Tobias Wille Lean Thinking in produzierenden Unternehmen Ein Bezugssystem zur Bewertung des Einführungsfortschritts Lean Thinking in produzierenden Unternehmen Tobias Wille Lean Thinking in produzierenden Unternehmen Ein Bezugssystem zur Bewertung des Einführungsfortschritts Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Paul Schönsleben Tobias Wille Zürich, Schweiz Dissertation an der ETH Zürich, 2015 ISBN 978-3-658-16171-2 ISBN 978-3-658-16172-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-16172-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2016 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Vieweg ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Geleitwort von Prof. Dr. Paul Schönsleben Seit vielen Jahren bemühen sich westeuropäische Firmen, ihre wertschöpfen- den Prozesse nach den Prinzipien der Lean Production, besonders nach dem Toyota Production System (TPS), zu gestalten. Auch wenn die meisten global aufgestellten Firmen dabei betonen, ihr eigenes „Production System“ zu gestalten (z. B. „Siemens Production System“) und dabei die europäischen Eigenheiten zu berücksichtigen, wollten und wollen sich die Erfolge nur teilwei- se und zaghaft einstellen. Dies ist gerade im Vergleich mit den produzierenden Niederlassungen von Toyota in Europa und den USA von Interesse, konnte man doch davon ausgehen, dass Toyota in den eigenen Betrieben das hauseigene TPS möglichst unverändert umsetzen würde. Des Weiteren wurde und wird immer mehr klar, dass Lean Management (ein Begriff, der übrigens bei Toyota selbst nicht gebraucht wird) auch in einigen Nicht-Produktions-Bereichen und auch in der Dienstleistung genauso in Frage kommen kann. Wo stehen also die Europäischen Nicht-Toyota-Unternehmen mit ihrer spezifischen Implementa- tion von „Lean Thinking“. Erwartungsgemäß tun sich die Unternehmen mit einer Messung des Umsetzungsstands ihrer oft teuren Lean-Projekte schwer. Dauern diese zudem lange, dann können die Effekte auf die Leistung des Unternehmens ohne weiteres durch andere Ereignisse überlagert werden, was die Messung des spezifischen Einflusses des „Lean Thinking“ auf den aktuellen Stand der Leistung verunmöglicht. Hier setzt die Arbeit von Herrn Wille ein. Sie erweitert den Wissensstand im Bereich der Methoden und Werkzeuge für die Bewertung des Einführungsfort- schritts von „Lean Thinking“ in produzierenden Unternehmen. Die Methoden wurden innerhalb der Hilti AG, einer global tätigen Firma in Liechtenstein entwickelt, und zwar zur Messung des Einführungsfortschrittes des Hilti Pro- duktionssystems „Lean@Hilti“. Herr Wille war während der Zeit der Erarbei- tung der Dissertation bei Hilti AG sowohl für die Einführung von „Lean Thin- king“ zuständig als auch in einer Linienfunktion in einer produzierenden Nie- derlassung in Bayern tätig. Aufgrund seiner Doppelfunktion in der Firma weist Herr Wille einen mehrjährigen und tiefen Einblick in die Thematik vom Stand- punkt sowohl des Betroffenen also auch des Hilti-internen Beraters auf. Diese ideale Situation macht die Arbeit für Theorie und Praxis besonders befruch- tend, gibt diese Situation Herrn Wille doch das Potenzial, ein brauchbares und gleichzeitig sowohl inhaltlich als auch im Detaillierungsgrad tiefgehendes und erprobtes Resultat abzuliefern. Ein solches kann aus meiner Sicht von For- schungsmitarbeitenden weder eines Hochschulinstitut noch einer Beratungs- firma erreicht werden. 6 Geleitwort von Prof. Dr. Paul Schönsleben Die akademische Innovation liegt in einer umfassenden und integrierten Herangehensweise an ein bisher ungelöstes Problem. „Lean Thinking“ umfasst die ganze Breite des soziotechnischen Ansatzes, da Menschen eine Verände- rung sowohl herbeiführen als auch leben müssen. Das Ganze spielt sich in einem weitgehend automatisierten Umfeld ab, sind viele Artikel von Hilti doch Serienprodukte, die in einem bezüglich Qualität und Lieferfähigkeit sehr kom- petitiven Umfeld vermarktet werden müssen. Der durch Herrn Wille vorgelegte umfassende und integrierte Bewertungspro- zess ist recht einfach verständlich. Dies ermöglicht es, dass er von den Mit- arbeitenden auf allen Ebenen gut und identisch verstanden wird. Das wiede- rum ist eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg im Einsatz dieses Werk- zeugs. Ich freue mich, dass die gut lesbare Dissertation nun auch in Buchform er- scheint und bin überzeugt, dass gerade Berufsleute daraus großen Nutzen ziehen werden. Zürich, im Mai 2016 Prof. Dr. Paul Schönsleben Vorwort Schon während meines Studiums an der RWTH Aachen entdeckte ich mein Interesse an der Implementierung und Optimierung von Prozessen im Hinblick auf Lean Thinking. Des weiteren war es mir wichtig, Forschung mit hohem Praxisnutzen zu betreiben, sodass ich eine externe Dissertation in der Wirt- schaft anstrebte. Die Hilti AG in Liechtenstein hat mir diese Möglichkeit eingeräumt, für die ich sehr dankbar bin. Mein besonderer Dank gilt Dr. Stefan Nöken für die Schaf- fung der nötigen Rahmenbedingungen, Dr. Günter Schweizer für die Unterstüt- zung bei der Themenfindung sowie insbesondere Hans-Karl Moser, der nicht nur ein echtes Team formte, das für Lean Thinking brannte und in dem Kreati- vität und Offenheit für Neues Realität wurden, sondern mich auch in vorbildli- cher Weise in meinem Forschungsvorhaben und meiner beruflichen wie auch persönliche Entwicklung unterstützte. Für die Übernahme dieser Rolle nach meinem Wechsel nach Deutschland danke ich Dr. Armin Küper und Dr. Thomas Berden. Darüber hinaus trugen eine Vielzahl von Hilti-Kollegen zum Gelingen dieser Arbeit bei: dem Führungsteam des globalen Produktionsverbundes danke ich für die Möglichkeit zur Durchführung der Fallstudien. Mein besonderer Dank gilt ferner meinen Kollegen aus der Lean@Hilti-Community. Namentlich er- wähnt seien an dieser Stelle Jochen Neuberger und Gernot Schubert, die mich mit ihrem fachlichen Input insbesondere bei der Operationalisierung des Bezugssystems maßgeblich unterstützten. An der Durchführung der Fallstudien waren Dr. Thomas Breuer, Günter Fuchs, Michael Hafner, Owen He, Dr. Carl Hoffmann, Klaus Huber, Georg Oberndorfer, Marco Schicker, Konrad Staack sowie Dr. Florian Wetscher beteiligt, die so zur Validierung des Bezugssystems beitrugen. Für die akademische Betreuung danke ich meinem Dissertationsleiter Prof. Dr. Paul Schönsleben. Er gab mir nicht nur den nötigen wissenschaftlichen Frei- raum zur Identifikation des Forschungsfeldes und stellte die Vereinbarkeit der Forschung mit meinen beruflichen Verpflichtungen sicher, sondern unterstütz- te mich auch mit anregenden Diskussionen und wertvollem fachlichen Input. Prof. Dr. Pius Baschera danke ich herzlich für die Übernahme des Korreferats. Aller Unterstützung durch die Hilti AG zum Trotz stellt die Vereinbarkeit von Forschung und beruflicher Tätigkeit eine große zeitliche und persönliche Herausforderung dar, die ich ohne den Rückhalt meiner Freunde und Familie wohl nicht gemeistert hätte. Meinen Eltern Sylvia und Dr. Eckhart Wille danke ich von ganzem Herzen für ihre großartige Unterstützung und ihren Rückhalt in 8 Vorwort allen fachlichen und persönlichen Fragen und für das Lektorat dieser Arbeit. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Partnerin Christine Brauner: Ohne ihre Unterstützung und Liebe, ihr Verständnis für die vielen entgangenen gemein- samen Stunden sowie ihre Bestärkungen in Zeiten mangelnden Antriebs wäre diese Arbeit wohl nicht gelungen. Diesen drei ganz besonderen Personen widme ich die vorliegende Arbeit, die ich mich freue nun auch als Buch zu veröffentlichen. Augsburg, im Juli 2016 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .......................................................................................... 9 Abbildungsverzeichnis ................................................................................. 11 Abkürzungen ............................................................................................... 17 1 Einleitung ............................................................................................ 19 1.1 Problemstellung und Zielsetzung............................................................. 21 1.2 Forschungskonzeption ............................................................................. 24 1.3 Aufbau der Arbeit .................................................................................... 31 2 Grundlagen des Betrachtungsbereiches .............................................. 35 2.1 Bedeutung und Struktur produzierender Unternehmen ......................... 35 2.2 Klassische Wertschöpfungsparadigmen und Produktionssysteme ......... 56 2.3 Zwischenfazit: Handlungsbedarf aus der Praxis ...................................... 64 3 Grundlagen des Gestaltungsbereichs .................................................. 67 3.1 Toyotismus und Lean Thinking ................................................................ 67 3.2 Veränderungsmanagement ..................................................................... 77 3.3 Bewertung des Einführungsfortschritts von Lean Thinking ..................... 92 3.4 Handlungsbedarf aus der Theorie und Forschungsbedarf....................... 95 4 Konzeption des Bezugssystems ........................................................... 99 4.1 Anforderungen an das Bezugssystem ...................................................... 99 4.2 Dimensionen der Einführung von Lean Thinking ................................... 102 4.3 Schritte zur Einführung von Lean Thinking ............................................ 106 4.4 Zwischenfazit: Module des Bezugssystems ........................................... 111 5 Ausgestaltung des Bezugssystems ..................................................... 115 5.1 Ausgestaltung Modul 1: Beurteilung des Verständnisses ...................... 115 5.2 Ausgestaltung Modul 2: Bewertung des Umsetzungsstandes ............... 127 5.3 Ausgestaltung Modul 3: Bewertung der Ergebnisse .............................. 137 5.4 Zusammenspiel der Module des Bezugssystems................................... 145 6 Anwendung des Bezugssystems und kritische Reflexion ................... 155 6.1 Operationalisierung des Bezugssystems für die Hilti Gruppe ................ 155 6.2 Fallstudie 1: Hilti Kunststofftechnik GmbH, Nersingen, Deutschland ... 165 6.3 Fallstudie 2: Hilti AG, Zweigstelle Thüringen, Österreich ...................... 178 6.4 Fallstudie 3: Hilti Operaciones de México, Matamoros, Mexiko ........... 186 6.5 Reflexion der Fallstudienergebnisse ...................................................... 195 7 Zusammenfassung und Ausblick ........................................................ 203 7.1 Überblick über die Ergebnisse ............................................................... 203 7.2 Beitrag zur wissenschaftlichen Innovation ............................................ 210 7.3 Limitationen und Ausblick ..................................................................... 211 Details der Operationalisierung des Bezugssystems .................................. 217 Literaturverzeichnis ................................................................................... 223 Abbildungsverzeichnis Abb. 1-1: Spektrum der Wissenschaft .......................................................... 25 Abb. 1-2: Explorativer Forschungsprozess ................................................... 27 Abb. 1-3: Erster heuristischer Bezugsrahmen .............................................. 28 Abb. 1-4: Zusammenhang von Betrachtungs- und Gestaltungsbereich ...... 30 Abb. 1-5: Überblick über den Aufbau der Arbeit ......................................... 32 Abb. 2-1: Wertkette und Umfeld produzierender Unternehmen ................ 38 Abb. 2-2: Wertschöpfungskette entlang des Produktlebenszyklus ............. 39 Abb. 2-3: Die Wertschöpfungskette produzierender Unternehmen ........... 40 Abb. 2-4: Anzahl produzierender Unternehmen in der EU nach Beschäftigtenstand ....................................................................... 41 Abb. 2-5: Mitarbeiter produzierender Unternehmen nach Unternehmensgröße .................................................................... 42 Abb. 2-6: Überblick über typische Aufbauorganisationen von produzierenden Unternehmen .................................................... 44 Abb. 2-7: Beispielhafte Darstellung einer funktionalen Organisationsstruktur ................................................................... 44 Abb. 2-8: Schematische Darstellung einer produktorientierten Organisationsstruktur ................................................................... 45 Abb. 2-9: Beispielhafte Darstellung einer marktorientierten Organisationsstruktur ................................................................... 45 Abb. 2-10: Beispielhafte Darstellung einer Stabsorganisation ....................... 46 Abb. 2-11: Beispielhafte Darstellung einer Matrixorganisation ..................... 47 Abb. 2-12: Beitrag produzierender Unternehmen zur Wirtschaftsleistung der Europäischen Union ............................... 48 Abb. 2-13: Überblick Außenhandelsbilanz der Europäischen Union im Jahr 2010 ...................................................................................... 49 Abb. 2-14: Beschäftigtenanteil produzierender Unternehmen in der Europäischen Union ..................................................................... 50 Abb. 2-15: Zieldreiklang produzierender Unternehmen ................................ 51 Abb. 2-16: Dilemma der Produktionssteuerung nach WIENDAHL .................... 53 Abb. 2-17: Polylemma der Produktion nach SCHUH ........................................ 53 Abb. 2-18: Mögliche Betriebspunkte eines produzierenden Unternehmens .............................................................................. 54