42 3.3. Biographieforschung 3.3.1. Geschichte der Biographieforschung - 44 historische Entwicklung und aktueller Bezug 44 3.3.2. Chancen, Ziele und Leistungen der biographischen 47 Methode 3.3.3. Probleme, Kontroversen, Kritikpunkte 50 3.3.4. Pädagogische Biographieforschung 52 4. Auswertungsverfahren qualitativer Untersuchungen 54 4.1. Die qualitative Inhaltsanalyse 54 4.2. Deskriptive Verfahren der Hermeneutik 57 4.3. Die objektive Hermeneutik 59 4.4. Die sozialwissenschaftliche Hermeneutik 61 nach Soeffner 5. Darstellung unseres Forschungsansatzes - 64 Die Bedeutung der beschriebenen Ansätze für unser Forschungsvorhaben 6. Durchführung der Untersuchung 70 6. 1 . Das Forschungsdesign 70 6.1.1. Entscheidung für das Forschungsfeld 70 6.1 .2. Problemaufriß 71 6.1 .3. Zugang zum Forschungsfeld 71 6.1.4. Die interviewten Frauen 72 6.1.5. Die Befragungssituation 74 6.1.6. Der Interviewleitfaden 76 6.1.7. Das Transkriptionsverfahren 77 6.2. Auswertungsschritte 78 6.3. Die Diskussion der gewonnenen Ergebnisse 84 Teil B: Auswertung der Interviews 86 1. Die sozialen und beruflichen Merkmale der Befragten 87 2. Der Mißhandlungsverlauf 92 2.1. Die Täterinnen 92 2.2. J?.as Alter der Betroffenen bei Beginn der 95 Ubergriffe 2.3. Die Art der Übergriffe 97 2.4. Die Dauer der Übergriffe 102 2.5. Die Position der Mädchen innerhalb der Herkunftsfamilie 105 2.6. Die Beendigung der Übergriffe 109 2.7. Das Schweigegebot 111 3. Das Bedürfnis nach Ansprache und Aussprache 121 4. Die Umgehansweise des sozialen Umfeldes mit den Signalen 123 der Betroffenen 4.1. Die Reaktionen auf Signale und Symptome 125 4.1.1. Reaktionen der Mütter 126 4.1.2. Übrige Familienangehörige und Verwandte 131 4.1.3. Lehrerinnen 132 4.1.4. Freundinnen und Partner 134 4.1.5. Institutionen 135 4.2. Welche Person wird ins Vertrauen gezogen 136 und wie reagiert sie? 4.2.1. Mütter 138 4.2.2. Übrige Familienangehörige und Verwandte 140 4.2.3. Freundinnen und Partner 140 4.2.4. Institutionen 141 4.3. Reaktionen auf die Veröffentlichung des Mißbrauchs 141 durch Dritte 4.3.1. Mütter 141 4.3.2. Übrige Familienangehörige und Verwandte 142 4.3.3. Institutionen 142 4.4. Fazit 143 5. Auswirkungen der erlebten sexuellen Gewalt 144 5.1. Subjektive Einschätzung der erlebten sexuellen 146 Gewalterfahrungen bezüglich deren Stellenwert in der Biographie der befragten Frauen 5.2. Sexuelle Gewalterfahrungen zwischen Verdrängung 148 und Erinnerung 5.2.1. Das Phänomen der Verdrängung und hiermit 151 zusammenhängende Faktoren 5.2.2. Formen der Verdrängung 155 5.2.3. Die Wiedererinnerung der sexuellen 171 Gewalterfahrungen 5.3. Körperliche Erkrankungen und Beschwerden als 189 Folgen der sexuellen Gewalterfahrungen 211 5.4. Auswirkungen der sexuellen Gewalterfahrungen 221 auf das Körpererleben 5.5. Auswirkungen der sexuellen Gewalterfahrungen 237 auf die Sexualität 5.6. Auswirkungen der sexuellen Gewalterfahrungen 237 auf den Gefühlsbereich 5.7. Auswirkungen der sexuellen Gewalterfahrungen 266 auf das Selbstwertgefühl 5.8. Auswirkungen der sexuellen Gewalterfahrungen 278 auf den schulischen und beruflichen Werdegang 5.9. Suizidgedanken und -versuche als Auswirkungen 291 auf die sexuellen Gewalterfahrungen 5.10. Auswirkungen auf Kinderwünsche, die Realisierung 297 dieses Wunsches sowie auf Schwangerschaft und Geburt 5.11. Auswirkungen auf Beziehungen 301 5.11.1. Die Beziehung zur Mutter 306 5.11.2. Die Beziehungen zu Geschwistern 315 5.11.3. Die Beziehungen zu Gleichaltrigen 320 5.11.4. Der Kontakt zu Männern 329 5.11.5. Der Kontakt zu Frauen 341 5.11.6. Die Beziehungen zu Partnerinnen 345 5.11.7. Beziehungs- und Kontaktfähigkeit 362 6. Exkurs: Überlebensressourcen 372 7. Wege der Heilung 378 7.1. Therapien 379 7.1.1. Gescheiterte Therapieversuche 380 7.1.2. Der Prozeß der Heilung 383 7.2. Selbsthilfegruppen 391 7.2.1. Selbsthilfegruppen für von sexueller Gewalt 392 betroffene Frauen 7.2.2. Selbsthilfegruppen zu Suchtproblematiken 394 7.3. Selbstheilung mithilfe von Fachliteratur 395 7.4. Selbstheilung durch kreative Ausdrucksformen 396 8. Möglichkeiten und Bedingungen zur Prävention von sexueller Gewalt 398 8.1. Individuelle Bedingungen, die sexuellen Mißbrauch 399 verhindern bzw. beenden 8.2. Erziehungsvorstellungen bezüglich eigener Kinder 405 8.2.1. Präventive Erziehungsinhalte 405 8.2.2. Geschlechtsspezifische Erziehung 413 8.3. Institutionelle und gesellschaftliche 417 Forderungen 9. Sich von der Vergangenheit lösen -Zukunftsperspektiven 422 und -wünsche Teil C: Diskussion der Ergebnisse 430 1. Sexuelle Gewalt in der Kindheit als komplexe Traumatisierung 431 1. 1. Die Auswirkungen der sexuellen Gewalterfahrungen 431 als Überlebens- und Bewältigungsmechanismen 1. 2. Die Bedeutung der gestörten primären Beziehungen 445 2. Die gesellschaftliche Funktion des Schweigegebotes 453 3. Die Möglichkeiten der Prävention von sexueller Gewalt 461 Nachwort 470 Literaturverzeichnis 473 Anhang 484 Vorwort ''Also das ist wirklich, das ist ein beschädigtes Leben. Das ist ein beschädigtes Leben, das muß ich leider so sagen. (. .. ) Und was ich alles verloren habe auch, an Chancen, an Möglichkeiten in meinem Leben, das gibt mir keiner wieder! (. .. ) Das muß man einfach so sehen, ne. Das ist ein beschädigtes Leben. (. .. ) Aber was ich auch alles angesammelt habe letztendlich auch an Wissen und an Reichtum, an Überlebenstechniken; immer wieder mußte ich mir neue Sachen ausdenken. ln so einer Mißbrauchsgeschichte ist auch ein unheimlicher Ideenreichtum drin, da ist 'ne unheimliche Kreativität auch in so 'nem Leben. Es ist kein Standard-Normal-Leben, das ging ja auch irgendwie alles überhaupt nicht und du wirst sehr erfinderisch letztendlich." Angelika, eine unserer lnterviewpartnerinnen, drückt stellvertretend aus, was auch in den Gesprächen, die wir mit anderen Frauen für diese Untersuchung führten, immer wieder deutlich wurde: sexuelle Gewalterfahrungen in der Kindheit haben schwerwiegende und zerstörarische Folgen. Die Frauen, die diese oft jahrelang andauernde traumatische Erfahrung des Benutztwerdens und des Vertrauensmißbrauchs durch eine meist nahestehende Bezugsperson überlebt haben, verdienen Hochachtung angesichts der Kreativität und der Strategien, die sie eingesetzt haben, um trotz der Gewalt, der sie in ihrer Kindheit ausgesetzt waren, weiterzuleben. Die Zerstörung, die der sexuelle Mißbrauch bewirkte, aber auch die Kraft der überlebenden Frauen wird in dieser Arbeit deutlich werden. Erstmalig kommen in einer deutschsprachigen wissenschaftlichen Untersuchung betroffene Frauen ausführlich selbst zu Wort: Sie beschreiben die Jahre ihrer durch das Erleben sexueller Übergriffe geprägten Kindheit und Jugend. Indem die befragten Frauen ihre Lebensgeschichte erzählen, äußern sie sich zu den Reaktionen ihres sozialen Umfeldes auf die ausgesandten Signale, berichten sie von ihren Hoffnungen und Enttäuschungen und geben Anregungen für Menschen, die heute mit Kindern arbeiten und leben. Sie beschreiben die vielfältigen Auswirkungen, die die erfahrene Gewalt für ihre weitere Kindheit, Jugend und ihr Leben als Erwachsene hat und welche Wege der Heilung sie eingeschlagen haben. Schließlich berichten sie, welches ihrer Erfahrung nach Bedingungen und Möglichkeiten der Prävention sind. Unsere Untersuchung ist im Zeitraum von Herbst 1990 bis Herbst 1993 entstanden, in einer Zeit also, in der -wie es scheint -die Auseinandersetzung mit dem Problem des sexuellen Mißbrauchs boomt. Wie wichtig dennoch Forschung ist, die die Bedeutung dieser Form der Gewalt thematisiert, wird deutlich mit der Wahrnehmung, daß sich zunehmend eine Gegenbewegung äußert, die sowohl die Relevanz sexueller Gewalt für das Leben betroffener Frauen negiert als auch insgesamt das Ausmaß des Problems in Frage stellt. ln dieser Arbeit wird hingegen deutlich werden, welche Bedeutung dem Thema des sexuellen Mißbrauchs zukommt hinsichtlich seiner Komplexität und insbesondere seiner zentralen und oft zerstörarischen Bedeutung für das Leben der vielen 9