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Leben auf dem Dorf: Zur Sozialgeschichte des Dorfes und zur Sozialpsychologie seiner Bewohner PDF

187 Pages·1978·5.198 MB·German
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Albert Ilien I Utz Je ggle · Leben auf dem Dorf Albert Ilien · Utz Je ggle Leben auf dem Dorf Zur Sozialgeschichte des Dorfes und zur Sozialpsychologie seiner Bewohner Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Dien, Albert• Leben auf dem Dorf: zur Sozialgeschichte d. Dorfes u. zur Sozialpsychologie seiner Bewohner I Albert Ilien; Utz Jeggle. - 1. Auf!. ISBN 978-3-531-11418-7 ISBN 978-3-663-14371-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-14371-0 NE: Jeggle, Utz: @ 1978 Springer Fachmedien Wiesbaden UrsprQnglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1978 Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt Satz: Vieweg, Braunschweig Alle Rechte vorbehalten. Auch die fotomechanische Vervielfältigung des Werkes (Fotokopie, Mikrokopie) oder von Teilen daraus, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. ISBN 978-3-531-11418-7 Unseren Freunden Inhalt 1. Das Problem Unterschätzte dörfliche Eigenart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Verständigungsschwierigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Der Gegenstand unserer Untersuchung: Hausen, eine Arbeiterwohngemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Zufall als Bundesgenosse der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 "Dorf" als Lebenszusammenhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Heimliche Spielregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Begriffe, die danebengreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Geltungskriterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Normalität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Spezialität: das Verwandt-Sein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 "Fehler" unserer Gewährsleute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Der gewohnte Schrecken Geschiehtserieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Feind Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Herrschaft überlebensgroß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Natur: Tod und Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3. Leben mit dem Boden Allianzverhalten in Dreifelderwirtschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Bäuerliche Raumdimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Familie als Besitz-, Arbeits- und Versorgungseinheit. . . . . . . . . . . . . . . . 53 Die Gemeinde der Besitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Im Durchschnitt zu wenig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Das eingezäunte Bewußtsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4. Das notgedrungene Neue Die Kartoffel: der stille Reformer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Die Zähmung der Ache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 5. Hausener Geschichten Ein unwürdiger Greis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Erb-Feinde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Paarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 7 6. Die Natur der sozialen Ungleichheit Schicksalszusammenhang Verwandtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Nah am Tod: die Kinder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 7. Entwicklungen Ein Hausener werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Neue Hausener. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Schicksal der Unterschicht: Unhausener. ....................... 103 8. Aufbruch der Gegenwart Bürgermeisterwahl von 1953 ............................... 111 Flugblätter als historische Kronzeugen. ........................ 112 Selbstdarstellungen ..................................... 120 Rückschlüsse auf Interaktionsstrukturen ....................... 128 Individuelles und Soziales ................................. 131 Verwandtschaft, Vereine und Politik .......................... 133 Noch einmal: Prestige-Befragung ............................ 140 9. Gemeindepolitik heute Hausens letzte BürgermeisterwahL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3 Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Neue sachliche Entwicklung und alte methodische Probleme .......... 151 Nach der Eingemeindung: Die Ortschaftsratswahl1975 ............. 154 10. Heimat Die Vereinnahmten ..................................... 160 Das Reale als das Natürliche ................................ 161 Alter Wein in neuen Schläuchen ............................. 162 Organisierte Brauchtumsboten .............................. 163 "Dorf": Gegen-Welt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 11. Die Fremde, das Fremde, die Fremden Kontrastives Kollektivbewußtsein ............................ 17 3 Männerwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 5 Zweifache Dorföffentlichkeit. .............................. 178 Erziehungspraktiken .................................... 180 Eigene Fremdheit ...................................... 182 Dorf in fremder Gesellschaft ............................... 185 8 1 Das Problem Unterschätzte dörfliche Eigenart Es war schon seit einigen Jahren unser Wunsch, eine breitere Öffentlichkeit als die der wissenschaftlichen Fachexperten mit unseren Untersuchungsergebnissen zu erreichen. Dies schien umso leichter möglich, als unser Gegenstand, das "Le ben auf dem Dorf", eine anschauliche, lebendige Darstellung nahelegt und außer dem unsere mehrjährigen Untersuchungen, die in dieses Buch eingehen, der kon kret erlebbaren dörflichen Lebenswelt verpflichtet waren. Allerdings gilt es nun, hinter dem anschaulich Darstellbaren, hinter der bisweilen so normalen, manch mal aber auch etwas bizarren Oberfläche des Gegenstandes unserer Beschreibung seinen verborgenen Sinn sichtbar zu machen. Der Sinn dieses Gegenstandes "Leben auf dem Dorf", genauer gesagt: sein Eigen-Sinn, wird unserer Meinung nach in der Öffentlichkeit beträchtlich unter schätzt. Die Gründe hierfür sind gewiß mannigfaltig, wo wir sie vermuten, mag im Verlauf unserer Darstellung deutlich werden. An dieser Stelle jedenfalls sei fest gehalten, daß unsere Ausführungen im Widerspruch zu weitverbreiteten Meinungen stehen. Nicht nur, um letztere fundiert angreifen zu können, sondern vor allem wegen der Tragweite unserer Thesen erscheint eine wissenschaftliche Absicherung gefordert. Die wissenschaftliche Absicherung besteht nun für uns in nichts anderem als darin, eben diesen Eigen-Sinn der heutigen dörflichen Lebenswelt sichtbar und plausibel verstehbar zu machen. Mit diesem Ziel geraten wir allerdings über das Stilproblem hinaus (anschauliche Oberfläche - unanschauliche Sinnstruktur) in einen zweifach gestuften Problemkomplex. Erstens nämlich, und noch ziemlich generell, unterscheidet sich unsere Forschungspraxis beträchtlich von der Vorgehensweise in vielen anderen Studien, die von der Fragestellung her vergleichbar sind. Um Generalisierbarkeit ihrer Er gebnisse bemüht, konzentrieren sie sich auf mathematisierbare Daten. Uns scheinen jedoch die beiden Fragen, welchen Stellenwert diese generalisierbaren Daten haben und, grundsätzlicher noch, ob sie mit adäquaten Methoden der internen Gegen standsproblematik entsprechend gewonnen wurden, vom Gros der gemeinten Forschungen nicht hinreichend zur Kenntnis genommen worden zu sein. Es ist darum nur auf den ersten Blick verwunderlich, wenn gerade in den "Klassikern" der deutschsprachigen Nachkriegs-Dorfforschung diese nach sozialwissenschaft liehen Standards erhobenen Daten zumeist mit Hilfe von Begriffen interpretiert werden, die der entgegengesetzten, nämlich intuitiv-hermeneutischen Tradition 9 entstammen, wie sie für die Volkskunde charakteristisch ist. Technizismus exakter Fakten und anthropologisierende Wesensschau (Man denke an: "Gemeinschaft", "Volk", "ur-") sind demzufolge nur scheinbare Gegensätze. In einem nicht mehr innerwissenschaftlichen Zusammenhang ist gewiß auch die Frage erlaubt, in welcher Form ländliche Soziologie und Volkskunde angesichts der bundesweiten Einge meindungswelle für ihre dörfliche Klientel Partei ergriffen haben. Für uns stellte sich also das Problem, mit neuen - und demzufolge weniger "abgesicherten" - Methoden, solche Fragestellungen zu untersuchen, die uns näheren Aufschluß über das wirkliche "Leben auf dem Dorf" versprachen. Im Verlauf unseres Untersuchungsprojekts entschieden wir uns für eine explorative und exemplarische Zugehensweise mit umfangreichen Detailforschungen, die auf die Überprüfung der eigenen Ergebnisse durch nachfolgende, etwa repräsentative Studien angewiesen bleibt: Wir können also die Frage nach dem "Leben auf dem Dorf" nur stellen, keineswegs beantworten - diese Einschränkung gilt es, im folgen den im Auge zu behalten. Unter den heute vorherrschenden Dorftypen schien uns zunächst die "Ar beiterwohngemeinde" ein besonders interessanter Gegenstand zu sein, weil bei ihr Vergangenheit und Gegenwart häufig zu einer besonders spannungsreichen Sym biose verschmolzen sind. Als Vorstudien-Objekt wählte man darum 1970, als am Tübinger Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft unser Projekt ins Leben gerufen wurde, eine möglichst typische Arbeiterwohngemeinde aus, die wir in diesem Buch "Hausen" nennen. Hausen nun machte uns schrittweise deutlich, wie sinnvoll eine exemplarische Beschäftigung mit ihm als exklusivem Gegenstand sein kann. Wir erfuhren an ihm, daß sich der Wortsinn eines allge meinen Begriffs, wie in diesem Fall "Arbeiterwohngemeinde", vorzüglich durch Studien des bedeutungsvollen Einzelnen erschließt. Allerdings führte uns Hausen auch, je besser wir es kennenlernten, umso deutlicher vor Augen, wie wenig wir vorher von ihm gewußt hatten, wieviel Unbekanntes es noch kennenzulecnen galt. Eine solche Verfahrensweise, das sei hier kurz vermerkt, bei der sich die Untersuchung, ihre Fragestellungen und Methoden, immer wieder durch den Untersuchungsgegenstand selber verändern, setzt gewisse methodologische Grund positionen voraus. Im Fall unserer Studie sind diese durch den Diskussionszu sammenhang des eben erwähnten Ludwig-Uhland-Institutes vorgegeben, wie er namentlich von Hermann Bausinger ermöglicht und geprägt ist. Daß es beides war: Zusammenbang und Diskussions-Zusammenhang, war, schon wegen ihrer offengehaltenen Methodik, für unsere Untersuchung von innerer Notwendigkeit. Wichtig für unser Projekt waren auch das jahrelange Engagement von Karen Ell wanger sowie die Arbeiten von Carola Lipp und Wolfgang Kaschuba, die unsere historischen Ausführungen fundierten. Andererseits, dieser Punkt sei hervorgehoben, war es gewiß nicht nur das Unbekannte, was uns an Hausen fesselte, es waren persönliche Kontakte, die sich da und dort erstaunlich schnell und in - für uns - sehr wohltuender Unkompli ziertheit ergeben hatten. Diese zufalligen, gewiß nicht planbaren Beziehungen, die 10 uns viele dörfliche Bekannte und einige neue Freunde erschlossen, waren nicht nur der heimelig-wohlvertraute Hintergrund unserer Forschungen, sie konstituierten diese vielmehr, indem sie zu ihrem eigentlichen Zentrum wurden. Damit aber sind wir bei unserem zweiten Problem, das wir im Vorgriff auf inhaltliche Feststellungen hier kurz skizzieren wollen. Wir haben im Verlauf unserer Untersuchungen versucht, den Eigen-Sinn der dörflichen Lebenswelt wesentlich in zwei unterschiedlichen (wenn auch vielfältig vermittelten) Perspektiven zu entziffern. In einem eher objektiv orientierten Zugang fragten wir nach den Realfak toren, die die heutige Lebensweise der einheimischen Dorfbevölkerung prägen. Sie liegen in erheblichem Maß in der vergangenen bäuerlichen Lebensweise, die ihrerseits ja recht unmittelbar von der landwirtschaftlichen Produktion bestimmt war, während der Einfluß der modernen - urbanisationsbedingten - Verände rungen auf eine sehr dorfspezifische Weise amalgamiert zu werden scheint. Damit war in einem zweiten, subjektiv zu nennenden Zugang nach den spezifischen Merk- malen des dörflichen Realitätserlebens und -gestaltens zu fragen und wie dieses um gekehrt die dörfliche Lebenswelt, ihr Weiterbestehen, am Leben hält. Wir versuchten also, in den soziologisch zugänglichen Phänomenen sowohl ihren sozialgeschichtlichen als auch ihren individuell lebensgeschichtlichen Sinn aufzudecken, ihre objektiv historische und ihre subjektiv sozialisationsvermittelte Tiefenstruktur. Dies allerdings geht nicht ohne eine Überschreitung der Alltags sprache (wie sich soeben zeigt), wenn wir uns auch bemüht haben, die wissen schaftliche Terminologie soweit als möglich aus der Anschaulichkeit heraus zu entwickeln. Die Schwierigkeit, andere Menschen oder Lebenswelten zu verstehen, liegt in der Nötigung, die eigenen Denk-und Anschauungsgewohnheiten sich als relative vor Augen zu halten: Wir meinen, das Leben auf dem Dorf ist solche Anstrengung des Begriffs wert. Allerdings ist mit diesen Hinweisen das Problem, das sich aus unserem Zu gang ergibt, durchaus noch nicht erschöpfend dargestellt. Es liegt weit weniger in der objektiv sozialgeschichtlichen als in der subjektiv genannten sozialpsy chischen Hermeneutik. Diese, als Versuch, die sozialisationsbedingte Handlungs weise der Dorfbewohner und umgekehrt die Bedeutung ihrer Lebenswelt in ihrer Wahr-Nehmung verstehend nachzuvollziehen, war für uns nur möglich durch das eben erwähnte Entgegenkommen vor allem unserer Hausener Freunde. Dem mußte freilich auch unsererseits eine das übliche Forscherhandeln weit überschreitende Integration in die dörfliche Lebenswelt entsprechen. Durch welchen Zufall dies dem einen von uns beiden möglich geworden war, davon wird noch zu berichten sein. Seine Integration jedenfalls machte uns nicht nur ungewöhnlich gute In formationen durch seine befreundeten "Gewährsleute" zugänglich, sie erschloß ihm, gerade weil er nach einiger Zeit auf gezieltes Forschen und Fragen verzichtete, gerade wenn er, in innerdörflichem Engagement, sein Forscherinteresse vergaß, ein vergleichsweise intensives Miterleben. Kontinuierlich arbeitete er sein eigenes 11

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